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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.05.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-05-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000503013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900050301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900050301
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-05
- Tag 1900-05-03
-
Monat
1900-05
-
Jahr
1900
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzrichniß. Tabellarischer und Zissernsatz nach höherem Taris. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderuag 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Ttnnahmeschluß für Anzeigen: Abeud-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig Z 222. Donnerstag den 3. Mai 1900. 9t. Jahrgang. Conservative und Liberale im sächsischen Landtage während der letzten 5« Jahre. II. Bald nach dem Schlüsse des Landtags von 1872 erfuhr das Verhältniß zwischen konservativen und Liberalen einen wesentlichen Wandel. Auf dem ersten Landtage waren die beiden Gruppen der Liberalen, die National-Liberalen und der Fortschritt, zusammengegangen und hatten hier eine com pacte liberale Mehrheit in der II. Kammer gebildet. Jetzt auf einmal trennte sich der Fortschritt von seinen bisherigen Verbündeten und trat wieder als gesonderte Partei auf. lieber den eigentlichen Grund dieser Absonderung, die noth- wendigerweise der Sache veS Liberalismus schweren Schaden zufügen mutzte, hat sich der Fortschritt weder damals (trotz mehrfacher Interpellationen von nationalliberaler Seite), noch bis heute klar ausgesprochen. Auf den Landtagen von 1873/74 ff. ging der Fortschritt in Personenfragen (wie bei Wahlen in die Deputationen u. s. w.) regelmäßig, in sachlichen Fragen meist weit mehr mit den konservativen, als mit den anderen Liberalen zusammen. Mit Letzteren brach er alle Beziehungen ab, obschon einzelne einsichtigere Wortführer der Partei solche wieder herzustellen suchten. Bei den Neu wahlen kamen durch die Bemühungen eben dieser Männer hier und da Compromisse zwischen den Nationalliberalen und dem Fortschritte zu Stande, allein, wie das in solchen Fällen geht, die neue Wahlverwandtschaft siegte über die alte; ein Theil der Wähler stimmte, statt für den liberalen, für den konservativen Kandidaten, und umgekehrt. So wuchs mehr und mehr die Zahl der Cvnservativen der Zweiten Kammer und verringerte fick die der Liberalen. Aus dem Landtag von 1873/74 verfuhr der von den Nationalliberalen mitaewählte fortschrittliche Präsident, Vr. Schaff rath, bei Leitung der Verhandlungen in Len meisten Fällen so parteiisch für die (Konservativen, daß beim nächsten Landtage die Nationalliberalen entschieden erklärten, sie würben irgend welchem andern Mitgliede der Fortschritts partei, nur aber nicht dem vr. Schaffrath ihre Stimme geben. Ties geschah und damit ging auch das Präsidium der Zweiten Kammer an die Cvnservativen über und ist seitdem nicht wieder zu Len Liberalen zurückgekehrt. Dies war der Stand der Parteien in der zweiten Kammer des Landtages, als ein Ereignis) eintrat, welches die Sachlage noch ungünstiger für die Zukunft der Liberalen ge staltete. Seit der Vollendung der deutschen Einheit und dem JnSlebentrcten eines gesammtdeutschen Reichstags war das Interesse der politischen Parteien mehr und mehr von den Einzellandtagen auf diesen übergegangen. Auf letzterem hatte der Schwerpunkt deö parlamentarischen Lebens in den ersten Jahren ausschließlich in den staatSerhaltenden oder reichstreuer Parteien gelegen. Insbesondere die national liberale Fraktion war damals über 15,0 Kopse stark gewesen. Aber schon die Neuwahlen von 1874 zeigten ein bedenkliches Anwachsen der socialdemokratischen Stimmen. Dies veran laßte die nationalliberale Partei Sachsens zu einem aner- kennenswerthen Acte der Selbstverleugnung. Sie verzichtete auf ihre Sonderstellung und selbst ihren Namen als Partei und verwandelte sich in einen „Rcichsverein", in den jeder Reichs treue gleichviel Weicker Parteistellung sonst sollte ein treten können. Der Reichsverein verpflichtete sich in seinem Statut, bei Reichstagswahlen, so oft es sich um den Kampf mit Reichsfeinden, besonders Socialdemvkraten, handeln würde, dem rcichStrcuen Candidaten unter allen Umständen (Freiconser- vative, National-Liberale oder Fortschrittler) mit allen Kräften beizustehen. Er hat auch wirklich manchem Cvnservativen (so dem späteren königlich sächsischen Finanzminister von Könneritz) zum Siege verhalfen. Eines Gegendienstes von den anderen Parteien hatte er sich nicht zu erfreuen. Der Reichsverein hat als solcher nahezu 10 Jahre lang, bis zum Jahre 1884, bestanden. Erst als die von rechts und links ihm bcigetretenen Elemente sich wieder von ihm ablösten, so daß er nur noch aus Nationalliberalen bestand, »ahm er auch den Namen „Nationalliberaler Landesverein für das Königreich Sachsen" an, ohne jedoch seinen statutenmäßigen Charakter aufzugeben. Im Jahre 188l> trat in der Reichsgesetzgebung eine bedenkliche Krisis ein. Die verbündeten Regierungen ver langten im Hinblick auf möglicherweise vom Westen drohende kriegerische Gefahren eine Verstärkung deS ReichSheereS und zugleich eine Festlegung der Ziffer der unter den Fahnen befindlichen Mannschaften auf sieben Jahre. Der Reichstag, in welchem indessen die oppositionellen Parteien, Centrum, Socialdemokratie, der von den Nationalliberalen abgefallene „Freisinn", sammt Welfen, Polen, Dänen, Elsaffern, zusammen die Mehrheit erlangt hatten, lehnte Beides ab. Da schlossen in Sachsen Conservative und Nationalliberale ein Bündniß — das sogenannte „Cartell" —zur gemein samen Bekämpfung der Gegner des SrptennatS. Auch ein Theil der mehr linksstehenden Parteien, der „alte sächsische Fortschritt", trat diesem Bündniß bei. Dasselbe wurde von beiden Seilen ebenso ehrlich abgeschlossen wie gehalten. ES batte den außerordentlichen Erfolg, daß von den 23 sächsischen Wahlkreisen 22 den Cartellparteien zusielen (12 den Confer- vativen, 10 den Nationalliberalen), wahrend nur einer dem Freisinn verblieb, und daß sämmtliche 7 Socialdemokraten aus ihren Sitzen verdrängt wurden. Dieses Ergebniß war so glänzend, aber auch (bei der bis dahin immerfort wahrgenommenen Steigerung der social demokratischen Stimmen und bei deren anscheinend unbesieg baren, Eingewurzeltsein in einer Anzahl besonders gewerb- reicker Wahlkreise) so überraschend, daß man Alles ausbieten zu müssen glaubte, um ein ähnliche- Ergebniß womöglich auch für künftige Wahlen zu sichern. Dazu gehörte nun in erster Linie, daß in der Zeit zwischen diesen Wahlen daS Cartell in seiner ganzen Festigkeit crbalten bliebe. Dies bedingte aber eine Uebertragung des selben auch auf die Landtag-Wahlen. Denn, wenn bei diesen Conservative und Nationalliberale sich feindlich gegenüber ständen und dann (was kaum zu vermeiden) in der Press, oder in Wahlreden ein schärferer Gegensatz zwischen Beiden >ervorträte, so würde eö schwer sein, bei den Reichstagswahlen die gleiche Eintracht und dasselbe freudige Zusammengehen Beider, wie es 1887 gewesen, wieder herzustellen. Die Aussichten der Nationalliberalen Sachsens bei einem Cartell sür die Landtagswahlen waren nicht besonders günstig, denn bei diesen, wie bei den Reichstagswahlen, würde der „Besitzstand" der einzelnen Parteien entscheiden; dieser aber war, infolge der früher erwähnten Borkommnisse, auf ihrer Seile um viel niedriger, als auf Seite der Cvnservativen. Allein das ungleich Wichtigere war und blieb doch der AuS- all der Reichötagswahlen. Dazu kam, daß durch den Ueberganz der wichtigsten, zumal der principiellcn GesetzgebungSfragen von den Einzellandtagen aus den Reichstag die Bedeutung jener gegen diesen um BielcS abgenommen hatte. So erschien eS als eine patriotische Pflicht der staatSerhaltenden Parteien im Einzelstaate, selbst auf Kosten ihrer Stellung daheim vor Allem den großen nationalen Interessen im Reichstage zum Siege zu ver helfen. Die nationalliberale Partei Sachsens ging ohne Schwanken an diese Pflichterfüllung. Auf einer LanoeS- versammlung derselben, die bald nach den ReichStagSwahlen in Leipzig stattfand, ward auf einen Antrag des Unter zeichneten einmüthig beschlossen, daS Cartell auch auf die LandtagSwablen anzuwenden. Auch diese Anwendung ist, wie bei den Reichstagswahlen, in loyalster Weise zu Stande gekommen. DaS heißt, wo bisher ein Nationalliberaler einen Wahlkreis vertreten hatte, da wurde bei den Neuwahlen entweder derselbe Mann oder ein anderer Nationalliberaler von beiden Parteien gewählt. Ebenso umgekehrt, wenn es die Ersetzung eines Cvnservativen galt. Da nun bei der Neuwahl für die Zweite Kammer zwar eine verschiedene Zahl von Cvnservativen und Nationalliberalen „auSgeloost" und neugewählt wurden, allein daS Berhältniß der beiden Parteien zu einander dabei schließlich doch immer dasselbe blieb, und da dieses Berhältniß schon seit 1875 ein sür die Nationalliberalen immer un günstigeres geworden war, so konnte es infolge deS Cartells selbst dann kein besseres werden, wenn in dem oder jenem Wahlkreise seitdem die Zahl der nationalliberalen Partei gänger gewachsen wäre. Denn nach dem Grundsatz des „Besitzstandes" mußten diese dennoch für einen cvnservativen Candidaten stimmen, wenn die Cvnservativen „im Besitze" des betreffenden Wahlkreises waren. Dazu kam in der neueren Zeit noch etwas Anderes. Zwischen Conservative und Nationalliberale stellten sich neue Parteien, wie die Antisemiten und die Agrarier. Diese kümmerten sich wenig um das Cartell, verfuhren vielmehr ganz pach eigenem Belieben. Und, da sie ihrem ganzen Standpuncte nach weit mehr nach rechts als nach link neigten, so nahmen sie gewöhnlich für die Cvnservativen Partei. So kam es vor, daß, obschon in einem Wahlkreise Conservative und Nationalliberale sich durch Cartell auf einen nationalliberalen Candidaten geeinigt hatten, daS Dazwischen treten deS „Bundes der Landwirthe" gegen diesen für einen conscrvativcn (zugleich agrarischen) entsckied. Unter solchen Umständen hat da- Cartell bei den Land- tagöwablen für die Nationalliberalen nur einen sehr zweifel basten Werth, ist ihnen vielmehr überwiegend nachtbeilig. Die einzige Rücksicht, die gegen einen Abbruch desselben (zumal eines schroffen) spricht, ist die wegen der zu befürchtenden Rückwirkungen eine- solchen auf die ReichStagSwahlen. Denn der Zweck, die Socialdemokratie von der Kammer fern zu halten, ist durch das neue Wahlgesetz auf anderem Wege erreicht. Jene Rücksicht aber macht eS den beiden Parteien zur Pflicht, wenn sie nicht Zusammengehen können, sich wenigsten- nicht in gehässiger, agitatorisch verhetzender Weise in Wahlreden und in ihrer Parteipresse zu bekämpfen, was um so eher ge schehen kann, al- im Landtage nur selten noch so „brennende" Fragen, wie früher, verhandelt werden. Vielleicht wäre eS daS Richtigste, wenn von einer den Wählern von der Parteileitung im Vornherein zu gebenden Direktive gänzlich abgesehen und ihnen die Entscheidung über die zu wählenden Candidaten (nach einer durch Wahlmänner-Ber- sammlungen möglichst zu ermittelnden Kenntniß der Stimmung der Wählermehrheit) überlassen würde. Nur etwa für solche Fälle, wo eine Einigung nicht zu erzielen stände, wäre die Vermittelung der Parteileitung, beziehentlich eineVerständigunz unter den Parteileitungen, vorzubehalten. Es würde sich dann Wohl Herausstellen, in welchem Berhältniß die Ge- sammtwählerschaft Sachsens der einen oder der anderen der beiden Parteien zuneigt, in welchem Berhältniß daher eine jede von diesen den Anspruch erheben kann, der Gesetzgebung und dem öffentlichen Leben Sachsen« vorzugsweise ihr Gepräge zu geben. DaS Allerheilsamste für Land und Volk würde e« sein, wenn beide Parteien gemeinsam (wie da- ja glücklicher Weise schon jetzt meist geschieht) für dessen Wohl arbeiteten, wenn ein Conser- vati-muS ohne Stillstand oder gar Rückschritt und ein Liberalismus ohne Uebereilung und ohne schroffen Bruch mit der Gegenwart sich in diese« segeubriugend« Geschäft theilen würden. Karl Biedermann. Der Krieg in Südafrika. —p. Da» „Reuter'sche Bureau" meldet au« Thabanchu unterm 1. Mai: „Die berittene Infanterie-Division de» General« Hamilton war gestern und heute in einen Kampf verwickelt, um Durchgang durch Houtneck nordwärts zu erzwingen. Der Feind hatte eine Stellung auf den Hügeln besetzt, die da« Gelände an den Seiten de« Passes beherrschen. Er wurde angegriffen und mußte sich zurück ziehen und den Durchgang freigeben. DaS außen gelegene englische Lager wird von den auf den Bergen stehen den Abteilungen der Boeren beschossen, sodaß eS nöthig ist, e- an einen sicheren Platz zu verlegen." — DaS sieht gerade so au-, al» hätten die Boeren Hamilton dahin gelockt, wohin sie ihn haben wollten. Man darf auf den AuSgang de« Kampfe« gespannt sein. — Bei dem vorgestrigen Gefecht bei Houtneck betrugen nach einer Reutermeldung die Verluste der unter General Hamilton stehenden britischen Truppen an Tobten 2 Officiere und 1 Soldaten, während 6 Officiere theils verwundet sind und theils vermißt werden und 15 Mann ebenfalls theil- verwundet sind und theil» vermißt werden. Maseking. * London, 2. Mai. (Telegramm.) Die „TimeS" berichten auS Maseking unter dem 19. April: Die Zahl der Belagerer beträgt jetzt 3000. Sie verfügen über zahlreiche Geschütze, haben aber ein grobes Creuzot-Geschütz sortgebracht und wie Eingeborene berichten, zur Ausbesserung nach Pretoria geschickt. Die Be- lagerung wird jetzt energisch betrieben. — „Daily Mail" berichtet auS Maseking unter dem 19. April: 40 Ein geborene versuchten am 14. April Nachts 80 Stück Vieh nach Maseking zu bringen. Sie wurden von den Boeren dabei ent deckt, die Geschütz- und Gewehrseuer auf sie richteten. 6 Ein- geborene wurden verwundet» 4 gefangen genommen und nieder- gemacht. Das Vieh wurde mit Ausnahme von 15 Stück, die dir Boeren wegnahmen, nirdergeschossen. (Wiederholt.) Die Boeren setzen ihre Befestigung von Pretoria fort. Der Correspondent der Londoner „Pall Mall Gazette" meldet darüber: „Ohne Zweifel wäre die Einnahme der Fort son Pretoria für uns eine schwierige Aufgabe. Die FortS sind wissenschaftlich gebaut und alle Zugänge zum Thal formidabel befestigt. An passenden Stellen liegen Minen. Schweres Geschütz ist rings um die Stadt in weitem Umkreise in Position gebracht. Elektrische Scheinwerfer erleuchten NachlS das Land stundenweit. Die Vorräthe an Munition und Proviant sind geradezu immens, die Reserven mehr als aus reichend. Wassermangel kann nicht eintreten, denn man braucht in Pretoria nur ein paar Meter tief zu graben, um allenthalben gutes Quellwasser zu finden." Repressalien. Neben dem Kriege gegen die vereinigcen Heere der Füderir- ten beginnt jetzt, und zwar officiell, der Krieg gegen die Bürger der Bverenrepubliken. Schon wahrend des Vormarsches Lord Methuen's und be sonders der Operationen Tnndonald's hörten wir von ge plünderten und verbrannten Farmen. Aber damals protestirie Lord Robercö feierlich und stellte die gemeldeten Thatfachen formell in Abrede. Dann kamen wohl Meldungen über ähn liche Vorgänge, aber fast nur in Privatbriefen, und sie behan delten meist einzelne Fälle. Tann kam die Nachricht von dem „Pferderaube" der Buschmänner Generals Hamilton und wenige Tage später, nachdem kaum die anständige englische Presse dieses ofsiciose Pferdestehlen oerurlheilt hatte, die offi- cielle Meldung, General Pole-Carew bestrafe alle nicht auf ihren Farmen angetrofsene Freistaatler wegen Verdachtes, auf Feindes Seite zu kämpfen, durch Wegnahme ihres Pferde bestandes, Forttreiben ihrer Heerden und „sonstige Requisi tionen". Ter letztere Ausdruck klang etwas verdächtig bereits nach Plünderung. Heute kommt Ser Bloeiwfonreincr Officiosus der „Times" und proclamirt diese Form der „Bestrafung" als Princip. Er dezichiigk die Boeren des Freistaates, um für diese neueste Form der Kriegführung einen Vorwand zu finden, daß sie in Bloem fontein sle'bst eine Gesellschaft gegründet, welche „den Briten antagonistisch" sei und mit dem Feinde in Verbindung gestanden habe. Durch Taubenpost seien dem Feinde volle Informationen über die Bewegungen der Engländer zugegangen und was die Taubenpost nicht besorgte, hätten angeblich zu Markte kom mende berittene Boten besorgt. Die Freistaatler Farmer, welche sich scheinbar unterworfen hätten, seien dazu benutz: worden, Agenten zu dem Geheimdienst zu liefern oder zu beherbergen und in wiederholten Fällen seien Flinten und Patronen ent deckt worden. In drei Fällen wäre aus Farmen unter der Weißen Fahne auf Patrouillen geschossen worden, llnd dann fährt der „Times"-Correspondent fort: „Die Zeit, Exempel zu statuiren, ist gekommen, und Lord Roberts, entschlossen, seine Truppen gegen verrätherische Ge bräuche, wie die Boeren sie seit Kurzem ausgenommen haben, zu schützen. In diesem Entschlüsse steht das ganze Heer zu ihm. Schritte sind bereits gethan worden, um diesen Entschluß aus zuführen. Niemanden ist gestattet, in die Stadt oder aus der Stadt zu gehen und des Feindes System der Meldereiter ist durch Wegnahme ihrer Pferde unmöglich gemacht, während die Entdeckung einer einzigen Mauserpatrone oder eines belasten den Dokumentes jetzt zur Verurtheilung (durch das Kriegs gericht) genügt." Zur Illustration dessen, was der Verurtheilte zu erwarten hat, fügt der Correspondent hinzu: „Als Präcedenzfall braucht man nur Moltke's Vorgehen unter ähnlichen Umständen im Jahre 1871 zu nehmen, wo er unter der Nothwendigkeit, seine Verbindungslinien gegen Franktireure zu schützen, nicht nur die schuldigen Häuser, son dern ganze Dörfer zerstörte. In unseren eigenen Kriegen in Indien verhüteten nur (solche) einschneidenden Maßregeln Guerillaangriffe auf unsere Proviantzüge." In Capstadt ist man sich offenbar ganz klar darüber, wohin all das führen muß, denn hervorragende Bondmitglieder kün digen bereits die Einbringung eines Gesetzentwurfs im Parla ment an, nach welchem alle angeklagten Rebellen vor einem besonderen Gerichtshof verwiesen werden sollen, dessen Mit glieder aus colonialen Richtern ausschließlich bestehen sollen. Man hofft so, die Engländer zu befriedigen und dem Stand reckt wenigstens einen Theil feiner Opfer zu entreißen. Deutsches Reich. Berlin, 2. Mai. (Der „Versuch" in der Gesetz' gebung.) Herr v o n M i q u e l hat sich letzthin beim Empfange einer Deputation, die ihn wegen der WaarenhauSsteuer intrrpellirte, dahin ausgesprochen, daß die Folgen des Gesetzes noch nicht vorherzusehen seien und daß die Steuer deshalb ge wissermaßen als Versuch betrachtet werden müsse. Für diese offenherzige Erklärung hat die „Freis. Ztg." nur Hohn und Spott. Sie schreibt: „Fürwahr, eine vortreffliche Gesetzgebung?- Politik. Man springt inS Dunkle, macht einen Versuch, wcckei es nicht darauf ankommt, ob eine Anzahl großer, durch Betrieb samkeit emporgewachsener Geschäfte zu Grunde gehrti und die Angestellten derselben in Verlegenheit gerathen." Nun, in gewisser Welse ist jede» wichtiger« Gesetz «in Versuch, durch den auch manche Schädigung hervorgerufen werden kann, sei es von Einzel personen, sei es des Staates. So wird auch der Überzeugung-- treueste Anhänger der Canalvorlage zugeben müssen, daß es fick gar nicht übersehen läßt, wie vielePersönlichkeiten durch die Canal Politik Schaden haben könnten. Auch die Einführung der zwei- jährigen Dienstzeit war ein Versuch, der, wenn er fehlschlug, so gar recht gefährlich werden konnte. Auch die Zollpolitik wird, einerlei, ob sie mehr schutzzöllnerisch oder mehr freihänvlerisch ist, bei jeder Aenderung immer mehr den Charakter eines Versuche-: tragen und Niemand wird die Wirkungen neuer Handels verträge mit Bestimmtheit Voraussagen können, wofern er ein ge wisses Gefühl der Verantwortlichkeit besitzt. Herr von Miquel empfindet seine Verantwortlichkeit und deshalb hat er es vorge zogen, sich nicht so apodiktisch auszusprechen, wie es Herr Richter oder Herr Wiemer in dem fröhlichen Gefühle ihrer Unoerantwort- lichkeit jedem Gesetze gegenüber, ja sogar schon, bevor ein Entwurf vorliegt, zu thun pflegen. Berlin, 2. Mai. (Rechtsanwälte und Rechts konsulenten.) Wir haben vor einiger Zeit darauf auf merksam gemacht, daß im Jahre 1899 die Zahl der Rechtsanwällc in Deutschland nur noch eine höchst geringe Zunahme erfahren hat, die beträchtlich hinter der Vermehrung der Anwälte in früheren Jahren zurücksteht. Noch viel auffälliger ist die Statistik des ersten Vierteljahres des laufenden Jahres: in der Zeit vom 1. Januar bis 1. April hat sich die Zahl der Anwälte nicht nur nicht vermehrt, sondern sogar herabgemindert: sie hat um 10 abgenommen. Ein Beweis dafür, daß auch die großen Städte keine Anziehungskraft auf die Anwälte mehr ausüben, ist Berlin; hier haben sich die Anwälte im ersten Quartal 4900 — und zwar bei den Landgerichten Berlin I und Berlin II zu sammengenommen— gerade um einen vermehrt, also in ganz erheblich geringerem Maße, als es der Bevölkerungszunahme ent spricht. Denn während Berlin mit seinen sich sehr rasch ver mehrenden Vororten, die zum Landgerichte II gehören, durch schnittlich jährlich um mindestens 80 000, vierteljährlich also um mindestens 20000 Einwohner zunimmt, haben die Anwälte, wie erwähnt, im ersten Quartal nur um einen zugenommen, während in Preußen im Durchscknitte auf 8000 Seelen ein Anwalt kommt. Die retrograde Bewegung der Anwaltschaft scheint also im saufenden Jahre weitere Fortschritte machen zu wollen. Was speciell Preußen anlangt, so ist dies einerseits auf die frühere Ileberfüllung der Anwaltscarriöre, andererseits aber auch auf die legitime Stellung, die feit einem halben Jahre die Rechts konsulenten einnehmen, zurückzuführen. Was für Elemente unter diesen Consulenten sich manchmal befinden, mag man daraus ent nehmen, daß letzthin in Salzwedel eine derartige Persönlichkeit sich niederlassen wollte, die wegen Betrugs, Unterschlagung und anderer rühmlicher Delikte bereits wiederholt vorbestraft war. Wenn die Anwälte keine Neigung haben, mit derartigen Persön lichkeiten in Berührung zu kommen, und wenn auch schon darum der Andrang zur Anwaltschaft in der Abnahme begriffen sein sollte, so wäre dies nicht zu verwundern. * Berlin, 2. Mai. Die Ermordung des Händlers Maetzke durch Eingeborene der Abmiralitätsinseln ist durch eine Strafexpedition S. M. S. „Seeadler" gesühnt worden. Ueber den Verlauf dieser Strafexpedition findet sich in der letzten Nummer deS amtlichen „D. Col.-Bl." ein ausführlicher Bericht des Gouverneurs, in dem es heißt: ... Ich hoffe, daß die gelegentlich dieser Expedition durch geführte Bestrafung der Hauptübelthäter der Admiralität-Insulaner guten, bleibenden Erfolg haben wird und die dauernde Erschließung der vielversprechenden Inselgruppe zunächst für den Handel und in einiger Zeit auch sür Plantagenbau zur Folge haben wird. Für die Küstenbewohner der Admiralitätsinseln ist unser Vor gehen, daS lediglich einige aus Räubern und Mördern sich zu sammensetzende Stämme getroffen hat, als ein Glück zu be- zeichnen, da sie, wohl unzweifelhaft mit der intelligenteste Theil der Bewohner deS alten Schutzgebietes Neu-Guinea, im Begriffe standen» durch ewige Kriege vollständig aufgerieben zu werden. Die Ueber- fälle auf Europäer sind in erster Linie darauf zurückzuführeu, daß die einzelnen Stämme auf jede Weise versuchen wollten, in Besitz von Feuerwaffen und Munition zu gelangen, um durch diesen Besitz anderen Stämmen bei den ewigen Fehden über legen zu sein. Unbedingt nöthig wird für die Zukunft sein, daß man allen Ereignissen innerhalb der Grnppe ein wachsames Auge leiht, jedes Vorgehen gegen Europäer nachdrücklich und schleunigst bestraft, und auch den Stämmen, die in erster Liuie die anderen Insulaner durch Angriffe belästigen, zum Ausdrucke bringt, daß das Kriegführen ein Sonderrecht deS Gouvernemeuts ist. Ten Händler Molde habe ich gebeten, über den Erfolg unseres Vorgehens und- dir Brurtheilung desselben durch die Eingeborenen genaue Er kundigung rinzuzirhen und mir darüber schriftlich zu berichten. S. M. S. „Seeadler" habe ich ersucht, auf der Rückreise von der Rundfahrt nach den Karolinen, Palan und Marianen die Admirali- tätSioseln anzulaufea und eventuell, falls Gefahr im Verzüge ist, innerhalb der Inselgruppe gegen verbrecherische Eingeborene sofort wieder vorzugehen. D Berlin, 2. Mai. (Telegramm.) Der Kaiser ist mit Sonderzug nm 8^4 Uhr Vormittags auf der Wildpark station eingetroffen. Er begab sich auf das Bornstädter Feld zu Bataillonsbesichtigungen und gedenkt, bei dem Officier- corps deS 1. Garde-RegimentS zu Fuß zu frühstücken und dann nach Berlin zurückzukehren. — Die Ankunft des Kaiser» in Urville ist nach einer Meldung auS Metz auf den 8. Mai festgesetzt worden. Der Aufenthalt deS Kaiser» dauert bis zum 15. Mai, die Kaiserin bleibt mit den beiden jüngsten Prinzen und der Prinzessin Victoria einige Tage länger. — DaS Centrum hat sich in einer FractionSsitzung, die zahlreich besucht war, obwohl die meisten süddeutschen Mit glieder fehlten, am Montag mit dem Flottengesetze be schäftigt. Die „Germ." macht darüber folgende Mittheilung: Die Brrathungen dieser FractionSsitzung entziehen sich selbst- verständlich im Einzelnen der öffentlichen Wiedergabe; wir glauben jedoch so viel „verrathen" zu dürfen, daß sich in der Grsommt- teurtheiluag »ad ia der »a«r»aa«ag der Stellaagnahm, derjenigen
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