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-A 44. s. Be»««e r«« Mister r«,«blatt, «oata«, »Ä. Sebraar I9S«, abtttis. 79. Jatzr». Prästdcut Kemal Pascha. Echmeizer Recht i« -er Türkei. Ti« türk. bfe Kammer beschloß die Einführuuq des Lckweizee Pürserlü)en Gesetzbuches in der Türkei. Vs ist wohl noch licht bageweseu, daß ein in die persönlichen Verhältnisse cin- qreisendes Gesetzbuch, das unter anderem bas Familien-, -as Erb- und bas EHerecht umfaßt, einfach mit einem Feder strich von einem auf bas andere Laub übertragen ist. Die Hellseherin Claire Reichart. Höchstens beginnt vor dein Lchössengcricht München der Prozeß gegen die angebliche Hellseherin Claire Reichart wegen Gantclei. Reben vielen Gesichten unbedeutenderer Art soll sic in den letzten Jahren auch große politische Er eignisse vorausgesagt haben. Es wird behauptet, das Claire Reichart die Revolution, die Münchner Ltraßentämpse und den Mordanschlag auf Erhard Auer »oranssah, auch in der letzten Zeit soll die Angeklagte eine Reihe hellseherischer Empfindungen gehabt haben. Bon der Verteidigung der Angeklagten wird jede betrügerische Absicht der Claire Rcichart bestritten. Tic Angeklagte habe zwar wiederholt Geschenke angenommen, bei ihren Prophezeiungen aber im mer im guten Glauben an ihre Fähigkeit gehandelt. Zur Berhaudlnng werden voraussichtlich zahlreiche Zeugen und Sachverständige geladen, darunter Erhard Auer, General von Epp, Freiherr von Schrcnk-Rvtzing u. a. Pros. Lr. Alfred Biese. Ter Bersafier der bekanntesten deutsche« Viteratnr-eschichst 7« Fahre alt. Prof. Tr. Biese, Bcrsancr einer populären deutschen Litera turgeschichtc und zahlreicher likcraturhinoriichcr Einzclarbci tcn, feiert am 2.-. Februar seinen 70. Geburtstag. Pros. Biese ist in Putbns aus Rügen geboren. Er ist noch heut« als Gymnasialdircktvr in Frankfurt o. M. tätig. , Ist SeiiUWimilbm il> Orr LüliWrtMsl. (Nach Fischer, Bienenzucht im neuen Deutschland.) Wer kennte sie nicht, die kleinen Heinzelmännchen, die im schönen Sonnenglanze zu Tausenden und aber Tausenden emsig von Blüte zu Blüte fliegen und nitt ihrem Summen einen Grnndton lnneinlegen in die viel- stimmige, wundervolle Musik da draußen in Wald und Feld, unsere lieben Bienen! Federmann begrüßt sie gerne, riermmmt erfreut ihren Gesang, wenn man hinausgeht an'einem lachenden Sommertage in die herrliche Gottes natur da draußen nnd die Farbenpracht bewundert, die dem Schoße unserer Mutter Erde entsprossen ist. Nicht teder kennt aber die Hobe Bedeutung dieser emsigen kleinert Leutchen) die enormen Werte, die sie zu schassen vermögen >m Hinblick ans die Samcngewlnnung. Sollte man es an nehmen können, daß nach den Forschungen nnd Berech nungen Von Professor Zander, Erlangen, einer unserer hervorragendsten Autoritäten auf diesem Gebiete, der indirekte Nutzen der Bienenzucht, den sie durch die Bestäu bung der Blüten schasst, etwa 150 Millionen Mark für Deutschland beträgt? Aus zahlreichen Versuchen hat er es zwingend abgeleitet. I» Erkenntnis dieser Tatsache äußerte sich cm hervorragender Staatsmann unlängst «ihm: Wenn m Deutschland die Imkerei zu Grunde «mg, müßte von Staats wegen ein Heer von Bienen gehalten werden." Im Hinblick auf diese hohe volkswirtschaftliche Be deutung unserer einheimischen Bienenzucht müßte diese eine ganz andere Nolle spielen und nicht eine Aschen- brüdelstellung im Staate cinnehmcn, was, leider, gegen wärtig der Fall ist. Jeder Landwirt muß sich darüber klar sem, daß es wohl blühende Raps- und Kleefelder und blühende Obstbäumc geben kann ohne Bienen, aber keine Samenbrldung. Wem die wissenschaftlichen Ver suche nicht genügen, dem mögen cm paar drastische Bei spiele an die Hand gegeben werden: Als man in Australien den Obstbau cmiührte, hatic man wobt blühende Obst bäume, aber man bekam leine Früchte, bis man die Bienen zucht enlführtc. Bon Stund' an hatte man die gewünsch ten Erfolge. * Und vor noch nicht ferner Zeit Ivar ein Ort im Vogt land«:, der halte wohl blühende Acvfel- und Pflaumen bäume, aber leine Früchte, weil im Umkreis von zwei Stunden kein Imker war. Erst als man einen Imker in das Dors lnnenigezogcn halte, hatte man Obst in Hülle und Fülle. Die Bienen bestäuben nicht nur die Blüten, sondern halte» auch schädliche Insekten fern, was die neueren Beobachtungen cmwandsfrei bewiesen haben. Ein Landrat m Pommern hatte einmal den Rapskäfer in bedenklicher Weise in seinem Rapsseld, so daß ein Ernteertrag aussichtslos erschien. Ta gab ihm ein Imker den Rat, seine Bienen dorthin zu holen. Auf einem Wagen wurden die Bienen geholt, und scharenweise zogen die Rapskäser ab. Durch das fortwährende Anstiegen dec Bienen wurde der,RaPs derart erschüttert, daß die Käfer erschrocken zn Boden fielen und answandertcn. Tie Ernte war gut. > Die Bienen allein sind cs auch, die immer wieder dieselben Blüten ost wochenlang befliegen, was andere In sekten nicht tun, indem sic nacheinander die verschieden sten Arten von Blüten aussuchen. Letztere kommen allo für die Bestäubung überhaupt nicht in Frage, denn der Klee- blütenstaub ist znni Beispiel doch nicht für andere Blüte» verwendbar, solider» allem siir den Kicc, und so ist es in allen anderen Fällen. Man kann, sich diese Tatsache nock nicht erklären, aber cs ist eben Tatsache, daß dis Bienen, indem ne Blütenstand und Stempel d er sei b e n Blütenart zusammenbrmgcn. allein eine Bestäubung er möglichen. Tic Forsclnmg nnd Beobacbnmg habe» es cm- lvandsree gezeigt. Diese Beispiele, die sich mS Ungemenenc sortsetze» ließen, mögen beweisen, daß die Bienen nicht allein die „Poesie der Landwirticligit" und, sonder» eine Notwen digkeit für rhr Bestehe» bedeuten. Möge die Deutsche Landwirtschaft icnen tlemcn Heiiizelmünnchc» ibre hoch wichtige Tätigkeit danteu und für die Au'wärrscniwictlnng unserer deutschen Bienenzucht im ureigenste» Interests jederzeit nachdrücklich cmtretc». K- P. Vermischtes. Ter Rhein steigt nicht weiter. Bee einer Stand von Meter 17 Zentimeter ist cm nennenswerte« Steigen des Rbemcs vorläufig nicht mehr zu erwarten. Neber fall in einem Berliner Vorortzug. Gestern abend wurde cm sunges Mädchen, das im Vor ortzug nach Straußbcrg in cmem Abteil 2. Klane laß, von einem Fahrgast aus dein Rebenabteil überfallen. Während der Angreifer die Ueberiallene würgte, fuhr der Zug nr Hovvegartcn ein. Auf die Hilferufe des Mädchens eilte der Bahnhofsvorsteher herbei. Der Angreifer ließ von seinem Opfer ab, sprang auf der anderen Seite zum Wage» hinaus und entkam in der Tnnkelbeit. Zusamme». >,ß rm Tunnel. Wie aus Madrid berichtet wird, stießen in cmem Tunnel m der Näbe von Madrid cm Pcrsonenzug und ein Gütermg zusammen. ES wurden Personen verletzt, darunter list schwer. Erdriitich in Salzkammergut. Wie der „Lokalanzeiger" aus Wien berichtet, wurde infolge einer Erdlawrnc der Verkehr aur der Salzkammcrgutbahn unter- Frauenherzen. Don M. Eitner. . 2. Fortsetzung. Nachdruck verboten. ' - Mit großer Neugier war die Ankunft der jungen Herrin von Prochnow in der Nachbarschaft erwartet worden. Man erachtete sie gewissermaßen als einen Eindringling, -er einem der dortigen jungen Mädchen ein erwünschtes Glück geraubt hatte. Ihre Schönheit und ihr liebens würdiges Wesen entwaffneten jedoch bald jegliche Mißgunst. Werner trug seine Frau auf Händen, umgab sie mit äinem Glanz, der oft das Kopfschütteln der benachbarten Besitzer hervorrief. Sie fuhr nie anders aus als mit einem prächtigen Räppen-Mcrgespann, und der Goldfuchs, den Werner für sie als Reitpferd hatte trainieren lassen, erregte geradezu Bewunderung. Nnd bewundernde Blicke folgten Wemer und sein« Frau, wenn sie zusammen ausritten. „Ein selten schönes Paar," sagte unwillkürlich jeder, der sie sah. Werner wußte, daß die Gräfin Lonska erklärt hatte, sie würde nie sein Haus betreten. Er hatte darüber «lächelt Und hatte auch nichts dagegen, daß Maria im Sommer die Schwester für einige Tage in Oberschlesien -esüchte. - „Das sollst du immer tun dürfen," sagte er. „Wenn kemand so glücklich ist. wie ich bin, dann gönnt er auch »en anderen etwas von diesem Glück." Noch größer wurde das Glück auf Prochnow, al» nach anderthalb Jahren ein Mädchen geboren wurde. Richt im geringsten fühlte Wemer sich enttäuscht und tröstete Maria, die um seinetwillen auf einen Knaben gehofft hätte. Ein leiser Schatten legte sich jetzt über das strahlende Glück hi», schien es doch, als sollte Maria die Iugendkraft, die sie gehabt hatte, nicht mehr zurückerlangen. > Mit um so größerer Sorgfalt und Liebe umgab Werner seine Krau. Die kleine Lutka gedieh zusehends. < „Sie ist eine Lonski," sagte Werner ost lachend, „und ras ist mir recht, weil sie das werden kann, was du bist." „Sie ersetzt mir einen Knaben," erklärte er später, al» Lutka sechs Jahre zählte. Die Kleine kannte keine Furcht, war gut Freund mit den großen Hunden, ging in die Ställe, war am liebsten bei den Pferden und jauchzte glückselig auf, wenn der Pater sie auf ein Pferd fetzte und Pferd mit Reiterin im Hof oder Park vmherführte. Dann wehrte sie wohl seiner Hand und erklärte, sie könnte ohne Hilfe festsitzen. Zwei Jahre später ging sie furchtlos in die Fohlen-Koppek, lockte sich eins der schönen Tiere heran und schwang sich dann plötzlich, sich an der Mähne sesthaltend, auf »en Rücken )es Pferdes, jagte mit ihm in der Koppel umher und .auchzte hell auf, wenn die anderen Fohlen stampfend und Dann standen die Leute im Hofe still, und ihre Gesichter strahlten in Heller Freude. Das kleine Fräulein war der Liebling aller. Trotz aller Wildheit und Ungebundenheit war Lutka von einer bestechenden Liebenswürdigkeit, und oft, wenn ihre Angen blitzten in Hellem Uebermut, lag dennoch ein wunderbar weicher Zug um ihren Mund. Wie ein Weg, mit Rosen bestreut, war ja auch ihr Leben. Und dann kam plötzlich das, was Werner unter Bangen und Leid geahnt hatte. Als Lutka zwölf Jahre zählte, schloß Maria die Augen. Ein Herzschlag entriß sie den Ihrigen. Werner war wie gebrochen, und Lutka vermochte gar nicht zn fassen, daß sie ohne ihre schöne, geliebte Mutter leben sollte. Zum ersten Male betritt die Gräfin Lonska den Boden von Prochnow, um ihrer Schwester das letzte Geleit zu geben. Dann erklärte sie, sie wolle Lutka in ihr Haus nehmen, da doch ihre Erziehung von weiblicher Hand geleitet werden müsse. „Mein Kind bleiht bei mir," erklärte Werner fest, „aber ich werde Ihnen Lutka, wie das ja zur Gewohnheit ge worden ist, alljährlich in: Sommer für acht Tage nach Ober schlesien schicken, uni Marias willen." Hatte Werner schon immer seine Tochter verwöhnt, so vergötterte er sie jetzt geradezu. Er nahm eine ältere Cousine in das Haus, damit die Wirtschaft eine weibliche Leitung hatte. Eine Erzieherin war schon seit Lutkas neuntem Jahr aus Prochnow engagiert. Ihr Amt wurde ihr nach denk Tode der Schloßherrin etwas erschwert, kam Werner doch oft genug während des Unter richts in Vas Schukzimmer und holte seine Tochter zu einem Ritt oder einer Ausfahrt ab. Dio Erzieherin war klug genug, den Verhältnissen Rechnung zu tragen. Sie ließ oiese Störungen ruhig über sich ergeht», da sie einen be sonderen Schaden nicht anrichten konnten, war Lutka doch eine Schülerin mit ausgezeichnetem Gedächtnis und be sonderer Auffassungsgabe. Das Lernen war eigentlich nur Spiel für sie. Mit Wonne warf sic die Bücher beiseite, wenn der Vater ries, war aber dann, wenn die Erzieherin es wünschte, sofort bereit, eine unterbrochene Stunde nach zuholen. Nur wenn sie zeichnete, ließ sie sich durch nichts stören. Da sagte sie: „Vater, reite nur allein." „Reite nur allein," sagte sie auch, wenn sie im Garten oder Park saß und irgendwelche Skizzen entwarf. Sie hatte ein so ausgesprochenes Talent für Zeichnen und Malen, daß Werner eine junge Malerin für ein Jahr in das Haus nahm, um Lutka gründlichen Unterricht geben zu lassen. Dann ging er jährlich im Winter mit ihr für einige Wochen nach Berlin, um ihr Gelegenheit zu geben, bei großen Künstlern den Blick zu schärfen und neue Au- rogun« »u erkälten. Ost schon batte er den Gebauten erwogen, Prochnow zu verkaufen oder zu verpachten, am Lutka zu größerer Ausbildung ihres Talents nach München und nach Italien zu begleiten, aber doch konnte er sich nicht entschießen, den Gedanken zur Tat werden zu lasse« und sich von Prochnow zu trennen, wo er mit Maria so unsagbar glücklich gewesen war. Als Lutka ihr achtzehntes Jahr vollendet hatte, verließ Werners Cousine wegen Kränklichkeit Prochnow, und Lutka nahm mit der ihr eigenen Sicherheit und Festigkeil die Zügel der Wirtschaft in die Hand. Sie war zu einer eigenartigen Schönheit erblüht und eigenartig war ihr ganzes Wesen. Ihr wurde in einer Weise gehuldigt, die wohl dazu angetan gewesen wäre, den Neid anderer Mädchen und Frauen zu erregen, und doch war das nicht der Fall, weil jeder, der sie kannte, auch wußte, daß sie völlig frei war von jeder Koketterie, daß sie die Huldigungen nicht suchte, sondern daß sie ihr zufielen wie etwas ganz Selbstver ständliches, und als etwas Selbstverständliches nahm sie sie auch hin. „Bei aller Lebhaftigkeit des Charakters und Tempera ments war ihr doch die Weichheit geblieben, die sie schon als Kind so anziehend machte. „Sie geht durch das Leben hin," sagte ein aller Herr von ihr, „als sei es ein Zaubergarten. Ob das immer so bleiben wird?" Zu dieser Frage gesellte sich im Bekanntenkreis die andere: „Regt sich ihr Herz denn gar nicht? Ist da keiner, dem sie ihre Liebe zuwendet?" „Wer kann Frauenherzen ergründen?" bemerkte auch ein alter Herr. „Für dieses Studium reichen die Semester eines Achtzigjährigen nicht aus." Vorläufig hatte Lutkas Herz noch nicht gesprochen. Als sie zwanzig Jahre alt war, trat ein Etwas in ihr Leben, das sie bisher noch nicht kennen gelernt hatte: eine schwere Sorge. Sie hatte die Mutter nach und nach hittwelken sehen, war aber zu jung gewesen, um den wirklichen Begriff der Sorge zu haben. Und mochte da mals jeder sein Antlitz dagegen verhüllen oder nicht, fr wußte er doch? daß es sich um ein Etwas handelte, dar kein Mensch aufhalten konnte, wußte, daß der Tod über kurz oder lang die Schwelle des Hauses überschreiten würde. Was aber jetzt als Sorge vor Lutka lag, war etwa- Unbestimmtes, das desto mehr quälte. Sie fand ihren Vater oft vor seinem Schreibtisch sitzen, den Kopf mit den Händen stützend, und merkte plötzlich, daß sein noch immer schönes Gesicht doch tiefe Falten zeigte, die auf innere Unruhe schließen ließen. Was quälte ihn? Sie fragte ihn oft, aber er wehrte lächelnd ab. Dann vergab Lutka plötzlich alle Sorge, denn für ihd Herz war die Stunde gekommen, da es sich einem zuwandt«, an dessen Seite sie ein übergroßes Glück zu finde» hoffte- Der neue junge Besitzer des Nachbargutes Müdnnr Herr von Saldern, war sedr bald nach dem ersten Belua