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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 17.03.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-03-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192203172
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19220317
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19220317
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-03
- Tag 1922-03-17
-
Monat
1922-03
-
Jahr
1922
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 17.03.1922
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öv SS. Bett««« 1«» »ttesaer »«,«»«». Kreit«,, 17. Mär» 1»rs, ave«»». Die Steurrgesetze vor dem Reichstag. 7». Jahr,. » z Deutscher Reich«»,. wtb. Berlin. IS. MSr». vel der Wrlterberatung der Vr«««1wet»»,«otz»ltzorl«8e Aba. chiöllei» (Komm.) den Antrag auf Streichung de» Paragraphen ISS betr«ff«,d die Besteuerung der tzsstgsSure wieder auf. Die Aba. Dusche (DVV.) und «reu (So,.) treten für di« Ausschutzfassung ein. Vor der Abstimmung bezweifelt «bg. Höllein die Beschluhfäbiakeit de, Hause« und die Sitzung wird kemgemätz auf S Uhr nachmittags vertagt (Mantelgesetz). SLluß 1'/« Uhr. * Nach Wiederaufnahme der Sitzung wird auf Antrag de« Aba. SAnlz-Gabmen (8.) die Beratung de« Brannt- weinmonovol« zunächst zuende geführt. Di« Antrüge der Kommunisten werden abgelehnt und da» Gesetz selbst in der Ausschußfassuna angenommen. ES folgt die Beratung de» Ma»telßesetzeS. Reichsfinanzminister Dr. Hermes: lanbauernde Zurufe der Kommunisten und Unabhängigen: Gektmlnisterl Rufe recht«: Ruh«! — Präsident Loebe: Sie wissen doch, datz die Angrlegenheit, ans die Sie bet Ihren Zwischenrufen anspielen, von einem Ausschuss de« Reichstags erledigt wird.) Deutschland belastet seine Wirtschaft stärker als irgend ein anderes Land. Da« wird auch im Ausschub anerkannt. Leider wird in Frankreich auch in der Kammer behauptet, Deutschland werde weniger belastet als Frankreich. Man muss sich von der Psychose des Krieges freimachen, um diese Dinge ruhig zu beurteilen. Gin Mehr der Belastung Deutschlands wäre zurzeit nicht mehr erträglich. Durch die Steuergesetze darf die Gesundung unseres Wirtschafts lebens nicht gefährdet werden, und dieses Ziel haben wir erreicht. (Lachen auf der äusseren Linken.) Die neuen grossen Besitzsteuern werden erst 1923 veranlagt werden. Bei den anderen Steuern handelt «S sich nur um Erhöhung«:, so dass kein besonderer grosser Steuerapparat dazu nötig ist. Die Steuerveranlagungen für 1920 und im allgemeinen abge schlossen, diejenigen für 1921 werden bis Mitte diese« Jahre« beendet sein. Die Vorbereitungen für die 1923 in Kraft tretende Vermögenssteuer werden in der zweiten Hälfte des laufenden Jahre« getroffen werden. Da« Kompromiss hat alles mögliche geschaffen; Gegensätze sind gemildert worden. Die Zwangsanleihe wird in allernächster Zeit durch ein besonderes Gesetz sichergestellt werden. Betreffs der Umsatz steuer erkläre ich, dass die Luxussteuer binnen kurzem einer Umgestaltung unterzogen werden wird. Bei den Zöllen und Verbrauchssteuern haben wir uns im wesentlichen auf Erhöhungen beschränkt. Wenn behauptet wird, datz Deutsch land auf die Entwertung seines Geldes selbst binarbeite, so ist da« unsinnig. Es wird immer schwieriger, Lebensmittel und Rohstoffe aus dem Auslands zu beziehen. Eine Besserung des MarkkurseS kann nur von aussen her er- folge» durch eine vernünftige Begrenzung nuferer Leistungen a«S dem AriedenSvertrag. Was durch die Steuergesetze für Sanierung unserer Finanzen geschehen konnte, das liegt Ihnen zur Beschlußfassung vor. Die ober schlesische Kohtenproduktwn ist uns durch den Friedens vertrag zum größten Teil, die Kupfer- und Zinktzxoduktion ganz verloren gegangen. Rtesenovfev hat daS deutsche Volk getragen. Die fälligen Zahlungen sind pünktlich ge leistet worden. Von Stunde zu Stunde warten wir auf erträgliche Zahlungsbedingungen. Hoffentlich kommen diese bald. Ich bitte, den Steuervorlagen möglichst bald zuzu stimmen, damit diese neuen Quellen bald zu fliessen beginnen. Scheitern die Bemühungen, wieder ei» gutes Berhältnts zwischen den Völkern zu schaffe«, so ist das nicht die Schuld des deutschen Volkes. (Beifall. Lärm und Zurufe von der äußersten Lnken. Ostentativer wiederholter Beifall im Zentrum.) Abg. Bernstein (Soz.): Die Zustimmung zu den Steuer gesetzen ist uns nicht leicht geworden. (Lachen links.) Aber jeder, der die Verantwortung trägt, muß auch den Not wendigkeiten Rechnung tragen. Die Lasten des deutschen Volkes sind unendlich, aber sie müssen getragen werden, wenn wir nicht durch den Zusammenbruch weit größere Lasten auf uns laden wollten. Bei den Sachwerten zuzugreifen, gebot Gerechtigkeit und Zweckmäßigkeit. Die Teuerung hängt nur vom Stande der Valuta ab. An eine völlige Beseitigung der Zwangswirtschaft kann jetzt nicht gedacht werden. Berbrauchssteuern sind uns durch das Londoner Ultimatum ausdrücklich vorgeschrieben. Ohne ein Kom promiß waren die Steuern nicht zu erlangen. Eine Ableh nung der Steuern wäre ein Glücksspiel ä l» Ludendorff, das ieme sich nicht für die Sozialdemokratie, wäre ein Wort such gegenüber der Entente und ein Geschenk an die Br- itzenden auf Kosten der Arbeiter. Werde die Auflösung )eS Reichstages notwendig, so würde die Sozialdemokratie auf dem Posten sein, sie lehne «S aber ab, auf die Auflösung binzuarbeiten. Die Zwangsanleihe sei zur Verringerung des Notenumlaufs notwendig, über ihre Form werde aber »och zu verhandeln sein. Abg. Dr. Helfferich (Dnat.): Durch die Rede Bernsteins wird bestäUgt, daß die zahlreichen Väter dieses Kindes mit traurigen Mienen um die Wiege herumstehen. Wir lehnen das Mantelgesetz ab, nehmen aber für uns in Anspruch, im Ausschuß gründliche und positive Arbeit geleistet zu haben. Wir machen keine Politik der Verärgerung oder der Negation, draußen im Lande versteht man uns, da liegt unsere Zukunst I Niemand von uns verkennt den bitteren Zwang, alle Steuerquellen bis zur Grenz: des Möglichen in Anspruch zu nehmen. Aber selbst durch das Kompromiß kann die Politik der Erfüllung nicht befriedigt werden. Eine Gesundung kann nur kommen mit der Wiederherstellung der Staatsautorität. Ordnung und Sparsamkeit in den Reichs betrieben ist sonst nicht denkbar. Die Reparationssumme muß der Leistungsfähigkeit Deutschlands angepaht werden. Der Reichskanzler ist nicht der Mann, der die Politik der Kontributionszahlung »um guten Ende führen kann. Die Erfüllungspolitik Wtrth-Rathenau ist jämmerlich zusammen gebrochen. Deutschland ist da« meist befteuertste Land der Welt, und die RetchSregieruna tut nichts dazu, dies draußen bekannt zu machen. Unsere Steuern stehen um das vielfache über den englischen und französischen Steuern. Ein Reichs kanzler Dr. Wirth ist nur denkbar bei einer Koalition, bei der die Sozialdemokratie die erste Geige spielt. Die Deutsche Volkspartei schützt durch ihre Beteiligung an der Regierung die Sozialdemokratie vor der Erkenntnis ihrer Ohnmacht. In SO Jahren hat die Sozialdemokratie den Mund voll genommen, jetzt versagt sie und ist bankerotter als — leider Deutschland. Nicht einmal für die Erfassung der Sachwerte bat sie brauchbar« Ideen formulieren können, aber man will auf ihre Mitwinung nicht verzichten, dafür mußte man ihr etwa« bieten. Wir aber wollen nicht den Prrt« der Zwanatzaulethe dafür bezahlen, »aß di« Sozialdemokratie »ie chüt« haben will, und weiter zu regieren. Auch die llwanatzanleiüe wir- ->ün« «weck und Nutze» in den Rocken de« Moloch« der Reparation bineingeworfen. Mit dieser ErsiillungSoolitik muss endlich Schluß gemacht werden. Wettrrberatung Freitag 8 Uhr. Schluß gegen 6 Uhr. illWA MMtzk WtMI AlltWM. Dem Reichsminister de« Auswärtigen ist am 15. März von dem französischen Botschafter Laurent folgende Kollektivnote überreicht worden: Die Botschaftcrkonferenz hat feststellen müssen, datz die deutschen Behörden in den letzten Monaten gegenüber den interalliierten Milrtärkoutrollkommtl- sivnen eine obstruktive Haltung eingenommen haben und zwar in folgenden Punkten: 1. Mitteilung der Urkunde«, die gestatte« würden, de« Wert der Entwaffnung einzuschätze«, die hinsichtlich des Gerätes durchgeführt ist. 2. Kontrolle der HeereSergilnzuug, gemäß dem Wehr» gesetz. 3. Regelwibrigstarke Zusammendrängnng gewisser HeereSdienstzweige. 4. Mitteilung der von den verschiedene« Länder« znr Umbildung der Polizei getroffene« Maßnahme«. Außer diesen Fragen, die aus den wichtigsten als Bei spiele herausgegrissen sind, gibt es noch eine, gewisse Zahl anderer, deren Regelung gleichfalls keine weitere Verzöge rung erleiden darf. Im Auftrage ihrer Regierungen haben die Botschafter von Frankreich, England, Japan, Italien und der belgische Gesandte die Ehre, die Aufmerksamkeit der deutschen Regierung in dringender Form auf diese Lage zu lenken und sie aufzufordern, Praktiken ein Ende zu machen, die selbst, wenn sie von untergeordneten Behör den begangen sind, doch unter die Verantwortung der Ne gierung fallen, der es der Vertrag von Versailles zur Pflicht macht, die Entscheidungen der interalliierten Kon- tvollkommission auszuführen. Das Interesse Deutschlands in finanzieller Hinsicht erheischt es zudem, tue alliierten Körperschaften in den Stand zu setzen, sich so schnell wie möglich ihrer Aufgabe zu entledigeu. Entschlossen, die gänzliche Durchführung der vom Vertrag von Ver sailles vorgeschriebenen Entwaffnung zu sichern, zählen die alliierten Mächte daraus, daß die deutsche Negierung alle Maßregeln ergreifen werde, die nötig sind, um die Hemmnisse unverzüglich verschwinden zu lasten, welche bis her der Tätigkeit der interalliierten Kontrollkommissionen in den Weg gelegt worden sind. Gez. Laurent, d'Abernon, Htcki, Frasset!, della Faille. Jer MennMl wr dir SrdumWW. Die interalliierte Mtkitärkontrollkom» Mission hatte unter dem 27. Februar in einer Note an bte RetchSregieruna Umorganisierung der Ord- nungSpoltzet und zwar 1. Beschränkung der staatliche« Polizei auf de« im Jahr« 1318 vorhaudeu gewesene« Stand, 2. Beseitigung der Nachrichten- «ud Krastsahr- formatiouen, Luftfahrtüberwachungsabteilunge« und aller andere« sogenannten „feste« Verbände" (Hundertschaften) und entsprechend Aushebung der jetzt für eine» Teil der Polizei einaeführten Aaseruierung verlangt und zwar bis zum 1». Marz. Die Retchsregierung hat im Einvernehmen mit den Ländern am IS. März eine Antwort an die Kon trollkommission gerichtet, in der zunächst die Deutsch land hinsichtlich der Orbnungspoltzei auferleg ten Verpflichtungen aufgezählt werden, u. a. be sonders die Auflösung der im Jahre ISIS geschaffenen Sicher heitspolizei. Wahrung des Charakters einer Landes- und Ortspolizet für die auf 150 009 Köpfe verstärkte Ordnungs polizei, daS Verbot einer zentralen Organisation dieser Polizei über das im Jahre 1913 bestehende Matz hinaus, die Vermeidung jedes „militärischen Charakters", das Unter lassen von „Mobilmachungsmaßnahmen", das Verbot eines Personalaustauschcs zwischen Reichswehr und Polizei, die Beschränkung -er Bewaffnung der letzteren auf die von der Kommission festgesetzten Höchst,mweisungeu (ein Kara biner für drei Mann usw.), das Verbot der Verwendung von Flugzeugen und anderes mehr. Im zweiten Teil der Note wird dargelegk, was die deutschen Länder getan Haben. Die Sicherheits polizei ist in ihrem militäräHnlichen Aufbau beseitigt worden. Bei der Organisation der OrdnungSpolizei ist der örtliche Charakter gewahrt. Im letzten Teile der Note wird auf die Beanstandungen einaegangen, welche die Kontroll kommission trotz dieser Erfüllung aller Verpflichtungen gegen die Organisation -er Polizei erhebt. ES wird be stritten, Latz die weitere Ausdehnung der schon tm Jahre ISIS überall tm DerwaltnngSrecht der deutschen Länder be gründeten Verstaatlichung der Poltzetverwaltungen eine unzulässige Zentralisation bedeute-, da auch die stUatliche Polizei in Deutschland im Gegensatz zum französischen System -en Charakter einer Lokalpoltzet bewabre. Eine ge wisse Zusammenfassung eine» Teils der Exekutivbeamten zu Verbänden sei durch die schwierige Lage geboten. Staate» mit starkem militärischen Schutz und ruhigen tnnerpolitischen Verhältnissen wie England, Frankreich, Amerika und Italien könnten doch etner großem stark gegliederten Polizei nicht entbehren. Deutschland könnte deshalb mit seiner kleinen Reichswehr auf einen starken örtlichen Polizei schutz erst recht nicht verzichten. Daher habe auch die Note von Boulogne vom 22. Juni 1920 eine Bewaffnung zuge standen, deren erfolgreiche Verwendung geschloffene Ver bünde in gewisser Unzahl verlangt. Dazu kommt, daß die Reichswehr und die Schutzpolizei selbst bet der jetzige« Or ganisation der letzteren nicht genügen, um Ordnung zu schaffen, wenn an verschiedenen Teile» des Reiches Auf stände «asbrechen. Zum Schluß betont die Note den festen Willen der Retchsregierung, an der ErfüllungSpolitik festzu halten, und macht eine Reihe von DerständigungSvorschlägen, dte mehreren Forderungen der Kommission gerecht werden. GS sei zu hoffen, datz dieses Entgegenkommen bis an die Grenz« des Mögliche» Sie Entente von der loyalen Politik der Regierung überzeuge und sie von wetteren Forderungen abhalte. Au» dem besetzten Gebiet. DaS Urteil des Düssel dorfer Kriegsgerichtes gegen die Mitglieder der Organisation „Konsul" ist, der Beraisch-Märkischen Zeituug zufolge, von der RbeinlandSkommmion nicht bestätigt worden. Fünf der Verurteilten, die Strafen von einem Jahr GüfängniS erhalten Latten, ist diese «klaffen worden. Sie sind aber aus dem Gebiet des Brückenkopfes von Düsseldorf ausäewiesen worden. Man erwartet, datz auch die übrigen Verurteilten entlassen und ausgewtesen werden. — Wie die Berliner Blätter aus Aachen melden, bat «in« belgische Kommission in Aachen in der dortiaen technischen Hochschule all« Apparate beschlag- nahmt, die zu Versuchen mit drahtloser Telegraphie ae- braucht werden. Der Wert der beschlagnahmten Gegen stände wi»» auf über ein« Million Mark grschädt. Rach acht Jahre MilitSrkoatralle. Ob da» deutsche Volk in der Lage ist, die Lasten, die ihm der Vertrag mm Versailles aukerlegt, zu tragen, wird die Zeit lehren. Aber datz die Leistungen, zu denen es ver urteilt ist, prvduktwen Zwecken dienen, ist nicht nur unser Wunsch, sondern das Interesse Europas. Mon mutz jetzt zugeben, daß diese Erkenntnis auch auf der Gegenseite auf dem Marsche ist, aber ihr Borwärtsschrciten ähnelt der EÄtcrnacher Springprvzession: drei Schritte vorwärts unk zwei Schritte zurück.-Die deutsche Negierung hat kürzlich Ziffern über die Belastung veröstentlicht, die d:e Anwesen-- heit der Interalliierten Kontrollkommissron für Deutsch land bedeutet. Es stellte sich heraus, daß ein «malischer Soldat sich erheblich besser steht als der deutsche Reichs- kanzler, ganz zu schweigen von einem General, dessen Ein künfte sich auf Millionen belaufen. Alle diese Summen gehen vvm Reparationskonto herunter, und Frankreich, das den größten Teil der Reparationen zu beanspruchen hat, sollte also in seinem eigenen Jutereste auf eine ver nünftige Einschränkung der Kommissionen drängen Statt dessen hat die Rücksicht auf die Legende von der deutschen Böswilligkeit Frankreich zu der genau entgegengesetzten Haltung gebracht. Im Botschafterrat hat sich Frankreich der Absicht Englands, die 5kvntrol!kommissionen abznbauen, auf das schroffste widersetzt, was weniger Wunder nimmt, wenn man weiß, datz zur Begutachtung die unter dem Vor sitz Fachs stehende interalliierte Militärkonferenz heranae- zogen wurde. Jetzt hat Italien eine Vermittlung vernicht, die vermutlich angenommen werden wird. Der Vorschlag stellt sich ganz auf Ken Boden der französischen Wünsche, mdem er die Tätigkeitsdauer dec Kontrollkommission aus acht Jahre festsetzt. Nur wenn Deutschland guten Willen zeige, könne sie früher aufgehoben werden. So wie die Dinge jetzt liegen, mutz man leider befürchten, dass Sn!* land die angebliche goldene Drücke beschreiten wirk, die in der" letzten Einschränkung liegt, über deren tatsächlichen Wert oder Unwert wir unS aber keinen Augenblick einem Zweifel hingeben können. Die Kontrollkommissron Hot j« dieser Tage erst wieder versucht, ihre Eristenznotwendl^ken zu beweisen, indem sie eine neue Note an die deutsche Ne gierung veranlaßt hat, über die unsere Leser in vorliegen der Nummer Näheres hören. Solche Beweise sind billig wie Brombeeren und werden der fortschreitenden Teuerung auch in acht Jahren noch nicht unterliegen. Bevor nicht die eigene Not den Herren von der Botschafterkonferenz mit dröhnender Faust an die Saaltüren schlägt, werden sie nicht hören. Daß es dahin kommen muß, ist schlimm, nicht nur für uns, sondern auch für die andern. Einstweilen wird der Wortlaut des Vertrages von Versailles uns einige Waffen in die Hand geben, um uns gegen sie neue Zu mutung zu wehren. Was diese Warfe des formalen Rechts gegen die Gewalt, die die Gegenseite nun einmal in der Hand hat, auSrichtcn wird, wird die Zukunst lehre». Zwei «eue versuche. Zum ersten Male ist es zu ernstlichen und amtlichen Diskussionen darüber gekommen, ob und inwieweit man die Störungen der Weltwirtschaft nicht durch Aenderunqen in der Form, sonder» in der Höhe der Reparations forderungen beseitigen könne. Ter erste Plan, der vom englischen Schatzminister Horne stammen soll, will das, wenn die Meldungen aus ländischer Blätter zutreffen, auf dem Wege eines inter nationalen Schuldenausgleiches bewerkstelligen. Ter zweite Plan, der von dem Engländer Sir Basil Blackett und dem Italiener Gianini stammt, will die positiv als unein treibbar erwiesenen Teile der Gesamtforderungen an Deutschland nicht nur stunden, sonder» i» einer Weise bei seite schieben, datz die sogenannte Mobilisierung der auf bringbaren Teile dadurch praktisch möglich sein wird. Der Horne'scke Plan, soweit man über ihn unterrichte: ist, möchte zunächst die englischen Glänbigcrfordermigen an Frankreich, in weiterer Ferne wohl aber auch die amerika nischen, als KompensationSobjekt für die Forderungen Frankreichs an Deutschland benutzen. England erklärt sich bereit, auf einen Teil seiner Schuldforderungen an Frank reich zu verzichten, sofern Frankreich seinerseits sich bereit erklärt, in derselben Höhe auf Reparationsforderungen Deutschland gegenüber zu verzichten. Der zweite Versuch zielt weniger auf das Verhältnis der Staaten untereinander als auf ihr Verhältnis zur internationalen Finanz ab. Für alle Staaten handelt es sich darum, möglichst rasch zu Geld zu kommen, namentlich Frankreich hat dringenden Bedarf nach unverzögerten Geld eingängen. Seit Jähr und Tag ist es demgemäß das Be streben der Regierungen, ihre Forderungen wider Deutsch- land nach Art eines Lombardgesckästcs oder in einer An leibeoperation möglichst rasch zu eskomtieren. Das scheiterte bisher an der Unmöglichkeit, die deutsche Schuldverschreibung den: internationalen Kapital als irgendwie verläßliche Grundlage erscheinen zu lassen, denn jeder Kapitalist in aller Welt wutzte, daß diese Schuldverschreibungen die wirk liche Kraft Deutschlands bei weitem übersteigen, daß sie im kaufmännischen Sinne nicht „gut" seien. Diese Papiere können nur dann marktfähig gemacht werden, wenn man sie erheblich reduziert, umgekehrt aber besteht nach einer solchen Reduktion ziemliche Aussicht darauf, sie wirklich am Markte unterbringcn zu können und somit rasch zu dem Gelde zu gelangen, dessen man so dringend benötigt. ES ist dieser Gedonke, der dem Projekt Blocket—Gianini zu grunde liegt, das eine Reduktion der aktuellen Reparations forderungen auf 45 Milliarden vorschlägt, unter Vertagung des Restes in Formen und unter Kanteten, die bei einigem OpttmiSmuS mindestens für die Gegenwart fast als An- nullierung betrachtet werden könne. Jedenfalls soll dieser Rest erst dann in Betracht kommen, wenn die 45 Milliarden voll beglichen sind, so daß etwaige Kreditgeber nur mit der Belastung von 45 Milliarden Mark zu rechnen hätten. Auf diesem Wege mag die Mobilisation dann wirklich gelingen und darin besteht der Reiz des Projektes für die geld bedürftigen Rcparationsgläubiger. Eine neue französische Angstredr. In der gestrigen Sitzung der französischen Kammer ergriff zur Begründung der Heere sreform Kriegs minister Maginvt das Wort. Er sagte u. a.: Gegenüber' einem Volke wie das deutsche müssen wir uns um eine Organisation bemühen, die durch den Gedanken an einen neuen Angriff begründet ist. Die Stärke unseres Heere» mutz genügend sein, damit Deutschland sich seinen Ver-' Pflichtungen nicht entziehen kann. Tas mindeste, was zck sagen ist, das ist, daß Deutschland seine Einheit gewahrt hat, daß «S 60 Millionen Einwohner gegenüber M Mil lionen Frankreichs zählt. Alle die, die m Deutschland ge wesen sind, sagten, die moralische Entwaffnung sei nicht durckgeführt und der Gedanke der Revanche sei nicht aust gegeben wvrden. ES sei also sehr unklug, zu warten, bis Deutschland eine Militärmacht geworden sei. Wenn Deutsch land gegenüber F^«kreicks Ni-ied«>iswille den Versuch
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