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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 18.05.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-05-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192205186
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19220518
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19220518
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-05
- Tag 1922-05-18
-
Monat
1922-05
-
Jahr
1922
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 18.05.1922
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IIS. vestege M« Nieseer Tageblatt. DamttrStag, 18. Mai 1SSS, abends. 7S. Jahrg. Amerikas Bediugauge«. . Der politische Berichterstatter der „Westminster Gazette" schreibt: Dem Besuche Morg«»». ber setzt von Newyork nach Luropa unterwegs sei. werbe in finanziellen und politischen »reise» mit grobem Interesse entgegen gesehen. Morgan soll mit endgültige« Vorschlägen kommen, die bet ber Re» paration-srage von grobem Nutzen sein und dazu beitragen würben, -atz ein« der Hauptursachen ber Reibungen zwischen England und Frankreich beseitigt würde. Ein bekannter Bankier Ler City hat den Bertchterstatter der „Westminster Gazette" die Borschläge Morgans folgen, dermaßen, gekennzeichnet: zustande betrag auf ein« »ernüH würde« Milliarde« " !« gekennzeichnet: lächft müsse eine Bereinbarnug,wische« de« Alliierten ! komme«, «« de« augenblickliche« Reparationen- «stige Summe herabzusetzen. ES Pfund als solche Summe angesehen, «Mbei «och in Anschlag gebracht werden mitffe, was Deutsch land bereits bezahlt habe. Dies habe ««ter Ausschlich des abgetretene« Staatseigentums Sir Robert Horue aus «w Milli»««« Ps««d Sterling veranschlagt. Auf dieser Gr««dläge dürft« D««tschlaud, wi« ang««omm«« werde, in »er Lm»e sei«, de« Zins««» «ud Amortisationsbetrag sür sein« Sch«lde« anfzubrinaeu. Wen« Deutschland eine An leihe erhalte, Müsse es bereit sei«, Garantie« i» Gestalt eines Pfandrechtes auf di« Kölle ,« gebe«. Es müsse außer- de« ei«e Reb««slcherheit wie » v. die Eiseubahue« für die Bezahl««« fei«er Zinse« biete« «ud zu gleicher Zeit all- «Lhltch de« Druck von Papiergeld einstellr«. Laut „West minster Gazette" «rsirbe« S. -iS vjährige Zertifikate ge- mm«t. o WaS über die Vorschläge Morgans in der Anlethefrage bekannt geworden ist. dürste gewiß noch nicht das letzte Wort Amerikas darstellen. Mer es zeigt doch immerhin schon, in welcher Richtung sich dre Bedingungen Amerikas bewegen werden, und vor allem, was nur Deutsche dabei zu erwarten haben. Man verlangt von uns nicht nur die Verpfändung der Zölle, sondern, so ganz nebenbei, auch der deutschen Eisenbahner:, um dadurch die Verzinsung der Anleihe sicherzustellen. Außerdem soll Deutschland sich verpflichten, den Druck von Papiergeld allmählich cinzu- stellen. Nun sind die deutschen Eisenbahnen in ihrem heutigen technischen und finanziellen Zustande ganz ge wiß rem Pfandobjekt, das geeignet ist, irgendwelche Zinsen kicherzustetlen. Es muß als seUsam bezeichnet werden, daß die geschäftstüchtigen Amerikaner als Sicherheit für die Zinszahlung ein Unternehmen verlangen, daß selbst keiner lei Ueberschüsse abwrrft, sondern sogar recht erhebliche Zubußen erfordert. Offenbar soll aber die erstrebte Kon trolle über die deutschen Eisenbahnen dazu dienen, auf die Festsetzung der Eisenbahntarife einen maßgebenden Ein fluß zu erlangen. Amerika geht hier also nur den Weg, den ihm England bereits gewiesen hat. Wenn Amerikaner und Engländer als die zukünftigen Hauptgläubiger Deutschlands die deutschen Zölle und die deutschen Eisenbahntarife nach Belieben regulieren können, dann bestimmen sie auch zu einem wesentlichen Teile die Weltmarktpreise des deutschen Exports, besonders wenn durch die erzwungene Einstellung der deutschen Papier- gelderzeugung auch noch die deutschen Wechselkurse bis zu einem gewissen Grade stabilisiert werden können. Aber Amerika Übersicht dabei ebenso wie England die Existenz, bedingungen der deutschen Wirtschaft. Wenn man die Her stellungskosten der deutschen Produktion immer wieder heraufschraubt, das weitere Sinken der Wechselkurse aber verhindert, so mutz sehr bald der Zeitpunkt eintreten, an welchem der Export Deutschlands zum Stillstand kommt. Womit soll Deutschland dann die Kredite verzinsen? Viel leicht ist das Interesse, Englands und Amerikas an der Lahmlegung des deutschen Außenhandels so groß, daß sie sogar Kapital und Zinsen der Anleihe zum Teil zu opfern bereit sind. Die "Leidtragenden würden dann die Fran zosen sein, denn wenn Deutschland durch die Bedingungen ber Anleihe ruiniert wird, wird es natürlich die weiteren Reparationszahlungen nicht leisten können. Es braucht nicht erst gesagt zu werden, daß die amerikanischen Be dingungen, die ein City-Bankier der „Westminster Gazette" verraten hat, auch für Deutschland völlig unannehmbar Und geradezu ruiniös sind. Es hat tast den Anschein, als spräche dieser City-Bankaer mehr die englischen als die amerikanischen Wünsche aus und versuche Morgan zum Ver treter der englischen Industrie- und Handelsinteressen zu machen. Trotzdem bleibt aber der Eindruck bestehen, daß in der Reparationsfrage bereits eine weitgehende Ueber- etnstimmung zwischen England und Amerika hergestellt ist. In der Tat haben ja auch beide, wenigstens soweit die groß industriellen und großkapitalistischen Kreise in Frage kom men, die in beiden Ländern die Politik beherrschen, das gleiche Interesse an einer Eindämmung der deutschen Kon kurrenz auf dem Weltmarkt, selbst wenn das unter Zer störung der letzten Reparatwnsmöglichkeiten geschieht. Zu dieser englisch-amerikanischen Interessengemeinschaft steht freilich Frankreich in einem gewissen Gegensatz. Zwar würden auch die französischen Imperialisten die Repava- tionssummen gern ernbüßen, wenn sie dagegen die poli tische und wirtschaftliche Beherrschung des zu Grunde ge richteten deutschen Nachbarn eiutauschen könnten. Aber erstens dürfte das England nicht zulassen, und zweitens verlangen die Amerikaner auch eine Herabsetzung der Re parationsforderungen auf 2Vs Milliarden Pfund oder 50 Milliarden Goldmark. Hiergegen sträubt sich Frankreich natürlich aus Leibeskräften, würde freilich schließlich einem übermächtigen Drucke Amerikas gegenüber seinen Wider stand aufgeben müssen. In geschickter Weise hat es nun aber PomcarS verstanden, sich in der Russensrage die Unterstützung der Negierung Hardings zu sichern. Auch hier scheint Lloyd George einen politischen Mißerfolg er litten zu haben, der auf die Gesamtlage nicht ohne Ein fluß bleiben kann. Es besteht also jetzt in der Nussen- srage eine weitgehende Uebereinstimmung zwischen Frank- reich und Amerika, in der Reparationsfrage dagegen eine solche zwischen England und Amerika. T'e gegebene Lösung »st natürlich ein Kompromiß, bei dem Amerika den natür lichen Vermittler spielen und dabei wohl seinen eigenen Standpunkt ziemlich restlos durchdrücken würde. Deutsch land wird dann, wie immer bisher, das Opfer sein, das sür alle zu bluten hat. „Ter Deutsche zahlt alleS" ist noch immer das Lieblingsschlagwort, nicht nur der Franzosen, sondern auch der am Ruder befindlichen Geschäftsvolititer in England und Amerika. Wenn Deutschland die Anleihe mit dem Ruin seiner Industrie und seiner Wirtschaft be zahlen muß, dann allerdings ist sie viel zu teuer erkauft, und wird nicht den Frieden, sondern nur neue politische Verwicklungen und Gefahren über Europa bringen. Die Rückkehr de- Reichskanzler-. Wie mehrere Berliner Blätter Mitteilen, wird der Reichskanzler Dr. Wirth entgegen seiner ursprünglichen Ab sicht auf der Rückreise von Genua nach Berlin in München keinen Aufenthalt nehmen. Dringenden Wünschen der in Berlin weilenden KabinettSmttglieder und Parteiführer entsprechend, wird sich der Reichskanzler direkt nach Berlin begeben. Am Dienstag wird er im Kabinett und in einer Versammlung der Parteiführer über den Verlauf und die «rgebnisi« der Genueser Konkeren» Bericht erstatten. 2 ! MW Sem M lik WWl «kW bedauern, daß man am 1. Mai habe zniiiiinientreten müssen, denn es seien in Rußland Ereiuu ... geschehen, die ge- wissen Prinzipien ein übergroßes G? ! Ist gegeben hätten. Diese Ereignisse hätten ihre NücUvlr'ung bis nach Na- pallo erstreckt und die Haltung der russischen Delegation beeinflußt. Dadurch sei es sehr erschwert worden, zu einem Uebereinkommen zu gelangen. Selbst wenn wir uns mit einer gemeinsamen Kommission einverstanden erklärten, die vom frühen Morgen bis Mitternacht tagte, so würden die Russen jedoch sich nach Mitternacht mit einander ver sammeln und bis zum frühen Morgen diskutieren. Ich glaube also, es kann lein Einwand gegen die ge trennten Kommissionen erhoben werden, denn tatsächlich würden sich ja die Russen mit ihren acht unabhängigen Nevubliken doch gesondert untereinander versammeln, das würde aus alle Fälle geschehen. Bezüglich der Beschwerde Tschitscherins über Wrangcls angebliche An griffs ab s r ch t e n sagte Lloyd George: Als wir eine Intervention in Rußland ermutigten, haben ivir cs offen getan und haben vom Unterhause die nötige» Kredite verlangt. Wir haben später gesagt, wir würden dies nicht mehr tun und haben unser Wort gehalten. Mit der letzten Expedition Wrangcls haben wir nichts zu tun. Die gegen wärtigen Streitkräfte Wrangcls stell.» eine größere Gefahr für das Land dar, wo sie sich befinden, als für Rußland selbst. Es sei eine gebräuchliche Sache, fuhr der Premier minister fort, daß ledes Land seine Friedensliebe betone und die anderen mit Mißtrauen betrachte. Wen» der Burg- fricdenspakt angenommen werde, so werde jede? Land, das einen Angriff unternehme, diesen Vertrag, au den cs durch seine Ehre gebunden sei, "brechen. Llond George schloß: Ich hoffe, daß nach Abschluß des Burgfriedenspaktes wir uns mit den Angelegenheiten unserer eigenen Länder befassen werden. Nachdem ick 16 Jahre lang Minister ge wesen bin, bin ich zu dem Schluß gelangt, daß es un möglich ist, sich ausschließlich mit den Angelegenheiten seines eigenen Landes zu beschäftigen, aber schon niit den Angelegenheiten seines eigenen Landes sick beschäftigen, ist viel mehr, als ein Minister, ja ei» ganzer Mtnijterrat fertig bringen kann. Infolgedessen führt es nur zu großen Schwierigkeiten, wenn man ein anderes Land angreift oder versucht, cs zu reformieren oder Ervcditionen non Mis sionaren zu organisiere», wie dies Wränget und andere tun, um die russischen Heiden zu bekehren oder, wie dies Tschitscherin und Litwinow tun, um die Kannibalen in unseren Ländern zu bekehre». Wenn wir uns bemühen, den anderen zu helfen, wenn dies möglich ist, werde» sich daraus große gegenseitige Vorteile ergeben, deshalb bi» "ich sür den Burgfriedenspakt und ich hofse, daß er, wenn er erst unterzeichnet ist, loyal beobachtet werden wird. Schanz er bat hierauf die russische Delegation, noch einmal zu prüfen, ob es möglich sei, auf die Abänderungs anträge zu verzichten, da man ja doch im Prinzip zngestimmt habe. Man möchte doch nicht riskieren, möglicherweise durch ausgedehnte Diskussionen das erreichte Uebereinkommen zu gefährden. Tschitscherin blieb trotzdem dabei, daß er einige leichte Abänderungen wünschte, besonders bezüglich "des Burgfriedenspaktes nnd der irregulären Banden. Auch in der Frage des Titzes der Sachverständigenkommission be harrte Tschitscherin aus seinem Standpunkte. Skirmunt erklärte, Polen fer "bereit, den Burgsne-. benspakt zu unterzeichnen, indessen würocn Durch die Unter zeichnung keine Abänderungen in den Abmachungen von Riga em'treten dürfen. Hierauf wurde die Sitzung auf Mittwoch nachmitirg 4 Uhr 30 Minuten vertagt. Die Engländer mit dem Verlauf der Sitzung zufrieden, Die gestrige Vormittagssitzung der l. Untcrkommisston der politischen Kommission hat bei allen beteiligten Dele gationen mit Ausnahme der Javaner und der Rumänen einen verhältnismäßig g»ten Eindruck hinterlassen, weil man das Gefühl hat, daß die Russen ehrlich bestrebt sind, zu einer Einigung zu kommen. Ter schweizerische Bundesrat Motta ist weniger davon überzeugt und glaubt, daß die Russen die Konferenz hinschleppen wollen, um ihre Sonder verträge möglichst noch hier unter Dach nnd Fach zu bringen, ehe der Gottesfriede in Kraft tritt. Die geringste Freude an der gestrigen Sitzung hatten zweifellos die Japaner und Rumänen. Bratianu war be- sonders darüber sehr aufgebracht, daß von russischer Seite gesagt worden war, Laß Wrangel im Südoste» Europas neue Vorbereitungen für einen neuen Angriff auf Rußland treffe: damit könne nur Rumänien gemeint sei», und er lehne es im Namen seines Landes ab, auf derartige Ver dächtigungen einzugeheu. Tschitscherin legte hierauf vier Photographien von Originalbriefen vor. aus denen hervor geht, daß die Vorbereitungen WrangelS tatsächlich in die Wege geleitet sind. Trotz dieser Zwischenfälle ist mau aber besonders in englischen Kreisen mit dem Verlauf der gestrigen Sitzung sehr zufrieden. Ter Wunsch Tschitscherins, Deutschland zur Kommission znzuziehen, hat auf Lloyd George einen gewissen Eindruck gemacht. Von französischer Seite wird erklärt, daß Lloyd George und Barthou wahrscheinlich kurz vor der Sitzung gestern nachmittag noch einmal zusammen- treffen würden. Schanzer unterstützt lebhaft den Wunsch der Ruffen, Rom als Sitz der Kommission zu wählen, während Lloyd George auch mit dem Vorschlag von London einverstanden ist. Stockholm und Riga dürften dagegen vorläufig nicht in Frage kommen. Auf jeden Fall kann aber feftgestellt werden, daß der Haag als Zusammenkunftsort nicht mehr in Frage kommt. Auch Frankreich, das de» Haag vorgeschlageu hat, dürste in dieser Frage keine Schwierigkeiten machen. Die Sachverstiindigenkorrferenz doch im Haag« Der Sonderberichterstatter der Agcm.: Havas meldet aus Genua, Barthou hat sich im Laufe des Tages mit Lloyd George besprochen. Es ist wahrscheinlich, daß der Führer der französischen Abordnung die Aufmerksamkeit des Führers der englischen Delegation auf die Tatsache gelenkt hat, daß, falls die am Sonntag gefaßte Entschließung der einladenden Mächte infolge der Einmischung der Russe« abgeä«dert werden würde, die französische Abordumig nicht mehr die Verpflichtung cingehen könne, der französischen Regierung die Annahme dieser Entschließung zu empfehlen. Ueber das Ergebnis ger gestrigen Nachmittag-Sitzung -er Uuterkommifsion ist zu berichte,», daß sie zu einer Eini gung geführt hat. Als Ort der Konferenz, die sich mit der Wetterberatung der russischen Frage befassen wird, ist Haag anSersehen. Heute findet eine Vollsitzung der politischen Kommission statt. Am Freitag wird voraussichtlich um 0 Uhr vormittags die letzte Vollsitzung der Konferenz eröffnet werben. Die Delegierten werden vermutlich Freitag abends oder Sonnabend früh abreise». Tschitscherin stimmte zu, daß die Konferenz im Haag stattsinde, nachdem der Vertreter Hollands Sie Zusicherung gegeben hatte, daß die niederländische Negierung den russi schen Vertretern «lle Rechte und Erleichterungen gewähren Sitzung der Unterkommisfio« der Erste« Eommtiston. Au« Gen«« wird gemeldet: Dl« Sitzung der Unter- kommifsion der Ersten Kommission wurde Mittwoch vor mittag 10V, Uhr vom Präsidenten Schanzer eröffnet. Tschitscherin ergriff das Wort und machte Mitteilung von der Antwort der ruffischen Delegation auf die Vorschläge der Unter- kommiffion. Er erhob zunächst Beschwerde dagegen, daß di« russische Delegation von de» Beratungen der Unter kommission ansgeschloffen gewesen sei und dagegen, daß der russische Vorschlag, betr. Einberufung einer Sachverständigen kommission nickt in der vorgescklagenen Form angenommen worden sei. Tsckitsckerin fuhr fort: Man will also eine Konferenz einberufe» auf Grundlagen, die von denen von Genua verschieden sind. In Genua waren alle Staaten Europas, einschließlich Rußlands und Deutschlands, unter gleichen Bedingungen vertreten. Auf der geplanten Konferenz werden die Vertreter der anderen Staaten sich ohne Ruß- land versammeln. Dann soll eine andere Kommission aus Sowjetvertretern gebildet werden. Dieser Plan entspricht in keiner Weise unserem Vorschlag. Die russische Delegation erklärt, daß sie die Verantwortung für diesen neuen Plan nicht übernehmen kann. Sie will indessen nicht wegen einer Prozedurfrage einen Weg, der zur Einigung führen kann, unbenutzt lassen und gibt bekannt, vast Rußland sich an der vorgeschlagenen Konferenz beteiligen wird. Die russische Delegation erhebt Einspruch gegen den Aus- schlust Deutschlands aus der Zahl der Staaten, die an der Kommission teilnehmen sollen. Die der russischen Delegation in der Unterkommission über diesen Punkt ge gebenen Erklärungen haben lediglich bewiesen, daß der Ausschluß Deutschlands, da ja doch Staaten eingeladen sind, die mit Rußland viel iveiterqehende und viel voll ständigere Verträge haben, durch keinen ernstlichen Grund gerechtfertigt ist, umsomehr, als die Teilnahme Deutsch lands sehr große praktische Bedeutung besitzt in der Frage der Kreditgewährung an Rußland, die von dem Vertrag von Rapallo nickt berührt wird. Bezüglich des Planes, den Haag als Sitz der Sachverständigenkommission zu wählen, sagte Tschitscherin, die russische Delegation halte es für erforderlich, daß diese Kommissionen in einem Land zusammentreten, das durch Verträge mit Rußland ver bunden sei uiid eine russische Vertretung besitze. Als passender Ort würde Stockholm oder Riga in Frage, kommen, indessen sei man auch mit London oder Rom ein verstanden. Die rnssiscbe Delegation gebt von der Annahme aus, daß alle Mächte bei der Regulierung ihrer Be ziehungen zu Rußland dieselbe Freiheit genießen werden, wie vor der Genueser Konferenz. Wenn es sich zeigen würde, das; andere Mächte in pari versuchen, diese Freiheit zn beschränken, so würde sich Rußland genötigt sehen, die Frage seiner Haltung bezüglich seiner Teilnahme an der geplanten Kommission erneut aufzuwerfen. Der Burg friedenspakt werde nur wirkliche Bedeutung für den Frieden Europas haben, wenn er sich auf alle Sowjet republiken und auf die Republik des Fernen Ostens er strecke. Jeder Angriff gegen eine mit Rußland verbündete Republik komme einem Angriff auf Rußland gleich. Des halb soll Artikel 6 des Paktes auf alle mit Rußland alliierte« Republiken ausgedehnt werden. Während der letzten Jahre seien Angriffe auf Sowjetrußland nicht nur von regulären Armeen, sondern auch von Banden begangen worden. Deshalb bestehe die Delegation darauf, daß 8 6 einen Ansatz erhalte, worin auch die von Banden be gangene« Angriffe erwähnt würden. Man habe Beweise dafür, daß die vormaligen Truppen von Wrangel Vorbe reitungen zu einem Angriff auf die Sowjetrepubliken treffen. In Finnland und Polen müßten die Grenzwachen, Arbeiterbataillone usw., die aus ehemaligen Soldaten der Weißen Armeen bestehen, aufgelöst und von der Grenze entfernt werden. Aus Rumänien und Bessarabien müßten alle Truppen WrangelS und VctljuraS entfernt werden. Am besten wäre es, auf beiden Seiten der Grenze Kontroll zonen zu bilden, wo gemischte Kommissionen darüber wachen würden, daß keine Banden auftreten und daß die regulären Truppen, die fick dort befinden, eine festgesetzte und be schränkte Effektivstärke nicht überschreiten. Hierauf ergriff Lloyd George das Wort und sagte u. a.: Ich will nichts weiter über den Ausschluß der Deutschen sagen. Wir haben diese Frage gestern diskutiert und Gründe angegeben, die meiner Ansicht nach gerecht und solide sind. Es ist absolut richtig, daß die Deutschen von der Diskussion der Kredi'te ans- geschlossen sein werden. Bevor man zu den Krediten kommt, müssen zweifellos erst die sehr schwierigen Fragen der Privatgüter und der Schulden erledigt werden. Selbst wenn man zu den Krediten gelangt, muß außerdem noch berücksichtigt werden, daß Dentschland kein Land ist, das geeignet ist, in diesem Augenblick irgend jemandem Kredite zu geben. Sein Beitrag kann auf alle Fälle nicht sehr be deutend sein. Auf der anderen Seite würde Deutschland, wenn es anwesend wäre, an einer Diskussion über Fragen teilnehmcn, bezüglich deren es schon zu einem Abkommen mit der russischen Regierung gelangt ist. Ick glaube nicht, daß dies gerechtfertigt sein würde. Wenn ein Ueberein kommen verwirklicht ist und wenn den Regierungen die Anempfehlungen gemacht worden sind, wird man zweifel los Deutschland nicht verhindern können, an dem Wiederaufbau Rußlands mrtzuarbeiten, und es würde eine Torheit sein, ihm dies zu versagen. Es ist wünschenswert, die Mitarbeit von allen denen zu erhalten, die eine solche leisten können. Tas ist alles, was ich zu diesem Punkte sage. Bezüglich der Einwendungen Tschi tscherins gegen den Haag sagte Lloyd George, dort herrsche die notwendige internationale Atmosphäre, in der die groben internationalen Fragen geprüft werden könn ten. Es handele sich hier nicht um eine prinzipielle Frage, sondern um eine praktische Frage, und wenn neun Zehntel der auf der Konferenz vertretenen Länder für den .Haag seien, dann müßte diese Ansicht das Uebergewicht Haven. Lloyd George fuhr fort: Tschitscherin habe sich darüber beschwert, daß man Angelegenheiten ohne die Russen diskutiert habe. Tatsächlich liegen die Dinge so, daß es eine so große Meinungsverschiedenheit über grundlegende Fragen gegeben habe, daß man sich nicht per- stäildigen konnte. Deshalb habe man den Sachverständigen die Arbeit übertragen, erst das Terrain zu sondieren, um festzustellen, ob es in der Praxis unüberwindliche Schwierigkeiten gebe. Das russische System und das in an deren Ländern der Welt herrschende ließen sich nicht ver einigen. Mer ste näherten sich einander. Es gäbe eine große Menge Privatbesitz in Rußland. Nominell fer das Land nationalisiert, tatsächlich sei es das Eigentum der Landleute. Kein Dekret aus Moskau könne die Landleute von ihrem Grund und Boden verjagen. Man werde schließ lich »n Rußland zu einem ähnlichen System kommen, wie es der französischen Revolution gefolgt sei. Es. sei sehr zu
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