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2. Beilage znm „Riesaer Tageblatt". Rotawattruck und «erlag von Langer t »tnterlt« tu «tesa. — Mir di, RttaRivn verautnvrtlt» Arthur HSHuel in.Riesa. n ' Donnerstag, so. »Srz IV1S. ,»e«»s. ««. Jahrg. Der KS«igS«»rd von Daleaikt. Bon all den blutigen Greueln, an denen der Bal- kankrieg bisher so überreich gewesen ist, ist der Königs- mord in Saloniki diejenige Tat, die un- mit dem tiefsten Entsetzen erfüllt. Man liest die Depeschen und man fragt sich vergebens, was dem Mörder die Waffe in die Hand drückte. Man forscht nach Motiven und hört, daß ein Mensch, dem der Wahnsinn aus den Augen leuchtet, den greisen König meuchelte. Zuerst glaubte man, daß ein Bulgare aus nationalem Haß die Tat beging oder daß ein Türke mit diesem Morde sich zum Mcher seines bedrängten Vaterlandes gemacht habe. Man hört nun, daß es ein Grieche tvar, der auf dem neu erworbenen Boden Salonikis den Hellenen-König niederstrcckte. l ' Es war gewiß nicht unnatürlich, daß man in dem Täter zuerst einen Bulgaren vermutete, und man halt übrigens auch jetzt noch verschiedcnlich an der Ver mutung fest, daß der Anlaß zu dem Morde in poli tischen Motiven zu suchen und der Täter ein Bulgare oder von bulgarischer Seite beauftragt sei. In Bul garien hat man das Gefühl, während des ganzen Feld zuges von den Griechen in der raffiniertesten Weise übertölpelt worden zu sein, und diese Ueberzeugung, von der Presse eifrig genährt, hat in den breitesten Schichten des bulgarischen Volkes eine starke Griechen feindschaft erzeugt. Ms nämlich im Oktober vor. Jahres Montenegro und Bulgarien den Balkankrieg eröffneten, da stand Griechenland noch lange zögernd abseits und griff erst ein, als die Türken zum Rückzug gezwungen waren. So kams, daß das heißbcgehrte Saloniki den Griechen wie eine reife Frucht in den Schoß fiel, noch bevor die Bulgaren es auf ihrem siegreichen Vormarsch erreichen konnten. Die Bulgaren waren es gewesen, die den Weg nach Saloniki freigelegt hatten, aber über der Stadt wehte nun die griechische Flagge. Das Bulgarenheer sah sich um seinen Siegerpreis betrogen, und cs war kein Wunder, daß man mit Haß nach den neuen Herren von Saloniki sah. Es ist eigentlich tragisch, daß der gemordete König die Früchte seiner letzten Erfolge nicht mehr sehen und ernten kann. Vor dem Jriedensschluß, zwischen den Schlachten, ist er hingemordet worden, von einem Wahn sinnigen. Ter Mörder hat sich als Sozialist bekannt. Aber eS geht nicht an, für diese unsinnige Tat eines Narren die große politische Partei verantivvrtlich zu machen. Nach, Mitteilungen aus Athener politischen Kreisen soll der Mörder deS Königs übrigens ein be kannter Anarchist sein. Einen an den König gerichteten Bittbrief hat der Attentäter vor wenigen Tagen in einer Matrosenkneipc abgefaßt. Seine Schriftzüge lassen sehr deutlich erkennen, daß er nur geringe Bildung besitzt. Einige Ausdrücke, die sich auf die gerechte Verteilung der Güter und auf die Förderung des Prole tariats beziehen, scheinen aus einer Agitationsschrift abgeschrieben zu sein. Trotzdem bleibt man in Athen der Ansicht, einen Geistesgestörten vor sich zu haben, und beweist das mit dem eigentümlich stechenden Mick. In Saloniki und in ganz Griechenland wehen nun die Flaggen halbmast. Ein ganzes Land, in dem eben noch die Menschen im Stegesjubel schwelgten, ist in tiefe Trauer versetzt worden. Das Mitgefühl einer ganzen Welt wendet sich diesem Volke zu, das auf eine so tragische Weise seinen König verlor. * vertchte veu Augenzeugen.. Augenzeugen des Anschlages auf den König melden noch folgende Einzelheiten: Der Täter hielt sich an der Ecke der Dreieinigkeits- und der Feldstraße bei dem Polizeikommissariat verborgen. Der König kehrte vom Spaziergange zurück und ging auf den Palast zu. Ms er die Straße überschritt, schoß der Täter auf zwei Schritt Entfernung aus einem Revolver aus den König. Beim ersten Schuß wollte der Flügeladjutant seinen Re volver ziehen. Sofort schoß der Mörder aus ihn, aber die Waffe versagte. Die beiden griechischen Gendarmen, die dem König folgten, stürzten sich auf den Mörder, der jetzt keinen Widerstand mehr leistete. Soldaten kamen den Gendarmen zu Hilfe. Ms der Täter festgenommen worden war, wandte sich der Adjutant nach dem König um, den er unverletzt wähnte. Dieser war jedoch halb bewußtlos zu Boden gefallen und mußte in einen Krä merladen gebracht werden. Er konnte kein Wort mehr sprechen. Soldaten trugen ihn zum Hospital. Bei dem Mörder wurden Revolverpatronen gefunden. Er soll einige Jahre im Auslande gelebt haben und nach der Besetzung Salonikis durch die Griechen dorthin gekom men sein. > ' Die KöntzSsamilte. Die Prinzen Georg und Andreas keilte», der Königin Olga die Nachricht von der Ermordung des Königs auf die schonendste Weise mit. Sie brach in Weinen aus und wurde wiederholt ohnmächtig. (Hestern morgen ist die Königin mit den Prinzen und Prinzessinnen über ChalkiS nach Saloniki abgereist. Ter Ministerpräsident BenizeloS zeigte gestern morgen der Kammer de» Tod deS Königs Georg und die Thronbesteigung deS Königs Konstantin an. Dieser erhielt in Janina durch den Ober sten DuSmanis die Nachricht voin Tode seines Vaters. Er weinte heftig. Er hat einen Tagesbefehl an die Armee verfaßt und ist gestern früh mit den änderest Prinzen abgereist. Vsi'Isngsn 8Ie <ii, 1-c-OIgscsste Zssmstri-O U dse 6i» »lnrig aokt«! ksong k.js8MLlri K.>6.,0i-S8ilvn ÜevSt» Ssukoks vlgaretteatbdrlk. WM UMellm I« glMSl KUSASllI. c« »»NL lob. r»lll HVellile. ßditha. Roman von Elarissa Lohde. 73 „Mag sie ihr Schlimmster tun,- rief Bruno heiter. „Ich bin gefeit. Man hat mich nicht verworfen, das ißt mir für mein Erst lingswerk genug. Und wenn ich hier im Kreise lieber Freunde die sen ersten Erfolg feiern darf, kann ich mir Besseres wünschen?" Er hob sein GlaS, und alle stießen freudig an, selbst der Justizrat. „Sie sind eben «in Glückspilz, lieber Baron," sagte er, alr beide durch die nächtlich stillen Straßen der Westens den Heimweg «inschlugen. „Ihnen gelingt alle». Werweiß, was Ihnen die Zukunft noch Gute» und Schöne» bringen mag." Bruno lächelte. Ja, wa» würde die Zukunft bringen? Hoffte er doch noch auf ein größeres beseligende» Glück, als e» der Erfolg seines Dramas war. 87. Kapitel. Wieder breitete der Frühling seinen Glan, über Wald und Flur, wieder blüht« und duftete olle» um daS Frauensteiner Schloß; noch immer aber standen die weiten Räume leer, noch immer weilte die Herrin in der Fremde. Auch in Schön walde war der Gebieter erst sehr spät einaezogen. Da sein Drama wider Erwarten ein Repertoirestück geworden war. hatte er sich lange nicht von Berlin trennen können, wo ihn sein neuer Erfolg wieder mehr in da» Leben und in die in letzter Zeit uach der Lösung seiner Verlobung von ihm ge miedenen literarischen Kreise zog. Hatte er doch ansang» ge fürchtet, dort einem Glied der Familie Hiller zu begegnen, und er sagte sich, daß erst eine lange Zett über da» Vergan gene hingehen müsse, ehe da» ohne die peinlichste Erregung für ihn möglich wär«. Hill«» ab», die nun endlich doch, nachdem sie ihre Docht« oerheirattt halten, nach Bulin heim gekehrt waren, hielten sich ungemein, und in Wahrheit et wa» schamhaft, zurückgezogen. Die Familie Winter war nur flüchtig in Berlin gewesen, um gleich wieder nach ihrer Be sitzung in Baden-Baden zu übersiedeln. Um so lebhaft« ging e» im Amtmann-Hause zu, wo zu Gertrud» Hochzeit gerüstet wurde. Alle Lage fast faßen die be- häbiae Amtmännin und Fräulein Christine, zuweilen al» dritte im Bunde auch noch die würdige Frau Schott au» Frauenstein in laugen Verattmgen über Aussteuer und Hochzeit beisammen. Tischler und Tapezier« arbeiteten fleißig an der Renovie rung deS alten Pfarrhaus«», moderne Möbel nncrden hereinge schafft, so daß es bald ein ganz gewandelte» Aursehen «hielt. Auch da» neu erbaute Krankenhaus in Frauenstein stand schon unter Dach und die im Namen der Baronin vom Pastor Loren- geworbene Diakonissin waltete getreulich bei den Kranken FrauensteinS und Schönwalde» ihrer Sama ritertätigkeit. Bruno hatte gemeinschaftlich mit dem Pastor schon verschiedene Male sich den Bau angesehen, zu dem Ediths trotz de» Widerspruche» beider Anwälte die nötigen Summen au» ihrem Prioatvermögen hergab, daß er sich noch an diesem schönen Werke werde beteiligen dürfe», hoffte er noch immer, wenn Lditha nur «st zurückgekehrt sein würde. Endlich kam auch dieser von so vielen treuen Herzen er sehnte Tag heran. Die Heimkehr der Baronin hatte sich durch eine Krankheit de» kleinen Günther verzögert. Edith« hatte, schon auf der Rückkehr begriffen, noch einige Wochen am Genfersee weilen müssen. Jetzt war d« Kleine soweit herge stellt, daß von den Aerzten die Reise gestattet worden. Aber «» war mittlerweile der Juli herangekommen, und Pastor Lorenz wartete schon ungeduldig auf die Rückkehr der geliebten, lang entbehrten Braut, um sie endlich heimführen zu können. Bruno war gerade für einige Zeit nach Berlin gegan gen, wo er wegen dn Aufführung seine» Drama» in d« nächsten Wintersaison zu unterhandeln hatte. Und wie immer widmete er dann auch eintae Tage den Freunden und oerlebte fülle Stunden mit der Rätin in deren Tarten, d« mitten in dem Gewühl der Großstadt ihn wie eine Vase de» Frie den» und Wohlsein» umfing. „Sie müssen mir diesen Sonnn« wieder einige Wochen schenken." bat« di« Freundin. „Sie ahnen gar nicht, wie sehr ich mich in meiner Einsamkeit dort in Schönwalde nach einem ver ständnisvollen Worte, eine»» Austausch der Gedanken sehne." Die Rätin nickte. „Ich komme gern." sagt« sie, „um so lieb«, da nun doch auch bald die Baronin nach Frauen- stein zurückkehren wird. Dau» wird «» mir doch endlich mög lich werden, dieser Frau, die mein Interesse in so hohem Grade erregt hat, näher zu treten." „Ja, wenn sie erstzurückkehrte i" senfztevruuo auf.„Haben Sie vielleicht etwa» Nähere» darüber von dem Justiziar erfahren?" „Er erwartet sie sehr bald, wie er mir letzthin sagte," ent gegnete die Rätin mit einem verständnisvollen Lächeln in da» von einen» leichten Rot übergossene Antlitz Brunos sehend. Auch Graf Alten undBemahlin werden sich einigeZeit inFrauen- stein aufhalten, wo de» Grafen Anwesenheit zur endlichen Er ledigung der Nachlaßangelegenheit dringend notwendig ist." „Ja, ja. Alten schrieb mir davon, doch ohne einen be stimmten Zeitpunkt anzugeben, da alle» von d« Genesung de» kleinen Günther abhinge." Zu seiner Freude «fuhr Bruno, als er am nächsten Tage nach Schönwalde zurückgekehrt, daß Editha während sein« Abwesenheit in Frauenstein eingetroffen sei. „Ach. die Freude." rief die ihn begrüßende Wirtschafterin, nachdem sie ihm diese Nachrichten mitgeteilt hatte, ganz erregt. „Alle Schönwalder sind in Aufregung. DaS Krankenhaus ist von oben bi» unten mit Guirlanden geschmückt, und bei Amtmann» jubelt Alt und Jung; denn nun ist auch Fräulein Gertrud da, und e» wird bald Hochzeit geben." Bruno konnte seine Bewegung kaum bemeisternt War e» ihm jetzt doch klar, daß er das Bild EdithaS im Herzen getragen, seit er sie zum ersten Mal gesehen: hatte er sich doch der ihm entgegengetragenen Liebe jenes schönen, koketten Mädchens doch nur hingegeben, um das aufkeimende Gefühl für da» Weib eines anderen, dessen er sich ahnungsvoll bewußt geworden war, niederznhalten. Editha wandelte indessen mit großen, still glücklichen Au gen durch den Garten, Wald und Feld. War Ne doch wredn in der Heimat, die ihr jetzt erst wirklich zur Heimat werden sollte, unter all den treuen Menschen, die an ihr hingen, die sie lieb hatte, Mr die sie fortan, ungehindert durch irgend welche Einsprache, wirken, für die sie leben konnte. Mit dem Kinde an der Hand, schritt sie durch da» Dorf, wo ihr au» jeden, Hause die Bewohner entgegentraten, die Kind« ihr Blumensträuße überreichten und d,e Alten ihr voll warm« Bewegung einen Willkommeugruß, «in: „Gott segne uns«« liebe, gnädige Frau Baronin!" -uriefeu. Der Pastor führte sie nach dem Krankenhaus«, wo die Diakonissin ihr vorgesteift wurde, und dann zu dem neu hergerichteten Pfarrhaus«, wo seine Braut mit ihren Eltern zu einem frugalen ländlt- chen Frühstück ihrer wartete. S0S.W