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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.02.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-02-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000222029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900022202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900022202
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-02
- Tag 1900-02-22
-
Monat
1900-02
-
Jahr
1900
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»rknaert werden, daß der bekannte Führer der Sociakdemokratle der Sohn eine» preußischen Unterofficiers ist und das heilige Köln seinen Geburt-ort nennt. * Ans dem Aürstenthum Raizrbnrg Der Landtag für das Fürstentbum Ratzeburg bei Lübeck ist auf den 26. Februar nach Schönberg einberufen. Er wird aber das Schicksal aller seiner Vorgänger tbeilen und nicht beratheu können, da die neugewäblten nenn bäuerlichen Vertreter und die beiden bürgerlichen Vertreter der Stadt Schönberg beschlossen haben, ebenso wenig wie früher den Landtag zu besuchen. * Oldenburg, 2l. Februar. Der Landtag ertheilte seine Zustimmung zur Einführung einer Curtaxe in den Ostsee bädern Niendorf, Tiinmendorf, Scharbeutz und Haffkrug. * Pose», 2l. Februar. Erzbischof v. Stablewski hat einen Hirten brief an die Erzdiöcesen Gnesen-Posen erlassen, in dem er zum Gehorsam gegen die Kirche und ihre Organe auffordert und vor denjenigen warnt, die sich bis zu Angriffen auf die Bischöfe und die Geistlichen verstiegen, denn sie be wiesen ihren geistigen Abfall von der Kirche. Der Erzbischof warnt ferner seine Diöcesanen vor der Auswanderung nach Gegenden, wo sie, der geistlichen Fürsorge entbehrend, Gefahr liefen, in die Netze deS SocialiSmnS zu geratben: wenn sie sich in die Fremde begeben wollten, sollten sie sich nicht an Agenten, sondern an den Verein zum heil. Isidor wenden, der sie nach katholischen Gegenden lenken werde, und durch ihre Hirten mit der Heimath Verbindung erhalten. * Hildesheim, 21. Februar. Auf dem benachbarten Schlöffe Söder ist im Alter von 60 Jahren der Graf v. Schwie- cheldt gestorben. Durch sein Hinscheiden hat die welfische Partei in der Provinz Hannover einen erheblichen Verlust erlitten, da er einer ihrer hervorragendsten und wirksamsten Vertreter war. Wenn er auch in der Oeffentlichkeit zu keiner Zeit besonders hervorgetreten ist, sich parlamentarisch auch nicht betbätigte, so batte er, wie die „Weser-Ztg." bemerkt, doch in Folge der finanziellen Unterstützung, die er aus der übergroßen Fülle seines ReichthumS der wclfischen Pro paganda bereitwilligst zur Verfügung stellte, einen entscheiden den politischen Einfluß unter dem althannoverschen Adel. * Göttingen, 2l. Februar. Im Anditorienhause findet sich folgender Anschlag: „Hochverehrte Commilitonen! Wir Unterzeichnete, Vertreter aller Facultäten, theilen Euch er- gebenst mit, daß sich rin „Flotten - Ausbauverein deutscher Studenten" gebildet hat, der bereits mehrere Hundert Mitglieder zählt. Der Verein hat sich daS erhabene Ziel gesteckt, die weitauSschauenden, allein richtigen Pläne Sr.Majestät unsereS Kaiserö, Deutschland unbedingt stark und unbesiegbar zur See zu machen, mit aller Energie zu unter stützen und das deutsche Volk durch Wort und Schrift von der un bedingten Notbwendigkeit einer starken Flotte zu überzeugen und für die Flotte zu begeistern. Commilitonen! Studenten waren eS, die daS Volk allzeit zu nationalen Thaten be geisterten. Seien wir auch diesmal unserer ruhmreichen Ver gangenheit eingedenk! Zeigen wir auch diesmal unS würdig der RuhmeSthaten unserer Vorfahren! Wir fordern Euch auf, Alle ohne Ausnahme, obigem Vereine beizutreten und mitzuwirken an unserem nationalen Werke re. Mit echt studentischem Gruße! Die Vertreter der Facultäten. (Folgen die Unterschriften.) * Lärmen, 2l. Februar. Eine größere Arbeiterf- bewegung steht unserer Stadt wieder bevor. Die Niemendrebergehilfen, die erst im Vorjahre durch AuSstand die Einführung des zehnstündigen Arbeitstages er kämpft, beschlossen, nunmehr auf eine Erhöhung deS Arbeitslohnes hinzuwirken, der bei einer großen An zahl Firmen 18 bis 20 wöchentlich betrage. Die genaue Festsetzung der Forderung wurde einer späteren Veriauun- lung Vorbehalten. Im Allgemeinen wurde die Forderung eines Mindestlohnes von 21 .E verlangt, doch wurden auch Stimmen für eine allgemeine Lohnerhöhung von 15 Proc. laut. Von verschiedenen Seiten wird auch die Abschaffung der Akkordlöhne gefordert. Die Zahl der zur Zeit in Barmen beschäftigten Riemendreher beträgt etwa 6000. * Darmstadt, 21. Februar. In der Zweiten Kammer erklärte der Staatsminister Rothe bezüglich der Forderungen eiaeS Arbeiterschutzes, die Errichtung einer Ministerialabtheilung für Landwirthschaft, Handel, Gewerbe sei bereits beschlossen; dadurch werde auch eine Vertretung der Arbeiterschaft im Ministerium ermöglicht. DaS WobnungSwcsen erachte er als eine socialpolitische Frage ersten Ranges. * Kreuznach, 2l. Februar. Für die in hoher Blüthe stehende Diamantschleiferei in Idar hat der Krieg in Südafrika schwere Folgen. DaS bisher aus Rhodesia und Transvaal bezogene Rohmaterial blieb aus, so daß die Schleiferei den Betrieb einstellen mußte. Mehr als 100 Arbeiter haben dadurch ihre gewohnte Beschäftigung verloren. * Aus Württemberg, 21. Februar. In einer stark be tuchten Versammlung sprach in Tübingen der bekannte Nationalökonom Prof. vr. Neumann über die Flotten frage in Verbindung mit einer ReichSerbschaftssteuer. Der Redner trat entschieden für die Erbschaftssteuer als Reickssteuer ein, ist jedoch mit der Deckung deS HanpttheileS der Flottenausgabe durch Anleihen einverstanden. Oesterreich-Ungarn. Die Tschechen t» -er Opposition; Polenelub; Fortschrittspartei. IV. Wie», 21. Februar. Der Tschechenclub beschloß heute, wie die „Neue Freie Presse" mitthrilt, gegen daS Ministerium von Körber in die entschiedenste Opposition, ja sogar in die Obstruction zu treten und sich in einzelnen Fällen vorzubehaltcn, den gegebenen Verhältnissen im Parlament gemäß sein taktisches Vorgehen zu bestimmen. Die Mitglieder des Clubs haben sich ver pflichtet, in jeder Sitzung zu erscheinen und bis zu ihrem Schlüsse anSzuharren. * Win», 21. Februar. Einem heute auSgegebrne» Cdm- munique zufolge faßte der Poleuclub in seiner heutigen Sitzung folgenden Beschluß: Der Polcnclub drückt, getreu seinem Principe, das Ansehen und die Machtstellung der Monarchie zu wahren, die Neberzeugung ans, daß die Vor lage, betreffend das Necrutencontingent, unverzüglich erledigt werde und beschließt, seinen ganzen politischen Einfluß geltend zu machen, daß diese Vorlage möglichst rasch und zwar auf parlamentarischem Wege erledigt werde. * Wir»», 21. Februar. Zn der heutigen Sitzung der deutschen Fortschrittspartei wurde der Bericht über die allgemeine politische Lage und den bisherigen Ver lauf der VerständigungSconfcrenz entgegen genommen. Der Club beschloß, für die unbehinderte Behandlung der Regierungsvorlage über daS Necrutencontingent und die Verlängerung deS WehrgesetzeS, sowie deren Ueber- Weisung an den Ausschuß eiuzutreten. Ferner wurde be schlossen, von der Erhebung von Ministeranklagen wegen der Anwendung des Paragraph 14 abzusehen, den Mitgliedern deS Club» aber freizustellea, der artige Anträge anderer Parteien zu unterschreiben. Die Stelle des ersten Vicepräsidenten komme der deutschen Volk»Partei zu. Der Club beschäftigte sich hieraus eingehend mit dem AuSstand im Kohlenrevier, und beschloß, morgen DringlickkeitSanträge wegen der Neuregelung und Abkürzung der Arbeitszeit beim Kohlenbergbau und wegen der Hmtanhaltung der Kohlennoth zu überreichen. St»-titteu-Dem»nftr«ti-». * A-ra», 21. Februar. In der Universität ver anstalteten heute etwa 100 kroatische Studenten eine Kundgebung gegen die serbischen Studenten. Sie rissen das Schild de» serbischen Unterstützung-vereint ab, warfen eS auf die Straße, traten e» mit Füßen und riefen dann: „Abzug Serben!" Kaiser Franz Joseph. * Pest, 2l. Februar. Der König wird morgen all gemeine Audienzen erlheilen und am Hofdiner theilnehinen. Die Gerüchte von einem Unwohlsein des Königs, der sich heute vollkommen wob! befindet, waren dadurch entstanden, daß er infolge eines leichte» Schnupfens seine Dispositionen für Montag geändert halte. ttohlenarbeiterstreik. * Wien, 22. Februar. Der socialdemokratische Verband beschloß in einer geslrizeu Sitzung der Abgeord neten einen Dringlichkeitsantrag, betreffend die Acht stunden schicht der Bergarbeiter, rinzudrinzeu. Ferner wurde die Nothwendizkeit betont, gegen daS Eisencartell energischvorzugehen. — Gestern wurden mehrere von den Socialdemokraten einberufene Volksversam in lungen, betr. den Berga rb ei terstrrik und die heutige Eröffnung deS Parlaments, adgehalten. — Nach Schluß einer im Bezirk Margarethen abgehaltenen Versammlung demon strikten etwa 300 Personen durch Rufe gegen Lueger. Es wurden zwei Verhaftungen vorgenomme». Hierauf zerstreute sich die Menge. — Die übrigen Versammlungen ver liefen ruhig. * Troppau, 21. Februar. Zwei heute im Ostrau- Karwiner Streikgebiete abgebaltene große Versamm lungen nahmen einstimmig eine Resolution an, in welcher der Beschluß des Verbandes der social demokratisch en Abgeordneten, im ReichSrathe eineu DringlichkeitS- aulrag, betreffend die sofortige Einführung des Achtstunden tages, vorzulegen, mit Befriedigung begrüßt und ferner die Erwartung ausgesprochen wird, daß d>e Regierung durch ein energisches Einschreiten, wozu ihr die Verhandlungen im Parlamente Gelegenheit geben, die Wahrheit ihrer Ver sprechungen erweisen werde. Die Resolution fordert schließlich den Reichsrath auf, die Anträge deS socialdemokratischen Ver bandes anzunehmcn. * Brüx, 21. Februar. Zn zwei Versammlungen der Bergarbeiter wurde heute eine Resolution angenommen, in der die Erwartung ausgesprochen wird, daß das Ab geordnetenhaus in der Bergarbeiterfrage eingreifen werde. Frankreich. Procesz Marcel Hadert. * Paris, 21. Februar. StaatSgericktshos. DaS Verhör der Zeugen wird fortgesetzt. Der frühere Polizeipräfect Blanc wieder holt »eine im Lause des ersten ProcesseS vor dem Staatsgerichtshofe gemachte Aussage und erklärt, daß er nichts wisse, was Hadert persönlich betreffe. Zeuge erwähnt, daß bei den von der Patriotenliga veranstalteten Kundgebungen Ruse „ES lebe der König" auSgestoßen worden seien. Polizeipräfect LLpine erklärt, Habert sei der thätigste und der hingebendste von Deroulsdes Ge- Hilfen gewesen. Lspine betont die Wichtigkeit der von den Ligen veranstalteten Kundgebungen. Hieraus beginnt die Vernehmung der Entlastungszeugen. Diese, unter Lenen sich mehrere Deputiere be finden, betonen die republikanische Gesinnung Habert'S. Morgen wird der Staatsanwalt sein Plaidoyer halten. Italien. Der Streit nm -as königliche Decret. * Nom, 21. Februar. (Dcputirtenkammer.) Ja der heu tigen Sitzung erklärt der Justizminister: Angesichts der von den beiden Kammern deS CassationShofes abgegebenen wider- sprechenden Urtheile, von denen das Lrr zweiten Kammer die Gesetzlichkeit und Anwendbarkeit deS königlichen DecretS über di» politischen Maßnahmen anerkannt habe, während daS Urtheil der eisten Kammer dahin gehe, daß das betreffende Decret zwar völlig rechtskräftig gewesen, als »S erlassen worden, später aber hinfällig geworden sei, halte eS die Regierung, obgleich die Begründung deS letzten Unheils des Cassationshofes noch nicht be kannt sei, doch sür ihre Pflicht, die Berathung deS Entwurfs, be- treffend das zur Umwandlung in ein Gesetz bestimmte Decret, zu be schleunigen und verlange daher, daß die Berathung hierüber aus die Tagesordnung vom Sonnabend gesetzt werde. (Anhaltende Bewegung; Lärm auf der äußersten Linken.) Mehrere Depntirte geben hierauf Erklärungen ab zur Begründung ihres Votums. Pan tano sagt, die äußerste Linke werde Len Gesetzentwurf mit der äußerste» Energie bekämpfen. (Bewegung und Zustimmung aus der äußersten Linken.) Visconti-Venosta (der im Namen der Regierung spricht, da Pelloux unwohl ist) erklärt, die Regierung bezwecke mit ihrem Vorschläge, der durch die Entscheidung Les CassationShofes geschaffenen unsicheren Rechtslage ein Ende zu machen, und zwar glaube sie aus diese Weise ihre Achtung vor der richterlichen Autorität und vor dem Gesetz zu beweisen. (Lärm aus der äußersten Linken.) Visconti-Venosta wendet sich dann an die Teputirten der äußersten Linken, die ihn unterbrechen, und sagt ihnen, bei dieser ganzen Angelegeuheit sei nur von einer Seite Verfassung-- widrig vorgegangen worden, nämlich von der Minorität, die seiner Zeit Lurch ihre Obstruction die Berathung des Gesetzentwurfs über die politischen Maßnahmen verhindert habe. (Großer Lärm aus der äußersten Linken, lebhafte Zustimmung auf der Rechten.) Der Antrag deS Justizmlnisters wird schließlich nach namentlicher Ab stimmung mit 159 gegen 53 Stimmen angenommen. Gvanie«. Frei-esprochene Generäle. * Madrid, 21. Februar. Das Kriegsgericht hat den General Monet und den Oberst Franc»«, welche während deS spanisch - amerikanischen Krieges Macacebe auf den Philippinen aufgegeben hatten, freigesprochen. Asien. Andochina. * Peking, 21. Februar. (Reuter'S Bureau.) Der fran zösische Gesandte Pichon hat sich nach Saigon zum Besuche deS Gouverneurs von Indochina begebe». Uroer den Zweck deS BesncheS verlautet nichts. Amerika. Keil» englisch-amcrikanischrS Geheimbündnitz. * Washington, 21. Februar. Auf die Resolution des Re ¬ präsentantenhauses, in der die Frage gestellt wird, ob die Meldung, daß zwischen Großbritannien und den Unionstaaten ei» geheimes Bündniß bestehe, irgendwie begründet sei, ließ der Staatssekretär deS Auswärtigen Hah dem Repräsentantenhaus die Mittheilung zugehen, daß an der Meldung nichts Wahres sei. Unter der bestehenden Verfassung sei ein geheimes Bündniß in keiner Form möglich, da Verträge der Genehmigung des Senates bedürfen. Wieder ein Revolntiönche». * Washington, 2l. Februar. Der Gesandte der Ver einigten Staaten in Costarica meldet, eS werde ein revolutionärer Einfall von Nicaragua aus er wartet. DaS KriegSrecht sei erklärt; die Truppen marschirten zur Grenze. Kunst und Wissenschaft. Musik. Zweite Hauptvriifung am Künigl. Konservatorium der Musik. Leipzig, 21. Februar. Au der Spitze deS gestrigen Pro gramm» stand dir Sonate für Orgel (^moll) von A. G Ritter, gespielt von Frl. Else Schneemann au» Leipzig, derselben jungen Dame, die am ersten Prüfungsabend sich als außer ordentlich gediegene Pianistin und Bach-Spielerin bekannt gemacht hatte. Als Orgelspielerin dürfte sie unter den Schülcrn und Schülerinnen des Iastitlitr» ebenfalls zü dtn ersten und bedeutendsten zählen, wenigstens machte ihr Spiel durchweg einen ganz vortrefflichen Eindruck, einmal Lurch die Sicherheit der Technik, die Sauberkeit und Glätte der Passagen, sodann aber auch durch die scharf ausgeprägte Rhythmik, die den letzten Satz straff zusamineuhielt. Dem interessanten Vorträge folgte das Concertino für Posaune (op. 4, Lsüm) von F. David, mit alizucrkennendcr Sicher heit und zu allermeist gutem Gelinge» sowie auch kräftig schönem Tone geblasen von Herrn Ernst Men de auü Chemnitz. Weiter debntirte Frl. Eda Bartholomew aus Valparaiso (J»d.) mit dem Concertstüct für Pianoforte (op. 92. (Ickur) von R. Schumann; sie entwickelte dabei eine leichtflüssige Technik, deren Bildung solide nnd weil vorge schritten ist; ihr Spiel ist mehr zart als kräftig und pointirt, machte indessen im Ganzen einen recht sympathischen Ein druck. Frl. Lucy Cook aus Christchurch (Neu-Seeland) folgte sodann mit dem Concert für Violine (op. 26, O moII, 1. und 2. Satz) von M. Bruch; technische Sauberkeit und Reinheit der Intonation waren zwar bisweilen zu vermissen — man kann wohl annehmen, daß leicht erklärliche Be fangenheit die Veranlassung dazu gab — doch entschädigte dafür die gute Bogensührung und ein Ton von edlem Klange und bisweilen überraschender Größe. Mit drei Liedern von R. Schumann trat, am Clavier begleitet von Herrn Ernst Zulauf aus Cassel, Herr Otto Löwe aus Leipzig auf. Er sang: „Die beiden Grenadiere", „Widmung" und „Ich wandre nicht", zwar mit reiner Intonation und deutlicherTextauSsprache, doch sonst noch recht unzulänglich; der Stimme s.'blt noch die Entwicklung sowohl nach der Höhe wie nach der Tiefe; dem Charakter nach wiird: man sie zn den Baßstimmen zählen müssen. Mit der weiteren Ausbildung der Gesangstechnik dürste sich auch ein ausdrucksvollerer Vortrag verbinden; vorläufig ist derselbe noch zu farblos. Als die beste Leistung, abgesehen von der des Frl. Schneemann, ist die dcS Frl. Käthe Hoebel aus Geestemünde zu bezeichnen; sie spielte die beiden letzten Sätze ans dem Concert sür Pianoforte (k moll) von Chopin nicht allein mit wohllhuender Eleganz nnd musikalisch-gebildeteiu Geschmack, sondern auch mit zuverlässiger Technik, perlendem Ausschlag in den vielfachen Tcnguirlandenunv wo nöthig kraftvoller Energie, überall eine Rude bewahrend, die ihrem Spiel ebenso zum Vortheile gereichte, wie dem selben den Stempel beginnender Künstlerschaft ausdrückte. DaS ConservaloriuniSorchester bewährte sich unter der sichern und überlegenen Leitung dcS Herrn CapellmcistcrS HanS Sitt in im Ganzen löblicher Weise, nur die Blaseinstru mente klangen nicht immer rein genug. Daß die Vorträge sämmtlich sehr beifällig ausgenommen wurden, sei der Voll ständigkeit wegen noch besonders erwähnt. G. Schlemüller. Leipzig, 21. Februar. Das Concert, das Pablo ve Sarasate, der seit mehr als zwei Jahrzehnten auch in Deutschland gefeierte Geigenkünstler, gestern mit Unterstützung von- Frau Berthe Marx-Goldschmidt und dem Winderstein-Orchester unter Herrn Capellmcister HanS Wind erst e i n'S Leitung in der Alberthalle deS Krystall- Palastes gab, war zwar nur mäßig stark besucht, doch zeigte die Zuhörerschaft, zum größten Thcile wenigsten», das alte Entzücken über die seltene Künstlerschaft deS ConcertgeberS, indem eS denselben mit Ehrungen: Beifallsstürmen, Hervor rufen rc., nach allen Nummern überhäufte. Und doch ist der Künstler nicht derselbe, sein Spiel nicht daS gleiche, saScinirende geblieben, daS es vor Jahren noch war. Einmal trägt dazu die Wahl der zum Vortrage gebrachten Couipositionen nicht un wesentlich bei, Werke, denen man wenig oder nur oberflächliches Interesse entgegenbrinzen kann, dann aber auch derUmstand, daß wir deS Oeftercu Violinvorträge zu bören bekommen, die in allen Beziehungen weit über den von Herrn Sarasate gebotenen stehen. WaS dem Künstler geblieben ist nnd jedesmal aufs Neue zu bewundern ist, ist der edle, von absoluter Tonschön heit erfüllte Ton in der Cantilene und die ganz außer ordentliche, erstaunliche Fingergewandtheit in allen Lagen; Charakteristik finden wir freilich in diesen eminent schnell und rapid gespielten Passagen recht wenig, der To» ist hier, wenn auch klar und meist deutlich, nur klein und daS Spiel ent hält kaum noch etwas von sonstiger Bedeutung. Herr Sarasate spielte zunächst die Phaniasie mit Orchester und Harfe unter freier Benutzung schottischer Volksmelodien (op. 46) von M. Bruch, ließ dann „Die LiebeSsee", Charakter stück mit Pianoforte (in eigener Bearbeitung) von I. Raff folgen und schloß mit dem Vortrage von drei bis jetzt noch nicht gespielten Compositionen eigener Arbeit: „Miramar Zortzico", „ Jntroduction und Caprice Iota" und „Jntroduction und Tarantelle"*), von denen daS letzte den ersrenlichsten Eindruck machte, während die beiden anderen Stücke zu oberflächlich, um nicht zu sagen „nichtssagend" erschienen. Der Jubel danach wollte freilich kein Ende nehmen, so daß sich der Künstler noch zu zwei Zu gaben verstehen mußte, als deren erste er den ersten Satz, Jntroduction au» der Läur-Sonale von I. Seb. Bach für Violine, allein wählte. Der Satz, im Prestissimo, fast ohne die mindesten Nüancen und notwendigen Accente gespielt, machte nur den Eindruck eines ziemlich gewöhnlichen „Lloto perpotuo". In der zweiten Zngabe war Herr Sarasate in seinem eigentlichen Fahrwasser. Frau Marr-Gold schmidt, die seit Jahren stetige Begleiterin des Künstler-, führte sich mit dem Dortrage eines neuen ConcertS für Piano forte von A. Zarzycki ein, einem Werke von wenig Eigen- thümlichkeit, doch recht gut klingend und dankbar für ein größere» Publicum. Als tüchtige Clavierspielcrin sich zu zeigen, bot ihr die Begleitungs-Partie der „LiebeSsee" ebenso gute Gelegenheit, wie auch die zuletzt gespielten Solostücke: Toccata von Saint-SaönS, Romanze (b'clur) von Rubinstein und die sechste ungarische Rhapsodie von Fr. LiSrt. Dem Drängen deS Publicum- nach einer Zugabe entsprach sie durch die sehr hübsche und pointirte Wiedergabe einer Gavotte. Nock» ist der Mitwirkung des Winderstein- Orchester» mit Ebren zu gedenken; dasselbe leitete das Concert mit der Ouvertüre zu „Phädra" von Massenet ein und be währte sich später in der Begleitung der Solisten nur rühmlich. G. Schlemüller. *) Die Stücke sind neuerdings im Verlag von I. H. Zimmer mann hier (auch mit Clavierbegleitung) erschiene». Die Red. Wissenschaft. * Die archäologische Erforschung von Cuba soll jetzt von Seiten der Bereinigten Staaten planmäßig in die Wege geleitet werden. Der Vorsteher LeS amerikanischen ethnologischen Bureaus Major Powell ist in Begleitung von Prof. Holmes, der die Ab teilung sür Anthropologie am National-Museum in Washington unter sich hat, nach Cuba entsandt worden, um den Plan für die Untersuchung sestzulegen. Die wesentliche Absicht ist darauf gerichtet, die vorgeschichtlichen Wanderungen verschiedener Eingeborenenslämme, sowie Len HanLei und den Austausch von Kunstfertigkeilen in vor geschichtlicher Zeit zu erforschen. Die Studien sollen auch auf Puerto Rico und mehrere andere Inseln deS mexikanischen Golfes ausgedehnt werden. * Die neueste Srsorschnug de» Kenia - Berges war der Gegenstand eine- Vortrages von Mackinder vor der Geographischen Gesellschaft in London. Der Forscher hat im Lauf« des vorigen Sommers eine Besteigung des mächtigen erloschenen BulcanS bis zu Lessen Gipfel ausgrsührt. Al» wesentliche Ergebnisse der Expedition wurden in dem Vorträge folgende genannt: Eine genaue Kartenausnahme deS oberen Theiles d»S Berge-, eine Sammlung zahlreicher Gesteiusproben, zwei Reisewege durch bisher unbrkanntrs Gebiet, »in« Reihe von Witterung-- und Höheobeobachtungen, eine Sammlung von Photographien tn gewöhnlicher und farbiger AuS- sübrung, Sammlungen von Siiugethieren, Vögeln, Insekten »nd Pflanzen. Chemnitzer Conferen). * Chemnitz, 21. Februar. Am Montag Abend wurde im hiesigen „Carola-Hotel" dieChemnitzerConferenz unter Vorsitz des Herrn Superintendenten Kaiser eröffnet. Herr ?. Ine. tüeol. Seehawcr aus Sangershausen sprach über das Thema: Der Bekeinilnißstand der evangelisch-lutherischen Kirche und die kirchlichen Einigungsbeslrcbungen in unserer Zeit. An d^i sehr interessanten Vortrag schloß sich eine lebhafte De batte, die mit folgendem, von großer Mehrzahl angenommenen Beschluß endete: „Die Chemnitzer Conferenz erklärt gegenüber den auf eine deutsche Nationalkirche nnd Neichssynode hinzielenden Einigungs bestrebungen in unserer Zeit, daß sic in der darin enthaltenen Vermengung von nationalen und kirchlichen einen Widerspruch mit der heiligen Schrift und dem lutherische» Betenntniß er kennt. Den lutherischen Kirchenregimcntcrn wie den einzelnen lutherischen Kirchenkörpern fällt aber gegenwärtig um so mehr die Aufgabe zu, ihre» Zusammenschluß auf dem einen Bekenntniß- grundc anzubahnen und auszubauen. Dagegen erkennt die Con ferenz, daß es Wünschenswerth ist, in Fragen der äußeren Kirchen verwaltung, sowie in der Pflege der christlichen Liebeswerke mit anderen evangelischen Kirchen gemeinschaftliche Verständigung zu suchen und in besonderen Fällen als den Angriffen Roms, dem Abfall: vom evangelischen Glaubensgrunde und dem Ein dringen d-r Seiten gegenüber gemeinsames Zeugniß abzulegen. Auf die vom Herrn verheißene wahre Einigung der Kirche harre die Gemeinde Christi, stark im Glauben, friedfertig in der Liebe, freudig in Hoffnung, mit Einigkeit des Gebetes." Die gestrige V o r in i t t a g s s i tz u n g der Conferenz wurde eingeleitet durch eine lithurgische Morgenandacht. In der auf Marc. 6,59. „Seid getrost, ich bin es, fürchtet Euch nicht" ge gründeten Ansprache wies der Herr Vorsitzende, Superintendent K a i s e r, einen geschichtlichen Ueberblick über die Kirche Sachsens im 19. Iah»hundert gebend, in herzlichen und erhebenden Worten nach, daß in dem Schifflein seiner Kirche, möge es auf noch so hochgehcnden Fluthe» sich befunden haben, der Herr Jesus stets mit rettender Hand zugegen gewesen sei. Und all' den großen Aufgaben gegenüber, die die Neuzeit an die Kirche stelle, verzage sie doch nicht, sondern lege kräftig Hand an die Lösung derselben im Vertrauen auf den Herrn. Nachdem die Andacht mit Gebet und Gesang geschloffen war, hieß der Vorsitzende die Mitglieder und Gäste willkommen. Die Conferenz beauftragte sodann den Herrn Vorsitzenden, dem Kriegsministerium für die auf An regung der Conferenz angeordnetc Beichtandacht für das Militär am Tage vcr dem Gang zum heiligen Abendmahl Dank auszu sprechen, zugleich demselben die Bitte zu unterbreiten, daß, gleichwie in Berlin, die sächsischen Soldaten zu den lutherischen Gemeinden hingewiesen würden, es auch in Metz geschehen möge. Hierauf hielt Herr Oberpfarrer Harleß aus Waldenburg einen Vorirag über „Taufgnade und Bekehrung". Dem Schwinden des Ansehens der heiligen Taufe selbst in kirchlichen Kreisen gegenüber betonte der Herr Referent, daß die Taufe nicht ein von menschlichem Belieben abhängiges menschliches Thun sei, auch nicht blos ein Symbol früher oder später zu erlangender Heils gaben, sondern eine von Gott befohlene Handlung, in der Gott selbst wirke und eine wirkliche Gnadengabe vermittele. Diese Taufgnade sei die durch den heiligen Geist hergestellte persönliche Gemeinschaft mit dem erhöhten Heilsmittler Jesu Christo, der um die Heilstraft seiner Erlösung, bestehend in Entsündigung, Begnadigung, Heiligung und geistiger Belebung, den Getauften darreiche. Der Glaube ergreife wohl diese Heilsgüter, und sie seien, wie Luther sagt, nöthig zum Nutzen der Taufe, aber schaffe nicht den Nutzen derselben. Das durch die Taufe neue Ver- hältniß zu Gott ziehe mit Nothwendizkeit ein neues Verhalten des Menschen Gott gegenüber nach sich, und dieser Umschwung in dem Verhalten des Menschen ist die Bekehrung. Der Stand eines Be kehrten kann nie schwankender sein, muß aber einer Magnetnadel gleich immer wieder in die Richtung ans Gott zurückkehren. Die zweite Generalversammlung des Vereins evan gelisch-lutherischer Gotteskasten in Sachsen eröffnete in Vertretung des Herr I>. am. Lehmann Herr Diakonus 1)r. Ahner - Leipzig mit Gesang und Gebet. So dann berichtet er, wie der Gotteskasten die evangelische Bewegung in Oesterreich während des Jahres 1893 gefördert hat. Der Verein, dessen Princip es ist, nur lutherische Gemeinden in der Diaspora zu unterstützen, habe anfangs der evangelischen Be wegung, als einer anscheinend rein politischen, Mißtrauen ent gegengebracht. Als es aber zu Tage lag, daß diese Bewegung nach und nach völlig kirchlichen Charakter angenommen habe, seien die früheren Bedenken weggefallen. Auf dringende Bitten der evangelischen Gemeinden in Oesterreich gewährte der Gottes lasten ihnen Zuschüsse, damit sie zur Anstellung von Predigern und Lehrern im Stande wären, stellte aber die Bedingung, daß die zu unterstützenden Gemeinden und ihre Geistlichen sich zur Augsburger Confession bekannten. Die Gesammtunterstühung betrug ca. II000 Mark. Ein gemeinschaftliches, im Carola-Hotel eingenommenes Mittagsessen hielt die Besucher der evangelisch-lutherischen Conferenz noch längere Zeit zusammen. Mögen sie mit viel Anregung und mit großem Segen aus der Conferenz in ihren Wirkungskreis zurückgekehrt sein! (Chem. Tgbl.) Der Kohlenarbeiter-Streik. * Leipzig, 22. Februar. In einer kürzlich von uns wieder gegebenen Auslassung der „Sächs. Nat.-lib. Corr." war auf im Umlauf befindliche Nachrichten binzewiesen worden, wo nach die sächsische Regierung auf Anregung Chemnitzer industrieller Kreis« beim preußischen Handelsministerium den Antrag gestellt habe, im Interesse der zahl reichen Industriearbeiter, welche bei einer längeren Andauer deS Bergarbeiter-AuSstandes durch Einstellung von Betrieben in starke Mitleidenschaft gezogen werden könnten, eine Ermäßigung der Frachtsätze für Kohle von Hamburg her im Allgemeinen ein treten zu lassen. Dieser Antrag sei vom preußischen Ministerium aber ab gelehnt worden. An diese Meldung waren Zweifel geknüpft worden. Die „DreSd. Nachr." sind indessen in der Lage, in ihrer heutigen Nummer die frag lichen Mittheilnngen als zutreffend bezeichnen zu können. * Leipzig, 22. Februar. Zn einem Circular eines großen Zwickauer StcinkohlenwerkeS, das dieses an seine Abnehmer versandt hat, illustrirt folgende Stelle treffend die auzenblick- lichcn Lieferung-Verhältnisse: „Wir können seit dem Aus bruche deS Streik- ungefähr den 4. Theil unsere» bisherigen KohlenquantumS zum Versandt bringen, an welchem wir Ihnen unter Berücksichtigung Ihrer bisherigen regelmäßigen Entnahme» den entsprechenden Antbeil zn Ihrer Verfügung stellen. Writergehcnde Ansprüche können bis auf Weiteres keine Berücksichtigung finde», und wir bitten wiederum, unS nicht durch überflüssige» Drängen zu beeinflussen zu suchen, denn die Zuteilungen erfolgen ohnedies nach Möglichkeit; jede Besserung der Lage kommt Ihnen antbeilig zu Gute." Im Folgenden weist daS Circular auf die unheilvollen Folgen hin, die ein weiteres Andauer» des Streiks bewirken würde. Der Inhalt dieser Ausführungen deckt sich mit den Ausführungen, die wir in der Abendausgabe vom 20. Februar dem „Zwick. Wochenbl." entnommen hatten. * Zwickau, 22. Februar. Gestern stellte sich die Lage nach den Ausführungen deS ..Zwick. Wochenbl." folgendermaßen bar: Trotz aller Bemühungen des socialistischen Strrik- comitSS, die Au-ständigen zum AuSharren nnd zum Fest balten an ihren Forderungen zu bewegen, wird die Zahl der zur Arbeit Z u r ü ck ke h r e n d e n von Tag zu Tag größer. So ist auch heute wieder, wie schon gestern, eia Rückgang der AuSstand»- dewrgung zu verzeichnen. E- sind zur gestrigen Abrndschicht
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