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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.09.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-09-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020918011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902091801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902091801
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-09
- Tag 1902-09-18
-
Monat
1902-09
-
Jahr
1902
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Tabellarischer und Hiss,«so- entsprechend Häher. — Gebühr« für Nachweisungen und Osfertenannayme LS H (excl. Porto). Extra-vellag« (gesalzt), »ur mit der Morg«-Ausgabe, »hu« Postbefärderung SO.-, mit Postbestrderuug 70^. Anuahmeschluß für Anzeigen: Ab«ud-A»»gab«r vormittag» Iv Uhr. Morgeu-LuSgaber Nachmittag» L Uhr. Anzeigen siud stet» an dm Expedition I» richt«. Di» Expeditiou ist Wochentag» mnmterbrvch« geäfsnet vo» früh S bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag vo» «. Pol» in Leipzig. 96. Jahrgang. Nach den Manöver». 8. Manöver aus — Reserve hat Ruh'! To heißt es bei fast allen deutschen Armcecorps, die in den großen Herbstübungen vor ihren höchsten Vorgesetzten bis hinauf zum obersten Kriegsherrn der einzelnen Heeres- eontingente und dem Bundesfeldherrn den Grad der er haltenen kriegsmäßigen Ausbildung üarzulegen hatten. Ein besonderes Interesse nehmen naturgemäß die Kaiscr- nmnöver in Anspruch, die in diesem Jahre branden burgische und posensche Regimenter gegen einander zum friedlichen Kampfe führten und nach Herkommen und Brauch mit einer großen Parade vor dem Kaiser ihren Anfang nahmen. Ucber die politische Bedeutung der Parade bet Posen tm Beisein hoher Vertreter des russischen Heere» hat sich Ihr militärischer Mitarbeiter nicht zu äußern, wohl aber muß er es über die Paraden selbst, die von so Bielen als ein Ueberbleibsel aus ver gangener Zett und als werthloser Zopf angesehen werden. Die» ist aber Beides nicht -er Fall, denn nur tn der Parade vermag der Feldherr diejenigen Truppen mit Sicherheit herauszuerkennen, auf die er sich in schweren Zeiten un bedingt verlaßen, mit denen er Erfolg und Sieg an seine Fahnen heften kann. Bei keiner militärischen Vorführung konrmt die Manneszucht, ohne die ein Heer überhaupt un denkbar ist, in ähnlicher Weise zum Ausdruck wie bei der Parade? das geschloffene Auftreten, wobei Einer sich genau an den Anderen anschließt, sich nach ihm richtet und seine Glieder bis zu -en Augenwimpern in seiner vollen Ge malt hat, gtebt die volle Gewähr, daß eine Truppe auch in aufgelöster Ordnung und in kritischen Augenblicken den erforderlichen Anschluß und Zusammenhalt nicht verlieren oder mindestens rasch wicderfinden wird, und gerade in diesem Sinne ist die Parade von der größten Wichtigkeit. Die Feldmanövcr haben in der Taktik der Infan terie einige Neuerungen aufgewicscn, so namentlich die lichten Schützenlinien, die vor zu großen Verlusten schützen sollen. Dies thun sie allerdings, dafür wohnt ihnen aber auch nur eine geringere Feuerkraft, also ein geringerer Gefechtswerth, inne. Wer weiß, ob man nicht bald wieder zu den von vornherein möglichst starken Schützenlinien zurückkehrt, bei denen zwar auch gleich zuerst Verluste cin- lreten, die aber später durch Ausnutzung des Geländes bedeutend eingeschränkt werden können. Auch bei den Kaisermanövern ist cs wohl in die Erscheinung getreten, daß unsere Infanterie auf diese Ausnutzung des Geländes zum verdeckten Vorgehen schon im Frieden hingcmiescn und ausgebildet werden muß. Wenn die feindlichen Ge schosse hcrumfliegen, wird sich zwar schon Jeder bestens zu decken suchen, aber er muß cs auch mit dem erforder lichen Vcrständniß und mit Kenntnis« der Gelände gestaltung thun, worin er sich namentlich bei den Friedens- manövern üben soll. Auch das Vorführcn der Unter stützungen und Reserven in geschlossenen Abtheilungcn wird mit Rücksicht auf das Gelände erfolgen und darauf Bedacht zu nehmen sein müssen, daß diese Unterstützungen zur rechten Zeit an der rechten Stelle sind. Bet derCavallerie sind Aenderungen in der Taktik nicht eingetreten: Aufklärung, Melde- und Nachrichten dienst, Verschleierung sind geblieben wie bisher und auch die Attacke wird so geübt, als wenn cs kein kleincalibriges Magazingewehr gäbe. Was Las Reiten dieser Attacken überhaupt betrifft, so stellen wir uns auf die Seite seiner Befürworter, nicht etwa weil der Kaiser solche Attacken reiten läßt und selbst gern mitreitet, sondern weil auch in einem Zuknnftskriege Lagen sich denken lassen, wo die Reiterei im Gefecht in dieser Weise cingreifen nmtz und die Entscheidung mit herbeiführen nnd dann ausnutzen kann. Solches Reiten von Attacken, bet denen in Zukunft immer nur große Massen einen Erfolg erringe,« können, muß aber im Frieden geübt werden; cs läßt sich schlechter dings nicht improvisiren, daß zwölf Reiterregimenter in flügelwcise gebildeten Staffeln einen geordneten Reiter angriff ausführen. Wo dies im Frieden nicht gelehrt un gelernt wird, muß der Apparat im Kriege versagen. Die Feldartillerie zeigt die bisherige Art der Verwendung, also Auftreten in Masse, um zunächst im Artillerieducll die Uebcrlcgenhcit zu erringen, dann den Angriff der Infanterie vorznbereiten und ihn schließlich bis zur Einbruchsstelle zu begleiten. — Die Verwendung der technischen Truppen bewegt sich in einem festen Rahmen, der bet den Kaisermanövern durch um fangreiche Anwendung der Funkcntelegraphie unter Zuhilfenahme der Fesselballons eine be deutsame Erweiterung erfuhr. Mit Automobilen zur Personen- und Lastenbcförderung wurden die Versuche fortgesetzt, auch benutzte der Kaiser selbst sehr häufig das Automobil zur Fahrt nach demManövcrfelde. Dem Train war durch Aufstellung von Proviant- und Lcbensmittel- colonncn Gelegenheit gegeben, sich in diesem wichtigen Dienstzweig Ucbung zu verschaffen, wie denn die Manöver für die höhere Truppenführung wie für alle Waffen gattungen gleich nutzbringend gewesen sind. Die Sicherung des Friedens durch Vorbereitung zum Kriege erscheint wieder einmal verbürgt. Deutsches Reich. 6.8. Berlin, 17. September. BemerkenSwerthe Blicke in da» sociale und wirthschaftlich« Leben Berlin» eröffnet der Geschäftsbericht, den der ungemein rührige Berliner Centralverein für Arbeitsnachweis für da» Jahr 1901 soeben auSgegeben hat. Der Central-ArbeitS- nachweiS beherrscht freilich noch nicht den Berliner ArbeitS- markt, aber umgekehrt haben dessen Schwankungen auf den Nachweis den größten Einfluß. In den ersten neun Monaten de» vorletzten Jahre» (1900), als die Berliner Industrie und das Berliner Gewerbe ihre Bliithezeit erreicht batten, ent wickelte sich auch die VermittelungSthätigkcit des Arbeitsnach weise» glänzend, aber mit ihrem Niedergänge in den letzten drei Monaten des Jahre» 1900 flaute auch im Nachweise da» Ver mittlungsgeschäft ab, und leider hat bekanntlich die Depression für das ganze Betriebsjahr 1901 angchalten. Obwohl im Lause de» Berichtsjahres zwei neue Fach-Arbeitsnachweise für Tape zierer und Wäscherinnen und Plätterinnen errichtet wurden, blieb die Gesammtthätigkeit de» Arbeitsnachweise» bedeutend hinter derjenigen de» Jahres 1900 zurück. Die Zahl der Arbeitsgesuche ist von 48 432 im Jahre 1900 auf 41319 zurückgegangen, hat also um 15 Procent abgenommen, und die gemeldeten offenen, resp. besetzten Stellen fielen von 48 040 auf 31339 bezw. von 38 393 auf 26 600, was einen Rück gang von 35 bez. 31 Proc. bedeutet. Und an dem Mangel von ArbeitSgelegenbeit litten, ebenso wie der CentralarbeitSnach- weiS, auch die meisten anderen Arbeitsnachweisstellen. Im ganzen Jabr überstieg bei allen in Frage kommenden AlbeitSnach- weisen die Zahl der Arbeitsuchenden ganz erheblich diejenigen der offenen Stellen und in den Wintermonaten Januar, November und Dccember kamen sogar mehr al» zwei Arbeit suchende auf eine offene Stelle, wa» im Vorjahre sich nicht ereignete. Auf 100 offene Stellen kamen im Januar 1901 229 Arbeitsuchende gegen 163 im Vorjahre. Bei dem all gemeinen Arbeitsnachweis für ungelernte männliche Arbeiter liefen im Berichtsjahre 28 159 (1900: 37 729) Arbeitsgesuche einschließlich der 4198 (5849) ohne Gebühr Aufgenommenen ein. Es erhielten Beschäftigung 1900 26 106 Personen, 1901 nur noch 15 240. Wa» die Einstellungen der Arbeitsuchen den anbetrifft, so wurden nur in den Monaten März und September einigermaßen günstige Resultate erzielt, von den Arbeitsuchenden kamen 60—70 Procent zur Einstellung, aber auch bei diesen Stellen handelt eS sich nur um vorübergehende Beschäftigung, wie sie die Hauptumzüge mitbringen. In den übrigen Monaten, abgesehen vom December, fanden nur 48 bi» 57 Procent der Arbeitsuchenden Stellung, während in den beiden vorhergehenden Jahren dieser Procentsatz bi» auf 79 Procent gestiegen war. Dazu kommt noch, daß die Arbeit- suchenden länger auf die Vacanz warten mußten. Sehr eigentbümlich und auch peinlich berührt es, daß die Antheile der jüngsten Arbeiter von 14 bi» 16 Jahren, die als Lauf- und Arbeitsburschen Beschäftigung suchten, gegen da» Vorjahr wiederum gestiegen sind. Obwohl die Anzahl der Arbeitsuchenden gegen das Vorjahr abgenommen hat, macht sich bei den jugendlichen Arbeitern noch eine kleine Zunahme von 2613 auf 2631 bemerkbar und ihre Antheile sinv von 157 auf 176 pro Tausend gestiegen. Diese Zunahme ist höchst bedauerlich, da sie die Abneigung der Berliner Arbeiter bevölkerung zeigt, ihre Kinder in die Lehre zu geben und sie einen Beruf erlernen zu lassen. Als hauptsächliche Ursache für dieses Verhalten kann nur gelten, daß die Kinder bald nach Verlassen der Schule als Lauf- und ArbeitSburschen einen verhältnißmäßig hohen Wochenlohn von 8 -L erhalten und mit diesem Lohne zur Erhaltung der Familie beitragen müssen, während sie in der Lehre meist Jahre lang umsonst arbeiten, ja in vielen Fällen noch Lehrgelder bezahle» müssen. /-.Berlin, 17. September. (Beamtenhäuser in der Ostmark.) Es gewinnt immer mehr den Anschein, als ob die Negierung die Absicht verfolge, die Beamten in der Ost mark dadurch sozusagen seßhaft zu machen, daß sie ihnen besondere Erleichterungen zum Bau eigener Häuser, in denen ein oder zwei Bcamtenfamilien bequem und verhältnißmäßig billig wohnen können, gewährt. Eine derartige Maßnahme wäre da» Muster einer „Grüne-Tisch-Maßregel". Den einen Borlheil, daß die Beamten dadurch allerdings mehr an die Provinz Posen gefesselt werden, stehen ungezählte Nachtheile gegenüber. Wir beginnen mit einem uationalökonomischen Bedenken. Gerade in der Ostmark fehlt e» nicht an kleinen und mittleren Städten, deren Einwohnerzahl überhaupt nicht zunimmt; ja sogar abgenommen hat. In diesen Städten ist die Bauthätigkeit gleich Null, viele Häuser stehen leer und die Miethen sind gesunken, obgleich die allgemeine Lebenshaltung sich vertheuert hat. Kommen nun die Beamten, die als prompt bezahlende Miether besonders erwünscht sind, in Wegfall, so werden die Verhältnisse für die Hausbesitzer noch trauriger. Da in den Städten größten- theilö das deutsche Element überwiegt, so ist auch die Mehr zahl der Hausbesitzer deutsch und der durch den Bau von Beamtenwohnungen angerichtete Schaden trifft in erster Reihe den deutschen Mittelstand. Man wird eS be greiflich finden, daß die davon betroffenen Kreise für diese Art der Germanisirungspolilik verbinvlicbst danken. DaS zweite gewichtige Bedenken liegt auf dem gesellschaftlichen Gebiete. Graf Bülow hat ein stolzes Wort von der Bekämpfung des Kasten geistes gesprochen. Mit diesem Worte aber steht die ge plante Maßregel in vollständigem Widerspruche, denn wenn beispielsweise in Bromberg die Bcamtencvlonie außerhalb der Stadt errichtet werden soll, so verliert das Beamtcn- thum immer mehr die Fühlung mit dem Bürgerthum und der Kastengeist kommt in schönsten Flor, denn das Be- amtenthum ist ja dann ganz unter sich. Es wird ge wissermaßen eine andere Form des „Ghettos" geschaffen. Ein drittes Bedenken liegt in dem einzigen Vorzüge des Planes. Man denke sich den Fall, daß ein Beamter, der sich in der ersten Zeit gut bewährt hat und mit Hilfe der von der Regierung gewährten Erleichterungen als Mitglied der zu bildenden Beamtengenossenschaften «in HauS erworben hat, später zu allerhand Ausstellungen Anlaß giebt, vielleicht gerade in seinem Verhalten gegenüber dem Polenthum. Dann wird es für die Regierung doch unter Umständen bedenklich sein, diesen Beamten, den sie durch Grundbesitz guasi festgenagelt hat, in eine andere Provinz zu versetzen. All' diesen Bedenken ginge man auS dem Wege, wenn man sich aus baare Gehaltszulagen einließe, die den Beamten wohl auch daS Angenehmste sind und sie am sichersten an die Provinz fesseln. * Berlin, 17. September. (Die Colonial beamten.) Die officiöscn Darlegungen der Verhältnisse unserer Colonialbcamten, welche die „N. A. Ztg." vor gestern brachte und telegraphisch auszugsweise vom „W. T. - B." verbreitet wurden, lauten vollständig: Vor einiger Zeit gingen im Anschluß an die letzten Verhandlungen des Colonialrathes durch die Presse mehr oder minder aus führliche Nachrichten über die Schaffung eines eigenen Colonialbeamtenstandes. Evkundtgungen, die wir an maßgebender Stelle eingezogen haben, ergeben, daß diese Angelegenheit einstweilen noch der Erörterung zwischen den bctheiligten Ressorts unterliegt. Es handle sich vor erst auch nur um einen Versuch in beschränktem Umfange, mit dessen Durchführung etwa zu Beginn des nächsten Jahres begonnen werden könne. Im Uebrigen wird es bei der jetzigen Art der Beamtenauswahl für die Schutz gebiete verbleiben. Jungen, tüchtigen Leuten in den zwan ziger Jahren, die neben einer guten beruflichen Vorbil dung als Beamte über eine feste Gesundheit verfügen, ist somit Gelegenheit gegeben, auch ihrerseits an der Entwickc- lung unseres deutschen überseeischen Besitzes mitzuwirken. Für diejenigen unserer Leser, die etwa gewillt sind, sich auf einige Jahre dem Eolonialdtcnste zu widmen, möchten wir bemerken, daß nach den bestehenden Grundsätzen von der Colonialabtheilung des Auswärtigen Amtes solche Be werber vorzugsweise berücksichtigt werden, welche die in dem Bundesstaate, dem sie angchörcn, vorgeschricbcncn Prüfungen des mittleren Justiz-, Vcrwaltungs- und Zoll dienstes bestanden nnd sich einige Jahre im praktischen Dienste bewährt haben. Neuerdings sind — zumeist mir recht gutem Erfolge — auch Eisenbahnbeamte zur Beschäf tigung in der Verwaltung der Schutzgebiete herangezvgeu worden. Voraussetzung für die je nach Bedarf statt findende Annahme dieser wie aller anderen Anwärter bildet — abgesehen von dem Erforderns der körperlichen Tropendiensltauglichkcit — der Nachweis, daß sie -ur selbst ständigen Bearbeitung von Rcchnungssachcn befähigt sind. Auch für Beamte des technischen und Materialienverwal- tungsdienstcs der Staatsbahnen findet sich häufiger Ge legenheit -ur Verwendung. Die Angenommenen, denen übrigens der Rücktritt zu ihrer heimischen Behörde unter Wahrung der Ancicnnetät offen gehalten wird, bekommen zur Bestreitung -er Kosten der Ausrüstung und der Aus reise, sowie seiner Zeit der Heimreise nach beendetem Dienstverhältnis reichlich bemessene Vergütungen. Die Anfangsbezüge sind je nach -en Theuerungsverhältniffen in den einzelnen Schutzgebieten verschieden und schwanken zwischen 4800 und 5400 .<k. Daneben wird während des Aufenthaltes tm Schutzgebiete freie Wohnung und freie ärztliche Behandlung im Krankheitsfalle gewährt. Nach Ablauf einer Probezeit, die ungefähr sechs Monate währt, kann das Gehalt in einjährigen Fristen bei guten Leistungen um je 400 biö 500 steigen, bis zu dem für Gouvernements- und Bezirksamtssekretäre vorgesehenen Höchstsätze von 7500 .F. Für die etatsmäßig angcstellten Beamten ist darin ein pensionsfähiges Gehalt von 2100 bis 4200 enthalten, dem im Falle der Pensionirung der durchschnittliche Wohnnngsgeldzuschuß von 327 hinzu tritt. Daneben kann den durch den Colonialdienst gänzlich dienstunfähig gewordenen oder später vorzeitig dienst unfähig werdenden Beamten eine «bis 1800 steigende Pcnsionscrhöhung gewährt werden. Nach Ablauf der einzelnen Dicnstperiodcn, welche für Dentsch-Südwest- afrika und die Schutzgebiete der Südscc aus drei Jahre, für Dcutsch-Oslafrika auf zwei Jahre, für Kamerun und Togo auf 1V2 Jahr festgesetzt sind, wird den ctatsmäßigen Beamten ein ausschließlich der Reisezeit auf 4 Monate be messener Heimathurlanb unter Fortbczug der Auslands- bezüge gewährt. Sie erhalten ferner UrlaubSbcihilsen, welche die aufkvmmcndcn Fährgelder vollkommen decken. Den außerctatsmäßigcn Beamten wird die gleiche Ver günstigung zu Theil, sofern sie jeweils 6 Monate vor Ab lauf einer Dicnstpcriode sich auf eine weitere Dienstperiode für den Dienst im Schutzgebiete verpflichten. Aus deu Sekretärstcllen kann das Aufrückcn in die mit einer Be soldung von 6900 bis 9000 ailsgcstattctcn sogenannten Vorstandsstellcu «für Bureau, Casse, Calculatur u. s. w.) erfolgen. Tic Höhe dieser Gehaltssätze re., die bedeutenden Vortheile, die den Pensionären und den Hinterbliebenen von Beamten gegenüber den im heimischen Dienste stehen- den Functionäreu jetzt zugewendet werden, ergicbt, daß sich die Laufbahn der Colonialbcamten gegen frühere Jahre wesentlich gebessert hat. L. Berlin, 17. September. (Privattelegramm.) Die „Nationalzeitung" bespricht die Reise der Borrengencralc »ach Berlin und sagt, man dürfe wohl von ihrem Takt gefühl erwarten, daß sie antienglischen Kundgebungen in keiner Weise Vorschub leisten würden. DaS Blatt erfährt von unterrichteter Seite, daß die deutsche Negierung ent schlossen sei, derartige Demonstrationen auf deutschem Boden nicht zu dulden. — Mehrere Blätter melden: Die Prinzessin Alice von Großbritannien, Tochter der Herzogin von Albany, Prinzessin von Waldeck, und Schwester des jugendlichen Herzogs Eduard von Sachsen-Coburg-Golha, ist schon seit längerer Zeit ein ständiger Gast bei unserem Kaiserbofe. Wenn die Prinzessin mit ihrer Mutter in Potsdam in der Villa Jugen heim anwesend ist, fährt sie fast täglich nach dem Neuen Palais, falls dort das Kaiserpaar anwesend ist. Ganz besonders hat die Kaiserin für die liebliche Prinzessin Sympathien und zeichnete dieselbe schon bei manchen Gelegenheiten auS. Auch am letzten Sonntag Nachmittag stattete die Kaiserin in Villa Jugenheim einen längeren Besuch ab. Vielfach ist darum das Gerücht verbreitet, daß die Prinzessin Alice als die zu künftige Braut für den Kronprinzen bestimmt sei. — Am Vorabend des Zusammentritts der Zolltarif- Untercommission streiten sich die Ueberagrarier, wer besser Feuilleton. Die verhängnisvolle Truhe. Humoreske von A. Delvall«. Genehmigte Uebcrtragung ins Dcntsche von A. Hei m tHaLdrud vervottn. Ort der Handlung: Im vierten Stock eines stattlichen Hauses in der Hauptstraße eines Vorortes von Paris. Drei Uhr Nachmittags. Marie, die Köchin aus der ersten Etage, 39 Jahre alt, 130 Kilogramm schwer, konnnt, wie sic das alle Tage thut, hinauf, um in ihrer Kammer etwas nach bem Rechten zu jehen. Mit ihren Filzschuhen, — die Gnädige hat Nerven und Icidct an Migräne, kann daher kein Geräusch vertragen — gleitet Marie sozusagen wesenlos über den Fußboden des Corridors. In dem Augenblick, als sie die Thür zu ihrer Kammer aufmachen will, bemerkt sie nicht ohne Erregung, daß ihr diese Arbeit schon abgenommen ist! Marie ist ein Muster von Ordnung nnd Pedanterie. Sie weiß genau, daß sic am Morgen den Schlüssel im Schloß nmgedreht hatte; außerdem ist Marie aber auch eine beherzte Person — 39 Jahr und 130 Kilogramm — und jedes Gefühl von Furcht ist ihr unbekannt. Marie klinkt leise die Thür auf. „Ei! Sich! Sich!" Ganz im Hintergrund der Kammer befindet sich ein Mann, und zwar ist der ganze Oberkörper gleichsam in einer Riescntrnhe versunken, deren Deckel er mit den Hüften aufhält; die Füße berühren kaum noch den Fuß boden, und man sicht an den Bewegungen Les Körpers, daß die Hände suchend in den Tiefen der Truhe wühlen. Ein Dolchmesscr, das neben der Truhe auf dem Stuhl liegt, läßt keinen Zweifel darüber obwalten, daß der un gebetene Gast sich nicht besinnen dürfte, seinen Eigen schaften als Dieb noch andere hinzuzufügen. Der Dieb, aus der Tiefe heraus für sich: „Oh, oho! Da ist was gefällig, der reine Bazar!" Marie, die mit zwei großen Sätzen durch die Kammer gesprungen ist und sich auf den Deckel setzt: „Hoppla!" Der Dieb: „Oh! Mein Rücken!" Marie hitzig: „Bitte, genircn Sie sich nicht, setzen Sic Ihre Arbeit ruhig fort!" Der Dieb, ehrerbietig: „Ich bin wirklich ganz beschämt, Sie in solcher Stellung zu begrüßen." Marie: „Oh, bitte sehr, das macht nichts!" Der Dieb: „Ich bin ganz verwirrt; würden gnädige Frau nicht lieber einen Stuhl zum Sitzen wünschen?" Marte, lebhaft: „Nicht gnädige Frau, Fräulein, wenn ich bitten darf, Fräulein!" Der Dieb: „Bitte um Verzeihul»g ... ich hätt' eS mir auch denken können!" Marie: „Und wieso?" Der Dieb: „Weil eine Fran . . . nicht so hartherzig gegen einen unseres Geschlechts seit« würde." Marie: „Habe ich cs ctiva an Rücksicht gegen Sic fehlen lassen?" Ter Dieb: „Das ist es gerade . . . Ihre Worte sin- leicht genug . . . aber Ihr Gewicht... ist es nicht!" Marie: „Und ich bin noch die leichteste aus unserer ganzen Familie!" Der Dieb: „Gratulire, gratulire! . . . Oh! oh!" Marie: „Was ist denn? . . . Haben Sie sich an einer Stecknadel geritzt?" Der Dieb: „Bewegen Sie sich nicht so, meine Knochen werden ja zerdrückt." Marie, philosophisch: „Ja, alles Irdische ist ver gänglich!" Der Dieb: „Bringen Sic mich nicht zum Lachen . . . Also alles Irdische ist vergänglich! Das hatte ich mir in Bezug auf Knochen noch nicht klar gemacht." Marie: „Wahrscheinlich, weil Sic noch zu jung sind, nm den Ernst des Lebens zu erfassen!" Der Dieb: „Ich bin 25 Jahre." Marie: „Sic waren wohl in der Schule ein sehr guter Schüler, Herr . . .?" Der Dieb: „Charlotl Charlot de la Butte!" Marie: „Also von hohem Adel!" Der Dieb: „Ja, von der Höhe!" Marie, voller Interesse: „Und ... arbeiten Sic schon lange so . . . bet Anderen?" Der Dieb: „Noch nicht sehr lange! Ich fange erst an." Marte: „Na, der Anfang ist nun nicht sehr glücklich!^ Der Dieb, schwcrmüthig: „Ach, leider!" Marie, mütterlich belehrend: „Ja, wie ist denn auch so etwas denkbar! Am Nachmittag zu kommen! Vor Tisch hätten Sie mich nicht hier gefunden, da bin ich immer unten in meiner Küche . . ." Der Dieb: „Menn ich das nur gewußt hätte!" Marie: „Ja, man lernt nie aus! Sv Hütte ich zum Beispiel nie geglaubt, daß meine Truhe noch zu einer Mausefalle werden würde. «Schiebt sich mit einem Ruck weiter auf den Teckel hinauf.» Der Dieb macht einen Versuch, sich zu befreien: „Hopplaho!" (Er verliert den Stützpunkt für die Füße und schwebt eine Secuudc mit ihnen in der Luft.) Marie: „Was ist Ihnen denn? Lernen Sie vielleicht schwimmen?" Der Dieb, der den Fußboden wieder berührt: „Was Sie für Scherze machen! . . . Aber, sagen sic 'mal, wollen Sie mich noch lange in dieser Stellung belassen? Mir verschwimmt schon Alles vor den Augen!" Marie: „Darf ich Ihnen vielleicht eine Lampe bringen?" Der Dieb, wüthcnd: „Ei, wenn ich Sic nur packen könnte!" Marie: „Ja, das glaube ich! Fürs Ente habe ich Sie aber noch gepackt. Finden Sie das nicht auch?" Der Dieb: „Ich finde, ich finde . . . daß Sie sich gewiß bei Ihrer gnädigen Frau gut anfs Stehlen verstehen, um so dick zu sein!" Marie: „Stehlen! . . . Na, ich rathe Ihnen . . . (hämisch): Haben Sic denn übrigens gefunden, was Sie so eifrig suchen?" Keine Antwort. Marie, ängstlich: ,Hvren Sic nicht?" Wieder Schweigen. Marie, noch ängstlicher: „Hören Sic 'mal, Herr Char lot, haben Sic denn etwas gesunden in der Truhe? «Schweigen.) Sic lächelt pfiffig und hebt sich ein wenig in die Höhe.
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