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streifte dann die verfrühte geschlechtliche Entwickelung, die Verirrungen in sittlicher Beziehung und kam zum Schluß zu den sozialen und rassehygienischen Schädigungen. Um diese fortgesetzte Degeneration unseres Volkes aufzuhalten, gab Rednerin zum Schluß Bemerkungen, wie gerade Schule und Lehrerschaft berufen seien, an diesem Kampfe teilzu. nehmen. Es ist Pflicht jedes Erziehers, diese Frage zu stu dieren, es ist Pflicht -er Schule, die Kinder zur Abstinenz hinzuleiten durch einen stufengemäßen Enthaltsamkeits- unterricht, es ist Pflicht der Lehrerschaft, in der Fort bildungsschule weiter die Kinder in dieser Frage zu leiten mrd die Eltern zu beeinflussen. Dann tverden wir eine neue Jugend bekommen, eine Jugend von lebens- uird tat kräftigen jungen Männern und Frauen. An die Referate schlossen sich Ansprachen von Vertrete rinnen anderer Länder. Frau T r y g g - H e l e n i u s - Hel- singfors sprach über die Erziehung der Jugend gegen den Alkohol und wies auf England hin, wo ein wissen schaftlicher Abstinenzunterricht mit guten Erfolgen eings- führt sei. Von 100 solchen unterrichteten Kindern blieben 90 Abstinentler. Ter größte Reichtum Deutschlands sei seine Heranwachsende Jugend, die in kurzem das Schicksal des Landes in den Händen haben wird. Warnen wir sie vor den Gefahren des Alkoholismus, damit sie an dieser Klippe nicht zugrunde gehen. — Sodann sprach Mrs. Eliot Borke- London über die Erfahrungen, die sie als Leiterin des Vereins abstinenter Krankenpflegerinnen ge sammelt. — Miß Charlotte Gray-London gab einen kurzen Rückblick über die Einführung des Guttempler- Ordens seit 1890 und gab dem Wunsche Ausdruck, es möchten sich alle Frauen Dresdens der Abstinenzbewegung an schließen, damit diese schöne Stadt ein leuchtendes Beispiel der Nüchternheit, Reinheit, Moral und alles Sckiönen toerde. — Die Vorsitzende des Bundes deutscher Frauen, Frau Marie Stritt- Dresden sprach im Namen dieser etwa 100 000 deutschen Frauen zählenden Vereinigung ihre Sympathie für die Ziele des Abstinentcntages aus und wünscht der Veranstaltung den schönsten Erfolg. Es gelte den Kampf zu führen mit dem schlimmsten Feinde des Frauen- und Familienglückes und der Frauenbefreinng. Nach einigen geschäftlichen Mitteilungen schloß die Vor sitzende die Versammlung mit herzlichen Worten des Dankes. Politische Ruudschrru. Dresden, den 9. September 1V0K. — Tie Parade über das 18. Armeekorps bei Niedcr- Eschbach fand am 8. d. M. statt. Der Kaiser, die Kaiserin, der Kronprinz und die Kronprinzessin, der Großherzog von Hessen und die sämtlichen in Homburg eingetroffenen Prin zen und Fürstlichkeiten mit einer außerordentlich großen Suite wohnten der Parade bei. Vor der Front des Armee korps übergab der Kaiser die neuen Fahnen mit einer An sprache den Kommandeuren und ritt dann die Front der zahlreichen neben der Tribüne ausgestellten Kriegervereine und des manövermäßig verstärkten 18. Armeekorps ab. Die Fürstlichkeiten folgten, die Kaiserin und die Kronprinzessin im offenen Wagen. Abens fand bei den Majestäten im Knr- hause Paradetafel statt. — Bei der gestrigen Rcichstagsersatzwahl im Wahlkreis Thorn-Kulm sind nach vorläufiger Feststellung für Bank direktor Ortet lnat.-lib.) insgesamt 14 800, für Redakteur Brejski (Pole) 13 558 und für Redakteur Sremski (Soz.) 400 Stimmen abgegeben worden. Ortet ist somit gewählt. — Das Landtagswnhlrcsultat für das Fürstentum Schwarzbnrg.Rudolstadt ist folgendes: Von 10 Kandidaten erhielten die Sozialdemokraten 8, die bürgerlichen Parteien fünf. Stichwahl findet zweimal statt. Ein Resultat ist erst morgen zn ernxmten. Tie Sozialen geNxninen bis jetzt ein Mandat. Wenn sie in der Stichwahl auch nur einen Sitz sich erobern, so haben sie die Mehrheit im Landtage und jetzt schon tverden sie als stärkste Fraktion den Präsidenten zn stellen haben. Schwarzbnrg-Nndolstadt ist auch eines jener Länder mit kleinlichen Gesetzen gegen die Katholiken. Wir meinen, das; die Staatsmänner angesichts solcher Wahlergeb nisse ihre Aufmerksamkeit ans andere Dinge lenken sollten. — Gegen die protestantische Orthodoxie hat der deutsche Protestantenverein bekanntlich einen Ausruf erlassen, in dem es unter anderm hieß: „Die protestantische Orthodorie strebt jetzt mit aller Kraft dahin, die ausschließliche Herrschaft in der Kirche zu erreichen .... In der Bekämpfung jeder freien, wissensckm'tlichen, jeder liberalen Richtung ist die libe rale Orthodorie im engsten Bündnis mit dem katholischen Ultramontanismus. Das ganze Kirchentnm wird dann ge eint im rückschrittlichsten Sinne wirken. Der ent schlossenste, kräftigste Widerstand ist nötig. Ter deutsche Pro testantenverein wird dessen Organisierung in die Hand neh men .... Er bittet deshalb alle, die mit ihm gegen die Orthodorie eine freie, lebendige Kirche erhalten wollen, ihm bcizutreten." Dazu bemerkt der konservative „Bayrische Volksfreund" in dir. 208: „Darnach ist die Orthodoxie also der Wautvan, gegen den mobil gemacht werden nrnß. Und ivaruin? Nur toeil die sogenannten Orthodoxen nicht mit ihre Hand reichen, »venu von den liberalen Superklugen und Tansendgescheiten die B i b e l und n n s e r G l a n b e z e r- fetzt wird, bis von beiden nichts mehr vorhanden ist. Man soll die Herren noch fördern wie Pfarrer Jatho in Köln, den der Nürnberger „Atlieist" schon für sich reklamiert oder die Bremer Pfarrer, die über Schillersche Dramen Pcdigten halten, das heilige Abendmahl hei seiner Einsetzung als ein „Saufgelage" hinstellen, die das Vaterunser eine „alte Ta pete" nennen, und vor dein Herleiern desselben zynisch be merken, jeder köne sich dabei denken, was er wolle, Menschen, die aus Jesus im günstigsten Falle einen Schtvürmer machen. Um solchen Leuten ihr religionsfeind- liches Handwerk zn legen, wollen wir ruhig das Odium auf uns nehmen, als Orthodoxe jede andere Richtung aus der Kirckfe hinausdrängen zu wollen. Wir kennen eben für die Kirche Christi nur eine Richtung. Wenn der Prote- stantenvercin meint, daß dadurch jedes geistige Leben erstickt werde, so sieht man eben, daß der Haß blnrd und ungerecht macht. Es hat unter den sogenannten Orthodoxer; Leute ge geben, die es im geistigen Leben mit sämtlichen Mitgliedern des Protcstantenvcrcins aufnehmcn. Dieser hat durch seinen Aufruf nur gezeigt, was er sein will, nämlich eine Schutz- truppederliberalenZersetzungstheorien." Es ist ein erschreckendes Bild, welches das konservative Or gan von den Zuständen im Protestantismus da entwirft. Wäre es nicht klüger, wenn die gläubigen Protestanten im Kanlpfe gegen den Unglauben ihren katholischen Brüdern die Hand reichten, anstatt sich vom politischen Liberalismus und religiösen Nihilismus durch den Wauwau „Ultramon- tanisnms" immer wieder irre machen zu lassen? — Der Kommandeur der Zieten-Husaren, Oberst von Äeszycki, mußte bekanntlich quittieren, weil er sein Gut in Polen verkauft hatte. Nun erfährt man, daß er es zuerst dem Domänenfiskus zum Verkaufe angeboten habe. Dieser wollte dafür nur die Hälfte der landwirtschaftlichen Taxe geben. Ein polnischer Privatmann bot ihm den vollen Preis. Herr von Keszycki ließ dem Donmnenfiskus Mitteilen, daß er gesonnen sei, dieses Gebot anzunehmen, falls der Tomä- nenfiskus es nicht Vorzieher; sollte, das Gut vorher unter den selben Bedingungen zu kaufen. Dies wurde mit dem Be merken abgclehnt, daß Herr von Keszycki als aktiver Offi zier wohl nickst an einen Polen verkaufen werde und der Fis kus nicht mehr als die Hälfte der Landschaftstaxe zahlen wolle. Als Vornrund seiner Kinder wäre Herr von Keszycki mit dem Strafgesetz in Konflikt gekommen, wenn er das Gebot des Polen abgelehnt hätte, uni das Gut mit einen; Verlust von 150 000 Mark für die Hälfte des Wertes an den Fiskus zu verschleudern. Er verkaufte das Gut also an den Polen. Die amtliche Polenpolitik zeitigt eben immer wieder Erscheinungen, die den Freunden dieser Politik höchst ungelegen kommen. — Die Generalversammlung des Zentralvereins der Bureauangestellten, welche am 5. und 6. d. M. in Berlin tagte, nahm folgende Resolution an: „Die Generalversamm- lung spricht die Erwartung aus, daß die verbündeten Re gierungen endlich dem seit Jahren geltend gemachten Ver langen nach gesetzlicher Regelung unserer Berufsverhältnisse Nachkommen und einen dementsprechenden Gesetzentwurf dem Reichstage vorlegen werden. Der Vorstand wird beauftragt, mit aller Energie die Forderung nach gesetzlichen; Schutz da hin geltend zu machen, daß 1) gesetzliche Bestimmungen zur Regelung der Verussverhältnisse im Anschluß an die Ge werbeordnung oder das Handelsgesetz getroffen werden, 2) die Gewerbegerickste oder Kaufinannsgerickste und 3) das Unsallversicherungsgesetz auf die Bureauangestellten ausge dehnt werden." — Der langjährige preußische Landtagsabgeordnete Stadtrat Schlabitz ist an; 7. d. M. in Bad Johnsdorf ge storben. — Der preußische Landtagsabgeorduete Wilhelm Geyr (Zentrum), der den Wahlbezirk 4 Köln (Siegkreis, Mühl heim, Wippenfurth) vertrat, ist gestorben. — Die „Hamb. Nachr." melden aus Käme;;;;;: Die Mitglieder der parlamentarischen Studienreise sind am Freitag wohlbehalten in der Militärstalion Jabass; am Wuri eingetrofs^;. — Die Anteilnahme unseres Kaisers an der Herbei- führuug des Friedens ist der sozialdemokratischen Presse nicht bequem; bekanntlich hat Präsident Roosevelt in seiner Antwort ans den Glückwunsch Kaiser Wilhelms mit den wärmsten Worten dieses Anteils gedacht. Je tendenziöser die sozialdemokratische Presse diesen Sachverhalt entstellte, je geflissentlicher sie den Anschein erweckte, als ob der Kaiser, zuletzt persönlich bet der Zweikaiserbegegnung von Vjörkö, den Zaren zur Fortsetzung des Krieges habe bestimmen wollen, umsomehr war eS nun eine Pflicht elementaren Anstandes, den Wortlaut der Antwort Roose- Veits den sozialdemokratischen Lesern nicht vorzuenthalten. Aber weder der Vorwärts noch die Münchner Post haben, soweit wir sehen, diesen Wahrheitsmut und dieses Anstands gefühl gehabt; die Antwort des Präsidenten Roosevelt wurde von ihnen einfach unterschlagen. Und der Vorwärts hat noch den traurigen Mut, sich mit dieser indirekten Fälschung der öffentlichen Meinung zu brüsten; er nennt die Antwort NooseveltS eine Höflichkeitkbezeuaung, die keine politische Bedeutung habe, während alle Welt weiß, daß dieses Telegramm volle politische Bedeutung hat. — Die Unruhen iu Kamerun nehmen an Ausdehnung zu und sind jetzt im Gebiet der Südkamerungcsellschaft ausgetreten. Leben von Europäern sind infolge der Auf standsverhältnisse nicht zu beklagen gewesen, dagegen sind zahlreiche Neger, die ii; Diensten der Gesellschaft standen, getötet und gefressen worden, denn die Aufständischen haben den Angestellten der Gesellschaft verschiedentlich als Beweis die ausgekochten Köpfe und Füße gebracht. Die Gesellschaft Südkamerun ist der Ansicht, daß unter den herrschenden Verhältnissen — Unruhen am Ujong, im Süden Mitzhelligkeiten mit den Franzosen — eine Ver- stärkung der Polizeitruppenmacht um wenigstens 500 Mann erforderlich sei; sie hat einen dahingehenden Antrag an das auswärtige Amt gerichtet." Natürlich das alte Lied! Das Reick soll die Kosten zahlen, derweil die Gesell schaften allen Vorteil für sich allein haben! Nein, erst ziehe man solche Gesellschaften tüchtig heran, sonst haben diese gar kein Interesse an der Aufrechterhaltung des Friedens! — Ein Witz der Afrikafahrer. Es muß auf der Kameruufahrt der 7 ReichStagSabgeordneteu recht trostlos hergehen, denn die Herren sind sehr anspruchslos an Geist für gute Witze geworden. Der nationalliberale Abgeordnete Hagemann schreibt Reisebriefe für die Nat. Ztg. und in einem derselben findet sich auch folgende Stelle: „Am nächsten Tage kamen wir gegen Mittag in die Höhe von Brest, und damit aus den; Kanal in den Atlantischen Ozean. Die Farbe des Meeres wurde allmählich ein sattes Ultramarin blau. und naturgemäß fiel angesichts der allgemeinen Be wunderung über die prachtvolle Färbung des Meeres aus der Mitte der Parlamentarier das erlösende Wort: „Ultramarin ist doch schöner als Ultramontan." Aul Dieser Ausspruch soll gar ein „erlösendes Wort" gewesen sein. Sonst geht e» auf Seefahrten recht heiter und vergnügt zu; hier scheint sich «ine Ausnahme zu vollziehen. Aber jedenfalls müssen die Schwärmer für Ultramarin damit rechnen, daß gerade in Kolonial- Politik „ultramontan" schwarz geworden ist, weil das Zentrum den Ausschlag gibt, und das ist sehr gut für die Kolonien wie für das Vaterland, weil daS UUramarin sich gar leicht als ein schwindelhaftes ..Berliner Blau" Herausstellen könnte. — Der Parteitag der Deutschsozialen tagt vom 7. bis 9. Oktober in Leipzig. In der großen öffentlichen Versamm- lung an; 9. d. M. im Zentraltheater wird Reichstagsubge ordneter Liebermann von Sonnenberg über: Das Ausländertum im Deutschen Reiche, und Reichstags- abgeordneter Fr. Naab über: Warum und wie ;nuß sich der Mittelstand auch politisch organisieren? sprechen. — Die Freisinnige Volkspartei hält ihren Parteitag vom 22. bis 26. September in Wiesbaden ab. — Zur Choleragefahr. Nach amtlicher Angabe sind vom 6. bis 7. September im preußische;; Staat 15 Er krankungen und 6 Todesfälle cm Cholera neu gemeldet. Die Gesamtzahlen der Erkrankungen und der Todesfälle be tragen bis jetzt 105, bezw. 32. Neue Stromüberwachuugs- stellen sind errichtet in Pogorzelice, Posen, Schrimm und Wronke a. W. — Aus dem Ausland liegt bislang nur eine Meldung der „Metropole" aus Antwerpen vor, wonach die Gesundheitskommission der Schelde wegen der Cholera in Deutschland die Verfügung erlassen hat, daß die Schiffe aus Königsberg und von der Weichsel unter Quarantäne gelegt werden sollen. Rom. — Kardinal Pierstti ist gestern in Rom gestorben. Er war Mitglied des Predigerordens und stand im 70. Lebensjahre. Papst Leo XIII. ernannte ihn 1896 zum Kardinal. — Der Benediktiner-Pater Reymund Netzhammer, Rektor des griechischen Kollegiums in Rom, ist vom Papst zum Erzbisch,f von Rumänien ernannt worden. Italic«. — Ein Erdbeben hat am 8. d. M. Italien heimgesucht. In Stefanaconi sind 100 Personen getötet, in Piscopio 50, in Triparni 60; die genannten Ortschaften sind völlig zer- stört. In San Gregorio werde;; 65 Tote gezählt, in Mileto 11 Tote und 200 Schwerverletzte, in Pizzo 4 Tote und mehrere Verletzte. Das Dorf Zammaro ist fast völlig zer stört, ebenso Zungri und Cessantini, wo die Zahl der Opfer noch nicht feststeht. In den Dörfern Bratico, San Leo, San Costantino, Conidoni, die gleichfalls zerstört sind, verloren 50 Menschen das Leben; auch in Saut Onofrio sind zahl reiche Opfer der Katastrophe. Fast alle Häuser dieser Dör fer, soweit sie noch stehen, drohen mit Einsturz. In den kleinen Städten und Dörfern des Kreises Catanzaro sind, soweit bis jetzt bekannt, 7 Personen getötet und 11 ver wundet worden. Im Kreise Monteleone sind die Ver wüstungen enorm; etlva 50 Insassen des Gefängnisses von Monteleone sind verletzt. In anderen Dörfern des Kreises werden 16 Tote und 250 Verwundete gezählt. Mehrere Dörfer sind zerstört. — Auch aus der Stadt und Provinz Cosenza werden sehr heftige Erschütterungen gemeldet, die bedeutenden Schaden anrichteten. Aus Messina, Syracus und Catania werden ebenfalls heftige Erdbeben gemeldet. Der Minister- Präsident stellte den Präfekten von Catanzero und Cosenza je 20 000 Lire zur Verfügung und ordnete an, daß alle Maßregeln zur Hilfeleistung ergriffen tverden sollen. Der Ministerrat wird sich am nächsten Sonntag mit Maßregeln zu Gunsten der Geschädigten beschäftigen. Dänemark. — Das englische Kanalgcschwader ist gestern Vonnittag 10 Uhr in Kopenhagen eingetroffeu und auf der Außen reede vor Anker gegangen. Spanien. — Eine von der republikanischen Partei veranstaltete Volksversammlung wurde am Freitag abgeyalten, an der etwa 12 000 Personen teilnahmen, darunter Salmeron und die in Madrid ausgestellten Kandidaten für die nächsten Wahlen. Nach Schluß der Versammlung kam eS zu Kund gebungen. wobei die Polizei gegen die Menge verging. Es entstand eine Panik, und in dem Gedränge wurden viele Personen verletzt. Rußland. — Die gemischte Kommission für die Frage der Aus- dehnung und Organisation der Unterstützung mit Lebens- Mitteln der von Mißernte usw. betroffenen Provinzen stellte fest, daß unter dieser Not besonders die Provinzen Saratow, Rjäsan, Ssamara, Pensa, Tambow und Orel, sowie Noro- uesch und Tula zu leiden haben. Nach annähernder Schätzung wird man für die genannten Provinzen ctwa 36'/z Millionen Pud Getreide zu Nah'ungszweckcn und ungefähr 12^/„ Millionen Pud Saatgetreide nötig haben. Für die übrigen Provinzen wird man ungefähr 22 Mill. Pud zu Nahrungszwecken und 3'/z Millionen Pud als Saatgetreide nötig haben. Zum Ankauf dieses Getreides wird der Staatsschatz mehr als 36 Millionen Rubel an- weisen müssen. — Nach in London eingelaufenen Privatberichtcn aus Baku sollen die Aufständischen das Arsenal in die Luft gesprengt haben. — Der Petersburger Berichterstatter, der Times meldet, daß die Petroleum- und Naphta-Industrie im Kaukasus zu gründe gerichtet ist. Die Arbeitslosen werden auf hunderttausend Mann beziffert. — Aus Wie» und Bukarest wird übereinstimmend gemeldet, daß die Unruhen in Kischinew am Montag und Dienstag viel schlimmer waren als offiziell zugegeben wird. Die Volks- menge plünderte und brannte das Eigentum der Juden nieder. — Balachany ist vollständig ausgebrannt. Die Tataren schleppen aller, was nur den geringsten Wert hat, fort. Bibieibat brennt noch. In den Straßen Bakus fallen nachts Schüsse. Die Börse und die Banken sind geschlossen. Die Verluste sind enorm. — Mittwoch nach mittag wurde in Baku der Friede zwischen Armeniern und Tataren auSgerufcn. Durch die Feuersbrünste ist vielfacher Schaden angerichtet worden. Die Bohrgebiete brennen weiter. ^ ^ . Deutsch-Oftafrika. — AuS Ostafrika sin- neue offizielle Meldungen ein getroffen. Nach einem Telegramm des Gouverneurs Grafen Götzen vom 6. d. M. sind die Städte Kilwa und Mohoro nicht mehr bedroht, aber im Hinterland beider Bezirke sind