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MGscheMksreitlmg »LLKW ELSLLL-LS Rntrsi-singiges T<rgs-I<l1t 1—«-- d I »-.11 «»tl^GvaLkLUe Lv ^ ^ Reüameteü SV 4. für Wahrheit, Recht an- Freiheit «r. »,. .»«st««., ra« I, und Sonntag»beilage Feierabenö ickporto d«t.I , betzustlLku.1 Nr. 12V Geschäftsstelle und Redaktion Dresden-A« 16, Holbeinstratze 46 Mittwoch den 27. Mai 1914 Fernsprecher 21366 13. Jahrg Die Mrrnisse ln Albanien Bielleicht beginnen jetzt auch die europäischen Mächte emzusehen, daß sie aus Albanien ein Staatswesen zu schaffen sich bemüht haben, dem zum Bestand und zur gedeihlichen Entwicklung mehr als eine Voraussetzung fehlen. Fürst Wilhelm hat in der kurzen Zeit seines Aufenthaltes auf albanischem Boden sicherlich schon recht lebhaft empfunden, -aß er sich in Albanien in die Nesseln gesetzt hat. An guten Wünschen hat es ihm nicht gemangelt, als er frischen Mutes und sicherlich auch für hohe Dinge begeistert, sich auf Len Weg nach Durazzo begab, aber weder die guten Wünsche noch die hohen Pläne des neuen Fürsten haben die Ent- Wicklung der Dinge aufhalten können, und man darf wohl sagen, daß cs schlimmer gekommen ist, als selbst Schwarz, scher es voraussahen. Auf den epirotischen Aufstand, der noch keineswegs beigelegt ist, ist der große Bauernaufstand gefolgt und gegenwärtig geht in Albanien alles wieder drüber und drunter, wie es früher nicht schlimmer gewesen ist. Zwar schien es einen Augenblick, als ob der Fürst sich den Schwierigkeiten und Gesährnissen der Lage gewachsen zeige; die Beseitigung Essad Paschas schien diese Annahme wenigstens zu rechtfertigen. Allerdings wird behauptet, daß dieser kühne Handstreich mehr auf das Konto des gerade augenblicklich in Durazzo weilenden Berliner Poli- zeipräsidenten 6. Jagow, eines Freundes des Fürsten, zu sehen sei; trifft dies zu, dann ist es zu bedauern, daß der wagemutige Polizeipräsident seinen Freund nicht davon hat zurückhalten können, mit seiner Familie auf ein italic- nisches Kriegsschiff zu flüchten, als nicht mehr weit von Durazzo die Flinten und Kanonen der Aufständischen los gingen. Der Fürst hat inzwischen Wohl eingesehen, daß er mit seiner voreiligen Flucht nicht klug gehandelt hat, denn er ist bekanntlich mitsamt seiner Familie wieder in den Konak zurückgekehrt. Wer nicht nur wir Deutschen hätten es lieber gesehen, daß ein ehemaliger preußischer Offizier auch in kritischer Stunde auf seinem Posten ausgeharrt hätte, wir glauben auch, daß die Albanier bei ihrem Für- sten eher alles andere vermissen könnten, als persönliche Tapferkeit. Es mag ja sein, daß den Fürsten nur die Sorge um Frau und Kinder bewogen hat, das gefährdete Stadt- gebiet zu verlassen, aber der Schein spricht gegen ihn und man kann nur wünschen, daß die unüberlegte Flucht die Lage des Fürsten in Albanien nicht' noch mehr erschweren wird. Der inneren Schwierigkeiten Albaniens sind mehr als genug, als daß dieselben durch Ungeschicklichkeiten und taktische Fehler noch vermehrt werden dürften. Albanien krankt vor allem an der Einrichtung der Feudalherren, die nunmehr auch den Bauernaufstand hervorgernfen hat. Man kann es verstehen, daß die Bauern, die jahrhunderte lang fast in Leibeigenschaft gelebt haben, von der Schaf fung des neuen albanischen Staatswcsens Freiheit und Selbständigkeit erwarteten und nunmehr enttäuscht sind, daß noch immer die Feudalherren über sie herrschen und sie noch nichts von den Segnungen des neuen Regimes verspüren. Seit mehr als fünf Jahren lebt Albanien fast andauernd im Kriegszustand, kämpft es um seine Unab hängigkeit, da ist es selbstverständlich, daß auch Um wälzungen in dem Lande sich vollzogen haben. Die Bauern, die sich zu einem Bunde zusammengeschlossen haben und jetzt vor den Toren Durazzos stehen, verlangen Befreiung von der Abhändigkeit von den Grundherren und sind es leid, Zeit ihres Lebens wie Sklaven für die Feudalherren sich abzumühen. Ein fast noch gefährlicherer Feind für das junge Staatswefen ist aber Wohl das mangelnde Staats- empfinden der Albanier. Sie sind nicht daran gewöhnt, höheren Staatszwecken sich unterzuordnen, sie haben nicht das Gefühl der Notwendigkeit, daß Eigen- und Sonder interessen den Interessen der Allgemeinheit sich fügen müssen, sie kannten bisher nur das Näuberhauptmanns- systcm. wie es in Essad Pascha seinen würdigen Vertreter findet. Eine nicht zu unterschätzende Schwierigkeit für die Entwicklung Albaniens besteht auch in den tiefgreifenden religiösen Gegensätzen, die die Bevölkerung zerreißen und in feindliche Lager spalten. Ob cs dem Fürsten Wilhelm und seinem Vertrauten gelingen wird, der Schwierigkeiten Herr zu werden, scheint heute fraglicher denn je. Immer notwendiger scheint aber ein Eingreifen der Mächte zu werden, die Albanien geschaffen und für seinen Bestand sich eingesetzt haben; ohne Geld und ohne Soldaten ver mag auch der beste Fürst in einem sich in Aufruhr befind- lichen Lande etwas auszurichten. Schließlich darf man wohl sagen, daß die Wirren auch einen religiösen Hintergrund haben. Im gebirgigen Norden wohnen die, katholischen Miriditen und Malissoren, die in ihrem Unabhängigkeitsdrange der Tür- kei so viel zu schaffen gaben. In den Ebenen Mittel- albaniens dagegen hatte sich die mohammedanische Herrschaft durchgesetzt. Dort ist daher die Bevölkerung muselmanisch, aber der fruchtbare Boden gehört trotzdem nicht ihr, sondern wenigen herrschenden Familien. Von diesen Bei-Familien — es sind eigentlich nur fünf, denen fast ganz Mittelalbanien zu eigen ist — sind die Top- tanis die reichsten. Essad ist Chef dieses mächtigen Clans. Im Süden des Landes macht sich der griechische Ein fluß bemerkbar und die Bevölkerung ist dort meist orthodox. Essad hatte seit jeher nur eine Idee verfolgt: sich zum Herrscher Albaniens aufzusck-wingen. Als er sah, daß er diesen Plan nicht durchsetzte, hat er die panislami tische Bewegung angefacht, die ihre Spitze natürlich gegen den christlichen Fürsten kehrt; hierbei dürfte Essad auch von Konstantinopel unterstützt worden sein. Vorläufig ist noch nicht abzusehen, wie Fürst Wilhelm die religiös-nationalen und die wirtschaftlichen Gegensätze ordnen kann. Deutsches Reich Dresden, den 27. Mat 1914 -s- Verschiedene« Mitglieder der Zweiten Kammer sind anläßlich des Geburtstages des Königs Titel- und Ordens- auszeichnungen verliehen worden. U. a. haben erhalten: Präsident Dr. Vogel den Titel als Geheimer Hofrat, zweiter Vizepräsident Bär den Kommerzienratstitel. Sekre tär Dr. Schanz das Ritterkreuz 1. Klasse des Albrechts- ordenS, Abg. Dr. Hähne! den Titel als Geheimer Rat, Abg. Opitz das Komturkreuz 1. Klasse desAlbrechtsordenS, Abg. Hettner das Osfizisrskreuz des Albrechtsordens und Abg. Günther das Ritterkreuz 1. Klasse des Albrechts ordens mit der Krone. '-s-' Die „Fürstlich Neuß-Geraer Zeitung" kritisiert in ihrer Nr. 119 ein „Eingesandt" unseres Blattes, das die 600jährige Stadtrechtsfeier in Crimmitschau betrifft und im Anschluß an eine phantasievolle Darstellung des Crim- mitschauer „Laurentius-Jahrmarktes 1470 mit besonderenr Ablaß" den Festausschuß in liebevoller und ruhiger Weise vor Taktlosigkeiten warnt, die bei Feiern, deren Bedeutung ins Mittelalter zurückrcichen, leicht gemacht werden können. Das „Eingesandt" sprach die Ueberzeugung aus, daß der Festausschuß die katholische Vergangenheit von Crim mitschau, die Ueberzeugung der ungefähr 1000 jetzt in der Stadt lebenden Katholiken, sowie den Glauben des beim Feste erscheinenden Landesherrn achten wird. Was ant wortet das Geraer Hilfsorgan des Evangelischen Bundes auf diese sachlichen und wohlmeinenden Worte? Es setzt ein Fragezeichen hinter den Hinweis auf den Landcsherrn und brummt wie ein unerzogener Knabe: „Ob das wirklich Erfolg hat? Man ist im protestantischen Sachsen! Da wird doch Wohl noch die geschichtliche Wahrheit, daß Ablaßhandel getrieben worden ist, bildlich dargestellt werden dürfen, zu mal wenn cs sich um das Fünfhnndertjahrfest einer Stadt handelt." Ob die „Fürstl. Neuß-Geraer Zeitg." der histo rischen Vergangenheit der katholischen Kirche gerecht zu werden imstande ist, darf bezweifelt werden, da sie cs nicht einmal fertig bringt, der katholischen Gemeinde in Gera gegenüber objektiv zu sein, wie es übrigens bei einem Schleppenträger des Evangelischen Bundes nicht anders zu erwarten ist. — Was geht uns die katholische Vergangen heit von Crimmitschau an, was kümmert uns die Nclicston des Königs, was schert uns der Glaube der 1000 jetzt in Crimmitschau lebenden Katholiken: „Man ist im pro- testantischen Sachsen." Das ist ohne Frage die tiefste Meinung der „Fürstl. Neuß-Geraer Zeitg.". Wenn diese bündlerisch angehauchte, keineswegs fürstlich gebildete und gesinnte Presse cs dem Einsender des erwähnten Ar tikels unseres Blattes übel nimmt, daß er „gröbstes Ge- schütz" aufzufahren habe, so glauben wir sagen zu können, daß er sich der „Fürstl. Neuß-Geraer Zeitg." gegenüber höchst wahrscheinlich vor diesem „Fehler" bewahrt hätte nach dem bekannten Grundsätze, auf gewisse Lebewesen nicht mit Kanonen zu schießen. — Zur Wahl in Osierburg-Stendal schreibt die Kreuz- zeitung, das führende konservative Organ: Es hatte wohl niemand weder auf liberaler noch auf konservativer Seite angenommen, daß die Mehrheit für Herrn Wachhorst de Wente rund 2600 Stimmen betragen würde. Das beweist, daß weite Kreise getäuscht worden sind durch das Verhalten der Sozialdemokratie bei dieser Wahl. Das Ergebnis der Stichwahl zeigt nämlich deutlich, daß die Sozialdemokratie bei der Hauptwahl in ganz erheblicher Weise mit „ge- dämpften Trommelschlag" gearbeitet hat. Große sozial- demokratische Wählerschichten haben sich offenbar an der Haupiwahl nicht beteiligt, weil sie eine „falsche" Stichwahl vermeiden wollten. Nur so ist der bedeutende Stimmen zuwachs zu erklären, den in der Stichwahl Herr Wachhorst de Wente noch über die nationalliberalen und sozialdemo kratischen Stimmen der Hauptwahl hinaus in allen Städten und Jndustrieorten erhalten hat. In keinem Wahlkreise hat die ausgeschiedene Sozialdemokratie agitiert, wie in Osierburg-Stendal. Angesichts solcher Erscheinungen drängt sich der Verdacht auf, zwischen Borna-Pegau und Oslerburg. Stendal könne ein geheimes Abkommen bestanden haben. Borna solle rot werden, Osierburg-Stendal liberal» Vor den rund 16 000 Stimmen, die der Präsident des Bauern bundes erhielt, sind sicher über die Hälfte von Sozial demokraten abgegeben worden. — Nochmals die Demonstration der Genossen beim Kaiserhoch. Die „Nordd. Allgem. Zeitg." bringt folgenden politischen Tagesbericht: „In unseren letzten Rückblicken haben wir uns auch mit dem skandalösen Verhalten der So zialdemokratie beim Reichstagsschluß beschäftigt und die Hoffnung ausgesprochen, daß die bürgerlichen Parteien die Aufgabe, dem Kaiser im Hause des Reichstages die gebüh rende Achtung zu sichern, mit fester Hand in Angriff neh men werden. Das „Verl. Tagebl." will in diesem Hinweis eine Kompetenzüberschreitung sehen. Da hat das Blatt sich wohl im Ausdruck vergriffen. Die Parteipresse würde, sich mit Recht dagegen verwahren, wollte man ihr die Zustän digkeit zur Erörterung öffentlicher Vorgänge absprechen. Sie macht dabei nur von einem allgemein der Presse zu stehenden Rechte Gebrauch, daß auch wir für uns in An spruch nehmen. So liegen doch die Dinge nicht, daß d»e Kritik der Presse vor der Schwelle des Reichstages Halt machen, oder daß sich ein der Negierung nahestehendes Blatt über parlamentarische Vorgänge Schweigen auserlegen müßte. Oder will man in unserem Hinweis auf das Ver- halten der sozialdemokratischen Fraktion beim Kaiscrhoch eine Einmischung der Negierung in eine „innere Ange legenheit" der Volksvertretung erblicken? Hierzu wäre zu bemerken, daß die Wirkung einer antimonarchischen Demon stration im Reichstage nicht an den Wänden des Sitzungs saales endigt und nach dein Willen der Urheber da auch nicht endigen sollte. Die Sozialdemokratie arbeitet voi der breitesten Oeffentlichkeit, und dort muß ihr auch ent- gegengetreten werden. Bei der Wahrung des Ansehens un serer monarchischen Institutionen gehören Negierung und Reichstag zusammen. Einen Streit um die Kompetenz sollte es da nicht geben. Im übrigen haben wir gerade die Hoffnung ausgesprochen, daß die bürgerlichen Parteien sich der Sache annehmen würden; ihre Erledigung als „innere Angelegenheit" der Volksvertretung ist ein möglicher, uns willkommener Weg." — Der nationalliberale Abg. Dr. Quarck, Vertreter des Wahlkreises Sachssn-Koburg-Gotha, bat sein Reichstags- Mandat niedcrgelegt, so daß nunmehr die Ersahwähl aus geschrieben werden kann, die neck, lni Juni stattfi iden toll. — Dr. Wilhelm Berning erwählter Bischof von Osna brück. Das Bistum Osnabrück hat einen neuen Oberhnien erhalten an Stelle des verewigten Bischofs HnbertuZ Doß. Vom Domkapitel der altehrwürdigen OSnabrücker Käthe- dralc wurde der Neligions- und Oberlehrer Tr. Hermann Wilhelm Berning in Meppen zum Bischof von Osnabrück gewählt. Ter nengewählte Bischof ist ein Solm der Diözese Osnabrück; er ist am 20. März 1877 als Sohn des Tischler meisters Berning in Lingen im Emslande geboren. Nach dem er das Gymnasium seiner Vaterstadt besticht batte, wid mete er sich zunächst an der damaligen Akademie in Münster dem Studium der Theologie und der orientalischen Spra chen. Seine theologischen Studien setzte er dann in Bros- lau fort, kehrte aber wieder an die Akademie Münster zu rück, wo er später, am 14. März 1901, zum Doktor der Theo logie und zwar mit dem Prädikat „summa cum laude" pro movierte. Zu Ostern 1889 bezog Dr. Berning das Osua- brücker Priesterscminar und empfing aus der Hand des hochseligcn Bischofs Hubertus Voß die heilige Priester weihe. Seine erste Anstellung erhielt er als Präzeptor des Gymnasialkonviktes in Osnabrück, sowie als Neligionslehrer am dortigen Realgymnasium. Nachdem er in Münster das dortige Obcrlehrcreramen bestanden hatte, wurde er im Jahre 1901 als Neligions- und Oberlehrer am Gymnasium in Meppen angestellt. In der Gymnasialkirche, deren Net- tor er seit 1907 war, war er ein wirkungsvoller, gern ge- härter Prediger. Sein Interesse für soziale Fragen konnte er in reichem Maße betätigen. Der nengewählte Bischof Wilhelm Berning steht erst im 37. Lebensjahre. Bereits Montag nachmittag war der vom Kaiser znm Wählton,- missar ernannte O b e r p r ä sidenk D r. v. W e n tz e I in Osnabrück eingetrosfen. In der Begleitung des Wahl- koinmissars befanden sich die Herren Regierungspräsident Dr. Kriege und NegiernngSrat Dr. Hüttenheim. Avends von 6 bis 7 Uhr ertönte vom Dome und allen übrigen ka tholischen Kirchen der Stadt feierliches Geläute, ebenso am Dienstag morgen von 0 bis 7 Uhr. Am Dienstag veriam- melte sich die Geistlichkeit der Stadt morgens um l zg Uhr mitten Alumnen des Priesterseminars und den Cboralisten in Talar und Nochett auf dem hoben Ehore des Dom-'s Die katholischen Vereine stellten sich zur gleichen Zeit mit ihren Fahnen im Mittelschiff der Kirche auf. Kurz vor 0 Uhr wurde der Königliche Wahlbcvollmächtigte am west- lichen Lomportale vom Domkapitel, dem Apostolischen No tar und den Wahlzengen empfangen und mit den beiden obengenannten Herren, die als Rat bezw. Sekretär sumste- ren, auf das Chor geführt. Daun begann die feierliche