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Die „Mtendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich 1 Mark. Durch die Post bezogen ;,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme »»n Inseraten bi, vormittag ;a Uhr. Inserate werden mit is Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Nr. 98. Sonntag, den 16. August 1903. 2. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Dttcndorf-Vkrilla, <5. August 1903. cw Am heutigen Vormittag stürzten zwei sich balgende Knaben in die Röder und zog sich einer derselben durch Ausschlagen an einen Stein eine heftig blutende Kopfwunde zu. Am gestrigen Abend verunglückte ein Motorradfahrer auf der Straße nach Seifers dorf, indem derselbe durch Stürzen am Rade eine Kurbel verbog, welche erst nach längerer Dauer wieder betriebsfähig gemacht werden konnte. "ss Von Seiten des hiesigen Pfarramts wird auf die im vorstehenden Blatte abgedruckten Kirchennachrichten noch besonders aufmerksam gemacht, indem am morgenden Sonntag die 2. Kommunion der vorigen Ostern Neukonfir mierten stattfindet, und eine Kollekte für die christlichen Werke im gelobten Lande abgehalten werden soll. Der Zutritt zu der heiligen Abendmahlsfeier morgen steht den Gemeinde- Mitgliedern überhaupt frei H Der vorige Sonntag, der S. August, Kat unserem Ort und besonders dem hiesigen Militär verein einen hohen Festtag gebracht, als Tag der Weihe der vom Militärverein, an Stelle der unscheinbar gewordenen alten, beschafften neuen Vereinsfahne, welche in meisterhafter Weise aus der Fahnenfabrik des Fräulein Fitzau in Dresden hervorgegangen ist. Nachdem schon am Sonnabend abends sich eine kleinere Anzahl Vcreinsmitglieder in Gemeinschaft mit Gästen zu einer Vor- und Königsgeburtstags- feier im Gasthof zum Hirsch vereinigt hatten, wurde in der Sonntagsfrühe der Ort durch eine Reveille vom Anbruch des Festtages in Kenntnis gesetzt. Seine wahre und schönste Weihe erhielt der ganze Tag aber durch eine feierliche Kirchenparade des gesamten Militär vereins, bei der die alte Fahne ihren letzten ehrenvollen Dienst versah. Auch äußerlich war viel geschehen, um diesen Ehrentag zu einem recht weihevollen Fest zu gestalten, indem zahl reiche schöne Ehrenpforten errichtet waren, und der Ort im Schmucke der Fahnen und grünen Gewinde prangte. Nach einer vor dem Gast hof zum Roß in Ottendorf von der Radeburger Kapelle gespielten Platzmusik, fand von 11 Uhr an der Empfang der eintreffenden Vereine statt. Es war eine überaus stattliche Anzahl, die sich allmählich einfand, nämlich 46 Vereine mit Vorreitern (Rhänitz) und über 80 Pferden. Doch war allerseits für Unterkommen gesorgt, indem der rührige Festausschuß in umsichtiger Weise und mit größter Aufopferung alle Vor bereitungen rechtzeitig getroffen hatte. Gegen halb 2 Uhr nachmittags stellte der imposante Festzug, der leider von der Ungunst der Witter ung beeinträchtigt wurde, indem gerade bei seinem Beginn ein Gewitter losbrach, dessen Regenschauer bis zum Schluß des Festaktus anhielten. Toch war es immerhin möglich, gegen 4 Uhr die Weihehandlung im Freien, im Garten deS Gasthofs zum Hirsch in Groß- okrilla vorzunehmcn. Dieselbe begann mit einem Weihegesang des Gemischten Chores zu Otten dorf, der sich in uneigennützigster Weise um das Gelingen des Festes an seinem Teile Mit verdient gemacht hat. In erhebenden Worten bot der Vereinsvorsteher, Herr Kunath, den Erschienenen, besonders den Ehrengästen und Kameraden von fern und nah ein herzlich freundliches Willkommen. Herr Gemeinde- Vorstand Lincke begrüßte dieselben im Namen der hiesigen Gemeinden. Eingeleitet wurde so dann die Weihehandlung durch einen längeren, von Kamerad Hoffmann (dem Vereinsdichter) gedichteten, von dessen Tochter, Frl. Hoffmann, in sehr ansprechender Weise vorgetragenen Prolog; während die eigentliche Weihehandlung von Kamerad Pfarrer Werner vollzogen wurde. Ausgehend vom Königügeburtstag bezeichnete derselbe in seiner Weihercde auch diesen Tag als einen Geburtstag, da eine neue Fahne tum ersten male zum Licht der Welt erstehen olle. Doch sei es nicht ein Tag, der dem Verein zum ersten male eine Fahne schenke, 'andern vielmehr ein Tag der Erneuerung, der Antwort auf die Frage fordere: „Was sollen wir unter der neuen Fahne erneuern?" Ein dreifaches: Den Treuschwur aller Soldaten, die Gemeinschaft echter Kameraden und das Ge- übde rechter Vereinsgenoffen. Mit poetischen Worten forderte Redner hierauf die Enthüllung der neuen Fahne und weihte diese nunmehr als ein Zeichen unverbrüchliche Treue gegen König und Vaterland, als ein Band echter Kameradschaft und als ein Wahrzeichen zu treuem Festhalten an dem Verein. Während der Weihe präsentierte die Gewehrabteilung. Mit einem Segensgruße forderte der Redner zu einer ersten militärischen Begrüßung der neuen Fahne auf, und ein dreimaliges brausendes Hurra durchdröhnte den Festplatz. Mit feier- ichen, dichterischen Worten verabschiedete Herr Fahnenträger Hofmann die alte Fahne und mit ebensolchen Worten wurde ihm die von 8 Jung rauen getragene neue Fahne von Fräulein Hildegard Werner überreicht, die nun wieder von dem Fahnenträger mit begeistertem Dank, Freude und Gelöbnis entgegengenommen wurde. Herr Postverwalter Hauptmann schmückte da rauf die neue Fahne mit der Kaiser- und Königsschleife, indem er unter Präsentieren der Gewehre ein Hoch und Hurra auf König und Kaiser mit, erhebender Rede ausbrachte. Es folgte die Übergabe eines Fahnennagels Sr. Königl. Hoheit des Kronprinzen Friedrich August von Sachsen durch den Beauftragten des Prä sidiums, Herrn Bluhm. Hierauf Übergabe eines Fahnennagels der Herren Bezirksosfiziere durch Herrn Kamerad Fabrikbes. Schiffl. Die von den Frauen der Vereinsmitglieder gestiftete Trauer schleife für die Fahne wurde mit sinnigen Versen durch Frau Pfarrer Werner übergeben, während Frau Postverwalter Hauptmann die ebenfalls von den Frauen gestiftete Schärpe dem Vereinsvorsteher umhängte, mit un erschrockenem Mute und zarter Anmut in Wort und Tat. Herr Schuldirektor Endler stiftete im Namen des OrtSvereinS, des Lehrerkollegiums, des Gemischten Chores und des Turnvereins Eiche zu Großokrilla einen schönen Fahnenring, die Gemeinden Ottendorf-Moritzdorf ein goldenes und silbernes Ehrenschild für den Fahnenträger, die Feuerwehr einen Fahnennagel, desgl. der Gemcinderat Großokrilla. Herr Bezirksvorsteher Wolfram überreichte eine Liste mit 48 Vereins namen, welche Geschenke gestiftet hatten. Nach dem noch eine lange Reihe von Vereins vorständen mit entsprechendem Motto die Gaben ihrer Vereine überreicht hatten, richtete Herr Schuldirektor Kamerad Endler herzliche schöne Dankesworte an alle, welche als Gäste und Geber und Helfer zum guten Gelingen des Festes beigetragen hatten. Mit einem erheben den Gesang (Dankgebet) des Gemischten Chores unter Musikbegleitung schloß die eigentliche Feier, während ein nachfolgender Festball sowohl in dem Gasthof zum Roß, wie zum Hirsch und im Friedrich Wilhelms-Bad die Festteilnehmer noch lange zusammenhielt. Der Fahne sind insge samt 64 Nagel und ein Ring geschenkt worden. Am Montag nachmittag fand die Fahnennagel ung im Garten des Gasthofs zum Hirsch und abends daselbst noch ein sehr lebhaftes Vereins vergnügen mit Ball statt. Möge die neue F,hue, welche außer dem Sachs. Wappen auch die alte schöne Losung trägt: „Mit Gott für König und Vaterland", auch dem Militärverein zu Ottendorf-Okrilla allezeit eine Mahnung sein, die Treue festzuhalten gegen dem himmlischen und irdischen Herrn und gegen das teure, durch das Blut vieler Kameraden gewahrte und ge einte Vaterland! — An den Kaisermanövern wird auch auf Einladung des Kaisers der General feldmarschall Graf Waldersee teilnehmen. — An den diesjährigen Kaisermanövern in Sachsen nimmt als einzige Vertreterin des Gardekorps die reitende Abteilung des 1. Garde- Feldartillerie-Regiments teil. Die erste Batterie ührt die neuen Rohrrücklaufgeschütze mit, die ;em Kaiser auch im Scharfschießen vorgeführt werden sollen. — Die Erste Kulmbacher Aktien-Export- bierbrauerei setzt, angeregt durch begeisterte Freunde, die ihr neuer Heller Stoff allerorten gefunden, drei Preise in Höhe von 300, 200 und 100 Mark aus für das beste Gedicht auf chr mit größtem Beifall aufgenommenes und lebhaft begehrtes „Wonnebräu". — Der Monat ohne Vollmond. Ein in der Schöpfungsgeschichte seltener Fall wird sich im Jahre 1904 im Februar ereignen, und zwar die Vollmondlosigkeit dieses Monats; die Sache wiederholt sich aller 19 Jahre. So gab es 1847 im Februar keinen Vollmond, dagegen im Januar und März je zwei. Auch in den Jahren 1866 und 1885 trat derselbe Fall ein und «r wird sich 1904 wiederholen. Dresden. Wegen Sittlichkeitsvergehens in der Richtung von H 175 des R.-St.-G-B. wurde kürzlich der Divisionspfarrcr Schönke ver haftet. Schönke ist zur Beobachtung seines Geisteszustandes nach dem Sonnensteine ver bracht morden. — In der Angelegenheit Kitson-Licht-Syndi- kat und Wauer ist eins bemerkenswerte Wend ung eingetreten, indem auf Veranlassung der Mehrheit der Gesellschafter des Syndikats zur Einführung des Kitson-LichteS im Deutschen Reiche mit beschränkter Haftung in Dresden das hiesige Königliche Amtsgericht den bisherigen Geschäftsführer Herrn Gerhard Wauer von seiner Stellung enthoben hat. Wie noch be kannt wird, ist vorgenannte Gesellschaft über schuldet, sodaß eine Konkurseröffnung zu er warten ist. Die als Nachfolgerin des Syndikats gedachte Aktiengesellschaft hat bisher noch nicht die handelsgerichtliche Eintragung erlangen können, sie sollte außer Hingabe von Aktien 180000 M. bar an das Syndikat Kitson-Licht zahlen, hat aber bis heute noch nichts erlegt. — Das 1. Bataillon des hiesigen Grenadier regiments Nr. 101 begab sich gestern mittels Sonderzuges von Klotzsche aus nach Königs brück. Die Abfahrt erfolgte vormittags 8 Ühr 4 Minuten und die Ankunft in Königsbrück kurz vor »/i10 Uhr. Das 2. Bataillon dieses Regiments kehrte gestern nachmittag von Königs brück nach seiner Garnison zurück. Zur Be förderung diente gleichfalls ein Sonderzug. Lauterbach. Aus Liebeskummer stürzte sich ein im hiesigen Schlöffe in Stellung be findliches Dienstmädchen aus einem Fenster des 3. Stockwerks des Schlaffes und war auf der Stelle tot. Mügeln. Im Laufe des heutigen Nach mittags wurden von einer Abteilung Pioniere im Beisein vieler Offiziere ein Hauptgebäude, eine Dampfeffe und ein Nebengebäude der nicht mehr im Betriebe befindlichen chemischen Fabrik gesprengt. Das interessante Schauspiel hatte eine große Menschenmenge herbeigelockt. Wegen des nahen Bahnkörpers mußte mit größter Vorsicht zu Werke gegangen werden, doch ging die Sprengung ohne Unfall von statten. Zaukerode. Den Arbeitern des hiesigen königlichen Steinkohlenwerkes sind von der Direktion Feierschichten angekündigt worden. Die bezügliche Bekanntmachung hat folgenden Wortlaut: „Infolge der seit der Kohlennotszeit in anderen Bergrevieren eingetretenen Über produktion und des dadurch herbeigeführten Überangebots an Kohlen leidet das hiesige Werk an einem außerordentlichen Absatzmangel. In dem Bestreben, die 1899 festgelegten Löhne, die höher sind, als auf andern Werken, auch ferner zu erhalten, müssen wir mit höheren Gewinnungs kosten rechnen. Um nun unsere Kohle nicht zu Schleuderpreisen auf den Markt zu bringen, sicht sich das Werk veranlaßt, mit Genehmig ung des königl. Ministeriums Feierschichten ein zulegen, und zwar am 22. Juli, 5., 12. und 19. August." Nossen. In Niedereula wurde in der Abortgrube eines Gehöftes der Leichnam eines neugeborenen Kindes aufgefunden. Des Kindes mordes verdächtig ist eine 18 jährige Magd, welche in fraglichem Gute gedient hat und sich zur Zeit im hiesigen Krankenhaus befindet. Döbeln. Am Donnerstag früh ist das Wohnhaus des Schloffermeisters Reinicke in der Schießhausstraße völlig niedergebrannt, vom nebenstehenden Hause des Stellmachermeisters Hermann wurde der Dachstuhl zerstört. Die im oberen Stock und im Dachraum wohnenden Familien, von denen eine nicht versichert hat, konnten wenig mehr als das nackte Leben retten. Öderan. Im Jahre 1885 verlor Guts besitzer Spillner im benachbarten Kirchbach beim Dreschen in der Scheune seinen Trauring. Nach 18 Jahren hatte am vergangenen Mittwoch Sillner das Glück, den schmerzlich vermißten Ring beim Eggen wiederzufinden. Der Ring war an einer Eggenzinke hängen geblieben. Frankenberg. Vermißt wird seit Montag abend ein 13 jähriges Schulmädchen von hier namens Wolke, welches sich in Chemnitz bei Bekannten, wohnhaft Brühl 41, aufgehalten hatte und an genanntem Tage abends halb 8 Uhr sich auf den Heimweg nach hier begeben sollte, hier aber nicht eingetroffen ist. Das vermißte Mädchen ist für sein Alter körperlich ziemlich entwickelt. Gr ü na. Ein heftiger Sturm warf hier am Sonntag die etwa 20 Meter hohe Esse der Fabrik von Kemnitzer um. Sie schlug im Niederfallen ein Seitengebäude zusammen. Der Schaden ist bedeutend. Ehrenfriedersdorf. Die Sächsische Bank hat Ehrenfriedersdorf unter ihre Pariplätze aus genommen. Schwarzenberg. In Raschau brannte am Mittwoch nachmittag das Wohnhaus des Kork schneiders Haustein vollständig nieder. Die das Haus bewohnenden fünf Familien, die nicht versichert hatten, haben einen großen Teil ihrer Habe verloren. Das Feuer ist jedenfalls durch ein zweijähriges Kind verursacht worden, das in der Schlafkammer Streichhölzchen vorge- funden und im Bett in Brand gesetzt hat. Zwickau. Der 18jährige Klempnergeselle Drechsel aus Marienthal warf sich am Mitt woch abend vor den von hier nach Werdau verkehrenden Personenzug und wurde sofort ge tötet. Arbeitslosigkeit ist das Motiv der Tat. Reichenbach. Der Verband der organie- sierten Brauereiarbeiter hat wegen Nichtanerkenn ung des von ihm aufgestellten Lohntarifs über vier Brauereien in Marxgrün, Burkersdorf, Mylau und Reichenbach die Sperre verhängt. Auerbach i. V- In der Bleicherei von Müller in Mühlgrün ist der Dampfbottich ex plodiert. Fünf Arbeiter haben furchtbare Brand wunden, Knochenbrüche und Quetschungen er litten. Sie wurden in das Krankenhaus ge schafft. Lengenfeld i. V. Durch Einsturz einer Ecdwand bei den Bahnarbeiten hinter der hie sigen Station wurden zwei Arbeiter verschüttet; der eine wurde als Leiche herausgezogen, der andere ist schwer verletzt. Der Schachtmeister wurde verhaftet. Plauen i. V- Das Verbot der Leichenzüge, wie dies vor noch nicht zu langer Zeit in Gera in Wirksamkeit getreten ist, beschäftigt gegen wärtig auch unsere städtischen maßgebenden Kreise. Es ist hierbei erwogen worden, daß die mitunter langen Leichenzüge für den Verkehr in einer größeren Stadt außerordentlich hemmend wirken. Der Polizei- und Gesundheitsausschuß hat vorgeschlagen, das Verbot der Leichenzüge durch die Straßen der Stadt bereits vom 1. Januar 1904 in Kraft treten zu lassen. Tetschen-Bodenbach. Mittwoch abend sind hier die ersten zwei Obstzillen im heurigen Jahre mit deutsch böhmischem Elbetal-Frühobst für Berlin durchgefahren. Sie gehörten den Obstexporteuren Pechanz in Pschüra bei Tetschen und Lischke in Tetschen. Den ersten Ladungen werden bald viele weitere folgen.