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Ottendorfer Zeitung. Die „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Druck un- Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme »en Inseraten bi, vormittag t» Uhr. Inserate werden mit w Pf. (für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 134. Sonntag, den 8. November 1903. 2. Jahrgang. Oertlirhes und Sächsisches. Vttendorf-Dkrilla, 7. November 190.3 — Der Bezirksausschuß der Königlichen AmtShauplmannschaft Dresden - Neustadt hielt am 6. d. M. unter dem Vorsitze des Herrn Amtühauptmann Geheimen Regierungsrat von CrauShaar die 21. diesjährige Sitzung ab. Zu der Dismembration des Grundstücks Blatt 340 des Grundbuchs für Ottendorf wurde Dispen sation von der entgegenstehenden Bestimmung in § 3 des Gesetzes, die Teilbarkeit des Grund eigentums betreffend, erteilt. — Herbstnebel sind jetzt eine recht häufige Erscheinung. Sie können als die Schatten be zeichnet werden, welche der herannahende Winter vorausschickt, und der Landmann achtet in manchen Gegenden genau auf sie, weil er meint, mit Hilfe des Nebels auf die Wettererschein ungen des Winters schließen zu können. „Je häufiger und stärker die Herbstnebel, um so häufiger und stärker der Winterschnee", sagt er, und doch läßt sich an der Hand der Er fahrung und der Statistik nachweisen, daß diese Annahme durchaus nicht gerechtfertigt ist. Die prophetische Bedeutung des Nebels mag wohl darin ihre Ursache haben, daß er in seinen verschiedenen Erscheinungen recht eindringlich auf das menschliche Gemüt einwirkt. Wenn die weißen Morgen- und Abendnebel wallen und weben und sich gespensterhaft aus den Tälern zwischen unseren bewaldeten Hügeln er heben, dann erblickt in ihnen die schaffende Phantasie die mannigfaltigsten Gestalten. Und wenn der Nebel in schweren Massen emporsteigt und die Straßen so dicht erfüllt, daß man kaum einige Schritte weit sehen kann und die Gasglühlampen unserer Straßenbeleuchtung nur auf wenige Meter im Umkreise die trübe Atmosphäre zu durchdringen vermögen, so ruft der Nebel oft beengende, beängstigende Gefühle hervor. Aber die Ursache ist einzig und allein in der kühleren Temperatur der Erdoberfläche gegenüber der wärmeren mit Feuchtigkeit ge sättigten Luft zu suchen. Dringen die goldenen Strahlen der siegenden Sonne wieder auf die Erde hernieder, so verschwindet das Phänomen und die winzigen Tröpfchen lösen sich spurlos in die Luft auf. Nichts aber berechtigt dazu, eine in Wechselbeziehung eintretende Temperatur- Verschiedenheit der Erde nnd der Luft in ur sächlichen Zusammenhang mit späteren Schnee fällen zu bringen. Langebrück. Der hiesige Männergesang verein feiert nächstenzSonntag und Montag das Jubiläum seines 25 jährigen Bestehens. Am Sonntag findet nachmittags 5 Uhr ein Fest- aktuS statt, wobei Herr Pfarrer Schubert die Festrede häl'. Am Montag beginnt abends 6 Uhr die Festlafel, an die sich ein Ball schließen wird. Dresden. In dem Wichkommando des Schlaffes Pillnitz ist in einer der letzten Nächte beim Kantinenverwalter ein schwerer Einbruchs diebstahl verübt worden. Dem oder den Dieben soll eine reiche Beute in die Hände gefallen sein. Man spricht von einer größeren Summe Geldes. — In der Vorstadt Strehlen wurde gestern vormittag ein hiesiger Privatbeamter mit durch schnittener Halsschlagader tot vorgefunden und behördlich aufgehoben. — Die Pflege des Heimatgefühls hat sich die Landsmannschaft der Erzgebirger und Vogt länder in Dresden als höchste Aufgabe gestellt, und der groge Kreis, der sich bei ihren Ver anstaltungen zusammenfindet, zeigt, wie lebhaft dieses Gefühl auch hier in Dresden empfunden wird. Am Donnerstag fand im Keglerheim das diesjährige Stiftungsfest der vereinigten Landsmannschaften statt. Gegen 400 Personen hatten sich zu der Feier in dem schönen Saal eingefunden. — Zwei Alarme riesen die Feuerwehr Donnerstag abend in der 7. Stunde nach den Grundstücken Rosenstraße 7l und Blasewitzer Straße 9. Durch die Hitze einer Küchen feuerung waren am ersten Ort Holzteile einer Wand in Brand geraten, während der Grund der zweiten Alarmierung wieder eine Spiritus glühlichtlampe war, die völlig in Flammen stand. Die Gefahr konnte bald beseitigt werden. Bühlau. Verschwunden ist seit vorigen Dienstag der neunjährige Sohn des hiesigen Tischlermeisters Hickmann. Der Knabe ist wie gewöhnlich am Morgen zur Schule gegangen und bis heute noch nicht zurückgekehrt. Am Abend desselben Tages soll er mit dem Schul ranzen noch in Neubühlau gesehen worden sein. Pillnitz. Der Maurerlehrling Max Garten aus Niedersteina hat am Dienstag Nachmittag nach stattgefundener Sektion der Leiche der Magd Schnelinska bei der Vernehmung durch den königl. Staatsanwalt Dr. Hennicker aus Bautzen eingestanden, die Schnelinska von hinten gepackt und vorsätzlich in den Teich gestoßen zu haben. Schmorkau. Vergangenen Montag wurde nach fünfmonatlicher sorgfältiger äußerer und innerer Erneuerung, ausgeführt unter Ober leitung des Architekten Kandler in Dresden, die hiesige Kirche neu geweiht. Weiherede und Predigt hielt der Ortspfarrer Ruß. Pulsnitz. Donnerstag und Freitag nahmen 15 Offiziere, welche einen Uebungsritt unter nahmen, in unserer Stadt Quartier. Der Leiter dieses Uebungsrittes war Se. Königliche Hoheit Prinz Johann Georg. Kamenz. Im benachbarten Schiedel fiel das zweijährige Kind des Gutsbesitzers Sch. in einen Waffertümpel und ertrank. Ostrau i. Sa- Wie berichtet, hat der Trichinenschauer und frühere Friseur Illgen in Roßwein von einem früheren Gehilfen fünf Mark zugeschickt erhalten zur Entschädigung für kleine Unterschlagungen, die der reuige Gehilfe einst zehnpfennigweise sich hat zu schulden kommen lasten. Einen ganz ähnlichen Brief mit 100 Mark Inhalt hat auch der hiesige Friseur Heinemann aus Berlin erhalten. Wahr scheinlich haben beide Gehilfen, die sich in Berlin kennen lernten, zur Erleichterung ihres Gewissens sich gegenseitig unterstützt. Zittau. Wegen Verbrechens gegen das keimende Leben sind dieser Tage drei in einer Spinnerei arbeitende böhmische Frauen verhaftet worden. Weitere Verhaftungen wegen gleicher Straftaten stehen bevor. Die Frauen haben sich bei ihrem strafbaren verwerflichen Beginnen der Hilfe eines Fabrikarbeiters Lange in Christiansau in Böhmen bedient. Dieser, seit kurzem ebenfalls in Haft befindlich, leistete schon seit bald zwanzig Jahren Frauen und Mädchen, die aus allen Bevölkerungsschichten zu ihm kamen, verbrecherische Hilfe und ward dadurch zum vermögenden Manne. In den benachbarten nordböhmischen Grenzorten sind bereits eine ganze Anzahl Vernehmungen und auch Ver haftungen kompromittierter Frauen und Mädchen erfolgt. Oschatz. Die Eröffnung des neugebauten Schlachtviehhofes soll neueren Bestimmungen zufolge am 1. Dezember stattfinden. Zum Direktor wurde der Stadttierarzt Arnold gewählt. Leipzig. Der Stadtrat von Treuen i. V. hatte gegen den verantwortlichen Redakteur Seger von der hiesigen „Volksztg." eine Be leidigungsklage angestrengt, die mit der Ver urteilung des Angeklagten zu 20 Mk. Geldstrafe endete, obwohl der Vertreter der Anklage eine empfindliche Freiheitsstrafe ausgesprochen wissen wollte. Es handelte sich um die „Düfte", welche der inmitten der Stadt liegenden Märkerschen Ledertuchfabrik entsteigen; da alle Mittel versagten, um die Fabrik an die Peripherie TreuenS zu drängen, so ordnete der Stadtrat an, daß während der Arbeitszeit die Fenster und Türen der Fabrik nicht geöffnet werden dürften, sodaß die Arbeiter den vollen Genuß der Stinkluft hatten. Das hatte Seger als eine Lösung der Frage „st la Schilda" be zeichnet. Der Staatsanwalt legte gegen das schöffengerichtliche Urteil Berufung ein und er zielte die Erhöhung der Strafe auf — 60 Mark! Seifhennersdorf. Der hiesige Spediteur Lorenz beabsichtigt von der Bautzner Waggon fabrik zwei elektrische Personen-Motorwagen zu erwerben und diese viermal täglich auf der Hauptstraße von Großschönau, Warnsdorf, Seif hennersdorf nach Rumberg verkehren zu lassen. Jedes Vieser Automobile, tie sehr elegant ge baut sind, bietet Raum für 16 Personen. Frankenberg. In Garnsdorf ist infolge schlechter Wasserverhältnisse in einem neuerbauten Hause der Typhus ausgebrochen. Bis jetzt sind neun Personen erkrankt. Chemnitz. Der sozialdemokratische Reichs tagsabgeordnete für den 22. sächsischen Wahl kreis, Zigarrenfabrikant Franz Hofmann, ist gestern abend hier infolge eines Schlaganfalles plötzlich gestorben. Hofmann stand seit 1880 in der politischen Bewegung und wurde am 12. Oktober 1886 aus dem Bannbezirk Leipzig ausgewiesen. Mitglied des deutschen Reichs tages ist der Verstorbene seit 1892 gewesen und von 1894 bis 1900 gehörte er auch der sächsischen Zweiten Ständekammer als Mit glied an. Schlettau. Ein im 14. Lebensjahre stehender Konfirmand versuchte sich im Hofraum der elterlichen Behausung an einem Seile emporzuziehen, wobei er derart herabfiel, daß er bewußtlos vom Platze getragen werden mußte und an einer Gehirnerschütterung verstarb. Crimmitschau. Zur Unterstützung unserer Schutzmannschaft ist gestern ein Gendarmerie- Kommando in Stärke von 20 Mann hier eingerückt und ihm als Standquartier die alte Realschule eingeräumt worden. Zwickau. Die Königliche Kreishauptmann schaft hier hat dem Briefträger Eduard Schiller in Untertriebel 30 Mark Belohnung gewährt, weil er am 2. August dieses Jahres mit Mut und Entschlossenheit zwei Menschen vom Tode des Ertrinkens gerettet hat- Neudorf bei Oberwiesenthal. Die Kutschers ehefrau Schmiedel hierselbst hat am Mittwoch abend ihre beiden Kinder im Alter von etwa zwei und acht Jahren durch Erdrosseln getötet. Der auf Arbeit befindliche Gatte der Kindes mörderin fand am Abend bei seiner Rückkehr die Wohnung leer. Er entdeckte später die Kinderleichen in einen Wagen verpackt im Schuppen. Die sofort nach der Mutter an gestellten Erörterungen waren bisher ohne Erfolg. Offenbar hat die Kindesmörderin die Tat in einem Augenblicke geistiger Umnachtung begangen und hierauf an einem abgeschiedenen Platze im Walde Hand auch an ihr Leben gelegt. Buchholz. Die Kindesmörderin Frau ver ehelichte Schmiedel aus Neudorf (sie hatte ihre beiden Kinder erdrosselt) ist noch am Donners tag abend lebend aufgefunden worden. Sie hatte sich bei ihrem ebenfalls in Neudorf wohnenden Verwandten im Heu versteckt. Die Täterin wurde in Polizeigewahrsam genommen. Heute erfolgte ihre Ueberführung an die könig liche Staatsanwaltschaft. Eingesandt. In Nr. 253 des Radeberger Amtsblattes war in bezug auf Groß-Okrilla von einer sozialdemokratischen Versammlung die Rede und möchte ich den Herrn Einsender des Artikels doch darauf Hinweisen, daß er sehr wenig von Politik versteht, denn Sozialdemokratie bedeutet doch Umsturz. Es könnte da eher eine konser vative Versammlung heißen, denn die am 25. Oktober stattgefundene Einwohnerversamm lung bezweckte doch weiter nichts als das selbständige Bestehen der Gemeinde Groß-Okrilla und waren alle anwesenden Einwohner mit dem selbständigen Bestehen der Gemeinde einver standen, denn warum sollte unser Ort, dessen Name bis auf das Jahr 600 zurückreicht nicht mehr existenzfähig sein und Anschluß an einen anderen Ort suchen; unser Ort wird schon manchen Sturm erlebt haben und wird auch noch manchen aushalten. Den Ausdruck Sozial demokrat weisen wir als Einwohner von Groß- Okrilla zurück. v. Im grünen Wald. Erzählung von G. pandola. (Nachdruck verboten. Raubtiere, behaarte und gefiederte, stellen den Hasen und Rehen nach, fressen sie an und lassen sie vielmals liegen oder schleppen sie in ihre Schlupfwinkel, wie es die Füchse tun. Menschen aber, unberechtigter Weise legen den Hasen Tunen und den Rehen, jungen und alten, Drahtschlingen, und würgen auf solche Weise die Tiere ab. Im Frühling wars, just zu der Zeit . . . Zwischen zwei jungen Kiefern war sie be festigt, die starke Schlinge, quer über den Rehwechsel. So fand er sie, der kleine Knabe, und wußte nicht einmal in seinem kindlichen Unverstand, daß dieses Ding unberechtigterweise von Unbefugten an den Bäumen angebracht war, dachte wohl gar, der Förster hätte selber das getan, um Pulver zu sparen und trotzdem zu wohlschmeckendem Rehbraten zu gelangen; ganz abgesehen davon, daß ja zu der Zeit ge setzliche Schonzeit für das Wild war. Am Abend desselben Tages gingen zwei Jäger in den Wald, der Stelle zu, an welcher die Rehschlinge gefunden wurde und wo sie sich auch noch immer befand. Die beiden Jäger hüllten sich, an Ort und Stelle angekommen, in die mitgebrachten Decken und legten sich lang zwischen das Heidekraut auf moosigem Wald boden, um nicht gesehen zu werden, und harrten schweigend der Dinge, die da kommen sollten. Mild wie die Morgenstunden dieses Sonntags war auch der Abend. Friedsam funkelten die Sternlein am großen, weiten Himmelszelt und gaben der Erde freundlichst ihr spärliches, glitzerndes Licht. Kaum daß sich ein Lüftchen regte. Nur hier und da unterbrach auf wenige Augenblicke irgend ein unruhiger Nachtwandler aus dem Reiche der Vögel hoch im Geäst durch sein Schwirren das Schweigen des Waldes, oder es ließ ein scheußlicher Uhu sein dreistes Geschrei hören. Doch das waren, wie gesagt, Ausnahmen. Sonst war Stille ringsumher. Langsam vergingen die Stunden. Den Jägern mag die Zeit wohl ein wenig lang geworden sein. Doch was half das? Es hieß eben aushalten und warten, bis die Er lösung aus dieser Langeweile kam- Und sie kam sicher. Mitternacht war noch ziemlich weit und doch kamen da von ferne zwei Gestalten vorsichtig näher. Ein älterer Mann, groß und kräftig gebaut, neben sich scheu und furchtsam der Jüngere, der Sohn des Ersteren. Leise kommen die Beiden heran; unablässig nach rechts und links spähend, ob nicht etwa ein Lauscher, ein Ungebetener in der Nähe sein und sie in ihrem Vorhaben stören könne . . . * * * Der Alte auf dem Steinhaufen ist erwacht. Gähnend reibt er sich die Augen und erhebt sich schwerfällig. Doch das will so leicht nicht gehen; die Regennacht und die Kälte haben ihn fast steif gemacht. Doch nach größerer An strengung vermag er sich wieder etwas Gelenkig keit zu verschaffen. Er steht völlig auf, nimmt den einige Schritte von ihm entfernt liegenden Stock an sich und schaut sich nun erst über legend um. Ja richtig! Er hat ja geschlafen und — geträumt. Fortsetzung folgt.