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Ottendorfer Zeitung. Die „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen ^20 Mart. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inserate« bis vormittag t» Uhr. Inserate werden mit zo Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck unö Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 115. Freitag, den 23. September 1903. 2. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Ottendorf-Bkrilla, 2q. September 1903. —* Am heutigen Vormittag bemerkte ein hiesiger Einwohner am Eingänge des Pfarr busches Rauch aufsteigen und gewahrte beim Näherkommen ein daselbst angebranntes Feuer. Nur dem tatkräftigen und entschlossenen Ein- des betr. Herrn ist es zu danken, daß ein weiteres Umsichgreifen des Feuers verhindert wurden. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatten in der Nähe befindliche Knaben das Feuer angezündet. —* Vom 1. Oktober ab werden die Schalter des hiesigen Postamts erst um 8 Uhr morgens offen sein; auch der Dienst bei der Fernsprech-Vermittelungs-Anstalt wird zu dieser Stunde beginnen. — Heute Donnerstag früh 7 Uhr trat die Sonne in das Zeichen der Wage — der Herbst beginnt. In den letzten Nächten war es schon recht herbstlich. Die Temperatur war bis auf 2 Grad Wärme nach Celsius zurück gegangen. Von verschiedenen Seiten wird so gar behauptet, daß man früh Reif auf Feldern und Dächern bemerkt habe. Mit Macht wird es Herbst; die Herbstzeit knüpft an den nahen Michaelistag an, seit Altem ein gewichtiger Markt-, Miets- und Zmstag in Stadt und Land, nicht viel weniger bedeutsam einst, wie der folgende Martinstag. Von Michaelis an beginnt im großen Maßstabe auch die Gänse- mästung, auf daß zu Martini auf jedem Fa milientische einer der bei den Hausfrauen be sonders beliebten Bratenvögel sich präsentiere. Herhstbeginn bedeutet auch den Anfang neuen regen Geschäftslebens. Es dreht sich nicht blos um Holz und Kohlen, die Familien-HauS Haltungen machen ihre Ansprüche. Noch ein kurzes Verzögern, und die Somme, kleidung muß der für die kältere Jahreszeit weichen. Langtam gchts damit, aber sicher, und wer ans die Dienste der Geschäftswelt in dieser Bezieh ung angewiesen ist, der tut gut, bei Zeiten zu bestellen. — Verschiedene P ost a nstalten nahmen bis jetzt an, daß nicdergelegte Briefe mit Zu- stcllungLurkunde nur auf besonderen Antrag nachgesandt werden dürften. Da dies für das reisende Publikum Unzuträgiichkeiten zur Folge hatte, ist nach der „Verkehrszeitung" die Reichs postordnung dahin abgeändert worden, daß niedergelegte Briefe mit Zustellungsurkunde dem Empfänger wie gewöhnliche Briefe nochzusenden sind. Auf Schriftstücke, die durch Gerichts vollzieher oder Beamte der Verwaltungsbehörden bei den Postanstallen niedcrgelegt wurden, findet diese Vorschrift aber keine Anwendung. — Gegenüber den Klagen, die noch hier und da vornehmlich mit bezug auf die Lohn zahlungen an Arbeiter über den Mangel an silbernen Fünfmarkstücken auftauchen, ist darauf hinzuweisen, daß allein in den Monaten Juli und August für nicht weniger als 8,4 Millionen Mark solcher Silbermünzen zur Ausprägung gelangt sind. Es ist anzunehmen, daß noch einige Zeit mit der stärkeren Aus prägung gerade dieser Münzsorte fortgefahren werden wird, sodaß dem Mangel bald abge holfen sein dürste. — Gleich wie in Preußen wird vom 1. Ok tober ob auch auf den sächsischen Staats eisenbahnen bei Anträgen auf Erstattung von Fahrgeld, denen aus Billigkeitsrücksichlen ent sprochen wird, von dem zu erstattenden Betrage für jede Fahrkarte 1 M. als Schreibgebühr abgezogen werden. Bei Anträgen, die sich auf mehrere zusammen (für eine Familie oder Ge sellschaft) gelöste gleiche Fahrkarten oder auf mehrere anschließende Fahrkarten für eine Reise beziehen, wird die Schreibgebühr jedoch nur einmal angcrechnet werden. — In der Kreiöhauptmannschaft Bautzen befindet sich bekanntlich ein kleines Gebiet, in dem ein Teil der Bevölkerung sich vorzugsweise einer nichtdeutschen, slavischen Sprache bedient, nämlich der wendischen. Nach den Ergeb nissen der letzten Volkszählung beträgt die Ge samtzahl der zum Verbreitungsgebiete der Wenden gerechneten Gemeinden 297, d. i. 9,2 Prozent der 3232 Gemeinden des Königreichs, die Zahl der Gemeinden mit einer wendischen Bevölkerungsmehrheit über 225- Die 297 Gemeinden zählten 93 100 Einwohner und darunter 42 862 Wmden. Die Zahl der Ge meinden mit 8b oder mehr Prozent Wenden hat sich seit dem Jahre 1849 von 176 auf 122 im Jahre 1886 und 91 im Jahre 1900 vermindert, nicht sowohl durch absolute Abnahme der Wenden, als dadurch, daß der Bevölkerungs zuwachs hauptsächlich dec deutschsprechenden Be völkerung zu gute gekommen ist. — Für dis erste Hälfte des Oktobers lautet die Falbsche Wetter-Prognose: 1. bis 9. Oktober: Das Wetter ist ziemlich trocken. Die Temperatur liegt in den ersten Tagen über, in den letzten Tagen unter der normalen. Ge witter dürften kaum eintreten. Der 6. Oktober ist ein durch eine Mondfinsternis verstärkter kritischer Termin 1. Ordnung. An diesem Termin nehmen die Regen an Ausbreitung zu, sind aber nicht bedeutend. — 10. bis 15. Ok tober: Die Regen sind nur in den letzten Tagen ausgebreitet, aber nicht sehr ergiebig. Gewitter sind unwahrscheinlich. Die Temperatur liegt anfangs tkf unter der normalen, steigt aber in den letzten Tagen über dieselbe. Dresden. Prinz Max von Sachsen, Pro- sessor der Theologie an der Universität Frei burg in der Schweiz, früher Kaplan in Nürn berg, macht zur Zeit eine Reise nach Palästina. Dresden. Unterhalb der Dampfschifflande brücke in Kaditz lief am Montag nachmittag eine 56jährige Witwe in die Elbe. Obgleich es dem Produktenhändler Thieme in Mickten glückte, die nur eine kurze Strecke vom Wasser fortgetriebene Frau wieder an das Land zu bringen, so blieben doch die von ihm ange stellten Wiederbelebungsversuche erfolglos. — Vor einigen Tagen nahm ein Haus mädchen in Plauen eine Stecknadel in den Mund und verschluckte sie. Sie wurde in das Friedrichstädter Krankenhaus gebracht. Nach ärztlichem Aussprüche soll sich die Nadel in die vordere Magenwand eingebohrt haben. — Von einem empfindlichen Verlust ist am Mittwoch früh der hier auf der PhoteNhauer- straße wohnende Fuhrwerksbesitzer Herr Stein- g'über betr ffen worden. Ein Kutscher des be treffenden Fuhrwerksbesitzers war an der Elbe oberhalb der Albertbrücke mit Laden von Braunkohlen beschäftigt. Beim Wegfahren ge riet der Wagen — jedenfalls infolge zu steilen Auffahrens — auf dem abschüssigen Ufer ins Rückwärtsrollen Der schwsrbeladene Wagen konnte weder von dem Kutscher, noch von den Pferden erhalten werden und stürzte mit samt den beiden Pferden in die Elbe. Die beiden wertvollen Tiere ertranken, ehe ihnen Hilfe ge bracht werden konnte. Eigentümlicherweise ist demselben Fuhrwerksbcsitzer dasselbe Unglück im Laufe des vorigen Jahres schon einmal passiert. Grillenburg. Se. Majestät der König wird von heute den 24. bis Sonnabend den 26- d. M. hier weilen und Wohnung in der Königlichen Oberforstmeisterei bei Herrn Geh. Forstrat Tittmann nehmen. Es werden mehrere Pirschgänge und größere Hofjagden statifinden. Die Gesamlstrccke findet Sonnabend im Schloß hofe bei Illumination und Fackelbeleuchtung statt. Weinböhla. Am Sonntag nachmittag wurde auf dem hiesigen Kirchplatze von einem Radfahrer, einem Schlosserlehiling, das fünf jährige Töchterchen eines Gastwirts so gefährlich angefahren, daß dasselbe bedeutende Verletzungen am Kopfe erhielt. Von dem schnell herbei gerufenen Arzte wurden die klaffenden Wunden zugenäht. Das Kind liegt im Fieber. Großenhain. Zwei kleine Brände er eigneten sich am Dienstag in der hiesigen Um ¬ gegend. Früh» 7 Uhr brannte in Stroga eine Pflaumenbude nieder, wobei ein Bett und eine größere Menge Pflaumen vernichtet wurden. Nachts »/t12 Uhr ging eine auf Priestewitzer Flur stehende Feime in Flammen auf. Neukirch bei Königsbrück. Dienstag früh brach hier in der Schmiede Feuer aus, das aber durch rasches Eingreifen der Spritzen mannschaft auf seinen He d beschränkt wurde. Pfarre und Kirche befanden sich in großer Gefahr. Pulsnitz. Wegen fahrlässiger Tötung wurde vom Landgericht in Bautzen der Dampf- sägewcrksbesitzer Günther hier zu einem Monat Gefängnis verurteilt. Am 13. Mai war das vierjährige Töchterchen des Kutschers Kleinstück hier durch das Umfallen des schweren Gitter tors der Güntherschen Einfahrt getötet worden. Die Schuld Günthers wurde darin gefunden, daß er es unterlassen hat, seinen Torflügel sofort wieder in stand oder außer Gebrauch setzen zu lasten. Radeberg. Aufsehen erregt in hiesiger Stadt der Zusammenbruch des Radeberger Bankvereins Galle, Schulze L Co. Der leitende Inhaber Bankier Otto Galle ist seit mehreren Tagen mit den Kastrnschlüsteln spur los verschwunden. Auf dringendes Verlangen der Gläubiger wurden im Geschäftslokal die Kastenschränke geöffnet, in denen nur sehr ge ringe Summen vorgefunden wurden. Der Konkurs, welcher Dienstag nachmittag eröffnet worden ist, wird außer den direkt Beteiligten voraussichtlich noch eine ganze Anzahl hiesiger Geschäftsleute in Mitleidenschaft ziehen. Galle wird steckbrieflich verfolgt. Bischofswerda. Vergangene Wochewurde hierselbst von der Polizei ein 18 jähriger, aus Meißen gebürtiger Dienstknecht namens Richard Max Ruppert aufgcgriffen. Derselbe wurde, wie sich hsrauöstellte, von der Staatsanwalt schaft Dresden wegen eines von ihm bei seinem früheren Dienstherrn verübten Einbruchsdieb stahls, wobei ihm ein größerer Geldbetrag in die Hände fiel, steckbrieflich verfolgt. Auch hat Ruppert, wie ermittelt wurde, mit dem Diebe, welcher in der Nacht zum Dienstag voriger Woche in Neukirch drei Einbruchsdiebstähle, vermutlich auch den in derselben Nacht in der katholischen Kirche in Schirgiswalde ausge führten Einbruchsdiebstahl verübte, in Verbind ung gestanden. Böhlen bei Leisnig. Abhanden gekommen sind nachts hier drei Pferde von dem daselbst auf dem Rückwege aus dem Manöver ein quartierten Feldartillerie-Negiment Nr. 12 aus Dresden. Die Pferde waren in einem Stalle und haben sich vermutlich loSgeristen; bis jetzt fehlt jede Spur von den Tieren. Von den vermißten Pferden sind zwei Stuten (Brauner und Fuchs) und ein Wallach (braun). Gastewitz bei Mutzschen. Die drei ent laufenen Artilleriepferde sind vom Gutsbesitzer Spenke hier eingefangen worden. Zschepa. Am Montag gingen hier dis vor einen Grasmäher gespannten jungen Pferde des Gutsbesitzers Berger durch und stürzten mit der Maschine in ein tiefes mit Master gefülltes „Dammloch", in dem vie Tiere ertranken. Mit vieler Mühe wurden dieselben tot wieder herausgezogen. Wurzen. In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag sind im hiesigen königl. Gym nasium 24 Fensterscheiben durch Steine einge worfen worden; außerdem sind in der Langen straße mehrere Fensterläden ausgehangen und in die angrenzenden Gärten geworfen worden. In der Kasernenstraße ist ein Schaukasten des Herrn Photograph Müller vom Hause abge rissen und nach Einschlagen der Glasscheibe in den Hof des Grundstücks des Herrn Stadt musikdirektors Steger geworfen worden. In der Albertstraße sind zwei Rüstbäume einer Neubauumplankung quer über die Straße ge worfen worden. An dem Grundstück Albcrt- straße 35 ist das Abfallrohr und an der Knabenschule die Verkleidung der elektrischen Klingel abgerissen worden. Die Polizeibehörde jat sofort die Ermittelung der Täter ausge nommen. Leipzig. Am 13. September wurde, wie gemeldet, in der Nähe von Gräfenhainichen der Gemeindevorstand Beutmann von 2 Wilderern überfallen. Während er mit dem einen der Wilderer rang, schoß der andere auf ihn und verletzte ihn tödlich. Dieser zweite Wildschütz wurde jetzt in der Person des Maurers Schall bach aus Berlin, der in Gräfenhainichen wohnt und in Leipzig in Arbeit steht, durch einen Berliner und einen hiesigen Kriminalbeamten ermittelt und dingfest gemacht. — Eine heiratslustige Wittib dachte sich von einem „höheren Beamten" wieder „heimführen" zu lasten. Der Mann übergab ihr ein fünf mal gesiegeltes Packet mit angeblich 23 000 M., wollte aber 50 M. von der Witwe haben. Neugierig untersuchte die Heiratslustige zuvor erst das Packet und fand .... Druckbogen! Der „höhere Beamte" verschwand eiligst. — Um ihre leckere Beute sind Diebe ge kommen, welche 60 Cervelatwürste im freien Felde liegen lasten mußten. Der Verlustträger zat sich noch nicht gemeldet. — Das Reichsgericht verwarf die Revision des Redakteurs der „Dresdner Rundschau", Goetz, der vom Landgericht am 17. Februar wegen Beleidigung der Polizeidirektion zu Dresden durch einen Artikel zu gunsten der ehemaligen Kronprinzessin zu 6 Monaten Ge fängnis verurteilt worden war. — Im Saale des Künstlerhauses wurden Montag vormittag die Verhandlungen des 39. Sächsischen Baugewerkentages und des Dele- grertentages sächsischer und preußischer Bau« gewerken-Jnnungen eröffnet. Annaberg. Im Bezirke der Königlichen Amtshauptmannschaft Annaberg ist in Gehöften mehrerer Orte unter dem Tierbestande die Maul- und Klauenseuche festgestellt worden. Wie ermittelt wurde, ist die Seuche zurück zuführen in Buchholz, Schlettau und Unter- wicscnthal auf Einschleppung durch Schweine, die aus Rummelöburg bezogen wurden. Auch in Neudorf und Frohnau scheint die Seuche durch Viehverkehr übertragen worden zu sein. Ferner wird gemeldet, daß durch von hier be zogene Rinder die Maul- und Klauenseuche auch in Leisenau bei Grimma eingeschleppt wurde. Diese Vorfälle überzeugen hoffentlich auch die Viehbesitzer, welche ost über die Ab sperrmaßregeln murren, von der Notwendigkeit der veterinärpolizeilichen Maßnahmen gegen die Weiterverbreitung von Seuchen. Buchholz. Eine Unterschlagung von gegen 1000 M. hat ein bei der Kastenstelle der hie sigen Arbeiterversicheruug angestellter junger Mann aus Crottendorf begangen. Er hatte für mehrere Nachversicherungen gegen Invalidität und Unfall Karten abzuschliegen, auch eine Aufrechnungsbescheinigung ausgestellt, OuittungS- marken aber nicht verwendet. Auerbach. Wie das hiesige Amtsblatt mitteilt, ist die Notiz, daß als mutmaßliche Mörder des Gastwirts Wappler in Schnarr tanne zwei der Wildüieberei schon lange ver dächtige Einwohner aus Wernesgrün verhaftet worden seien, nicht zutreffend. Plauen i. V. Dem hiesigen Rat wurde mitgeteilt, daß das nach hier zu verlegende 134. Infanterieregiment aus Leipzig voraus sichtlich nicht am 1. Oktober hier eintreffen wird, da mehrere Mannschaften erkrankt sind, anscheinend an Nuhrkrankheit. Der Einmarsch dürfte nun erst Mitte Oktober erfolgen. — In der am Dienstag abgehaltenen geheimen Sitzung beschäftigte sich der Rat mit dem Em pfang der Garnison, der feierlich gestaltet werden soll. Den Mannschaften wird ein fest licher Tag bereitet, dem Offizierkorps von der Stadt ein wertvolles Geschenk gemacht.