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g Ue in ö», >6L ^ge- und Die „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis vormittag ,g Uhr/z Inserate werden mit ,o Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 24. Mittwoch, den 25. Februar 1903. 2. Jahrgang. sich eren talz, kx- nlo), Hell so- Oertliches und Sächsisches. Ottendorf-Okrilla, 24. Februar 1903. sH Am heutigen Fastnachts-Dienstag findet, wie auch aus dem Inseratenteil der vorliegen den Nummer ersichtlich, nn Gasthof zum Hirsch öffentliche Ballmusik nnd im Gasthof zum schwarzen Roß Jungfern-Kränzchen statt. — Die Abhaltung des nächsten Sächsischen Gemeindetages, der bekanntlich in Pirna stattfindcn soll und im vorigen Jahre infolge des Ablebens des Königs Albert aus- fallen mußte, ist nunmehr für die zweite Hälfte des Juni in Aussicht genommen. — Vom 1. April d. I. dürfen künstliche Süßstoffe, Saccharin u. s w., im deutschen Reiche nur noch in Apotheken verkauft werden. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafen bis zu 1500 Mark gesühnt. — Es sollen die Bahnhofswirtschaften zu Oberoderwitz vom l.Juli, Pulsnitz und Demitz vom 1- Oktober d. I. ab auf sechs Jahre ver pachtet werden. Die allgemeinen Bedingungen liegen auf den sächsischen Bahnhöfen aus. Pachtangebote sind bis zum 15. März 1903 an die Königliche Eisenbahnbetriebsdirektion Dresden-Neustadt einzusenden. Die Bewerber bleiben bis zum 30. April d. I. an ihre Ge bote gebunden. Wer bis dahin keinen Bescheid erhält, hat seine Bewerbung als abgelehnt zu betrachten. Zeugnisse werden unberücksichtigten Bewerbern ohne Bescheid zurückgesandt. -— Seit Jahren schon haben die Schneider Und Schuhmacher und die mit ihnen in Ver bindung stehenden Handwerkerkorporationen auf die Aufhebung der Oekonomiehandwerker- Abteilungen in der deutschen Armee hm- gearbeitet. Diese Bemühungen trugen zuerst in Preußen gute Früchte, und jetzt ist auch die sächsische Militärverwaltung dahin gelangt, den Zivilhandwerkbetrieb einzuführen, und zwar beim 12. Armeekorps am 1. Oktober 1903 und beim 19. Armeekorps am 1. Oktober 1904. Bei den Bekleidungsämtern der beiden Armee korps werden zu diesen Terminen 496 Oekonomiehandwerker entlassen und nicht ersetzt. — Zur Frage, in welchen Fällen die Eisenbahn für den Schaden haftet, der infolge Aenderung der Weichenstellung durch Verbrecher hand entsteht, hat das Reichsgericht entschieden, daß der verbrecherische Eingriff unter gewissen Voraussetzungen nicht als „höhere Gewalt" gelten kann, die eine Ersatzpfllcht ausschließt. Das gewaltsame Aufreiben einer die Weiche festhaltenden Vorrichtung stellt sich als ein von außen her einwirkendes, ungewöhnliches, für den Unternehmer zufälliges Ereignis dar. Damit sind indessen die Erfordernisse der höheren Ge walt noch nicht erfüllt. Hinzukommen muß die Unabwendbarkeit des Ereignisses und seiner Schadensfolgen durch menschliche Vorsicht und Bemühung. Zum Begriff der höheren Gewalt gehört, daß das gefahrbringende Ereignis auch nicht durch Anwendung der größten Sorgfalt in seinen Folgen unschädlich gemacht werden konnte. Und bezüglich dieses Momentes liegt Nach dem Gesetze der Nachweis dem haftpflicht igen Unternehmer ob. Eö mag sein, daß die dauernde Bewachung der einzelnen Weichen Nicht durchführbar und bei Weichen, welche durch besonderen Verschluß „unverrückbar" ge- Nlacht werden, unter gewöhnlichen Umständen Unnötig ist. Die vorgenommene Festlegung der Weiche kann auch eine unter normalen Ver hältnissen ausreichende Gewähr gegen Veränder ungen der Weichenlage bieten, welche die Vahn- Uerwaltung der Notwendigkeit einer zeitweiligen Revidierung enthoben hätte, so lange nicht ein besonderer Anlaß zur Untersuchung sich ergab. Wenn aber angenommen werden muß — das heißt die Bahnverwaltung nicht das Gegenteil Nachweisen kann —, daß der verbrecherische Eingriff bei ordnungsmäßiger Revision hätte kntdeüt werden können, eine solche aber gefehlt habe, so kann höhere Gewalt nicht angenommen und die Haftpflicht nicht verneint werden. Langebrück. Die Strecke der am Sonnabend stattgefundenen Hofjagd betrug 4 Achtender, 1 Sechsender, 2 Spießer, 3 Sütck Wüd und 1 Keiler, wovon der König 3 Acht ender, 1 Sechsender, 1 Spießer, 1 Stück Wild und den Keiler erlegte. Namentlich über das gut getroffene Wildschwein bezeugte Sc. Maje- tät besondere Freude. Dresden. Se. Königliche Hoheit ocr Kron- winz wohnte gestern der Rekruteno siMigung reim Schützen-Regiment Nr. 108 in Exerzier hause am Alaunplatze bei. Dresden. Durch das rasche und tat kräftige Eingreifen eines Wohlfahnspolizei- reamten ist auf der Leipziger Straße m Vor- tadt Trachau am Sonnabend abends halb 10 Uhr ein Unfall verhütet worden. In der Nähe des Gasthofes zum „goldenen Lamm" waren die über der elektrischen Starkstrom leitung gezogenen Schutzdrähte durch oen Sturm zerrissen worden und hingen auf die Straße herab. Durch ihre Berührung mit üec Stark stromleitung hatten sie die elektrische Kraft aus genommen und entluden sie unter bUMMlichen Zucken und Geräusch in wunderbar schönen Lrchtgarben teils auf der Straße, tM in der Luft. Der anwesende Wohlfahrtspolr-erbeamte sorgte zunächst für Absperrung des an s höchste gefährdeten Straßenteiles und rief dünn die Leute des Micktner Straßenbahndepors herbei, welche auch umgehend eintrafen und oen Ueoel- stand bald behoben. Auch die Feuenveor war mit drei Wagen herbeigeeilt und bere.ugte sich ar. den Arbeiten. — Von gestern ab nahm die Sächsisch- Böhmische Dampfschifffahrts-Gesells^ den Personen- und Güterverkehr zunächn nn be schränkten Maße zwischen Dresden-Pirna auf, während der Fährverkehr zwischen Loschnntz- Blajenntz bereits vorgestern ausgeübr ward. Löbtau. Am 20. d. M. isi con der hiesigen Polizei ein 37 Jahre al Bahn arbeiter von hier deswegen festgenomm- vorden, weil er Schulmädchen und auch c chsenen Frauenspersonen wiederholt in schäm r Weise entgegengetreten ist. Er hat zugestan .... inner halb der letzten zwei Jahre in eil... großen Anzahl von Fällen in den Fluren von Döltz- schen und in den Vorstädten Plam a, Löbtau und Naußlitz diese Sittlichkeitsverle^ .ugen be gangen zu haben. Anzeigen hierüber,md nur in einigen Fällen ergangen. Der Täter ist nicht groß, kräftig, hat dunkelbraune Haare, desgleichen Schnurr- und Voilbart uno ist be kleidet gewesen mit dunkler Mütze, schwarzer Wmterjoppe mit zwei Reihen Knöpfen, schwarzer Hose von rauhem Stoff. Radeburg, 20. Februar. Das König liche Ministerium des Jamrn hat veschlossen. daß der hier stationierte Gendarm Bahr unterm I. März laufenden Jahres nach Mölvis bei Borna versetzt werde. Durch Vermittelung des Herrn Amtshauptmann Dr. Uhlemann ist jedoch von genannter Behörde am 13. d. M. verfügt worden, daß der Gendarm Bahr in seinem bisherigen Stationsorte Radeburg ver bleibt. Auch ist erfreulicherweise zu bemerken, daß dessen so plötzlich erfolgte schwere Erkrank ung sich derartig gebessert hat, daß genannter Beamter in der nächsten Zeit seinen Dienst wieder ausüben kann. — Am Mitlwoch früh ist in Stölpchen eine dem Vorwerkso.sltzer von Tümpling gehörige Ecbsenfeime durch Feuer vermchtet worden. Die Feime stand in der Nähe des Vorwerks und enthielt die von einer großen Ackerzahl gewonnene diesjährige Ernte. Der Kalamitose hat versichert. Brandstiftung liegt vor. Weinböhla, 20. Februar. Bei der am Donnerstag Abend im Rath oje stalt- gefundenen Gemeindevorstandswahl wurde Ge meindevorstand Nudelt mit 16 gegen 1 Stimme auf die nächsten sechs Jahre wiedergcwaylt. — Der Gemeinnützige Verein Weinböhla hat 500 Plakate mit der Ansicht unseres Ortes an fertigen lassen. Dieselven sollen in nächster Zeit in den auswärtigen Bahnhofs- und anderen gutbesuchten Restaurationen ausgehängt werden. Gröba, 20. Februar. In der gestrigen Sitzung des Gemeinderats lag vom Gemeinde vorstand Herrn Otto durch seinen Rechtsanwalt Herrn Dr. Mende in Riesa eine Erklärung vor, daß er, in der Erwartung, daß die Gemeinde Gröba alle weitere Klage einstellt, ür sich und seine Ehefrau auf Pension und Zehalt verzichte. Der Gemeinderat wird hier über in der nächsten Sitzung Entschließung assen. Oschatz. Am Freitag Vormittag geriet in der Jalousienfabrik von Herrman und Co. ein 20jähriger Tischler mit der einen Hand in die von ihm bediente Kreissäge, die ihm einen Finger glatt wegschnitt, einen anderen bis auf wenige Haut- und Sehnenteile abtrennte und die übrigen Finger nebst dem Handgelenk ver- etzte. Der verunglückte junge Mann kam ins Krankenhaus, wo man ihm dem zweiten Finger abnehmen mußte. Leipzig. Am Freitag fand in Sommerfeld ganz unerwartet eine Zusammenkunft höherer weußischer und sächsischer" Etsenbahnbeamter in Sachen des hiesigen Zentralbahnhofes statt. Die Veranlassungen, sowie das Ergebnis derselben blieben geheim. Abends 6 Uhr fuhren die Herren wieder nach Dresden beziehentlich Halle zurück. Waltersdorf bei Zittau. Von dem aus hiesigen Orte verschwundenen Pastor Agsten fehlt noch immer jede Spur. Bei der amt lichen Revision, welche jetzt im Pfarrhause statt fand, ergab sich kein Anhalt für die laut ge wordene Vermutung, daß Unterschlagungen vor liegen könnten. Allerdings fand man unbe zahlte Rechnungen in der Höhe von 1000 bis 1500 Mart. Die Gläubiger, Handwerker, Möbelfabrikanten usw., haben jetzt ihre Forder ungen bei Gericht geltend gemacht. Woher Agsten soviel Geld hatte, das man in letzter Zeit bei ihm gesehen, ist bis jetzt noch nicht aufgeklärt, denn die angebliche Erbschaft, die er gemacht haben soll, ist nach den Angaben seines Vaters als erfunden zu bezeichnen. Chemnitz, 23. Februar. Die Chemnitzer Viehmarktsbank, Aktiengesellschaft, hat ihre Bilanz per 31. Dezember 1902 mit je 1079588 Mark Aktiva und Passiva, das Gewinn- und Verlust-Konto mit je 134 807 Mk. Debet und Kredit abgeschlossen. Der Saldo- gewinn beträgt 51400 Mark. F a l k e n st e i n, 22. Februar. Eine Erü- bebenperiode scheint jetzt wieder für das öst liche und südliche Vogtland im Anzuge zu sein. Nachdem am Montag, Donnerstag und Freitag an verschiedenen vogtlänoischen Orten und in den böhmischen Grenzorten Ecderschütterungen von mehr oder minder anhaltender Heftigkeit stattgefunden haben, wurde gestern Abend kurz nach 10 Uhr eine rollenartige, einige Sekunden anhaltende Erderschülterung wahrgenommen. Die Erschütterung ging von Süöwest nach Nordost. Zu Zeit des Erdstoßes herrschte Weststurm. Plauen i. V. Wegen von ihm begangener Unregelmäßigkeiten hat sich hier im Hotel „Stadt Leipzig" der 15 Jahre alte Kellner lehrling Schrader, dessen Angehörige in Netzsch kau wohnen erhängt. Nus der Woche. Es war vorauszusehen, daß die englische Regierung nach der Parlamentseröffnung einen sehr schweren Stand haben werbe, um das Zu sammengehen mit Deutschland in der Venezuela frage einigermaßen zu entschuldigen. Es ist ihr das auch mit großer Not und Mühe geglückt, indem sie die Sache so darzustellen verstanden hat, daß von einem Bündnisse oder auch nur von einem Zusammenwirken keine Rede gewesen sei, und daß man höchstens von einem Neben einandergehen reden könne. Deutschland wird also in Zukunft den Engländern noch viel mehr Liebes und Gutes erweisen müssen, um von diesen wieder in Gnaden angenommen zu werden I Aus der englischen Thronrede erfährt man sonst noch, daß Großbritannien mit allen Mächten auf bestem Fuße stehe. Das ist gut, wenngleich es nicht vollständig die Gefahren eines Weltbrandes ausschließt. Rußland saugt Persien auf und England wird dabei das Nach ehen haben. Dagegen kann man an der Themse nicht viel machen, wenn auch das Herz im Busen noch so sehr ergrimmt. Im fernen Ost asien stellt Rußland eine Flotte auf, die so stark ist, wie die japanische und die dort stationierte englische zusammengenommen; der sibirische Bahn bau macht Riesenfortschritte und eine Zweigbahn die direkt in das Herz Chinas hineinführt, ist nur noch die Frage der Zeit. Damit aber nimmt der chinesische Außenhandel, der seit den „Wirren" ganz kolossal zurückgegangen ist, neue Formen an. Den Hauplteil wird Ruß land an sich reißen. Nordamerika baut jetzt den Panamakanal aus, wodurch an sich schon seine Schlachtflotte bedeutend an Stärke gewinnt. Auf Cuba legt es Kohlenstationen an, auf Portorico ist das schon geschehen. Die Monroe- doktrin „Amerika den Amerikanern" wird nicht nur mit aller Schärfe durchgeführt, sondern dahin erweitert: „Den Amerikanern alles, was ie nur irgendwie erreichen können." Hawai, Samoa und die Philippinen sind deß Zeugen. Mit China steht kein Ltaat so gut, wie Nord amerika und es wird dort neben Rußland der gefährlichste Nebenbuhler des britischen Insel- reiches. Wenn da einmal ein Zusammenprall erfolgt, giebt es eine erschreckliche Katastrophe. Aber die gegenwärtige Hauptgefahr liegt in Macedonien. Sie ist der Gegenstand großer Sorge Rußlands und Oesterreichs, oenn man weiß nicht, wie sich die Dinge entwickeln, wenn einmal die Balkanlawine ins Rollen kommt. Die Großmächte drücken auf den Sultan der Türkei, daß dieser endlich Reformen für Macedonien einführt. Das ist aber leichter gefordert, wie ausgeführt. Selbst wenn es dem Großherrn nicht an gutem Willen fehlt, so gebricht es ihm doch zweifellos an der nötigen Macht. In seinem Harem ist er Herr, außerhalb desselben steht es mit seiner Groß herrlichkeit nicht besonders gut. Nicht einmal die Seeräuber im Roten Meere kann er zum Aufgeben ihres unsauberen Handwerks nötigen l Bei uns im lieben Deutschland werfen bereits die erst für Juni bevorstehenden Reichstags mahlen ihre Schatten vorauf. „Gegen die Sozialdemokratie!" lautet die Parole derjenigen, die für den Antrag Kardorff gestimmt haben. Indessen scheint es doch mindestens zweifelhaft, ob Zentrum und Nationalliberale zusammen gehen können, nachdem sich an dem Trierer Schulstreit ein neues Kulturkampffeuercken zu entzünden droht und nachdem in Bayern urplötzlich der Ministerpräsident von Crails heim seinen Posten verlassen mußte, weil — wie man meint — Zentrum Trumpf ist. Ebenso vage erscheint das Zusammengehen der Sozialdemokraten und der Freisinnigen, wie es der greise Mommsen empfohlen hat. Der Ausfall der Wahlen ist diesmal unbe rechenbar, schon weil es nach der Annahme der Zolltarifvorlage an einer passenden und packenden Wahlparole fehlt. Daß die Polenfrage durch den Rücktritt des Posener Oberpräsidenten von Bitter ihrer Lösung auch nur um einen Schritt näher gekommen sei, wird wohl niemand behaupten wollen. Herr von Bitter fällt einfach als ein Opfer der „Fälle" Löhning und Wittich. „Es rast der See und will sein Opfer haben!" Gut, nun hat er's; der Früh ling naht, da wächst wieder frisches Gras und wird auch schnell die Fälle Löhning und Willich überwuchern. Die Wahlen bringen neue Auf regung in Hülle und Fülle; für die Sommer zeit ist reichlich gesorgt und dann werden auch — für die große Mehrheit wenigstens — Giron und Wölfling der Vergessenheit anheimfallen, was sehr zu wünschen wäre.