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Wochenblatt für Wilsdruff Tharandt. Wir. Mnlchr and die UMMhen. ImtsölAlt für die Agl. Amtshauxtmannschaft Aleißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, Erscheint 'wöchentlich zweimal u.zwarDienstags , und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne t Nummem 10 Pf. Jnser«te werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. JnsertionspreiS 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. sowie für das Agl- Lorftrentamt zu Tharandt Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. 76. Freitag, den 21. September 18S4. Bekanntmachung. „ . Die m Gemäßheit von Art. II § 6 der Allerhöchsten Verordnung vom 21. Juni 1887 — Reichsgesetzblatt S. 245 flgd. — nach dem Durchschnitte der höchsten Tagespreise des Hauptmarktortes Meißen im Monate August dies. Js. festgesetzte und um fünf vom Hundert erhöhte Vergütung für die von den Gemeinden resp. Ouartierwirthen innerhalb der Amts hauptmannschaft im Monate September dies. Js. an Militär-Pferde zur Verabreichung gelangende Marschfourage beträgt 7 M. 94 Pf.^für 50 Kilo Hafer, 4 „ 9,5 „ „ 50 „ Heu, 2 „ 25,7 „ „ 50 „ Stroh. Meißen, am 17. September 1894. Königliche Amtshauptmannschaft. von Von dem König!. Ministerium der Justiz sind vom 1. Oktober dieses Jahres ab anderweit auf die Dauer von drei Jahren, somit bis Ende September 1897 für den Bezirk Wilsdruff: Herr Stadtrath Heinrich Leberecht Funke hier, Limbach mit Rittergut und Birkenhain: Herr Rittergutsbesitzer Georg Andrä in Limbach, Blankenstein und Helbigsdsrsr Herr Gemeindevorstand Eduard Birkner in Blankenstein, Grumbach: Herr Gutsbesitzer Robert Müller in Grumbach, Herzsgswalde mit Landberg: Herr Gutsbesitzer Reinhold Ischsche in Herzogswalde, Aesselsdsrs, Steinbach mit den Dreihäusern und Aaufbach: Herr Ortsrichter Morch Hencker in Kesselsdorf, Alipphausen mit Rittergut, Aueipe und Sachsdsrf: Herr Gutsbesitzer Oswald Gerlach in Sachsdorf, Neukirchen mit neuem Anbau, Fasauenhäusern, sowie Rittergut Neukirchen, Steinbach bei Mohorn mit Rittergut Steinbach: Herr Gutsbesitzer Oswald Nirbach in Neukirchen, Sera, Lampersdorf und Lotzen: Herr Gemeindevorstand Robert Nästner in Sora, Wildberg mit Rittergut, Niederwartha und Gruna: Herr Gutsbesitzer Hermann Zscheile in Wildberg, Rshrsdsrf: Herr Amtslandrichter Ernst Gietzmann in Röhrsdorf, Rsthschönberg mit Perne und Rittergut Rothschönberg: Herr Herrschaft!. Förster Ernst Rost in RothschönbeLg, Schmiedewalde, Groitzsch mit Rittergut: Herr Gutsbesitzer Oswald Lippert in Schmiedewalde, Burktzardtswalde, Munzig mit Rittergut: Herr Gutsbesitzer Karl Heinrich Obendsrser in Burkhardswalde, Alttanneberg mit Rittergut und Neutanneberg: Herr Rittergutsbesitzer Wolf Caspar von Schönberg-jpötting auf Tanneberg, weistrspp mit Rittergut, Huhndorf und Nleinschsnberg: Herr Pastor vr. Schönberg in Weistropp und Unkersdorf mit Roitzsch: Herr Gutsbesitzer August Irmer in Unkersdorf zu Friedensrichtern ernannt worden, was hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird. Königliches Amtsgericht Wilsdruff, am 17. September 1894. »I Gangloff. Zur Lage. Am Sonnabend hat nach längerer Unterbrechung wieder eine Sitzung des preußischen Staatsministeriums stattgefunden, und zwar unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten Grafen Eulenburg. Von den leitenden Staatsmännern ist nur der Reichskanzler noch abwesend. Man wird erwarten dürfen, daß jetzt die Vorbereitungen für die Reichstagssession einen regeren Gang annehmen und damit wichtige, noch ungeklärte politische Fragen ihrer Entscheidung, soweit die Regierung in Betracht kommt, entgegengehen. Einstweilen herrscht namentlich über die Frage des gesetzlichen Vorgebens gegen die Sozialdemokratie und den Anarchismus noch völlige Ungewißheit- Der Reichs kanzler lehnt es ab, Mittheilungen über seine Stellung zur Sache zu geben, da die Entscheidung über diese Fragen nicht ihm allein obliegt und er über die Stimmung im Bundesrathe und in anderen gleichfalls darüber zu vernehmenden Kreisen noch nicht hinreichend informirt ist. Aus der Königsberger Kaiserreve ist vorläufig nur der Gedanke eines Kleinkrieges der auf dem Boden der heutigen staatlichen Ordnung stehenden Gesellschaft gegen die Mächte des Umsturzes als Kern heraus geschält worden. Es ist vollständig richtig, daß einer großen gesetzgeberischen Aktion ein Kleinkrieg der Gesellschaft in ihren tausend und abertausend Organisationen zur Seite gehen müßte, wenn ein Erfolg erzielt werden soll. Aber einen solchen Klein krieg zu inszeniren und in Gang zu erhalten, ist außerordentlich schwer. Die Geschichte weist bekanntlich im Anfang unseres Jahrhunderts verschiedene Fälle erfolgreichen Kleinkrieges auf; immer aber handelte es sich um ein begeistertes, ja fanatisirtes Volk, das mit verzehrender Leidenschaft um die höchsten und heiligsten Güter seines Volksthums kämpfte. Die heutige Ge sellschaft gleicht aber allem eher, als einem solchen Volke, ist aber zu allem eher fähig, als zu einer solchen Begeisterung für einen langen, opfervollen Kampf. Die „Nordd. Allg. Ztg." hatte sehr Recht, als sie schrieb, es handle sich darum, „die sozialrevolutionäre Partei auf keinem Punkte unseres öffentlichen Lebens, weder auf politischem, noch auf wirthschaft- lichem, noch auf gesellschaftlichem Gebiete Terrain gewinnen und in ein Machtgefühl hineinwachsen zu lassen." Leider aber ver mögen wir uns nicht der Hoffnung hinzugeben, daß diese Wahrheit überall da vollinhaltlich begriffen werden wird, wo es vor allen Dingen noththut, namentlich dann nicht, wenn dec einfache Bürger täglich erleben muß, daß die wildesten Agitationen und die gröblichsten Schmähungen alles dessen, was ihm werth und heilig ist, straflos bleiben können, falls nur gewisse Formen klüglich gewahrt werden. Es ist ja in hohem Maße anzuerkennen, daß unsere sächsischen Behörden thun, was in ihren Kräften steht, um die Handhaben, welche ihnen die Gesetzgebung bietet, zur Abwehr der sozialdemokratischen Gefahr zu benutzen. So hat z. B. die Amtshauptmannschaft zu Zwickau kürzlich eine den Boykottunfug betreffende Ver ordnung erlassen, dahin gehend, daß in Strafe verfällt, wer geschäftlichen Nachtheil androht, falls ein Gewerbebetrieb nicht zur Unterstützung gewisser politischer Bestrebungen hergegeben wird oder wer öffentlich auffordert, nur solche Gewerbetreibende in Nahrung zu setzen, die als den Ansprüchen einer bestimmten Partei genügend bekannt gemacht worden sind. Es ist dieses Vorgehen der sächsischen Behörden wie gesagt, höchst aner- kennenswerth, aber erstens fragt es sich, welche Stellung die verschiedenen Instanzen der Gerichte hierzu einnehmen werden, und zweitens müssen wir uns immer vergegenwärtigen, daß , Sachsen nicht Deutschland ist. Namentlich in unserem großen Nachbarstaate Preußen denkt man zur Zeit noch gar nicht daran, in dieser Weise vorzugehen und wir müssen auch den dortigen Behörden insoweit beipflichten, als eine klarere und bestimmtere Fassung der einschlägigen GesetzsSparagraphen durchaus vonnöthen ist, denn dem frischen Wagemuth der Verwaltungsbehörden kann durch eine Niederlage vor Gericht rasch ein bedauerliches Ende bereitet werben. Leider sind im Reichstage die Chancen für eine einmüthige Stellungnahme der antirevolutionären Par teien in dieser wichtigen Frage noch äußerst ungünstig. Die Nationalliberalen sind aus den letzten Wahlen sehr geschwächt hervorgegangen und der großen konservativen Partei ist auf dem Tivoli-Parteitage vom 8. Dezember 1892 das Grab ge graben worden. Sie befindet sich unleugbar in der Zersetzung; die gemäßigten, hauptsächlich aus dem gebildeten Mittelstände stammenden Elemente, sondern sich mehr und mehr von dem die agrarischen Interessen mit zu großer Ausschließlichkeit pflegenden Junkerthum ab, sie treten vorderhand, da sie zur Zeit nichts auszurichten vermögen, in den Hintergrund und überlassen den anderen bis auf weiteres das Parteiregiment, um sich in späterer, gelegenerer Zeit wieder zu sammeln und vielleicht eine neue Gruppe zu bilden. In diesem Zustande ist die Partei zu einer großen Aktion unfähig und die jüngste Kaiserrede wird daran kaum etwas zu ändern vermögen. Die Worte, die Kaiser Wilhelm in Königsberg gesprochen hat, sind wie Goldbarren, die man ausprägen muß, sagt der „Reichsbote" zutreffend. Es ist traurig, wenn die konservative Partei diesen großen Moment, wie er so günstig kaum jemals dagewesen ist, wo der Kaiser ihr die Führung der öffentlichen Meinung in einer großen im konservativen Geiste gedachten Reformpolitik anbietet, un genutzt vorübergehen, verhallen und verpuffen läßt, aber die Dinge liegen nun einmal so. Die sogenannten Konservativen