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MsdmfferHMblati Zernivncher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblatt für Wllsdrusf und Umgegend Postscheckkonto Dresden 2640 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts za Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Verleger und Drucker: Arthur Zschunke i« Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Ischuuke, beide ft» Wilsdruff. Rr. 249. Sonntag de« 23. Oktober 1921. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil Grumbach. Für die am 27. November 1921 stattfindende Gemeindevertreter-Wahl sind Wulst - vorschläge gemäß Z 11 und folgend des Ortsgesetzes über die Wahlen von Gemeindever- trerern bis zum 5. November 1921 bei dem unterzeichneten Wahlkommissar einzureichen. Es sind insgesamt 12 Gemeinde-Vertreter zu wählen. Die Wahlvorschläge müssen von mindestens 20 stimmberechtigten Personen unterzeichnet sein und dürfen nicht mehr Namen enthalten, als Gemeinde-Vertreter zu wählen sind. Die Wähler-Listen liegen vom 23. Oktober bis 1. November 1921 während der Geschäftsstunden im Gemeindeamt zur Einsichtnahme öffentlich aus. Alles Nähere über Beschaffenheit und Inhalt der Wahl- oorschläge usw., sowie über das Einspruchs-Verfahren gegen die Wählerlisten ist aus der Bekanntmachung an der Gemeindetafel zu ersehen. Grumbach, am 22. Oktober 1921. ns Der Wahllommissar Gemeindevorstand Schulze. kleine Zeituna kür effiae Leser. * Das Reichskabinett hat den in Berlin eingetrosfenen Wortlaut der Entscheidung über Oberschlesien beraten. Der Reichstag wird am Sonntag oder Montag dazu Stellung nehmen. * In Berlin sanden Verhandlungen über eine englisch amerikanische Finanzhilfe für Deutschland unter Teilnahme des Barons v. Rothschild, Ches des englischen Bankhauses, statt. * Die Wiederherstellungskonmussion in Paris billigte das Wiesbadener Abkommen unter dem Vorbehalt, daß die ein zelnen Entenieregierungen ihm zustimmcn, weil das Abkom men gewisse Abweichungen vom Versailler Friedensvertrag enthalte. * Der Abgeordnete Kenworthy brachte im englischen Unter haus einen Antrag zur Revision der in Versailles Deutschland auferlegten Reparattonsvilicht ein. . * Bei der gewaltsamen Umwälzung in Portugal wurden mehrere der bisherigen Mitglieder der Regierung ermordet. Änser Test. Wie ein betäubender Schlag hat die Kunde von dc, widerrechtlichen und gegen Vernunft und Menschlichkci verstoßenden Zerreißung des deutschen ob erschiess schenLandes unser Volk getroffen. Zwar waren alle vie den politischen Boden kannten, auf dem der UrteW spcuch vorbereitet wurde, schon lange von bangen Befurch tnngen gequält, aber niemand wollte doch bis zum letzte! Augenblick jede Hoffnung aufgeben, daß die erdrückend Menge von Gründen, die nicht etwa nur im deutsche: Interesse, sondern vor allem im Hinblick auf die große ge meinsame Aufgabe des europäischen Wiederaufbaus gege: eine Lostrennung einzelner wichtiger Teile des Abstim mungsgebietes vom Mutterlands sprachen, vielleicht doc' noch gegenüber den französisch-polnischen Augenblickswüi. schen, Begehrlichkeiten und Vernichtungsplänen die Ober Hand gewinnen könnten. Diese Hoffnung hat, wie so manche andere, die sich auf den Glauben an Recht uni Vernunft gründet, bitter enttäuscht, und Deutschland steh jeyt vor der allem menschlichen Ermessen nach unabänder liehen Notwendigkeit, einen großen Teil eines durch deni schen Fleiß reich gewordenen Landes an einen feindseli;. gesinnten Nachbarn preiszugeben, von dem man nicht er warten kann, daß er das ohne eigenes Recht und Verdienst erraffte Kleinod vor jämmerlichem Verfall zu bewahre'' weiß. Die harte Notwendigkeit, die Deutschland zwingt, sich mit zusammengebissenen Zähnen auch in dies Unrecht zu schicken, fordert aber gleichzeitig gebieterisch, daß nun dem Klagen ein Ziel gesetzt wird und daß wir uns darauf be sinnen, was die nächste Stunde von uns verlangt. Statt eines offenen Widerstandes gegen den Raub bleibt uns nur die Hoffnung auf die Zukunft, daß dieses Unrecht zu irgend einer besseren Zeit wieder gutgemacht wird. Dttran denken werden wir, — davon weiter zu sprechen, wäre jetzt Torheit, wo es gilt, aus der Betäubung zu erwachen und zu handeln. Dem Polen fällt bei dieser Teilung ein Ge schenk in den Schoß, mit dem er kaum umzugehen weiß. Er ist über seine Aufnahmefähigkeit bedacht worden. Bei ihm liegt die Zukunft des verlorenen Teiles Oberschlesiens nicht M guten Händen. Das hat auch die Entente einge sehen, die deshalb das uns entrissene Land nicht sofort ohne jede Einschränkung der Warschauer Regierung über ließ. Auf eine lange Übergangszeit von 15 Jahren hin aus bleibt der augenblickliche Zustand im ganzen Indu striegebiet trotz der sofortigen politischen Trennung in vieler Hinsicht unverändert erhalten. Deshalb wird uns und den Polen vorgeschrieben, ein Abkommen zur Durch führung dieses eigentümlichen Zwischenzustandes zu tref fen, also zunächst direkte Verhandlungen darüber mitein ander zu führen. Hier liegt der Ausgangspunkt aller wei teren Möglichkeiten. Der polnische Staat steckt einfach einen Gewinn ein, unser Teil aber ist die Sorge um die Zukunft, ist die Aufgabe, den neugefchaffe- nen Zustand genau daraufhin zu prüfen, was aus der Katastrophe zurettenist, und wie auf dem Wege der bevorstehenden Verhandlungen die Lebensfähigkeit unseres Oberschlesiens bewahrt und seine Existenzbe dingungen gesichert und gebessert werden können. Unser Teil ist entschlossenes Handeln und Ausnützung jedes Vor teils, der uns in diesem Unglück noch vielleicht erreich bar ist. Von diesem Gesichtspunkt allein darf das weitere Ver halten der deutschen Regierung bestimmt sein, und aus ihm ergeben sich alle Folgerungen, die von der Volksver tretung und den Parteien in der augenblicklich herrschen den Krisis gezogen werden müssen. Die deutsche Rcichs- regieritng hat zunächst nach dem Empfang der Briand- schen Note eine Sitzung abgehalten, in der der Außen minister über den Inhalt der Entscheidung berichtete. Eine Zweite Sitzung war dazu bestimmt, die Gutachten der ein zelnen Fachminister dazu zu hören, besonders natürlich des Wirtschaftsministsrs. des Verkehrs- und des Finanz ministers. Dann ist das Kabinett in die Lags versetzt, eine einheitliche Stellmignahme zu gewinnen, die in einer Re gierungserklärung ihren Ausdruck findet. Mit dieser Er klärung erscheint der Reichskanzler am Sonntag oder am Montag vor dem Reichstag und wird das Urteil der Volksvertreter darüber verlangen, ob die Haltung der Re gierung dem Willen der Mehrheit entspricht. Welches diesk Haltung fein wird, ist naturgemäß vom Verlauf der Ka- binettssitzung abhängig. Man rechnete mit der Möglich keit, daß das gesamte Kabinett auf Grund der Zer reißung Oberschlesiens vom Amte zurücktritt, weil die bisher von ihm verfolgte Politik der Erfüllung des UltimnttlMs auf der Voraussetzung beruhte, daß wir Oberschlesien behalten, nach dem jetzigen Entscheidungs spruch also als gescheitert und für die Zukunft unmöglich anzusehen wäre. Dieser einfachste normale Weg scheint aber im Augenblick nicht ratsam zu fein. Wenn man ihn beschreiten wollte, müßte vorher die neue Regle rn n g gesichert sein. Für eine solche haben aber die Par teien trotz tagelanger Sitzungen und Reden bis zum Über fluß noch keine Basis gefunden. Man würde also im Augenblick des Rücktritts erst wei tere Verhandlungen zu führen haben, um eine neue Regierung zu bilden. Die schlimmen Erfahrungen aus den Tagen der letzten Kabinettsumbil dungen schrecken von diesem Verfahren ab. Vielleicht - würde der Ausweg gewählt, daß die Regierung nach einem nur formellen Rücktritt die Geschäfte weiterführt, ! bis die Einigungsverhand'lungen zwischen den Parteien die Neubildung des Kabinetts ermöglicht haben. Aber auch dann wäre die Regierung zum mindesten in ihrer Handlungsfreiheit eingeengt, und gerade das sollte jetzt vermieden werden. Gewiß hat der Gedanke manches für sich, daß das Ausland durch den Rücktritt desjenigen Kanzlers, dem es immer wieder sein Vertrauen bekundete, eine deutliche Antwort auf den unerhörten Genfer Be schluß bekommt, aber wichtiger ist jetzt, daß den fachlichen Notwendigkeiten Rechnung getragen wird. Binnen acht Tagen müssen wir Bevollmäch tigte ernennen, die mit den Polen die Verhandlungen über die Durchführung der wirtschaftlichen übergangs maßregeln führen sollen. Da darf keine Zeit versäumt werden, um diese überaus wichtigen Konferenzen gründlich vorzubereiten, denn sie sind augenblicklich der einzige Weg, auf dem vielleicht noch eine Erleichterung unserer schweren Zwangslage erzielt werden kann. Es wäre daher im Augenblick auch nach der Ansicht zahl reicher Parlamentarier aus den verschiedensten Partei lagern das zweckmäßigste, wenn das Kabinett Wirth vor läufig wenigstens im Amte bliebe. Das neue harte Diktat erkennt an, daß für uns wie für die Polen aus dem neuen Zustand Aufgaben v,'n internationaler Tragweite erwachsen. Man sieht auch drüben ein, daß man ohne unsere freiwillige Mitarbeit nicht am Rande des Abgrundes vorüber kommt, in den die Zer reißung Oberschlesiens die europäische Wirtschaft zu stür zen droht. Wir selbst haben keine Ursache, die Fehler unserer Feinde gut zu machen, wohl aber haben wir das größte Interesse daran, den Ruin Oberschlesiens diesseits und jenseits der neuen Grenze zu verhindern. Wir keh ren auf diesem für uns so überaus schmerzlichen Wege in die internationale Politik zurück. Jetzt ist nicht Zeit, innere Streitigkeiten auszufechten, fondern zu erkennen, daß unser Teil, das uns nach dem Spruche von Genf verbleibt, nicht nur in bitteren Verlusten, sondern vor allem in großen neuen Aufgaben besteht, an die wir ungesäumt auf der Grundlage innerer Einigung in zielbewußter Arbeit Herangehen müssen. —m. * Der Eindruck in Berlin. Obwohl ein abschließendes Urteil über die Note noch von keiner amtlichen oder sonstigen politischen Seite bis her vorliegt, sei doch verzeichnet, was der Vorwärts über den Eindruck in Berlin berichtet. Das Blatt erklärt, in Berlin stehe man unter dem starken Eindruck, daß die Ent scheidung noch ungünstiger ist, als das nach den ersten Veröffentlichungen zu erkennen war. Die Wirkung dieser Tatsache auf die bürgerlichen Fraktionen, zumal auf die Demokraten und die Deuticke Volksvartei. sei unver- rennbar. Die Stimmung gegen das Kabinett Wirth habe sich verstärkt. Es bestehe die Absicht, neue Verhand lungen mi t der Entente anzubahnen. Auch aus führenden englischen Wirtschaftskreisen würden Stimmen gegen die oberschlesische Entscheidung laut, die sich mit dem deutschen Urteil über die wirtschaftlichen Folgen dieser neuen Gewalttat decken. Die englische Negierung aber scheine fest auf der Entscheidung von Genf zu beharren. — Es sei betont, daß dieser Stimmungsbericht durchaus auf subjektiven Eindrücken beruht, sodaß weitgehende Fol gerungen daraus noch nicht gezogen werden können. Die neue Grenze. Königshütte und Kattowitz polnisch. Die nach den Genfer Beschlüssen festgesetzte Trennungs linie durch das Abstimmungsgebiet verläuft von der alten Grenze bei Oderberg zunächst bis unweit Ratibor entlang der Oder. Dann biegt sie im rechten Winkel nach Nord osten, läuft im Bogen östlich um Bcuthen herum, um Wieder in nordwestlicher Richtung bis über die Malapane zu ziehen. In weitem Bogen Lublinitz umkreisend stößt sie etwa in der Höhe von Tschenstochan auf die alte schlesisch-polnische Grenze. Durch diese Linie werden von wichtigeren größeren Städten Rybnik, Pleß, Kattowitz, Königshütte, Tarnowitz und Lublinitz von Deutschland abgerissen. Nach Kreisen geordnet stellt sich der Verlust wie folgt dar: Deutschland verliert den südöstlichen Teil des Kreises Ratibor, den Kreis Rybnik bis auf die Nordwestecke, den Kreis Pleß, den Südostzipfel des Kreises Gleiwitz und fast zwei Drittel des Kreises Hindenburg, Stadt und Land kreis Kattowitz, Kreis Königshütte, den Süd- und Osttcil des Landkreises Beuthen, während die Stadt selbst deutsch bleibt, sowie endlich die überwiegenden Teile der Kreise Tarnowitz und Lublinitz einschließlich der Städte und der wichtigsten industriellen Anlagen. Was uns verloren gehi. Die Zukunft derKohlengruben gefährdet. Die Grenzlinie, die nun das oberschlesische Kohlen- und Jndustrierevier in zwei Teile zer reißt, ist bekanntlich auf Grund von Vorschlägen einiger Sachverständiger gezogen worden. In der Tat gewinnt man beim Nachprüfen der Wirkung dieser Trennung den Eindruck, daß diese Herren mit sehr großer Sachkenntnis vorgegangen sind, allerdings nicht etwa, um auf Grund ihrer Wissenschaft die »Lebensnotwendigkeiten der zerrisse nen Provinz selbst zu wahren, sondern vielmehr, um eine Lösung zu finden, die das Deutsche Reich seiner wirtschaft lichen und industriellen Kraftquellen in weitgehendem Maße beraubt. Die Franzosen erblicken ja in dem In dustriegebiet letzten Endes immer nur die „Waffen schmiede" Deutschlands für einen künftigen Revanchekrieg, den sie wohl mehr auf Grund ibres schlechten Gewissens