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MlsdrufferTageblatl Fernsprecher WilsdE fÜs 26!l^dsUff UNd ^MgegtNd Postscheckkonto Dresden 2640 lÄicheini läglich mit Aufnahme der Sonn- und Festtage nachmittags 5 llhr für den folgenden Tag. Äezugsvreis bei Eelbstabholung monatlich 5 Ml-, durch unsere Austräger zugetragen in der Stadt monatlich 5.50 Ml., auf dem Lande 5.65 Ml., durch die Post bezogen vierteljährlich 17.25 Ml. mit Zustellungsgebühr. Alle Postanffalten und potiboten sowie unsere Austräger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Fm Faste höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher leinen Anspruch auf Lieferung Ler Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Erscheint seit Znsertionspreis 1.50Ml. für die «gespaltene Korpuszeile oder deren Raum, Reklamen, die rspaltige Korpuszeile 5.50 Ml. Bei Wiederholung und Zahresauftrag entsprechender Preisnachlaß. Bekanntmachungen im amtlichen Teil lnur von Behörden) die 2 gespaltene Korpuszeile 4.50 Ml. Rachweisungs-Gebühr 50 pfg. Anzeigenannahme bis vormittags 10 Uhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Zeder Rabast anspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogcn werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. dem Zahre 1841 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide 1« Wilsdruff. Rr. 243 Sonntag den 16. Oktober 1921. 80. Jahrgang. Kleine Zeitung kür eilige Leser. * Der Genfer Beschluß soll bis Sonntag an Deutschland uno Polen mitgeteilt werden. Eine Nachprüfung durch den Ober sten Rat ist zweifelhaft. Wahrscheinlich wird nur die Botschas- terkonserenz einen Beschluß fassen. * England wird voraussichtlich keinen Einspruch gegen die Grenzziehung in Oberschlcsien erheben. Die wirtschaftlichen Bestimmungen sollen nur „empfohlen" werden. * Deutschland hat am 15. November keine Reparationszah lungen zu leisten, da diese durch die Naturalleistungen vom 1. Mai bis 31. Oktober vollkommen gedeckt sind. * Der Reichskanzler erklärte, daß die Regierung vorläufig nicht zurücktreten will. Der Reichstag wird voraussichtlich Mitte nächster Woche zusammentreten. * Im Preußischen Landtag fand eine große Debatte über die Politik des Ministers des Innern Dominicus statt. * In Wien begann die Tagung der Völkerbundsliga. Alle europäischen Nationen sind vertreten. Es darf nicht sein! Bon besonderer Seite wird uns geschrieben: Die bevorstehende Entscheidung über Oberschle siens Schicksal scheint alle Befürchtungen der Schwarz seher übertreffen zu »vollen. Das wahnwitzige Unterneh men, Hunderttausende von Menschen, die bei der Abstim mung klar und deutlich ihr Bekenntnis zum Deutschtum abgelegt haben, gegen diesen ihren ausgesprochenen Willen einem fremden, kulturell und sozialpolitisch unendlich weit hinter Deutschland zurückgebliebenen Staatswesen mit Ge walt zuzuwerfen, kann in dem von der Entente verkün deten Zeitalter der „Selbstbestimmung der Nationen" nur wie eine grausame Parodie auf dieses Programm wirken. Sollte aber diese rein menschliche Überlegung in den Ententcstaaten auf kühle Ablehnung stoßen, so müßte eigentlich, insbesondere in den kaufmännisch und industriell geschulten anglo-amerilanischen Staaten, ein anderer Ge sichtspunkt besser gewürdigt werden. Als vor kurzem die Internationale Gewcrkschaftskommission auf Grund einer Studienreise nach Oberschlesien einen unparteiischen Be richt über die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes erstattete, da stellte sie an den Eingang ihrer Untersuchungen den Satz: „Eine Erwägung drängt sich hier vor allem auf, die von um so größerem Gewicht ist, als sie von beiden Seiten anerkannt wird: Sie geht davon aus, daß das in Frage kommende Gebiet — und zwar nicht nur das verhältnismäßig kleine eigentliche Industriegebiet, in dem die Fabriken konzentriert sind, sondern auch die Nachbarlegionen mit ihren Rohstoffquellen eine Ein heit formen . . ." In der Tat, Oberschlcsien, dieses in verhältnismäßig kurzer Zeit mit allen Mitteln einer bis ins feinste dnrch- gebildcten Technik aus der südöstlichen Ecke Deutschlands hcrvorgestampfte gewaltige Industriegebiet, diese Zusam menpressung von Hüttenwerken, Walzwerken, Eisen- und Stahlgießereien, Kokereien, Zink- und Bleigewinnungs stätten, chemischen und Portland-Zcmentfabriken auf engstem Raume, ist eine in sich durch tausend Fäden ver bundene wirtschaftliche Einheit, ein lebender Organismus, der wiederum durch viele Zufluß- und Abflußadern mit dem deutschen großen Wirtschaftskörper verbunden ist. Eine Operation, die es unternehmen wollte, aus dem ober schlesischen Organismus einzelne Teile herauszulösen, wird allzu leickst zu einem Verbluten des Gesamtkörpers führen. Fm oberschlesischen Industriegebiet qualmen Hüttenwerke über einem von der Natur reichgcsegneten Stück Erde, in dem zu oberst Eisenerz, dann Zink- und Bleierze mit den für den Hüttcnbetrieb unentbehrlichen Zuschlagsmatcrialien Kalk und Dolomit, gelagert sind. Unter diesen liegt wieder der Brennstoff, die Kohle. Es ist eine einzige große Fabrik, ein riesiges Unternehmen, errichtet am .natür lichen Standorte", das heißt an der Zusammendrängung aller Rohstoffe, und vor allem gespeist aus ein und den selben Kraftquellen nach dem Prinzip der einheitlichen Elektrizitätsversorgung großer einheitlicher Strecken. Auch die gesamte Anlage der Verkehrsmittel, das Netz der Eisen bahnen, Kleinbahnen und Straßenbahnen und die Wasser versorgung sind vollkommen eingestellt auf die selbstver ständliche Einheit des ganzen Jndustriebezirks. Der englische oder amerikanische Unternehmer, der ein derart einheitlich organisiertes Privatunternehmer: i n drei Teile zerschlagen würde, müßte in den Augen seiner Bcrufsgenossen für einen kompletten Narren gehal ten werden. Denn er versündigt sich sowohl gegen dis ele mentarste Vernunft, als auch vor allem gegen die Grund sätze industrieller und kaufmännischer Rentabilität, die in der Herabdrückung der Selbstkosten und in der Verbilli gung des Produktionsprozesses durch möglichste Verein fachung und Vereinheitlichung des Betriebes bestehen. Man sage nicht, daß diese Gründe nicht ausschlaggebend sein dürften, weil es sich hier nicht um einen privaten Betrieb, sondern um ein ganzes Industriegebiet handelt! Genau so wie der Unternehmer (und mit ihm die Volks wirtschaft) ein großes Interesse an dem Gedeihen eines großen Werkes und an der möglichst preiswerten Hebung der Bodenschätze hat, so hat die gesamte Weltwirt schaft ein ungemein starkes Interesse an dem Gedeihen großer Jndustriebezirke und vor allem an der Förderung der riesigen Bodenschätze Oberschlesiens, das allein, in Liesen bis zu ABO Meter, etwa 113 OOÜ Millionen Tonnen abbauwürdige Steinkohlen umfaßt! Die Zerreißung des obcrschlesischen Industriegebietes ist ein noch unfaßbar schweres Unglück für Deutschland, das unser Vaterland in die größten wirtschaftlichen Krisen und Nöte stürzen muß. Sie ist weiter ein Faustschlag in das Gesicht der Menschlichkeit und ein Attentat gegen die Würde der Nationen. Sie bedeutet aber auch eine Absage an die gesunde Vernunft und eine ungemein schwere Schä digung der Weltwirtschaft. Denn die auf Kohle, Erze und industrielle Fabrikate, auf die Qualitätsarbeit deutscher Arbeitsstätten angewiesene Weltwirtschaft muß es als einen bis in alle Länder fühlbaren Verlust buchen, wenn einer der höchst entwickeltsten zukunftsreichsten Indust-ie- bezirke der Welt an ein Land verschachert wird, dessen Bankrott dadurch doch nicht aufzuhalten ist, das niemals imstande sein wird, Oberschlesien auch nur annähernd auf der gleichen Höhe zu halten und unter dem die Kohlen förderung nicht aufrechterhalten werden kann. Und so muß der gesunde Menschenverstand und das nüchtern wirtschaftspolitische Denken und Fühlen in der ganzen Welt mit Macht gegen diesen Jrrsinnsbeschluß aufgeboten werden, der um keinen Preis das letzte Wort in der ober- schlesischen Schicksalsfrage sein darf. Nie Grenze wird diktiert. DaS Wirtschaftsabkommen wird „empfohlen". Die auf Grund englischer Meldungen entstandene Hoff nung, daß der Genfer Beschluß nicht auch zum Beschluß der alliierten Mächte erhoben werden würde, ohne wenig stens einer Nachprüfung und einem Vergleich mit dem > Friedensvertrag unterworfen zu werden, scheint sich nicht mehr halten zu lassen. Das amtliche Bureau Havas mel det: Die englische Regierung hat tatsächlich den Wunsch geäußert, festzustellen, ob die Anempfehlung des Völker- j bundsrates i dem Versailler Vertrage entspreche, ! bevor sie bestätigt wird. Havas bemerkt hierzu, in dieser i Beziehung scheine es kaum einen Zweifel zu geben. ! Das Gutachten des Völkerbnndsrates enthalte zwei von einander getrennte und unabhängige Teile. Der erste Teil enthalte die Festlegung der Grenze zwischen Polen und Deutschland in Oberschlesien. In dieser Beziehung er gäben sich keine Schwierigkeiten. Abgesehen von ocr Grenzlinie enthalte das Gutachten aber noch Pläne betreffend wirtschaftliche Fragen, deren Annahme vom Völkerburrdsrat als wünschenswert zur Ver vollständigung der Grenzlinie erachtet wird. So wün schenswert auch ein vorläufiges Wirtschaftsregime, wie es vom Völkerüundsrat empfohlen werde, erscheine, könne es doch nicht gesetzmäßig den beiden beteiligten Par teien auferlegt werden. Man werde sich also darauf be schränken, den Polen und den Deutschen zu raten, sich miteinander zu verständigen, um die Ausbeutung des Industriegebietes zu sichern. Bezüglich der Grenze werde von den Alliierten also eine endgültige Entscheidung getroffen werden, bezüglich des vorläufigen Wirtschafts- regimes aber nur eine Empfehlung folgen. Es habe nicht den Anschein, daß eine Konferenz des Obersten Rates nötig sein werde, um den Vor schlag des Völkerbundsrates zu bekräftigen. Somit würde wahrscheinlich dem Botschafterrat die Aufgabe zu fallen, die Entscheidung der Alliierten Warschau und Ber- l i n mitzuteilen, was zweifellos zu Beginn der nächsten Woche erfolgen werde. Vorher würde die Interalliierte Kommission inoffiziell verständigt werden, die alle zur Aufrechterhaltung der Ordnung nötigen Maßnahmen zu treffen haben werde. Binnen eines Monats nach der Notifizierung der Ent scheidung würden die polnische und die deutsche Regierung für die Verwaltung ihrer Gebiete zu sorgen haben. Die Aufgabe der Interalliierten Kommission werde sofort nach der Zurüüführuug der französischen Truppen ihr Ende finden. Oer Einfluß auf die „Reparationen". Die geschmälerte Produktionsbasis. Den Mittelpunkt der politischen Erörterungen in Berlin, die sich an die Genfer Entscheidung anknüpfen, bildet die Frage, welche Folgen sich aus der unsinnigen Grenzziehung, falls diese sich nicht noch irgendwie ver hindern läßt, für die gesamte Politik Deutschlands gegen über seinen Gläubigerstaaten ergeben. Dabeiliegtesklaraüs der Hand, daß nach so schweren Verlusten für uns nicht mehr Vie Möglichkeit besteht, unsere im Ultimatum übcr- asttlmcnrrl Verpflichtungen im bisherigen Umfange zu er füllen. Da die genauen Einzelheiten des Völkcrbnuds- artcilS nicht einwandfrei bekannt sind, muß man sich vor läufig auf Schätzungen dieser Schädigungen beschränken. Bei der sehr verzweigten Verflechtung der Kohlen- und Erzproduktion und den gesamten Jnduftricverßältnissen ves oberschlesischen Reviers sind auch solche Schätzungen mit großen Schwierigkeiten verknüpft. Es würde eine weitgehende Umstellung des deutschen WirtschaftsspstcmS, insbesondere auf die uoch mehr geschmälerte Kohlen- und Krafwersorgnng notwendig werden, deren Einzelheiten sich noch nicht übersehen lassen. Man K,än Parlaments kreisen auch der Ansicht, daß keinerlei politische Entschei- vung möglich sein wird, ehe nicht völlige Klarheit über oen Umfang der von Deutschland geforderten Opfer ein getreten ist. Dieser Standpunkt gilt insbesondere auch von der Koalitionspolitik. Aus diesem Grunde ist im Augenblick auch die sogenannte „innere Krisis" zu einem vorläufigen Stillstand gekommen, und die Pause wird da zu benützt, um durch unverbindliche Besprechungen den Boden für eine größere politische Aktion im Sinne einer Regierungsverbreiternng vorzubereiten. * Eine Verlustliste. Wenn die Nachrichten über die Teilung Oberschlesiens sich bestätigen, dann gehen 86 Prozent der oberschlesischcn, bezw. 42,5 Prozent der gesamten deutschen Kohlenvorrälc bis zu 1500 Meter Tiefe verloren. 64 Prozent der ober schlesischen Steinkohlcnsörderung kommen an Polen, was nach den Förderungsziffern von 1913 einen jährlichen Ausfall von 28 Millionen Tonnen Steinkohlen für Deutsch land bedeutet. Es kommt hinzu, daß die deutsch bleiben den Kohlenwerke zum großen Teil stark abgebant sind. Von der gesamten deutschen Zinkproduktion gehen mehr als 60 Prozent an Polen verloren, ebenso kommen sämt liche deutschen Zinkhütten Oberschlesiens in polnische Hand. Von der deutschen Bleierzförderung Und den darin ent haltenen Silbererzen gehen 27 Prozent verloren, da 75,4 Prozent der oberschlesischen Bleierzvorkommen in dem ab getrennten Gebiete liegen. Für die Eisenindustrie lassen sich noch keine ganz genauen Zahlen mitteilen, doch ist auch hier mit einem Verlust von mehr als 63 Prozent der ober schlesischen Eisenindustrie zu rechnen. Der iürkilcke Sieg cm Kaltstellung des griechischen F e 1 d h e r r n. Die Türken bleiben dabei, daß bei den letzten Kämp fen der Sieg bei ihren Fahnen war. Die Athener Nach richten, nach denen die griechische Armee in Pein Abschnitt des Sakaria einen großen Sieg davongeträgen haben soll, werden für unrichtig erklärt. Die Türken setzten vielmehr in diesen, Abschnitt ihren Vormarsch fort. Diese Auffassung erhält eine bedeutende Stütze durch die Athener Meldung, daß das griechische Kabinett den General Dusmanis, der erst vor kurzem GcncraKwblchef der Armee geworden war, jetzt plötzlich ans dem Dienst entlassen hat! Liman von Sanders' Ansicht. Der Führer der früheren deutschen Militärmission in der Türkei, Marschall Liman von Sanders, äußerte über die Lage im nahen Orient u. a.: Der Kampf der Griechen gegen den tür kischen Freischarenführer Mustapha Keniat ist ein Versuch Eng lands, den ihm in se' a Orientplänen unbequemen Islam nie derzuringen. Nur veu sich die Engländer gründlich verrech net, wenn sie in di. m Kampfe gerade die Griechen Vorschüben. Kein Volk begegnet in der ganzen mohammedanischen Bevölke rung so ausgesprochenem Hasse wie das griechische. Die Stel lung des Königs Konstantin scheint stark geschwächt zu sein. Die Engländer werden aus die Hilse Griechenlands zur Not der-