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Wochenblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Wilsdruff, Tharandt, Reffen Liebenlelm und die Umgegenden. Amtsblatt 86. Dienstag den 6. December 1870. Neueste Nachrichten. Dresden, 2. December. Das „Dr. I." meldet: Se. Majestät der König haben von dem Höchstcommandirendcn des 12. (königlich sächsischen) Arnieecorps, Prinzen Georg königlicher Hoheit, das nach stehende Telegramm erhalten: „Chelles, Donnerstag, 1. December. Gestern Mittag bis zum Abend hat die 24. Division mit Theilen der Eorpsartillerie in Gemeinschaft mit den Würtembergern bei Noisy und Villiers ein heftiges, aber glänzendes Gefecht bestanden. Die Franzosen, zwischen Brie und Villiers vorgedrungen, sind über das Plateau zurückgeworfen worden, mehrere Hundert Gefangene in un fern Händen lassend. Nach Aussage dieser standen 50,000 Mann gegenüber. Bis jetzt sind als diesseitiger Verlust gemeldet 12 Osficicrc und 100 Mann. Der für heute angekündigte abermalige Ausfall er folgte nicht. Georg. Dresden, 4. December. Se. Maj. der König haben von dem Höchstcommandirenden des 12. (königl. sächsischen) Arnieecorps Prin zen Georg königl. Hoheit die nachstehende telegraphische Meldung erhalten: Chelles, 3. Dec., Abends halb 8 Uhr. Die Verluste am 30. Novemb. und 2. Dec. lassen sich wegen andauernder Alarmirung und Bewegung der Truppen noch nicht feststellen, dürften jedoch nicht unter 1500—2000 Mann betragen. Die Anzahl der gefangenen Franzosen beträgt 3000 Mann, dabei mehrere Officiere. Berlin, 2. December. Officielle militärische Nachrichten mel den: Versailles, den 1. December. Der Verlust der Franzosen bei dem gestrigen mißglückten Ausfälle auf der Südost-Front von Paris an Todten, Verwundeten und Gefangenen ist sehr bedeutend. Heute wurde von ihnen zur Beerdigung ihrer Gefallenen ein mehrstündiger Waffenstillstand erbeten. Auf unserer Seite beträgt der Verlust bei der würtembergischen Division etwa 40 Officiere und 800 Mann, bei der Brigade Du Thoßel des zweiten Armeecorps 2 Officiere und etwa 70 Mann. Der sächsische Verlust ist noch nicht constatirt. Heute verhielt sich der Feind vollständig ruhjg. v. Podbielski. Berlin, 2. December. Bezüglich der Stellung der Fractionen zu den Verfassungsverträgen verlautet, daß in der nationalliberalen und Fortschrittspartei noch divergirende Ansichten herrschen und Amendirungsversuche der Verträge möglich sein, doch dürften bei Nichtgeling'cn derselben die Verträge gegen nicht erhebliche Minorität angenommen werden. Die Fortschrittspartei beschloß, zu beantragen, die deutsche Verfassung einem nach dem Wahlgesetz des Zollparla ments gewährten gemeinsamen Reichstage vorzulegen. Der Antrag fand bis jetzt noch nicht ausreichende Unterstützung, da derselbe nicht von der gesammten Fortschrittspartei angenommen ist und die Geg ner des Antrages sich weigern, denselben zu unterzeichnen. Der Ver trag mit Bayern dürfte zuerst zur Specialdebatte gelangen, da die andern Verträge verhältnißmäßig wenig Schwierigkeiten bieten. Berlin, 4. December. (Officiell.) Von Sr. Maj. dem Könige ist an Ihre Maj. die Königin das folgende Telegramm angelangt: Versailles, 3. Decemb. Heute kein Gefecht von Erheblichkeit, doch scheint der Feind vor Vincennes sich noch zu verstärken. Tresckow's Division har gestern 7 Kanonen genommen und 1800 Gefangene ge macht, darunter 1 General und 20 Officiere. Wilhelm. Versailles, 3. Dec. Die feindliche Armee in Paris hat heute keinen neuen Versuch zum Durchbruch unternommen, v. Podbielski. Stuttgart, 2. December. Der heutige „Staats-Anzeiger" meldet: Der König telegraphirte dem General Obernitz, seine Befrie digung über das tapfere Verhalten der Truppen ansdrückcnd, indem er die Sorge für die Verwundeten dem Prinzen von Weimar em pfahl. Letzterer telegraphirt weitere Details: Von den Ossicieren sind 8 todt und 32 verwundet. Von den Mannschaften sind etwa 400 todt und 600 verwundet; besonders gelitten hat das 1. Infan terie-Regiment und das 2. Jägcrbataillon. Die Artillerie hat viel Pferde, aber wenig Mannschaft verloren. Die Reiterei hat geringe Verluste. Breslau, 2. December. Eine Depesche des Generals von Tümpling an das Genralcommando in Breslau lautet: Villeneuve- Roi, 1. December, Mittags. Gestern 2 Uhr Nachts war unter dem heftigsten Feuer der sämmtlichen Forts und der Kanonenboote be ginnend, ein erneuerter großer Ausfall gegen die diesseitige und die würtembergische Front, angeblich unter Ducrot lind Trochu mit 120,000 Mann. Vom 6. Arnieecorps bis 11 Uhr siegreich zurückgc- wiesen, konnten dem stark angegriffenen linken würtembergischen Flü gel dann 6 Bataillone, 2'/? Escadron und 2 reitende Batterien zur Unterstützung über Villeneuve und St. Georges zugeführt werden. Nachmittags 3 Uhr ward die diesseitige Stellung von Neuem heftig angegriffen, nach 6 Uhr waren die Franzosen überall zurückgeworfen. Dank unseren Verschanzungen ist der Verlust verhältnißmäßig gering. Berlin, I. December. Officielle militärische Nachrichten melden: I. Versailles, 30. November. Der Königin Augusta in Berlin. Gestern schlug das 6. Armee-Corps einen Ausfall südlich von Paris bei L'Hay siegreich zurück, wir machten über 100 Gefangene, die Franzosen hatten viele Hundert Blessirte und Tode; wir hatten 100 Mann Verlust. — Heute war ein bedeutender Ausfall nach Osten gegen die Würtemberger und Sachsen bei Bonncuil für Marne, Champigny und Villiers, die vom Feinde genommen, bis zur Dunkel heit aber mit Hülfe unserer 7. Brigade wiedergenommcn wurden. Gleichzeitig sanden nach Nordosten bei St. Denis gegen die Garde und daö 4. Arnieecorps nur leichte Ausfälle statt. Ich konnte Ver sailles nicht verlassen, um im Centrum zu bleiben. Es scheint der Feind auf einen Sieg bei Orleans gerechnet zu haben, nm hen Sieger cntgegenzugchcn, was aber mißglückte. Wilhelm. 2. Versailles, 30. November. Nachdem gestern das 6. Ar meecorps mehrfache Angriffe des 1. Corps der 2. Armee von Paris siegreich zurückgewiescn hatte, wurde während der ganzen Nacht von den Forts ein ungewöhnlich heftiges Feuer unterhalten. Heute Morgen entwickelte der Feind, unter gleichzeitiger Demonstration auf ver schiedenen Punkten der Enceinte von Paris sehr bedeutende Streit kräfte zwischen der Seine und Marne und griff mit denselben um 11 Uhr unsere dortigen Positionen an. Es entspann sich ein sehr heftiger Kampf, von unserer Seite hauptjäcblich geführt durch die würtembergische Division und dem größten Theil des 12. (königlich sächsischen) Arnieecorps, sowie durch Theile des 2. und 6. Armee corps. Der Kampf dauerte bis 6 Uhr Abends, zu welcher Stunde unsere siegreichen Truppen den Feind auf der ganzen Linie zurück- geworfcn hatten. — Die Entscheidung vor Paris wird nach den neuesten Ereignissen daselbst wohl in kurzer Zeit bevorstchcn. Zwei in großem Maaßstabe organisirte Ausfälle des General Trochu haben für die Franzosen Nichts als ein nutzloses Blutvergießen zur Folge gehabt und cs bleibt bei diesem fruchtlosen Ringen, sich der Umklammerung der deutschen Heere zu entziehen, nur das Eine bemerkenswcrth, nämlich, daß entgegengesetzt allen vorhcrgegangcnen Zeitungsnachrichten die Pariser Garnison doch noch Ermulhignng für diese Action gefunden hat, nachdem erwiesenermaßen die Nationalgarde und auch die regulären Truppen sich früher geweigert hatten bei einem Ausfall ihr Leben in die Schanze zu schlagen. Der von Trochu gewählte Zeitpunkt für den Angriff auf die Ccrnirungslinie unserer Armee giebt, abge sehen von der hiermit übereinstimmenden Meldung des Königs von Preußen an Vie Königin, Ausschluß über den Gesammtplau, welchen die Regierung in Tours und Paris für die Operationen der neuen französischen Heere festgestellt hatten, der jetzt freilich nach allen Richtungen durch die Bravour der Deutschen durchkreuzt worden ist. Der Plan beabsichtigte nichts Geringeres, als die Bclagcrungs- armee vor Paris von drei, womöglich von 4 Seilen anzugreifen und nach gelungenem Entsatz in Cooperation mit der Armee von Paris zn vernichten. Dieser Bestimmung sollten die Nordarmcc, die West armec und die Loirearmee dienen und schließlich sollte auch Garibaldi von Osten her in die Action mit cingreifen. Das Treffen bei Drcux war die Folge der Annäherung der Westarmee, die Kämpfe bei Amiens waren das Resultat des Vormarsches der Nordarmee und das Rencontre bei Beaune la Rolande entspann sich, als die Loirc- armee in der Richtung nach Fontaineblau durchzubrcchen versuchte. Glücklicherweise sind die großen Plane der Franzosen an der Wach samkeit und Tapferkeit der Deutschen gescheitert. Die Berichte über die neuesten Kämpfe enthalten das Zugeständniß, daß die Franzosen den Unsrigen an Zahl überlegen, gut bewaffnet und widcr Erwarten mit bedeutender Artillerie versehen sind, also noch manchen heißen Kampf zu kämpscn fähig und entschlossen sind.