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ThmM, Nossen, Aitbtiilthn nnd die Umgegenden. siir die Königl. Amtshauptmunnschaft zu Meißen, das Königs. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. 44. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. «8 Tagesgeschichtc. Die Varziner Zusammenkunft beschäftigt begreiflicher Weife auch die politischen Kreise in Oesterrelch-Ungaru in hohem Grade. Die tonangebenden Wiener Blätter widmen diesem Ereigniß eingehende Artikel, in denen sämmtlich Vie Fortdauer der ausgezeichneten Bezieh« uugen zwischen Oesterreich und Deutschland betont wird, wie sie die Konferenz Bismarcks mit Kalnoky markire. Selbst die Czechen- und Polenblätter wagen nicht, die Varziner Zusammenkunft zn bekrittln, man weiß in diesen Kreisen trotz aller sonstigen Angriffe auf das Deutschthum sehr wohl, daß Oesterreich erst durch das Bündniß mit Deutschland Macht und Einfluß im europäischen Konzert gewonnen hat und so hüten sich die Herren Czechen, Polen u. s. w. wohlweis lich, an der deutsch-österreichischen Allianz zu rütteln. Angra Pequena, das in der Politik eine so große Rolle spielt, ist eine Bucht mit ausgezeichnetem Hasen an der westasrikanischen Küste und umfaßt ein Gebiet von etwa 900 Quadratmeilen, so groß wie Westphalen und Rheinprovinz zusammen. Der unternehmende Bremer Kaufmann Lüderitz hat dieses Gebiet von dem Hottentottenhäuptling Fredericks gekauft, man sagt für 2000 M., 200 Flinten und eine Portion Cognac. Er hat dort eine Handelsfaktorei gegründet und gedenkt zunächst die Metallschätze auszubeuten. Zur Auswanderung sit das Gebiet zunächst noch nicht geeignet und Lüderitz selber redet Ausmanverungslustigen vorläufig so lange ab, bis das Land näher erforscht ist. Zu diesem Zwecke geht nächstens eine Expedition von Bergleuten unter Führung des Direktors Pohle aus Freiberg und des Naturforschers Schinz aus Zürich ab, welche die Küste und das Laud untersucht. Durch Bohrungen artesischer Brunnen hofft man Süß- Wasser zu gewinnen. Jenseits einer öden Küstenzone von etwa 5 Meilen Breite ist der Boden eine kulturfähigc Steppe, wo die Hotten- schlechte Ackerbauer sind, Mais, Weizen, Gerste rc. bauen. Als Lehrmeister hat ihnen Lüderitz einen deutschen Gärtner und meh rere deutsche Landleule gegeben. Köln, 16. August. Ueber die bereits gemeldete Verhastung zweier französischer Spione kann die „Köln. Ztg.", nachdem die Voruntersuchung geschlossen ist, folgende genaue Mittheilung machen: Am 7. d. M. kamen im Gasthof zur Stadt Lüttich in Koblenz zwei Fremde an, die sich als KIsin, otürisr kranyaio, und Kühlmann, propristairs, ins Fremdenbuch eintrugen. Ihre einzige Aufgabe fchien im Spazierengehen nach den Koblenz umgebenden und beherrschenden Höhen, namentlich dem Kühkvpf, zu bestehen. Zudem folgten sie aus möglichster Nähe den Festungskriegsübungen. Am 11. d. hatten sie sich im Walde hart an eine Batterie herangemacht und so verdächtig dabei benommen, daß dem deutschen Oifizier der wahre Charakter der Fremden nicht mehr zweifelhaft sein konnte, umsoweniger, als dieselben im Gasthof, in dem viele deutsche Offiziere verkehren, in aufdringlicher Weise sich seit acht Tagen an letztere herangemacht und Gespräche mit ihnen über die Manöver hervorzurufen gesucht hatten. Der deutsche Offizier erwies ihnen nicht die Ehre, sie an der Batterie zu verhaften, sondern erstattete seinem Vorgesetzten Anzeige, der dann die Verhaftung derselben durch die Polizei veranlaßte. Die Untersuchung hat die volle Schuld der beiden in den Mittlern Jahren stehenden Herren er geben. Man fand bei ihnen eine Menge Karten, Ortsaufnahmen, Skizzen, Aufzeichnungen, die es zweifellos machte», daß sie Militär spionage betrieben haben; und zwar nicht etwa auf eigene Hand wäh rend eines Urlaubs, sondern auf unmittelbaren Befehl des fran zösischen Kriegsministers. Im Besitz des Klein fand sich unter den Papieren und Banknoten eine chiffrirte Depesche des französischen Kriegsministers Campenou an Klein vor, die Letzterer selbst entziffert und durch Ausschneiden und Wiederzusammenkleben der Buchstaben lesbar gemacht hatte und die in der Uebersetzung etwa lautet: „Sie haben sich angesichts dieses sofort nach Paris zu begeben und hier nähere Befehle in Empfang zu nehmen, die eine Dienstreise nach Koblenz betreffen." Die so sorgfältige Aufbewahrung und selbstgefertigte De- chiffrirung dieser Depesche läßt über das Talent des Herrn Franzosen für das Handwerk, zu dem er kommandirt war, keine große Meinung aufkommen. Klein ist Platzingenieur von Perpignau. Rühlmann, von dem man nicht weiß, ob der im Gasthof angegebene Name richtig ist, und der sich überhaupt etwas vorsichtiger benahm, ist ollst" äs Hattoris (etwa zweiter Artillerieoffizier vom Platz) in Belfort. Die Schuld der Verhafteten hat sich fo klar ergeben, daß die Voruntersuch ung schon geschlossen werden konnte, so daß die gerichtliche Verhandlung alsbald stattfinden wird. Der Bischof von Regensburg hat sich den neulichen Wink des Papstes zu Herzen genommen und von allen Kanzeln seiner Diö- cese einen Hirtenbrief gegen die Freimaurer verlesen lassen. Man erfährt daraus, daß die Freimaurer „die katholische Kirche aus- rotteu wollen", daß sie „im Bunde mit den höllischen Mächten" stehen und nur „durch die Patrone der katholischen Kirche im Bunde mit der allecseligsten Jungfrau" wirksam „bekämpft" werden können. Die katholischen Pfarrer sollen alle Schriften über Freimaurerthum studiren und das Volk in einer Reihe von Predigten über dasselbe gründlich belehren. O heilige Einfalt! >884, Die Zusammenkunft des Czaren mit dem Kaiser von Oester reich eventuell mit dem Kaiser von Deutschland ist nach einem Tele gramm des „Dtsch. Mtgs.-Bl." in nächster Zeit unbedingt zu erwarten, doch können im vorhinein alle eventuellen Mittheilungen über Ort und Datum als falsch erklärt werden, diese Details werden erst im letzten Momente bekannt werden. Nicht unwichtig als Zeichen für die beginnende ruhigere Stimm- mung in Frankreich gegen Deutschland ist das Eingehen vieler Pariser Hetzblätter. Das bekannteste ist der „Anti-Prussien". Es ist aus Mangel an Abonnenten und Käufern eingegangen, hoffentlich zur ewigen Ruhe. Die anderen Hetzblätter Anti-Berlin, Alsace-Lorraine und Drapeau folgen ihm in Kürze nach; die reichen Gönner derselben finden, daß sie ihr Geld zum Fenster hiuauswerfen. Diese Blätter haben keinen Boden mehr in der Masse des Volkes, das der Ruhe bedarf, um mit den Nothwendigkeiten des täglichen Lebens zu kämpfen. Der Leidenschaft geht daniit das tägliche Brot ans. Auf Anregung mehrerer aus Berlin und Hamburg ausgewiesener Sozialdemokraten, die nach Nordamerika ausgewandert sind, hat sich dort, wie man der „Nat.-Ztg." meldet, in sozialdemokratischen Kreisen ein Komitee gebildet, um die hiesigen Sozialdemokraten bei der bevor stehenden Agitation für die Reichstagswahlen mit Geldmitteln zu unterstützen. Etwa 6000 M. sind bereits drüben gesammelt worden. Ilm für dieMeichstagswahlen 1881 die nöthigcn Gelder herbeizuschaffen, unternahmen damals die sozialdemokratischen Agitatoren Fritzsche und Viereck eine Agitationsreise nach Amerika. Die großen Londoner Blätter sind bisher mit vollständigem Still schweigen über den neuesten Angriff der „Nordd. Allg. Ztg." hinweg- gegangen, uur der konservative „Standard" spricht sich hierüber fol gendermaßen aus: „Wir können natürlich nicht sagen, welche Provo kation, von der die Welt noch nichts weiß, Fürst Bismarck zu theil geworden ist, allein allem Anschein nach ist der Grund dieser Entrüstung ein erstaunlich geringfügiger. Die englische Nation ist nicht nur dem deutschen Volke wohlgeneigt, sondern betrachtet dasselbe mit der Herz lichkeit eines Verwandten. Unser Handel ist in bemerkenswerther Weise auf teutonischer Unternehmungslust gegründet, und in keinem Theile der Besitzungen der Königin hat irgend ein deutscher Kaufmann Ursache, sich über unfreundliche Behandlung zu beklagen. Man nehme für einen Augenblick an, daß das englische Auswärtige Amt sich zö gernd oder unmanierlich oder hochmüthig benommen habe; zugegeben, des Argumentes wegen, daß unsere Mitbürger bei den Antipoden un bequem empfindlich gegenüber einer fremden Annexion in der Nähe ihrer Küsten sind — was wäre das Anderes, als vorübergehende Zwischenfälle, von welchen eine nüchterne Staatsmannskunst keine Notiz nehmen sollte? Wir freuen uns der Versicherungen des Wohlwollens, mit welchen die Remonstrationen unserer deutschen Kritiker verbunden sind, und wir erwidern diese Versicherungen aufrichtig und herzlich. Aber das muß wenigstens gesagt werden — und Fürst Bismarck vor allen Anderen wird die Kraft dieser Bemerkung zu würdigen wissen — daß unsere Freundschaft durch Drohungen nicht gesichert werden kann. England ist, wie Deutschland, eine stolze und mächtige Nation und kann selbst der größten Macht nicht nachgeben. Wir können nicht glauben, daß Klugheit und Vernunft in Varzin der Laune und Ver stimmung Platz gemacht haben. Wenn ein Mißverständniß vorliegt, kann es gehoben werden, wenn eine Unannehmlichkeit vorhanden ist, wird sie vorübergehen, allein es ist kindisch, aus gelegentlichen Zwischen fällen in dem Benehmen eines Kabinets eine internationale Frage zu machen und vage Drohungen gegen ein Land zu richten, welches nicht einmal von einer Beleidigung träumt." So das Londoner Blatt. So unschuldig, wie dasselbe das Verhalten Englands Deutschland gegenüber in neuester Zeit darstellt, ist es nun doch wohl nicht, und in Varzin hat man sich doch von „kindischen" Anwandlungen, wie sie der „Standard" in nicht gerade höflicher Weise wittert, bisher fern zu halte» gewußt, und die „Vernunft" hat dort zu herrschen noch nie aufgehört. In Brüssel fand am 18. d. im Rathhause eine Versammlung der liberalen Vereinigung statt, in welcher beschlossen wurde, sofort den Kammern einen Protest gegen das neue Schulgesetz zu gehen zu lassen. Sollte das Gesetz durch die Repräfentantenkammer votirt werden, so will die liberale Vereinigung Vertreter der liberalen Partei des ganzen Landes nach Brüssel berufen, um den König zu ersuchen, dem Gesetze die Sanktion nicht zu ertheilen. Diese Versamm lung der Liberalen würde voraussichtlich am 31. d. M. stattfinden. Angesichts der Zunahme der Cholerafälle in Italien sah sich die österreichische Regierung veranlaßt, im Verkehre zu Land und zur See verschärfte Vorsichtsmaßregeln eintreten zu lassen. Zunächst wird das Verbot der Haderneinfuhr ergehen. Anläßlich der Hinrichtung des mehrfachen Raubmörders Stell macher hat die Gruppe „Newyork" der internationalen Arbeiterasso ziation an die „Proletarier aller Länder" eine mit Trauerrand versehene Proklamation erlassen. In derselben wird der abscheuliche Verbrecher als „tapferer, opsermuthiger und getreuer Genosse" bezeichnet, welcher nur aus Liebe für die Nothleidenden auf Erden sich zum Opfer ge- Freitag, den 22. August