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WßMWlM Tharandt, Rossen, Aiebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für die König!. Amtshauptmannschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Witsdrusf. 44. 4»I»rN«NA. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. - Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr 67 Dienstag, den 19. August 1884. Bekanntmachung. Mit Geldstrafe bis zu 60 Mark —- oder entsprechender Haftstrafe wird belegt, wer außerhalb der Zeit von Abends 8 Uhr bis Vormittags 8 Uhr auf Straßen und öffentlichen Plätzen Jauche füllt oder füllen läßt. Wilsdruff, am 18. August 1884. Der Bürgermeister. Ficker. Danesgeschichte. Ter österreichische Minister des Auswärtigen Graf Kalnoky ist zum Besuch des Reichskanzlers Fürsten Bismarck von Wien in Varzin eingetroffen und wird in Potsdam nach vom Kaiser Wilhelm empfangen werden. Ob irgend eine besondere Angelegenheit die Zu sammenkunft der beiden Staatsmänner veranlaßt, darüber wird man jedenfalls erst nach einiger Zeil Aufschluß erhalten; die natürlichste Erklärung des Besuches ist wohl die, daß bei der engen Gemeinschaft Deutschlands und Oesterreichs auf dem Gebiete der auswärtigen Po litik von Zeil zu Zeit ein Persönlicher Meinungsaustausch über die schwebenden Fragen wünschenSwecth gefunden wird, was allerdings nicht ausschließt, daß eine spezielle Angelegenheit dabei in erster Linie zur Erörterung kommen mag. Das mit dem Auswärtigen Amt in Verbindung stehende Wiener Fremdenblatt schreibt zur Begegnung des Grafen Kalnoky mit Fürst Bismarck: „Weder Graf Kalnoky noch Fürst Bismark nahmen aktive politische Zwecke für die Varziner Aus einandersetzung in Aussicht. Es tritt vielmehr 'n der Thätigkeit der beiden Staatsmänner gerade unverkennbar die Sorge um Hintanhal tung von Aktionen hervor, die zu europäischen Verwickelungen führen könnten. Die Arbeit in Varzin wird dem Frieden dienen und gleich zeitig das Deutschland und Oesterreich verbindende Band noch fester schürzen. Die Einmüthigkeit beider Minister und ihre gegenseitige rückhaltlose Offenheit sind wichtige Faktoren für die Fortführung des Friedenswerkes." Die „Nordd. Allg. Ztg." bringt einen ungemein scharfen Artikel wegen der Feindseligkeit Englands gegenüber den deutschen Ko- lonialbestrebungen. Der Artikel ist an die Adresse der Londoner Times gerichtet, aber thatsächlich für die englische Regierung bestimmt. Dieser wird in trockenen Worten vorgehalten, daß Deutschland seit Jahren die englische Politik in der uneigennützigsten Weise unterstützt habe, ohne dafür etwas anderes zu ernten als übelwollende Behand lung seiner überseeischen Interessen nicht nur von Seiten Englands selbst, sondern auch von dessen Kolonialregierungen, die nur darauf ausgingen, das Aufkommen deutscher überseeischer Niederlassungen zu verhindern. Zum Schluß heißt es kurz und bündig: Sollte England seine bisherige Behandlung deutscher Interessen in fremden Welttheileu nicht ändern, so wird sich eine dauernde Verstimmung herausbilden. Die deutsche Politik wird auch in Zukunft den Grundsatz verfolgen Freund ihrer Frennde und Gegner derer zu sein, welche deutsche In teressen unberechtigt schädigen. Wie aus Koblenz gemeldet wird, sind am Montag Nachmittag dort zwei in Civil gekleidete französische Offiziere verhaftet worden, die bei der Anfertigung von Skizzen der Festungswerke betroffen worden waren. In den Tagen vom 13. bis 15. September wird in Weimar ein Kongreß der Schulze - Delitzsch'schen Genossenschaften abgehalten werden. Eine Bekanntmachung des Reichskanzlers erklärt die Hafenplätze ^^'?bgen als der Cholera verdächtig. -L Aacht vom 14. zum 15. d. M. ist in Frankfurt a. M. ein größerer Diebstahl verübt worden, man hat daselbst für ca. 40,000 M. Staatspapiere — insbesondere österreichische Silberrente — ent wendet. Bis jetzt fehlt jede Spur des Diebes. Stuttgart, 13. August. Die Typhusepidemie, welche bereits seit einiger Zeit unter der hier garuisonirenden Infanterie herrscht, hat in den letzten Tagen wieder an Heftigkeit zugenommeu. Auf der Solitude hat man bereits ein Lazareth errichtet und ein Bataillon deS Infanterie-Regiments No. 125, bei dem die Erkrankungen beson ders zahlreich waren, in das Barackenlager nach Gmünd geschickt. Die Zahl der Erkrankten hat bereits eine hohe Ziffer erreicht. Der kom- mandirende General von Schlachtmeyer hat heute bestimmt, daß die Infanterie, die in Stuttgart und im Gmünder Lager liegt, an den Manöver» nicht theilnehmeu soll. Dagegen beziehen die hier zurück gebliebenen Truppentheile Barackenlager bei Degerloch. Die Sache ist doppelt leidig, da diesen Herbst die Generalinspektion der Truppen des 13. Armeekorps durch den deutschen Kronprinzen stattfiuden soll. Unter der Civilbevölkerung Stuttgarts ist die Zahl der Erkrankungen sehr gering. München, 15. August. In der Postauweisungshauptkasse der hiesigen Stadtpost wurde heute Nacht mittelst Nachschlüssels eine große Geldkiste eröffnet und wurden die darin aufbewahrten Handkassen der samten theils aufgeschlossen, theils erbrochen und beinahe ihres ge- sammten Werthpapierinhalts beraubt. Ein Wolkenbruch richtete am 9. d. M. in der ungarischen Hauptstadt Pest und Umgebung riesigen Schaden an. Einzelne Häu ser wurden demolirt, das Mobiliar fortgeschwemmt und die Menschen nur mit knapper Noth gerettet. Der Berkehr auf der Tramway war unterbrochen. Auch aus Wachen, St. Andrä und Wisegrad langen Meldungen über große Verheerungen durch Gewitter ein. Das Un wetter hat doch acht Menschenleben gefordert. In Zebegeny, einer kleinen Station an der Pest-Wiener Strecke der Staatsbahn, ertranken eine kranke Frau, deren vier Kinder und die Dienstmagd in den Wellen. Auch zwei andere Kinder fanden dort in den Wellen ihren Tod. In Belgien ist die Aufregung wegen des ultramontanen Schul gesetzes fortwährend im Steigen begriffen. Die Parole: „Fort mit den Leuten, die gesagt haben, die Lehrer sollen sich zum T. scheeren", ertönt immer allgemeiner. Polizei und Militär haben Mühe, die überall drohenden Ausschreitungen zu verhüten. Das belgische Volk aber und die ganze Welt mögen sich aus diesem Beispiele das wahre Wesen des Ultramontanismus unauslöschlich einprägen. Dann ist dieser Zwischenakt nicht ohne Nutzen gewesen und das belgische Volk wird aus diesem Kampfe neu gestärkt, und hoffentlich zu baldigem Siege, hervorgehen. Die Cholera macht in Italien Fortschritte, doch in wenig be unruhigender Weise. Aus Frankreick, wo der Verlauf bisher ebenfalls zu keinen weiteren Befürchtungen Anlaß gab, kommt die Nachricht, daß in dem 550 Bewohner zählenden Ort Omergues in 2 Tagen 40 Personen an der Cholera gestorben seien. Hoffentlich ist dies nicht der Anfang zu dem gefürchteten sprungweisen Vorgehen der Seuche. „Die Komödie beginnt!" Mit diesen Worten leitete der royali stische Oppositionsmann Baudry d'Asson die Verhandlungen der Na tionalversammlung zu Versailles ein, als deren Präsident am 4. eben seinen Platz einnahm, um das Zeichen zur Eröffnung zu geben. „Die Posse ist zu Ende gespielt!" So lauten die Worte, mit welchen der intransigente Henri Rochefort in seiner Zeitung seine Schlußbe trachtung über die Session beginnt. Recht haben sie alle Beide; nur hat jeder von ihnen vergessen, daß seine eigene Partei nach Kräften dazu beigetragen hat, dem Ganzen den Charakter einer Komödie zu verleihen. Von 12 bis 7 Uhr 15 Minuten, das macht 7'/« Stunden, so lange hat die Sitzung der Nationalversammlung am 13. gedauert. Von den Mitgliedern fehlten über 100, dagegen waren die Tribünen wieder vollgepfropft. Das Publikum hoffte ersichtlich, noch einen ge hörigen Skandal zu erleben, ist aber darin getäuscht worden, wenn gleich es an aufregenden Szenen nicht gefehlt hat. Ueber den Ein druck, den die beendeten Debatten in Frankreich machen müssen, läßt sich der „Soir" in folgender Weise aus: „Der Kongreß ist beendet, die Revision ist durchgesetzt; die Nationalversammlung trennt sich nach nenn ebenso unfruchtbaren als stürmischen Sitzungen. Was hat sie vollbracht? Sie hat die Unsterblichkeit der Republik dekretirt, eine Kin derei. Sie hat die Prinzen von Orleans von der Präsidentschaft der Republik ausgeschlossen, eine Dummheit. Sie hat die öffentlichen Ge bete bei Eröffnung der Kammern abgeschafft, eine Albernheit. Sie hat endlich beschlossen, daß die Kammern einige Wochen ihrer Herbst session damit verbringen sollen, ein neues Senutswahlgesetz zu disku- tiren. Wir müssen übrigens zngestehen, daß wir bis zu einem ge wissen Punkte Unrecht gehabt haben, Herrn Jules Ferry die Berufung des Kongresses zum Vorwurfe zu machen. Der Herr Konseilpräsident hat in der That erreicht, der immensen Majorität der Franzosen für lange Zeit eine neue begrenzte oder unbegrenzte Revision zum Ekel zu machen. Die Debatten, denen wir beigewohnt haben, waren so unerhört widerlich, daß sich ein allgemeines Geschrei erheben würde, wenn irgend ein Verwegener es wagen wollte, die Erneuerung der selben vorzuschlagen. Die Spartaner zeigten ihren Kindern betrunkene Heloten, nm ihnen Abscheu vor der Trunksucht einzuflößen; als guter Familienvater hat uns Herr Ferry das Schauspiel des Kongresses ge zeigt, um uns ftir immer davon abzuhalten, an der Verfassung zu rütteln!" Der „Soir" hat somit sicherlich das allgemeine Urtheil der öffentlichen Meinung ausgesprochen. Seit den letzten zwanzig Jahren war die Hitze im August in London und überhaupt in ganz England nicht so groß wie gegen wärtig. Am 11. August verzeichnete das Thermometer 97 Gr. Fahren heit im Schatten und 150 Gr. in der Sonne. Viele Personen erlagen dem Sonnenstiche. In manchen Fabriken, wo mit Dampfkraft gear beitet wird, mußte wegen der drückenden Hitze die Arbeit eingestellt werden.