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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Sievenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Dienstag, den 16. Februar 1875. 1 »'»M« »SS! > ' i ! III. IWMMMM«» Coneurseröffnung. Zu dem Vermögen des hiesigen Schneidermeisters Bernhard Lorenz ist auf geschehene Jnsolvenzanzeige am 18. dieses Monats vom unterzeichneten Gerichtsamte der Concursproceß eröffnet worden. Es werden daher alle Diejenigen, welche Ansprüche an dieses Schuldenwesen als Concursaläubiger erheben wollen, hiermit ausgesordert, bei Vermeidung der Ausschließung von demselben bis zum 20 Februar d. I. ihre Forderungen nebst den Ansprüchen auf bevorzugte Befriedigung unter Anführung der begründenden ThaLsachen, bei dem un terzeichneten Gerichtsamte anzumelden und binnen der gesetzlichen Frist mit dem bestellten Rechtsvertreter, nach Befinden mit einzelnen Gläubigern rechtlich zu verfahren, hiernächst aber am 30. Marz d. I. Vormittags 10 Uhr an hiesiger Gerichtsstelle zur Verhandlung über den Bestand der Masse und die Gebahrung mit derselben, zur Prüfung und Anerkennung der streitigen Forderungen und Ansprüche auf bevorzugte Befriedigung, sowie zur Gütepfleg- uug zu erscheinen und zwar unter der Verwarnung, daß Diejenigen, welche in diesem Termine ausbleiben oder eine von Seiten des Gerichts von ihnen verlangte Erklärung nicht abgeben, Alles, was über Feststellung der Masse und über Ge bahrung mit derselben, sowie über Anerkennung der angemeldeten Forderungen und Ansprüche auf bevorzugte Befriedigung oder über andere den Concurs betreffende Fragen verhandelt und beschlossen werden wird, gegen sich ebenso gelten zu lassen haben, als ob sie an den Verhandlungen Theil genommen und den gefaßten Beschlüssen zugestimmt hätten. Für den Fall, daß sich das weitere Verfahren durch Abschluß eines Vergleiches nicht erledigen sollte, ist der 5. Mai d. I. Vormittags 12 Uhr als Termin für Eröffnung eines Ordnungserkenntnisses anberaumt worden. Auswärtige Betheiligte haben bei 5 Thlr. — - —- Strafe zur Annahme künftiger Zufertigungen Bevollmächtigte am hiesigen Orte zu bestellen. Wilsdruff, am 23. Januar 1875. Das Königliche Gerichtsamt. Leonhardi. Tagesgeschichte. Die Erfindung der Fabrikation unzerbrechlichen Glases, die zuerst in Frankreich auftauchte, ist bereits in Berlin heimisch geworden. Herr F. M. Stahl, der Director der Aktiengesellschaft zur Verfer tigung meteorologischer Instrumente, fabricirt dieses Glas in einer solchen Qualität, daß es dem französischen Glas, welches Della Bastie in Richmond fabricirt, vollkommen gleich kommt. Für die Marine ist diese Erfindung von großer Wichtigkeit und deshalb nahm bereits der Chef der kaiserlichen Marine, General von Stosch, in Begleitung des Directors des hydrographischen Bureaus der deutschen Marine, Or. Neumeyer, die Fabrikationsmethode in Augenschein. Die 40 Millionen Francs, welche der französische Erfinder für das Geheim nis; seiner Methode forderte, sind somit erspart und Deutschland gleich falls im Besitze dieser wichtigen Neuerung. Die „Nat.-Ztg." schreibt: Nachdem in den Angriffen gegen die deutsche Politik und deren hauptsächliche Träger eine Zeit lang Pause geherrscht hat, die wir bereits mit einiger Verwunderung constatirt haben, geht der Lärm wieder auf der ganzen Linie von Neuem los. Beinahe gleichzeitig mit der Schrift des erzherzoglichen Pamphletisten in Oesterreich erfolgt das Erscheinen einer Schmäh schrift gegen Deutschland und den Fürsten Bismarck in Paris, welche dem in seiner Kriegspolitik verunglückten Herzoge von Gramont zu- geschriebcn wird. Das Werk, welches den Titel „Vergangenheit und Gegenwart" trägt, wiederholt die bekannten Verleumdungen und Ent stellungen Lamarmora's und der Ultramvntaucn mit einigen neuen Ausschmückungen versehen. Daran schließt sich der Versuch eines Beweises, daß Deutschland einen neuen Krieg gegen Frankreich plane. Das wäre im Zusammenhang mit jener österreichischen Aus lassung binnen acht Tagen das zweite Kriegstheater, das für Deutsch land eröffnet wird. Daran schließt sich als Drittes im Bunde die Veröffentlichung des „Epoca", eines obscuren italienischen Blattes, das als radikal bezeichnet wird und einen Briefwechsel zwischen Maz zini und Bismarck ankündigtc. Nachdem die Existenz eines solchen Briefwechsels öffentlich dementirt worden ist, kündigt dasselbe italie nische Blatt nun einen Briefwechsel zwischen Mazzini und dem Gra fen Ufcdom an; die Briefe selbst werden durch den geschickten Wech sel in der Bezeichnung der Corrcspondenten wohl an Glaubwürdigkeit nicht gewonnen haben. Irgend eine politische Wichtigkeit ist diesen publicistischen Erzeugnissen eines zur Zeit ohnmächtigen Hasses nicht zuzuschreiben. Der von allen Franzosen hochgefeierte Held des Tages ist der Erzherzog Johann Salvator von Oesterreich, dessen Broschüre ihnen so recht aus dem Herzen geschrieben ist. Sämmtliche Blätter sind voll des höchsten Lobes über die Schrift des Erzherzogs, die ihnen als Ausfluß der tiefsten politischen Weisheit erscheint. So ruft die „Patrie": „Die Schrift zeigt von einem Ernste, einer gei stigen Reife und einer Intelligenz, die weit über das gewöhnliche Maß hinausgehen. Was uns angeht, fo freuen wir uns, solchen Ansichten bei den Mitgliedern der kaiserlichen Familie zu begegnen; dies beweist, daß alle Jntriguen des Fürsten Bismarck, den ungari schen Ehrgeiz aufzustacheln und die centralistische österreichische Par tei ans seine Seite zu ziehen, in den Hofregionen noch keinen Boden gewonnen haben. Es ist dies ein gutes Vorzeichen für die Zukunft. ! Der Erzherzog hat Recht, Oesterreich braucht noch nicht zu verzwei- i feln, cs ist noch nicht todt und besitzt Lebenskraft genug, um alle ' gegen seine Existenz gerichteten Pläne seines eroberungssüchtigen Nach- I bars zu vereiteln." — In ganz ähnlicher Weise sprechen sich die l meisten übrigen Blätter aus.