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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Bormittag). Abonnementspreis betrügt vierteljährlich t Mark 20 Pf. prrenuwvrailäo. Lustiger Inserate werden bis spätesten- Mittags dcS vorhergehende» Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Orga« für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. SL Donnerstag, den 29. April 188«. 5. Jahrg. Tagesgeschichte. Deutschland. Ter Reichstag berieth am Sonnabend die Münzgesetzvorlage, wonach der Gesammtbetrag der Reichs-Silber münzen bis auf Weiteres zwölf Mark für den Kopf der Bevölkerung Nicht übersteigen soll. Die schließliche Abstimmung darüber, ob eine commissarische Vorberathung oder dis zweite Lesung im Plenum statt finden solle, ergab die Beschlußunfähigkeit des Hauses, weshalb die Sitzung abgebrochen wurde. Im Laufe der Debatte erklärte Schatz- secretär Scholz, die Regierung beabsichtigte, von dem Rechte, 2 Mk. Silbergeld mehr als bisher für den Kopf der Bevölkerung auszu- prägen, nicht im vollen Umfange, sondern nur nach etwa hervortre- tendem Bedürfniß-Gchxauch zu machen. Man würde das Material zu neuen Münzen auNHen durch die Thaler-Einziehung gewonnenen Silberbarren entnehmAHmd nach deren Verbrauch aber mit neuen Thaler-Einziehungen vvrgehcn. Scholz protestirte dagegen, daß die Vorlage der erste.Schritt des Progamms zur Durchführung der rei nen Goldwährung sei; das Bedürfniß nach Vermehrung der Scheide münzen habe sich in der Bevölkerung wiederholt geäußert. Die Re gierung halte sich nicht berechtigt, ohne Gesetz eine Vermehrung vor zunehmen. Wiesbaden, 26. April. Se. Majestät der Kaiser Wilhelm ist heute Vormittag 10 Uhr 50 Alin, wohlbehalten hier eingetroffen und am Bahnhofe von den Spitzen der Civil- und Militärbehörden em pfangen worden. Se. Majestät begab sich im offenen Wagen durch die festlich beflaggte Wilhelmstraße nach dem Schlosse, überall von der dichtbedrangten Volksmenge mit enthusiastischen Zurufen begrüßt. Mannheim, 25. April. Heute ist durch die Polizei eine große Socialisten-Versammlung aufgelöst worden, fünf hiesige Partei führer wurden verhaftet. Auch verschiedene Haussuchungen haben stattgefunden. Frankreich. Bei der Reise des Untcrrichtsministers Ferry nach Lille haben mehrfach öffentliche Kundgebungen stattgefunden, von denen einige auch gegen die Dekrete vom 29. März gerichtet waren. Air diesen Demonstrationen waren etwa 80 Studirende be- theiligt, die größtentheils der katholischen Fakultät augehörten; etwa 12 derselben wurden verhaftet, aber alsbald wieder in Freiheit ge setzt. Der Minister besuchte heute in Lille die Schulanstalten, ohne daß irgend welcher bemerkenswerthe Zwischenfall vorgekommen war. England. Durch die nunmehr feststehende Berufung Glad- stone's zum britischen Premierminister, zu der die Königin, rvie jetzt bekannt wird, erst infolge gemeinsamer Vorstellungen des Earl Gran ville und des Marquis von Hartington bewogen werden konnte, ist die Ministcrkrisis in England beendigt und Gladstone konnte auch zu der Neubildung des CabinetS verschreiten. Zum Minister oder rich tiger gesagt Staatssecretär des Auswärtigen ist Earl Granville er nannt morden, er und der Marquis von Hartington wurden bekannt lich als Candidaten für die Premierwürde so lange betrachtet, als es nicht sicher war, daß Gladstone dieses Amt selbst übernahm. Granville ist im Ministerium kein Neuling, schon zu verschiedenen Malen bekleidete er die Würde eines Staatssecretürs. Der neue Minister des Auswärtigen ist 1815 geboren, er ist sonach sechs Jahre jünger als sein College Gladstone. Das wichtige Amt eines Staats- secrctärs für Indien hat der Marquis von Hartington übernommen. Er ist verhältnißmäßig noch jung, da er im Jahre 1833 als ältester Sohn des Herzogs von Devonshire geboren wurde. Rußland. Nach dein am 24. April in Petersburg ausge gebenen Bulletin hatte Fürst Gortschakoff eine ziemlich gute Nacht. Die Besserung macht langsame Fortschritte. Die Bulletins werden bis auf Weiteres eingestellt. Türkei. Die Pforte hat eine Note an die europäischen Mächte gerichtet, in welcher sie den Zusammentritt der europäischen Com- mission für Ostrumelien verlangt, um die von der Pforte gemäß Artikel 23 des Berliner Vertrages für die europäischen Provinzen der Türkei ausgearbeiteten Neformentwürfe zu prüfen. Lokales un- Sächsisches. — Die Gerichtsferien werden in diesem Jahre zum ersten Male im ganzen Deutschen Reich zugleich anfängen und eine gleiche Dauer haben, und zwar nach der Vorschrift des § 201 des deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes vom 15.- Juki bis zum 15. Sep tember, also volle 2 Monate. Während dieser Ferien werden nur in Feriensachen Termine abgehalten und Entscheidungen erlassen wer den. Feriensachen sind: Strafsachen, Arrestsachen und die eine einst weilige Verfügung betreffenden Sachen; Meß- und Marktsachen; Streitigkeiten zwischen Vermiethern und Miethern von Wohnungs- und andern Räumen wegen Ueberlassung, Benutzung und Räumung derselben, wegen Zurückbehaltung der vom Miether in die Mieths- räume eingebrachten Sachen rc, Dresden, 26. April. Die Kaiserin ist soeben eingetroffen und wurde von den Majestäten herzlich begrüßt. An "Km Diner in der Villa Strehlen nahmen Prinz Georg, Prinzeß Mathilde, Prinz Alexander von Weimar theil. Dresden. Ein edler Zug unsrer Königin! Im Jahre 1866 lernte Ihre Majestät in Dresden im Hospital einen braven Soldaten kennen, den sie häufig besuchte und für ihn große Theilnahme zeigte. Nach einiger Zeit wandte sich die Frau dieses Mannes an den dor tigen Nähmaschinenverein um Ueberlassung einer Maschine und bat in einem besonderen Gesuche zugleich Ihre Maj. um Befürwortung des Gesuchs. Die Frau erhielt alsbald die Maschine — eine der trefflichsten Art — und zahlt nun monatlich pünktlich an den Ver ein ab. Endlich ist der letzte Rest getilgt — da bringt der Brief träger einen dicken Brief mit dem königlichen Siegel. Mit zitternder Hand öffnet die überraschte Empfängerin das Schreiben, dem ein Sparkasseublich entfällt, das den Namen ihres Kindes trägt und auf welches jede der geleisteten Abzahlungen eingetragen worden ist, und dazu ein huldvoller Brief, worin die hohe Gönnerin erklärt, daß es ihr zur großen Freude gereicht habe, das geleistete Versprechen mit solcher Pünktlichkeit erfüllt zu sehen. Zwickau, 27. April. Gestern Vormittag 10 Uhr wurde in dem Kohlenwerke I. G. Ebert zu Bockwa der 48 Jahre alte Bergarbeiter Johann Gottlieb Fickenwirth aus Niederplanitz durch hereinbrechende Kohle tödtlich verschüttet, bez. erdrückt. Derselbe war verheirathet und Mitglied der Johannesgemeinde zu Niederplanitz und hinterläßt 4 Kinder. Zwickau, 27. April. Gestern Mittag nach beendigter Recrutir- ung waren verschiedene der Necruten in einer Wirthschast an der Thalstraße eingekehrt. Dort fingen sie mit dem Wirthe Streit an, welcher bald in Thätlichkeiten überging; es wurde aber nicht nur der Wirth bedeutend insultirt, man deniolirte ihm auch verschiedene Möbels in der Gaststube, schlug Bilder, Spiegel und alles entzwei. Der Ortspolizeidiener von Eckersbach, sowie der in Pölbitz stationirte Gendarm, welche dem Wirthe zu Hilfe kamen, wurden beide von den übermüthigen Burschen thätlich mißhandelt, zur Erde geworfen, mit Füßen getreten u. dergl. m. Als endlich noch zwei Schutzleute dazu gerufen worden waren, konnte man die schlimmsten Excedenten, 3 an der Zahl, überwältigen und gebunden nach der Polizei escortiren, von wo aus sie noch gestern Nachmittag dem Amtsgerichte überliefert wurden. Es steht dem rohen und brutalen Benehmen eine nicht ge ringe Freiheitsstrafe in Aussicht, welche anderen bei ähnlichen An« lässen zur Warnung dienen möge. Schneeberg, 23. April. Bezüglich des in letzter Nummer ge meldeten Goldmünzfundes hat sich heute noch Folgendes herausge- stellt. Unter den Münzen befinden sich sehr schöne und große Exemplare aus der Mitte des 16. Jahrhundert; u. A. war England