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Amts- und Anzeigeblatt für den MZ- «tM des Amtsgerichts Eibenstock MM sertionSprei«: die kleinsp. . , ten, sowie bei allen ReichS- Leile io Pf und dessen Mmaeöuna. P°st-.nstalt.n Verantwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. sr. Aaste,«ug. — Donnerstag, den 8. März 1888. Die beiden Rivalen im Westen, Frankreich und Italien, beginnen jetzt ganz genau dasselbe Spiel, welches zwischen Rußland und Oester reich-Ungarn längst im Gange ist. Die letztgenannten beiden Staaten waren bisher die besten Freunde von der Welt, sie haben im Laufe ihrer Existenz wohl wiederholt zusammen, aber niemals gegen einander Krieg geführt. Rußland aber betrachtete sich immer al ben großen Herrn, Oesterreich hingegen al- den klei nen KnirpS, dem man gutmüthigerweise etwas unter die Arme greifen müsse, damit er nicht ganz von der Bildfläche verschwinde. Daß dieser Knirp» auch ein mal ein großer Mann werden und seinem bisherigen großen Freunde auf einer Stelle unsere« Erdtheile» in den Weg treten könnte, welche nur die dummen Geographen nicht mit russischen Farben umzeichnen, die aber eigentlich zu Rußland gehört, daran hat in Petersburg Niemand gedacht. Deshalb war e» ein schlimmes Erwachen der russischen Regierung au» ihrem schönen orientalischen Traum, und daher schreibt sich der grimme Haß der Moskowiter gegen Oester reich-Ungarn. Genau ebenso steht es mit dem Ver- hältniß zwischen Frankreich und Italien. Nach Pa riser Anschauung ist Italien ein Königreich von Frank reichs Gnaden, das also auch die Pflicht und Schuldig keit hat, zu thun, was von Paris aus angeordnct wird, das gehorsam dieselbe Trompete blasen muß, wie in Paris. Frankreich hat ja nun allerdings recht viel für Italien gethan, ohne-seine Hilfe wäre die Einigung der appeninischcn Halbinsel vielleicht noch nicht vollzogen; aber der Retter in der Noth hat sich für seine Dienstleistungen auch ganz gehörig bezahlen lassen, hat sogar Wucherzinsen genommen. Der Feld zug von 1859 war schon die beiden von Italien an Frankreich abgetretenen Provinzen Nizza und Sa voyen werth, und damit war der Tribut der Dank barkeit Italiens dem großen Nachbar reichlich geleistet. So dachte man in Italien, aber nicht in Paris. Die gloriose französische Idee, da» Mittelmeer zu einem Binnensee Frankreichs zu machen, zählte unter den in Anrechnung zu bringenden Faktoren Italien in keiner Weise mit, obgleich da« sehr nothwendig war. Denn Italien ist wehrlos, wenn eine andere Macht alle Küsten der MittelmecreS von Bedeutung in Besitz genommen hat; es kann dann von allen Seiten der artig angegriffen werden, daß es, ohne Bundesge nossen, bald die Waffen strecken muß. DaS italien ische Bolk war aber von dem Bewußtsein durch drungen, daß eS nicht deshalb seine Einigkeit erkämpft, um einem auswärtigen Staat blinde HeercSfolge leisten zu müssen; es wollte ganz unabhängig, keine staatliche Größe dritten Ranges oder sie iucto ein Vasallenstaat sein. Wie in der Regel es der Fall, sahen die Franzosen in dieser Sache nur auf ihr In teresse, nicht auf die Existenzbedingungen Italiens, und gingen mit der Durchführung ihres Planes ohne Weiteres vor, indem sie Tunis okkupirten. Da» öff nete auch dem franzosensrcundlichsten Italiener die Augen, er empfand diesen Streich als einen gegen da» Recht seines Vaterlandes gerichteten Schlag, und mit Sack und Pack ging die italienische Politik in da» deutsch-österreichische Lager über. Dieser, nicht zum mindesten von Frankreich Italien aufgezwungene Schritt hat in Pari» wieder erbittert, und einen Aus druck der gegenseitigen Abneigung bilden die mannig fachen Schraubereien ter letzten Wochen. Nunmehr hat Italien auch den letzten Rest von «Schüchternheit- Frankreich gegenüber abgelegt, seine Staatsmänner und seine Presse sagen laut und deutlich, Italien sei ebensogut eine Großmacht, wie Frankreich, brauche sich von diesem absolut nicht» bieten zu lassen, was seiner Würde zu nahe gehe, wenn e« auch im vollen Frieden mit der benachbarten Republik leben wolle. Italien hat ungeheure Opfer gebracht, sich seine Groß machtstellung zu sichern; seine SchiffSbauten werden mit wahrem Feuereifer betrieben, seine Armee ist die einer Großmacht. Frankreich steht im Westen nun nicht mehr allein al» ausschlaggebende Macht da (England zählt ja nur zur See) e» muß mit Italien theilen. Daraus schreibt sich der bittere Aerger her; er trägt denselben Charakter, wie der Rußland« gegen Oesterreich. Jetzt ist e» aber zu spät, wieder gut zu machen, wa» früher versäumt ist. Tagesgeschichte. — Deutschland. Kaiser Wilhelm ist wie der von dem ihn schon oft heimgesucktcn Nieren leiden betroffen worden. DaS durch Erkältung hervorgerusene, wenn auch nur leichte Unwohlsein hat doch die Rückkehr de« Prinzen Wilhelm au» San Remo beschleunigt. Der Kaiser, so heißt e», sei durch die Nachrichten au» San Remo, wie durch den Tod seine» Enkel-, des Prinzen Ludwig von Baden, aufs tiefste ergriffen und seine Pachtruhe öfters gestört. — Die Nachrichten aus San Remo lauten ver- hältnißmäßig befriedigend. Der Montag soll für den Kronprinzen der zweitbeste Tag seit der Ope ration gewesen sein. ES findet wieder eine allmäh liche Kräftezunahme statt. — Professor Waldeyer, der den frischen Auswurf de« Patienten untersuchte, ist auf sein Ehrenwort verpflichtet worden, nach außen hin zu Niemand über die Ergebnisse der Untersuchung zu berichten. — Wie sehr verschieden die Meldungen über die Aussprüche der ärztlichen Autoritäten lauten, ergiebt da« Folgende. Die „N. fr. Pr." läßt sich aus San Remo melden: Professor Kußmaul-Straßburg sand keine Alveolarstrukturen, sondern bloß Nestzellen in den oberen Geweben, welche durchaus keinen siche ren Beweis des Krebses bilden. Dagegen wird der „Köln. V.-Z." au« Straßburg gemeldet, Aeußerungen deS Professor Kußmaul zufolge sei da« Allgemeinbe finden des Kronprinzen so, daß daS Schlimmste be fürchtet werden müsse; ein starker Kräfteverfall sei vorhanden. — Im Reichstage hat Abg. Kulemann, unter stützt von zahlreichen Mitgliedern, vornehmlich der nationalliberalen Partei, folgenden Antrag eingebracht: „Der Reichstag wolle beschließen, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, einen Gesetzentwurf vorzu legen, durch welchen eine durchgreifende Ermäßigung der Gerichtskosten herbeigeführt wird, und mit der Revision des GerichtSkcslen-Gesetze» zugleich die Gebührenordnung für Rechtsanwälte zu revidiren.- — Italien. Am Montag kam es in der ita lienischen Deputirtenkammer zu einer großartigen, einstimmigen Sympathiekundgebung für den deutschen Kronprinzen. Der Deputirte Sonnino Sidney gedachte der Krankheit des Kronprinzen und erklärte, die italienische Nation "verfolge mit inniger Theilnahme die von dem Kronprinzen, dem Gaste Italien» und dessen aufrichtigem Freunde, mit solcher Ergebenheit ertragenen Leiden. Er sei überzeugt, daß die Kammer damit einverstanden sein werde, dem Kronprinzen, der Kronprinzessin und den kaiserlichen Majestäten, sowie dem ganzen deutschen Reich im Namen der ganzen italienischen Nation ihre innigste Theilnahme und herzlichsten Wünsche für die Wiedergenesung de« Kronprinzen auSzusprechen. (Lebhafter Beifall.) Der Minister-Präsident Crispi schloß sich den Ausführungen de» Redner« an und erklärte, Italien entbiete seinem erlauchten Gaste, dem Freunde seine« König«, die besten Grüße und wünsche, daß er seine volle Gesundheit wiedererlange und der- einst da» mächtige deutsche Reich regieren möge. Die Kammer spreche dem erhabenen Kranken ihre innigste Sympathie und tiefe Ergebenheit au». (Lebhafte allseitige Zustimmung.) — Der Präsident der Kammer erklärte hierauf, obwohl die Kammer einstimmig für den Antrag Sonnino zu sein scheine, müsse er doch darüber abstimmen lassen. Die Kammer nahm den Antrag einstimmig an. Nach der Abstimmung erklärte der Präsident, er werde sich beeilen, die so feierlich ge äußerten Wünsche der Kammer dem Kronprinzen zu übermitteln und schließe sich denselben au» vollem Herzen an in der Hoffnung, daß diese Wünsche Er- hörung finden mögen. — Schweiz. Die Schweizer Radikalen Haffen da» deutsche Reich, sie bemühen sich deshaib in den niederen BolkSklassen gegen die „Schwebe- aus« energ ischste zu Hetzen. So hat auf dem Baseler Karneval ein Bänkelsängerlied unter der Ueberschrift „Vive lu krunes" Verbreitung gefunden — in dem Pamphlet wird Schnäbele al» Patriot verherrlicht und Alle« was deutsch ist und denkt in den Koth gezogen. Das Schmähgedicht ist von den Behörden in Basel unbe anstandet geblieben. Die „Nordd. Allg. Ztg.", welche da« klägliche Machwerk 'abdruckt, bemerkt dazu ein leitend, daß sie cS etwa« tiefer hängen wolle, „da e« charakteristisch ist für die Gesinnungen, die wir bei einem Theile unserer Schweizer Nachbarn antreffen, und die sich in einer Stadt wie Basel ungestraft kund geben dürfen." Local« und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 7. März. In den letzten Tagen hat sich eine für da» religiöse und kirchliche Leben unserer Stadt hoffentlich segensreiche Neuerung voll zogen. Es ist einem lange vorhandenen Bedürfniß zufolge zur Bildung eine« E v.-lut h. Männerver ein« gekommen. Wer nur einigermaßen Gelegenheit hat, einen Einblick zu gewinnen in die so vielfach zerrütteten, traurigen Verhältnisse unserer Arbeiter familien, der wird jede Neuerung, welche da in ge sunder, nüchterner Weise Besserung schaffen will, nur mit Freuden begrüßen können. Der Ev.-luth. Männer verein will eine solche Neuerung sein. Er bezweckt, alle ernst und christlich gesinnten Männer unserer Stadt zu geselligen Zusammenkünften zu vereinen, sie in Gottes Wort zu vertiefen, sie über die kirch lichen und gesellschaftlichen Tagesfragen zu verständ igen und sie im christlichen Leben zu fördern. Jeg liche« kirchliche oder politische Parteiinteresse liegt ihm fern, jegliche« menschliche und christliche Interesse aber liegt ihm nahe. Insbesondere möchte er eine Stätte werden, von welcher au« in die auch in unse rer Stadt zahlreichen entkirchlichten und cntchristlichten Familien neues Leben aus Gotte» Wort und neue Liebe zu Gotte« Wort sich verbreite. Er will nicht die Kirche verdrängen, die Gottesdienste ersetzen, sondern sie nur ergänzen. WaS in der Kirche nicht möglich ist, ein freier Austausch der Meinungen, ein brüder licher Verkehr, ein Besprechen gesellschaftlicher TageS- fragen, da» will der Männervercin ermöglichen. Dazu will er auch noch nach einer anderen Seite ergänzend und fördernd eintreten. So mancher hielte sich gern eine christliche Zeitschrift, aber seine Mittel erlauben e« ihm nicht. Im Männerverein wird er die ver schiedensten Zeitschriften vorfinden. Ein Anderer wiederum sucht eine edle Geselligkeit, zumal de» Sonn tag». Gerade sie will der Männerverein bieten. Kurz, wa« unser Volk groß gemacht hat, sein frommer Sinn, der Männerverein will an seinem bescheidenen Theile dazu beitragen, die« kostbare Erbstück unserer Väter den Söhnen unserer Stadt zu erhalten. Möchten darum diesem jüngsten unserer Vereine die Herzen der Stadt ebenso warm entgegenschlagen, als sein Herz der Stadt entgegenschlägt. Die Versammlungen de« Vereins finden alle 14 Tage im Diakonat statt, die nächste Sonntag, den 11. Febr. Abends 7 Uhr. Männer aller christlichen Confessionen, die unver- heiratheten vom vollendeten 21. Lebensjahre an, find al« Gäste herzlich willkommen. Nähere Auskunft über den Verein, Einsicht in die Statuten u. s. w. wird daselbst bereitwilligst gewährt. Auch etwaige Anmeldungen zum Beitritte sind dahin zu richten. — Eibenstock. Am Montag Abend feierte der hiesige Gesangverein „Stimmgabel" im Saale ve« „Schützenhause«- sein 10jährige« Stift ungsfest. Daffelbe bestand au» Concert, Tafel und Ball und hatte eine sehr zahlreiche Betheil igung au« allen Kreisen der hiesigen Bevölkerung gefunden. Freunde de« Gesänge« und der Heiterkeit hatten sich dort ein Stelldichein gegeben, und e» wird gewiß Niemand bereut haben, der freundlichen Ein ladung obengenannten Verein« gefolgt zu sein. Da» Programm de» Concerte« war gut gewählt und brachte ebenso viel Ueberraschung al- Abwechselung. Beson der» die letzten Piecen zündeten in durchschlagender Weise und waren eine gute humorvolle Einleitung für die Freuden der Tafel, die durch die prompte Bedienung bei derselben und durch die geschmackvollen