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Erscheint wöchentlich drei Mal uiid zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich 1 Mark 20 Pf. prosnumvrunäo. ÄMlger für Inserate werden bi« spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltcnzeile mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Qrgan für den Stadtgemeinderach, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. .>4^ 118. Dienstag, den 5. October 1880. 5. Jahrg. Bekanntmachung, Aeten-Maenlation betreffend. Voll dem unterzeichneteil Stadtgemeinderath soll eine Anzahl zumeist ältere Acten, welche nicht weiter in Gebrauch kommen, zur Maculirung gebracht werden. In Gemäßheit der Verordnung des Königlichen Ministerium des Innern vom 28. December 1877 wird Solches hierdurch bekannt gemacht und wird denjenigen Corporationen und Privatpersonen, welche an der Erhaltung einzelner Aktenstücke ein Interesse zu haben vermeinen oder deren Ausantwortung wünschen, freigestellt, bis zum L6. November dieses Jahres von dem an hiesiger Rathsstelle öffentlich ausliegenden Verzeichnisse dieser Acten Einsicht zu nehmen und diejenigen Acten, welche sie von der Vernichtung ausgeschlossen zu sehen wünschen, zu bezeichnen und beziehentlich zur Aushändigung zu erbitten. Zwönitz, am 29. September 1880. Der Stadtgemeinderath. - Schönherr, Bürgermeister. Bekanntmachung. Der zweite diesjährige Vichmarkt wird Dienstag, den LS. Oktober o., abgehalten. Stättegeld wird nicht erhoben. Zwönitz, am 29. September 1880. DerStadtgemeinderath. Schönherr. Tagcsgeschichte. Deutschland. In der auswärtigen Politik steht Deutschland in diesem Augenblick ganz im Hintergründe; es hat in der orien talischen Frage ruhig zugeschaut, wie England sich die Finger ver brannte, und scheint auch im gegenwärtigen Stadium der Dinge keine Neigung zu verspüren, eine active Nolle zu übernehmen. — Der erste Antrag, welcher dem BundeSrathe seitens des Fürsten Bismarck für die bevorstehenden Beralhungen zugegangen ist, detrifft eine zoll politische Angelegenheit. Im Hafen von Antwerpen wird eine Schiffs abgabe erhoben und diese nach dem Rauminhalt bemessen. Die belgische Negierung will nun statt der alten ungenauen Methode der Vermessung eine neuere, dem deutschen Verfahren ähnliche Art der Vermessung cinsühren und hat dieserhalb bei der deutschen Negierung angefragt, ob diese damit einverstanden sei, obwohl die Segelschiffe dadurch in Zukunft etwas schwerer belastet würden. Fürst Bismarck setzt nun diese Anfrage eingehend in seinem Anträge auseinander und spricht sich schließlich dafür aus, der belgischerseits beabsichtigten Tarifänderung die Zustimmung vorzuenthalten, weil die Segelschiffe im Verkehr Deutschlands mit Antwerpen voraussichtlich noch auf lange Zeit überwiegen wird. Oesterreich/ Die galizische Kaiserreise scheint den Zweck, eine Annäherung der Polen an die Regierung herbeizuführen, gefördert zu haben. Innerhalb des Polenklubs hat die Richtung der Krakauer Partei die Oberhand gewonnen, deren Programm stets dahin gegangen ist, eine Politik der freien Hand zu beobachten und nach Thunlichkeit eine versöhnende Mittelstellung einzunehmen. Daß die Polen nach dieser Seite hin Stellung genommen haben, wird auf den Einfluß des neuen Finanzministers Dunajewski zurückgeführt. Der Zusammenhang zwischen Polen und Czechen ist dadurch gelockert; die ersteren werden nicht allein in Fragen der äußeren Politik bemüht sein, die russen- freundlichen Bestrebungen der Czechen möglichst zu paralysiren, son dern werden sich auch in den inneren Fragen der selbstherrschenden Parteidisciplin mehr entziehen, sich das eigene Nrtheil wahren und sich bestreben, in dieser Weise eine ausgleichende Thätigkeit im Par teienkampfe zu üben. Die Polen werden also fortan die „ausschlag gebende" Partei im österreichischen Reichsrath, die eigentliche Neichs- partei sein — ein Zustand, von welchem wir uns allerdings nur sehr schwer eine deutliche Vorstellung machen können. England. Jetzt, wo Niemand mehr abzuleugnen wagt, daß der englische Premier im Orient eine Niederlage erlitten hat, schreien die Bediensteten desselben: „Verrath!" gerade wie die Franzosen im Jahre 1870, als sie ihre Strafe für das frevelhafte Beginnen in Ems antraten. Eine „perfide Hand" hat den Premier zum Scheitern seiner Sack- und Pack-Politik verholfen und diese „perfide Hand" gehört, so wehklagen die Anhänger Gladstone's, selbstverständlich dem Fürsten Bismarck an, der mit der einen Hand die Aktion Europas gegen die Türkei unterstützt, mit der anderen den Sultan leitet und denselben hoffen läßt, daß Deutschland ihm zur Wiedererlangung seiner Macht verhelfen wird. Rußland. Die Flottendemonstration gegen Dulcigno ist ver tagt, dafür aber rückt eine unmittelbare Kundgebung Rußlands und Englands gegen Konstantinopel in Sicht und die Frage des Tages ist nicht mehr, ob sich die übrigen Mächte derselben anschließen wollen oder nicht, sondern ob sie sich entschließen werden, gegen das Vor gehen beider Mächte Protest cinzulegen. — Bezüglich des Complots, die kaiserliche Dampfpacht „Livadia" in die Lust zu sprengen, ver lautet, daß Nihilisten, die sich zur Zeit in London befinden, die Exi stenz einer derartigen Verschwörung zugegeben und gegenüber ihren englischen Freunden erklärt haben, die „Livadia" würde in russischen Gewässern ein sehr unsicheres Fahrzeug sein. Montenegro. Die montenegrinischen Truppen, etwa 6500 Mann, haben in ihrem Lager keine Zelte, sondern bivouakiren unter freiem Himmel, jede Compagnie für sich selbst. Einige Steinhütten sind hie und da improvisirt für diejenigen, welche die kalten Nächte scheuen. Die meisten Soldaten, obwohl leicht gekleidet, haben als ein einziges Uniformstück von der Negierung einen Shawl erhalten; trotzdem verbringen sie die Nächte im Freien und Bezahlung erhalten sie keine; früher bezogen sie auch keine Fleischrationen, diesmal aber erhalten sie ein Jeder so viel Fleisch, als er will, und zwei Brode auf den Tag. Atan sagt, daß Geld genug vorhanden sei, indem Rußland die jährliche Subvention für das Heer Montenegros erhöht haben soll. Der Ueberfluß an Lebensmitteln bewirkt eine starke Neigung, die Zeit mit Abkochen zuzubringen, was denn auch die Hauptbeschäftigung der Krieger bildet. Sie beklagen sich trotz dem allgemein, seit fünf Jahren unter den Waffen zu stehen. Das Fuhrwesen und der Verpflegungsdienst wird von den Frauen besorgt. Die ganzen Streitkräfte sind in drei Brigaden eingetheilt. Sie scheinen sehr wenig Lust zu haben, sich mit dem Nizams Nizza Paschas zu schlagen. Türkei. Dio Nachrichten über die Lage der Dinge in Bezug auf die montenegrinische Angelegenheit sind heute widersprechender als jemals. So viel steht fest, daß man in England die Thorheit der ganzen Flottendemonstration endlich einzusehen beginnt und be dacht scheint, einen anständigen Rückzug zu suchen, da Frankreich, wel-