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pulsmtzer Tageblatt Fernsprecher 18. Tel.-Adr.: Tageblatt Pulsnitz Postscheck-Konto Dresden 2138. Giro-Konto 146 Erscheint an jedem Werktag Im Falle höherer Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger irgend welcher Störung des Betriebes der Zeitung oder der BeförderungScinrichtungen, hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rück zahlung des Bezugspreises. — Wöchentlich 0.65 iM bei freier Zustellung; bei Abholung wöchentlich 0.55 E; durch die Post monatlich 2.60 freibleibend Wochenblatt Bank-Konten: Pulsnitzer Bank, Pulsnin m . Commerz- und Pnvat-Bank, Zweigstelle Pulru^ Anzcigen-Grundz-chlen in öh/: Die 41 mm breite Zeile (Mofle's Zeilenmesser 14i m der Amtshauptmaunschaft Kamenz 8 amtlich 1 mm 30 und 24 S?^; Reklame 25 Tabellarischer Satz 50 °/° Aufschlag. — Bei zwangsweiser Einziehung der Anzeigengebühren durch Klage oder in Konkursfällen gelang der volle Rechnungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung. Brs /-10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Oberfteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, FriederSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. Försters Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Nummer 185 Monta-, den 11. August 1930 82. Jahrgang Amtlicher Teil öffentliche Sitzung des Wrksausschuffes in der Tchankwirlslvost „Zu* Poft«, Lichtenberg. — Die Tagesordnung hängt im Dienst- gebäude drr Amtshauptmannschaft und in den Gemeinden mit Uder 1000 Einwohnern au». Amtshauptmannschaft Kamenz, am g August 1930. WW MM Wz Deutschland tilgt Frankreichs Schulden Frankreich schwimmt im Golde Französische Manöver auch Paris. Die außergewöhnlich günstige Finanzlage der französischen Staatskasse erlaubt der Regierung nicht nur die Tilgung ihrer inneren Schulden in weitem Umfange, sondern auch die der ausländischen Anleihen, ins besondere der zu hohen Zinssätzen in Amerika getätigten Anleihen. So sind in letzter Zeit für neun Millionen Frank amerikanische Anleihepapiere zurückgekauft worden, die, zu 7 Prozent verzinst, erst im Jahre 1949 fällig gewesen wären. Insgesamt soll bereits ein Viertel der zu verhältnismäßig hohem Zinsfuß getätigten Anleihen getilgt sein. Diese Til- gung ist der französischen Regierung mit Hilse der auslän- dischen Devisen möglich, die ihr durch die erste Tranche der Young-Anleihe zur Verfügung stehen. Kein einziger Gold frank ist deshalb aus der Bank von Frankreich entnommen worden, im Gegenteil, die letzte Woche vom 25. Juli bis 1. August weist eine neue Steigerung um 778 Millionen Frank auf, so daß sich der gesamte Goldbestand der Bank von Frankreich auf Uber 46 Milliarden Frank beläuft. „Ein verarmtes Deutschland der finanzielle Tod Europas". Stockholm. Das Stockholmer „Aftonbladet" beschäftigt sich sehr ausführlich mit der innen- und außen politischen Lage Deutschlands und führt u. a. aus: „Das Land ist verarmt. Schon rufen über zwei Millionen Arbeits lose nach Nahrung und Arbeit. Was tut die Reichsregie rung? Sie ist in derselben Lage wie eine Mutter, die ihr Kind züchtigen muß. Und warum? Der Young-Plan! Die Annahme dieses für Deutschland so gefährlichen wirtschaft lichen Monstrums treibt es dahin. Hat niemand gewarnt? Doch! Der deutschnationale Führer Hugenberg und seine Partei. Sie haben einen heftigen Kampf gegen den Young- Plan geführt und tun es noch, und deswegen konnten die Deutschnationalen sich mit der jetzigen Regierung nicht ver- einen. Man wollte sich nicht an dem Konkurs schuldig machen, der folgen muß, wenn die jetzige Erfüllungspolitik ihren Fortgang nimmt. i Die hohen Steuern, die neuen Abgaben, alles sind Fol gen des bisherigen außenpolitischen Kurses, der seinen vor nehmsten Vertreter in dem verstorbenen Herrn Stresemann hatte. Auch wenn man nicht den allergeringsten Kontakt mit den neuen Bewegungen in Deutschland hat, ist aller Grund vorhanden, sich zu überlegen, ob man Hugenberg vorwerfen kann, daß er die bürgerliche Front im Stich gelassen habe. Tatsache ist, daß alles, was Hugenberg gesagt und geschrieben hat, eingetroffen ist. Er wies darauf hin, daß der Young- Plan zum Verderben führen müsse, und wer kann wohl jetzt noch bestreiten, daß dieser tatsächlich im Begriff steht, wirt schaftlich ganz Deutschland zu ruinieren. Die Spannung Italien—Frankreich behindert Frankreich außerordentlich, und Englands Sorgen außerhalb Europas und die handelspolitische Lage machen es höchstwahrscheinlich, daß man sich dort sehr hüten wird, französische Kastanien aus dem Feuer zu holen. Die Lage ist umgekehrt für eine außen politische Neuorientierung günstig, zumal der mächtige Uncle Sam mehr und mehr zu verstehen anfängt, daß ein ver armtes Deutschland der finanzielle Tod Europas ist. Was für Deutschland nötig ist, sind Männer am Ruder, Männer, die keine Rücksicht nehmen auf dogmatische Erwägungen der Parteidoktoren oder auf die schicksalsschweren Bocksprünge eines ungeratenen Parlamentarismus, auch wenn dies den Tod der jetzigen Demokratie und des Parlamentarismus bedeutet." Grotze französische Manöver an der italienischen Grenze Paris, 11. August. Wie aus Mitteilungen der fran zösischen Presse hervorgeht, sind die großen Manöver in Lothringen nicht die einzigen in diesem Jahre. Nach dem an der italienischen Grenze „Paris Midi" werden auch die seit mehreren Jahren nicht abgehaltenen Manöver in Savoyen in großem Maßstab wieder stattfinden, und zwar Ende August im Maurienne- Gebiet in den Alpen an drr französisch - italienischen Grenze. Etwa 50 000 Mann sollen an den Manöver» teilmhmen. Alle alpinen Jägerbataillonr sollen auf Kriegsstärke gebracht werden. Auch leichte und schwere Bergartillerieregimenter sowie Tankabteilungen werden sich beteiligen. In Modane, unmittelbar an der italienischen Grenze, wird eine große Truppenparade voraussichtlich vor dem Kriegsminister abge halten. Außerdem sind Anfang September Manöver in den Argonnen zum Studium der Verwendung der Kavallerie divisionen in Verbindung mit den mechanisch fortbewegten Einheiten geplant. Die Bedeutung dieser Manöver wird in der Presse besonders unterstrichen. f Der Urlaub des Reichspräsidenten. Reichspräsident von Hindenburg, der auch in diesem Jahr wieder seinen Urlaub in Dietramszell bei der Gutsbesitzerfamilie von Schilcher verbringt, wird am Abend des 11. August die Reichshauptstadt verlassen und am Vor mittag des 12. August im Münchener Hauptbahnhof ein treffen. Von hier aus wird die Fahrt nach Dietramszell im Kraftwagen fortgesetzt werden. ilm die Erhaltung wahrer Demokratie. Brüning verteidigt die Regierungsmaßnahmen. Auf dem Parteitag der Westfälischen Zentrumspartei in Hagen sprach Reichskanzler Brüning, der etwa folgendes aussührte: Tas jetzige Reichskabinett ist von Männern ge bildet, denen es nicht daran gelegen ist, ob sie den Beifall des Volkes finden und die die Fehler der letzten Jahre zu beheben suchen. Man wirft der Regierung Verfassungs-- bruch vor. Tie Sozialdemokratie muß daran erinnert werden, daß sie noch im vorigen Jahre selbst überlegt hat, ob sie nicht mit dem Artikel 48 regieren soll- Mit der Anbahnung der Kassensanierung und der Durchführung der Arbeitslosenversicherung hat man im vorigen Jahre nur halbe Arbeit gemacht. Man hatte nicht den Mut, die notwendigen Steuern zur rechten Zeit zu machen. Dafür aber ging man bettelnd vor die Türen der Banken. Tas Rcichskabinctt hat die Pflicht, der Landwirt schaft auf dem Gesetzecw.ge Hilfe zu leisten, um die Qualitätsproduktion der Landwirtschaft zu sichern. Tas Reichskabinett wird im Haushalt 135 Millionen Mark ersparen. Die bisherigen Maßnahmen der Reichs regierung sind .nur eine Vorbereitung für das große Werk der Sanierung der Finanzen und damit auch des Wirtschaftslebens. Bei dieser Wahl geht es um die Er haltung und Verteidigung der wahren Demokratie. Jur Jwangsgestellung der «National sozialisten Berlin, 11. August. Wie Berliner Blätter ergänzend melden, waren während der Feststellung der Namen der zwangsgestellten Nationalsozialisten im Polizeipräsidium etwa 100 Nationalsozialisten im Polizeidienstgebäude in der Ma gazinstraße untergebracht. Die Festgenommenen lehnten sich dagegen auf, zerschlugen die Fensterscheiben, zertrümmerten die Einrichtungsgegenstände und die Wasserleitung. Die Feuerwehr wurde alarmiert und stellte das Wasser ab. Die in der Magazinstraße untergebrachten Nationalsozialisten wurden daraufhin nicht aus der Hast entlassen. Gegen die Schuldigen soll ein Verfahren wegen Sachbeschädigung eingeleitet werden. Das Wichtigste Da» in der Ostsee verunglückte deutsche Flugzeug konnte am Sonn» abend gehoben werden. Briand ist zur Zeit mit der Abfassung einer abschließenden Denkschrift in der P-neuropafrage beschäftigt, die nicht nur eine zusammenfas« sende sachliche Darstellung der 26 Antworten, sondern auch den Standpunkt Briand» enthalten wird. Da« englische Luftschiff „K 100" ist in Montreal zu einer 24 stündigen Rundfahrt über Kanada ausgestiegen. Wegen der Bedrohung Hankau« durch die Kommunisten ist ein neuer englischer Kreuzer zum Schutze der Ausländer entsandt worden. In dem Msffsnprozeß gegen die aufständischen Kommunisten in Indo china wurden 12 Personen zum Tod«, 114 zur Deportation und eine Anzahl weiterer zu Zuchthaus« und Gefängnisstrafen verurteilt. OerMches and SSchsksches «Vorschlag für dl« Wahlen , Von Lureidi. Es ist wirklich nichts Neues, im Gegenteil, es ist schon so alt, daß es längst sprichwörtlich geworden ist —: Wer die Wahl hat, hat die Qual. Modernisiert also: Wer die. Wahlen hat, hat die Qualen. Wer wählen muß, muß sich quälen. Mit der Wahl der zu wählenden Partei nämlich. Die Aus wahl ist in diesem Herbst besonders groß. Und je größer die Auswahl — nun, wir kennen das ja gerade jetzt sehr genau in der Zeit der Ausverkäufe. Ach ja, auch in dieser Be ziehung erinnern einen die kommenden Wahlen an einen Ausverkauf! Und vielen wird es gehen wie bei den Aus verkäufen, wo man gewöhnlich nachher erst merkt, daß man gar nicht das erwischt hat, was man eigentlich haben wollte, und daß die lautesten Schreier absolut nicht die beste Ware haben. Und enttäuscht ruft man schließlich aus wie die Jung, trau von Orleans bei Schiller: „Ach, es war nicht meine Wahl!" Natürlich erst, wenn's zu spät ist . . . Aber ich wollte einen zeitgemäßen Wahlvorschlag machen! Hier ist er. Wirklich zeitgemäß. Wenn es so weitergeht bei uns, wird es noch so kommen. Na, nix for ungut. Also: „Jedem Deutschen eine eigene — Partei. (Wem eine nicht genügt, der gründet eben zwei!) Jedermann im Reichsrat sein Vertreter, Und sein eignes „M. d. R." ein jeder. Jedem: Freifahrtschein für zweite Klaffe, Nebst Diäten aus des Reiches Kasse. Jedermann sein eigener Minister, Gleich, ob Anar- oder Monar-chist er; Jeder zieht sein eigenes Register, Ganz egal, ob Fasch-, ob Kommunist er, Und im Reichstagsrestaurant nur ißt er, (Weib und Kind daheim vergißt er). Jedem seine — Prästdentenglocke im Tornister (Tönt sie, schweigt wie ein Trappist er), Jedem seine eigne Flagge, die dann hißt er — —« Und der deutsch Michel — glücklich ist er!" - Ja, ja, und dann gründen wir alle einen Sprechchor und deklamieren mit der Jungfrau Johanna aus Orleans: „Ach, es war nicht meine Wahl!" — Die Ledigensteuer tritt am 1. Sep tember in Kraft. Amtlich wird mitgeteilt: Nach der Notverordnung des Reichspräsidenten vom 26. Juli 1930 treten ab 1. September 1930 bei ledigen Arbeitnehmern Zuschläge zur Lohnsteuer in Kraft. Das nähere hierüber er- gibt sich aus einem amtlichen Merkblatt, das bei den Finanz« ämtern unentgeltlich abgeholt werden kann. Vom 1. Sep tember ab hat also jeder ledige Arbeitnehmer einen Zuschlag von 10 v. H. zu seinem Lohnsteuerbetrag zu leisten, wenn der Arbeitslohn 2640 Reichsmark übersteigt. Als ledig gelten alle, die nicht verheiratet sind, ferner verwitwete oder ge schiedene Personen, wenn aus ihrer Ehe Kinder nicht her vorgegangen sind. Ausgenommen von dem Zuschlag sind alle die, die einen Zuschuß zum Unterhalt von Angehörigen leisten, der 10 v. H. ihres Einkommens übersteigt. Die beiden