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Rockklil'Iätt für Pulsnitz, KSnigsvrück, NaSeverg, Radeburg, Moritzburg und Umgegend. Erscheint: Mittw»»« und «onnabenb«. SbonnementsvreiS: (einschl- des jeder Sonnabend-Nr. beiliegenden SonntagSblattes) -Urerleljährlich -Kark. . Znferate lverden mit IV Pfennigen für den Naum einer gespaltenen Corpus« Zeile berechnet u. find bis spätestens Dienstags und Freitags Vormittags b Uhr hier auszugeben. Amtsblatt dcr Königlichen Gerichtsbehörden und der städtischen Behörden zu Pulsnitz und Königsbrück. EinlliMrtißigKrr Jahrgang. Buchdruckerei von E/ust LuVwig AörNer in Pulsnitz, Berantwortliche Redaction, Druck und Lerlag von Paul Weder in Pulsnitz. Geschäftsstellen für Königsbrück: bei Herrn Kaufmann R. Tschersich Dresden: Annoncen. Bureau'S Haasenstein L Bögler, In« Validendank, W. Saalbach. Leipzig: Rudolph Mosse, Haasenstein L Bögler. Berlin: Tentralannoncenbureau für sammtliche deutsche Zeitungen. Auswärtige Annoncen-Austräge von uns unbekannten Firmen und Personen nehmen wir nur gegen Pränumerando-Zahlung durch Briefmarken oder Posteinzahlung auf. Anonyme Annoncen, oder solche, welche Beleidigungen enthalten, werden keinesfalls ausgenommen, mag der Betrag beiliegen oder nicht. ü«8 ^»»t8l»L»tte8. Sonnabend. .M 90. 8. November 1879. Bekanntmachung. Mit Ablauf dieses Jahres scheiden in Gemäßheit § 42 der revidirten Städteordnung vom 24. April 1874 aus dem Stadtverordnetencollegium und zwar aus der Zahl ! X t der Ansässigen: 1 ., Herr Pfefferküchler Oscar Thomas. 2 ., „ Schnitthändler Friedrich Hahn. si 3., „ Töpfermeister Heinrich Sperling. , ») der U «ansässigen:^ 4 ., Herr Drechslermeister Carl Haufe. Demzufolge sind zu wählen aus der Mitte der Bürgerschaft drei ansässige und ein unansässiger Stadtverordnete. In Gemäßheit § 50 der revidirten Städteordnung ist die Liste der stimmberechtigten sowie wählbaren Bürger angefertigt worden und liegt dieselbe auf hiesiger RathSerpedition sowie bei dem Stadtverordnetenvorstand Herrn Rechtsanwalt Vr Bachmann zur Einsicht aus. Zur Wahl selbst ist Freitag, der 5. Deeember 1879, anberaumt und werden daher alle stimmberechtigte« Bürger hiesiger Stadt aufgefordert, gedachten Tages von Vormittags 8 Uhr bis Nachmittags L Uhr .persönlich im Sitzungszimmer des hiefigen Rothhansrs die mit den Namen der Gewühlten deutlich bezeichneten Stimmzettel zu überreichen. Die Stimmzettel Werden jedem Bürger vor dem Wahltage behufs deren Ausfüllung mit den Namen der zu Wählenden zugestellt werden. Schließlich wird noch bemerkt, daß es nach 50 51 der revidirten Städtcordmmg jedem Betheiligten frcisteht, von den Listen, welche in obgedachter Weise vom 12. bis 2U. November 1878 auslieqeu, Einsicht zu nehmen und wegen deren etwaigen Unvollständigkeiten gegen dieselben bei dem unterzeichneten Stadtrath lind zwar spätestens bis zum 18 November 1878 Einspruch zu erheben. Später eingehende Einsprüche werden nicht beachtet. Pulsnitz, am 1. November 1879. Der Stadtrath. Schubert, Brgrmstr. Die umgekehrte Orientfrage. Zeitungsschreiber wie Zcitungsleser haben seit der Unterzeichnung des Berliner Vertrags sich wohl vielfach der Hoffnung hingegeben, die leidige Orientfrage als stehende Ariikel in den Zeitungen los geworden zu sein. Eine Zeit lang schien diese Hoffnung auch ganz begrün det, man sprach nur noch von einer ostrumelischen, grie chischen und bosnischen Frage und zwar ohne sonderliche Leidenschaft und in den letzten Monaten wurde sogar eine Art deutsch-russische Frage in den politischen Vor dergrund geschoben. Sieht man indessen etwas scharf in das politische Getriebe Europas, so bemerkt man, daß nur eine einzige große Frage die Großmächte beschäftigt und dies ist nach wie vor die orientalische Frage, und alle politischen Affairen, die seit Abschluß des Berliner Vertrags in Europa sich abspielten, waren nur Wirk ungen und Schattirungen dieser Orientfrage. Freilich hat diese Frage unbeschadet der Stipulationen des Ber liner Vertrags jetzt eine ganz andere Physiognomie an genommen als ehedem. Vor zwei Jahren galt es die Balkanhalbinscl und zumal Constantinopcl gegen die Eroberungssucht Rußlands zu Vertheidigen und Rußland, dessen Kriegsmacht durch den türkischen Feldzug bedenk lich geschwächt worden war, fügte sich den Wünschen der Großmächte friedlich und nahm den Berliner Vertrag an. Dicser Beitrag überwies an Rußland wohl be deutende Vorthcue un Orient, aber die russischen Erb- schastsansprü e auf die gesammte Türkei wurden in Berlin und z var von allen Großmächten abgelehnt. Rußland glaubte nun später durch eine lange Kette von Jnlriguen die Wirkungen des Berliner Vertrages hinter treiben zu können; doch dazu muhte eine mächtige Groß macht die Hand bieten und Rußland glaubte in dieser Beziehung auf die Mitwirkung Deutschlands am Jntri- guenspiel rechnen zu können. Deutschland hat dies nicht gethan, weil es den Berliner Vertrag, aber nicht die russischen Jntrigucn für geeignet hielt, den europäischen Frieden zu erhalten. Wahrscheinlich hat der Leiter der deutschen Politik auch keinen Beruf in sich verspürt, dem russischen Reiche durch eineu allgemeinen europäischen Con^ct, hervorgebracht durch russische Ränke, den Besitz der Balkanhalbinsel in die Hände zu spielen. WaS da ¬ raus für die Freundschaft zwischen Rußland und Deutsch land folgte, ist zu bekannt, um es hier noch einmal zu wiederholen, was für eine engere Orientpolilik Rußland aber einfchlug, dürfte noch nicht in weite Kreise ge drungen sein. Es ist dies die Politik der erheuchelten Freundschaft und des zum Pnncive erhobenen Lugs und Trugs, mit welcher der General Jgnalieff einst so vielen Diplomaten in Constantinopel Sand in die Augen streute und mit welcher Politik der General Jgnatieff die in Vornirtheit erglänzende Türkei zu dem samosen Friedeusvertrage von San Stefano veranlaßt hatte. Rußland, der Todfeind der Türkei spielt sich nämlich nach der gegenwärtigen Haltung der russischen Politik in Constantinopel als der einzige wirkliche Freund der Türken auf. Der Sultan Abdul Hamid ist schwach und ohnmächtig genug und seine Näthe sind elend und bestechlich genug, um diese politische Weisheit aus Ruß land für echt zu nehmen und die letzte türkische Minister- klisis war lediglich ein Werk nach dem Willen Rußlands. Said Pascha, der neue türkische Premierminister, ist ein Schattenmann und die meisten andern Minister auch, nur Mahmud Nedim Pascha, der neue Minister des Innern, hat Einfluß beim Sultau und lenkt die türkische Politik in russisches Fahrwasser, denn Mahmud Nedim Pascha ist ein Ruffenfreund. Mit Hülfe dieses Freun des hat cs Rußland denn auch dahin gebracht, daß der Sultan nicht mehr Rußland, sondern Oesterreich und England als die eigentlichen Feinde der Türkei ansieht. Der Sultan hat sogar offen die Vermittlung Rußlands in der bosnischen Angelegenheit gegen Oesterreich und in dec kleinasiatischen Frage gegen England angerufen, obwohl die bosnische Angelegenheit im Sinne des Ber liner Vertrags und die kleinasiatische Frage nach dem englisch-türkischen Vertrage vom 4. Juni 1878 zu lösen ist, die Türkei sich also lediglich auf diese Verträge und nicht auf die Vermittelung Rußlands zu stützen hat. Diese Vermittelung paßt aber in den russischen Jntri- guenplan, da Rußland geflissentlich bemüht ist, Oester reich tvie England von einer Erwerbung türkischer Gc- bietstheile aüszuschließen. England ist in Folge dieses in Constantinopel betriebenen Ränkespieles sehr erbost aus die Türkei und hat gedroht, den Sultan absetzen und dessen Bruder Mehemed Reschad auf den Thron ! heben zu lassen, wenn die türkische Regierung nicht un- j verzüglich die dem Berliner Vertrage und im englisch türkischen Vertrage vom 4. Juni 1878 versprochenen Reformen durchführe. Der Sultan will sich diesen For derungen nicht fügen und stützt sich in seiner Weigerung auf — Rußland. So haben wir jetzt thatsächlich die umgekehrte Orientfrage: Rußland vertheidigt den Orient gegen England und Oesterreich und die Türkei hat die Bornirtheit es zu glauben. Zeitereignisse. Pulsnitz, 7. November. Herrn Stabstrompeter Franz ist von Sr. Maj. dem König die goldene Me daille mit der Devise: „Für lange und treue Dienste" für 21-jährige Dienstzeit (incl. 3 Feldzugsjahre) aller- gnädigst verliehen worden. Pulsnitz. Bestraster Trichinenverächter. Daß die obligatorische Fleischschau bei vielen Leuten sich geringer Sympathien erfreut, ist eine bekannte Thatsache. Die Abneigung derselben gründet sich zumeist auf der Mein ung, daß Trichinen überhaupt nicht schädlich sind. Auch der Schlächtergeselle Meyer, Berlin, Brunnenstraße 82, gehörte zu den eifrigen Leugnern der Lrichinenschädlich- keit und unternahm es, um für seine Behauptungen Beweise zu liefern, von einem der am 12. Oktober auf dem Viehhofe als trichinös erkannten Schweine noch vor der polizeilichen Beschlagnahme, ein Quantum Fleisch von einigen Loth in rohem Zustande zu genießen. Be sagter Meyer hat aber bald — daran glauben müssen, denn cs stellte sich nach Verlauf von neun Tagen die verhöhnte Trichinose pünktlich ein und bereitete ihm eine physische und moralische Niederlage. Der Patient be findet sich augenblicklich in der Charitee und sein Zu stand soll nicht ganz unbedenklich sein. Hoffen und wünschen wir indeß, daß der Mann seinen Vorwitz nicht mit dem Leben bezahlen muß. Dresden, 5. Nov. Heute Mittag 1 Uhr wurde der Landtag durch Se. Maj. den König eröffnet. Die Thronrede betont die fortdauernden Schwierigkeiten in der Finanzverwaltung. Eine höhere Besteuerung werde hoffent lich vermieden werden durch zu crboffende Zuflüsse aus