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A-orker Wochenblatt. M i t t h e i l u n g e n über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfter Jahrgang. Prel« für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 1« gr. SLchs., bei Beziehung de« Blattet durch Botengelegenhcit Erscheint jeden Donnerstag. 24. Januar 1839. Die politischen Parteien. Drei Parteien sind eS vorzüglich, welche — wie immer, wenn es einen politischen Kampf auezufechtrn gab — so auch jetzt einander gerüstet gegenüberstehen: die vorwärtsschreitende oder Partei der Bewegung, dir rückschreitenke oder Reakzionspartei, und dir so genannte gerechte Mitte. Oder mit andern Worten: ein Theil der Menschen strebt vorwärts nach Gleich heit vor dem Gesetze (mit vollständig freier Kraft- entwickelung), ein anderer nach Vorrechten (mit Begünstigung auf der einen und Beschränkung auf der andern Seite,) und zwischen ihnen befindet sich die Masse der farblosen Mischlinge. Die erste, die vorwärtsschreitende vderBe- wegungs-Partei ist geistig und phisisch die bei Weitem größte. Sie besteht fast aus dein ganzen Volke. A» ihrer geistigen Spitze befinden sich die edelsten, kräftigsten und uneigennützigsten Männer. Obwohl im höchsten Grade isolirt, verkannt und ver folgt, vertrauen die Letzteren dennoch unerschütterlich der Kraft der Wahrheit und folgen nur dieser im Drange der Sclbstverläugnung. An sie schließen sich, wenn auch nicht dem Namen, doch der Sache nach, alle. Besseren und aufgeklärteren im Volke in mehr oder weniger klarem Schauen an, so weit Befangen heit, oder ihr Interesse sie nicht verleitet, sich im Scheine oder Ernste zu den beiden andern Parteien zu schlagen. Die große Masse des Volks neigt sich zwar im dunkeln Gefühle und nach seinen materiellen Beschwerden auf die Seite jenes Strebens; jedoch ohne sich desselben klar bewußt zu werden. Leicht zu täuschen, folgt sie jedem einzelnen äußeren unmittel baren Eindrücke, und stimmt gewöhnlich in daS „kreuziget, kreuziget" selbst mit gegen Diejenigen ein, welche ihre treuesten, redlichsten Freunde sind. Wenn bei außerordentlichen Veranlassungen, entweder Feindesmacht von Außen, oder innerer Ausbruch der Unzufriedenheit bei zu großem Drucke oder Reizbar keit dcS Volks, die Fesseln desselben sprengen, in welche es Täuschung, mißverstandenes oder gethelltes Jnter- esse, Furcht und Hoffnungen legen, nur dann wer den die Wünsche laut, welche sich bis dahin In enger Brust verschließen. Dann verstärkt sich auch diese Partei durch die zahlreichen Männer der Mitte, welche stets dem vorherrschenden Winde folgen. Mit diesen treten alsdann auch zugleich die eraltirtcn Köpfe her vor. Diese Letzteren fehlen bis dahin, eben weil sie sich nur erst bei starker Aufregung zeigen.' Alls früheren Erscheinungen einzelner eraltirter Men schen sind nur, mit höchst seltenen Ausnahmen, wis sentliche oder unbewußte Werkzeuge der Reakzion, deren sich dieselbe zu allen Zeiten und so auch selbst nach dem Siege der Masse bedient, um das Gute zu verdächtigen oder gehässig zu machen! — Sic wer den deshalb stets von jenen erstgedachten Leitern der Aufklärung, selbst wenn dieselben auch noch so sehr für Wahrheit und Recht begeistert sind, gehaßt und nichts weniger als gesucht, eben, well sie der guten Sache nur schaden! — Die Macht der vorwärts» schreitenden Partei, wo sie sich vollständig geltend macht, ist übrigens unwiderstehlich! Ihre Schwäche besteht aber in dem Mangel eines festen Vereinigungs- Punktes nach einem bestimmten Ziele und in der Ver schiedenartigkeit der Meinungen und der Interessen. Das Streben nach gesetzlicher Ordnung und eben des halb nach materieller Gerechtigkeit und Gleichheit vor dem Gesetze vermag den einzig gemeinsamen Vereini gungspunkt für sie zu bilden. Es bleibt daher so lange dieser nicht faktisch ins Leben tritt, ihre nur dadurch zu gewinnende dauernde Macht so leicht ge fährdet. Die zweite, ReakzionS-Pa rtei ist der Zahl nach die unbedeutendste, aber im gewöhnlichen Laufe der Dinge dennoch die mächtigste. Durch Innern Zu sammenhang gleichartiger Interessen, durch Vorur-