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Nr. 42l Freitag, den 27. Mai 1881. Bekanntmachung. Die Lieferung des für das unterzeichnete Amtsgericht auf das Winterhalbjahr 1881/82 erforderlichen Heizungsmaterials an circa 180 Hectoliter Steinkohle (weiche Schieferkohle), 180 Hectotiter gute böhmische Braunkohle (Stückkohle), sowie 58 R.-Meter gutes weiches Scheitholz soll im Wege der Submission vergeben werden. Diejenigen, welche diese Lieferung übernehmen wollen, werden hiermit aufgefordert, ihre Offerte unter Preisangabe des zu liefernden Heizungsmaterials bis ZUM 4. Juni d. I. schriftlich anher abzugeben. Die Lieferungen haben frei bis in das hiesige Gerichtsgrundstück auf jedesmalige vorherige Bestellung in der gewünschten Quantität zu erfolgen. Die Auswahl unter den Bewerbern bleibt dem unterzeichneten Amtsgericht Vorbehalten. König!. Amtsgericht Wilsdruff, am 23. Mai 1881. vr. Gangl0ff. HaHof z. g. Löwen daß stunde auf Nachts 12 Uhr festgestellt und zwar auch für die Studenten und Verbindungen, die ihre geschlossenen oder gemietheten Kneiplocale haben. Das wollten sich die Studenten nicht gefallen lassen. Sie sammelten sich Nachts, brachten dem Polizeidirektor und anderen Herren Katzenmusiken, warfen ihnen die Fenster ein, zogen in Locale außerhalb der Stadt, widersetzten sich Verhaftungen u. s. w. Das dauerte drei Nächte hindurch und die Aufregung wuchs, als nach und nach mehrere hundert Studenten mit Hilfe des Militärs verhaftet wurden. Jetzt endlich ist Stillstand eingetreten und es wird zwischen der Polizei und den Univcrsitatsbehörden unterhandelt. Die Göttinger Bürger fürchten, daß viele Studenten wegziehen. In Frankreich verdrängt das große Tagesereigniß, der Sieg Gambettas in der Listenscrutiuiumsfrage, augenblicklich alles Interesse für die Vorgänge in Tunis. Am Donnerstag wurde in der franzö sischen Deputirtenkammec der Antrag des Abgeordneten Bardoux auf Ersetzung des bisherigen Wahlmodus nach Arrondissements (Kreisen) durch Listenwahlen mit 243 gegen 235 Stimmen angenommen. Da der französische Kammerpräsident durch seine Getreuen bereits seit langem die Wählerschaft im Sinne des Listenscrutiniums hat bearbeiten lassen, so unterliegt es keinem Zweifel, daß die nächsten Deputirten- wahlen für Gambetta eine kompakte und wohldisziplinirte Kammer- Majorität bringen werden, wodurch Gambetta noch mehr wie jetzt Herr der Lage wird. — Die internationale Münz-Konferenz in Paris hat sich bis zum 30. Juni vertagt, was keine großen Hoffnungen auf einen Erfolg der Verhandlungen erwecke. Die noch immer andauernden Judenverfolgungen in Süd-Ruß land geben ein trauriges Bild von den KultUrzuständen im russischen Volke. Ueber mehr als 20 Ortschaften erstrecken sich die Unruhen, in Odessa soll nur die Anwesenheit starker Truppenmassen den Aus bruch eines allgemeinen Gemetzels verhindern und nach der Stadt Berditschew allein haben sich gegen 20,000 Juden geflüchtet; in Kiew sind die Gefängnisse von Verhafteten förmlich überfüllt. Waterländisches. — Am Donnerstag Vormittag hat eine plötzlich ausgetretene Windhose in der Gärtnerei des Herrn Kirsch in Löbtau bedeuten den Schaden angerickstet. Nicht nur, daß im Nu eine Masse Deck- fcnster demolirt und eine sehr große Anzahl Fensterscheiben zerbrochen worden sind, auch wochenlange Mühe und Arbeit ist mit einem Schlag vernichtet worden. Herr Kirsch selbst soll nur durch sofortiges Nieder werfen hinter einer Erhöhung einer großen Gefahr entgangen sein. — In Prausitz bei Riesa ist in der Nacht zum Dienstag in der Kirche eingebrochen und sind daraus zwei ziemlich große sehr stark versilberte zinnerne Altarleuchter gestohlen worden. Der Staat und der Bürger. Eine schlimme Erbschaft unserer Vergangenheit ist die eigenthüm- Uche Stellung, welche bei uns in Deutschland der Einzelne dem Staat gegenüber einnimmt. Statt sich als ein lebendiges Glied des Staates zu fühlen, steht der Einzelne dem Staat meist mißtrauisch, gleichgültig, fremd gegenüber. Keine Klage ist populärer als diejenige über die Staatssteuern, nichts giebt mehr zu Mißmuth Veranlassung, als das, was der Staat verlangt. Dem kleinere» Gemeinwesen, der Gemeinde, dem Kreise, der Provinz sühlt man sich weit inniger verbunden, als dem großen; man steht iu lebhaftesten Beziehungen zu jenen und fühlt alles nach, was sie angeht; auf das große Gemeinwesen besinnt man sich gewöhnlich erst dann, wenn man einen Vortheil von demselben erlangen will. Daß der Staat noch nie einen Pfennig Steuern er lassen, daß er das, was er mit der einen Hand etwa erläßt, mit der anderen doppelt nimmt, daß die Abgaben an den Staat immer drückender werden, das kann man täglich hören; derselbe aber, welcher den Staat derart als einen unbequemen Mahner ansieht, dessen man sich leider nicht erwehren kann, derselbe, der es für gar nicht verwerf lich ansieht, wenn man dem Staal ein Schnippchen schlägt, ist gleich bei der Hand, wenn es gilt, den Staat zn irgend einer Leistung an zurufen. Wenn eine Eisenbahn gebaut, ein Nothstand gestillt, eine Schule oder irgend ein gemeinnütziges Institut gegründet oder unter stützt werden soll, da ist man gewiß schnell dabei, an den „großen Wohlthäter" Staat zu apelliren, den man sonst doch nur als einen hartherzigen, nie zufrieden zu stellenden Gläubiger darzustellen liebt. Für gewöhnlich ist der Staat der Blutsauger, dem es das größte Vergnügen macht, seinen Angehörigen das Letzte wegzunehwen; hat man aber irgend ein Anliegen in Bezug auf das öffentliche Leben, so ist der Staat mit einem Male die gütige Fee mit der Wünschelruthe, die sogleich, wenn sie nur will, mit einem Tischlein-deck-dich aufwarteu kann. Daß solche Anschauungen bei uns verbreitet sind — nicht nur in den sog. untern «Lchichleu, sondern überall, auch in den sog. besten Kreisen —, hat freilich nichts Ausfallendes. Der Staat hat sich lange genug von seiner unliebenswürdigsten Seite gezeigt und hat auch heule noch lange nicht die Formen des alten Polizeistaats vollständig abge streift. Auch die Mitwirkung seiner Bürger nimmt er noch lange nicht genügend in Anspruch; in den höher» Instanzen ist bei seinen Behörden noch alles bureaukratisch organisirt und da kann es denn nicht befremden, wenn dem Bürger das Gefühl nicht beiwohnt, daß dieses Leben des Staates ebenso ein Stück seines eigenen Leben sei, wie daß der Commune, deren Wohl und Wehe er mit berälh und deren Geschäfte er mit verwaltet. Außerdem aber ist der Bürger durch die bureaukratische Maschinerie nach und nach so vollständig alles Selbstvertrauens, aller Neigung zur Erprobung der eigenen Kraft ent wöhnt worden, daß es ihn, schon gar nicht mehr einfällt, selbst Hand anzulegcn, wo es in öffentlichen Angelegenheiten etwas zu bessern giebt, sondern daß er einfach nach dein Retter Staat ruft. In beiden Richtungen wird eine Aenderung eintreten müssen. Wir müssen endlich begreifen lernen, daß der Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben unsere Unterstützung gar nicht entbehren kann nnd daß das, was wir unsererseits ihn: geben, im Grunde verhältnißmäßig noch wenig ist dem gegenüber, was er nns giebt und was wir, unbe wußt fast, täglich genießen. Wir müssen nns aber auch entwöhnen, immer und bei jeder Gelegenheit verlangend nach dein Staate zu blicken, der uns aus allen Verlegenheiten und Nöthen helfen soll; wir müssen lernen, in solchen Fällen immer zuerst auf uns selbst zu sehen, sonst erschlafft unsere Kraft und mit ihr natürlich auch die des Staats, welche ja nur aus der unsrigen besteht. Manche Aufgaben kann frei lich nur der Staat lösen; aber unendlich viel läßt sich auch vom Einzelnen erreichen, wenn nur der gute Wille vorhanden ist. Tagesgerichte. 400 jüdische Auswanderer kamen, wie der „Köln. Ztg." ge schrieben wird, dieser Tage auf dem Berliner Ostbahnhof aus Rußland an. Dieselben wollen sich nach Amerika begeben. Bei dem großen Umfang, den die Judenhetze in Rußland erlangt hat, ist die Aussage der Reisenden, es würden ihnen noch viele Auswandererzüge folgen, nicht unwahrscheinlich. Drei Nächte lang war die altehrwürdige Universitätsstadt Göt tingen wie umgewandelt. Die städtische Polizei hatte die Polizei Nur reinschmeckende Kaffee's ü Psd. 100, 110, 120, 130, ,140 Pfennige, empfiehlt Die Dorfkramerei zu Groitzsch. Einem geehrten Publikum von Stadt und Land zur Kenmniß, ich von heute an das berühmte Plauensche Kagerkeller, Lager und Böhmisch verzapfe. Achtungsvoll A. DbomaS. Kirchcuuachrichtcu aus Wilsdruff. Am Sonntage Exaudi Vormittags predigt Herr k. Ur. Nabi. Meiner wcrthcn Kundschaft zur Nachricht, daß von dem weißen und großkörnigen Neis, n Pfd. 18 Pfg., wieder große Partieen angekommen sind. ^oliLiriLes DorseULQ, Dresden, Freibergerplatz 25. Den Petenten wegen derJahrmarktsverlegung zur gefälligen Kenntniß, daß wegen dem am Dienstag Abend gefaßten Beschluß eine weitere Unterschrift nicht nöthig war. Uoiitx UHinon. Wer wirklich ei» famoses Glas Böhmisch krinke» will, der bemühe sich in de» Gasthof rum golünen l.öiVLN. Wochenblatt für für für die König!. Amtshlluptmaunschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht nnd den Stadtrath zu Wilsdruff. Einundvierzigfter Kahrgang. Erscheint wöchentlich 8 Mal Dienstag und Freitag) AbonnementSpreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einrelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag.) AbonnementSpreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Ul-r. ilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden