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PulsmherFayeblatt Keinlprecher 18. Tek.-Adr.: Tagediait Pulsnitz »oitscheck-Konto Dresden 2138. Giro-Konto 148 — — — Erscheint a» jeoem Werktag — — — Im Falle höherer Gewalt — Krieg, Streik oder sonstiger irgend welcher Störung des Betriebes der Zeitung oder der Bekörderungseinnchtungen — hat der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder aus Rück zahlung des Bezugspreises. — Wöchentlich 6.85 RM bei freier Zustellung; bei Abholung wöchentlich 0.55 RN!: durch die Post monatlich 2.60 RM freibleibend LAUF Bank-Konten: Pulsnitzer Dank, Pmswy uud HI TU Commerz- und Privat-Bank, Zweigstelle Pulsnitz Anzeigen.Grundzahlen in RM: Tie 42 mm breite Petitzeile (MosfesZeilenmesser 14) RM 0.25, in der Amtshaupimannschast Kamenz RM 0.20. Amtliche Zeile NM 0.75 und RM 0.60. Reklame RM 0.60. Tabellarischer Say 50°/, Austchlog. — ei zwangsweiser Einziehung der Anzeigengebühren durch Klage oder in Konkursfällcn gelangt der volle Reä nungsbelrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung Bis >/,10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Ausnahme Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Kamenz, des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach Hauptblatt und Zliefte Zeitung in Len Ortschaften des Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig Hauswalde, Ohorn, Oberücina, Niedersteina, Weißbach, Ober- m» Niederlichtenau, Friedersdorf, Thiemendorf, Mmetbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albcristraße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. Försters Erben (Jub. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. M 0 h r i n P u l S n i tz Nummer 68 Monta«, de» 22. MSr, 1828 78. Jahrgang Nheinreife des Reichspräsidenten Das Ergebnis der Londoner Arbeitszeitkonferenz — Lloyd George will enthüllen — Eine Mehrheit für die Regierung sicher — Deutsche Wirtschaftsfragen im Reichstag Das Wichtigste Die große außenpolitische Aussprache im Reichstage über die Genfer Verhandlungen begann heute Montag. Die Londoner Konferenz der Arbeitsminister der europäischen Mächte ist am Freitag beendet wvrdeu Reichspräsident von Hindenburg verließ, begleitet vom Staats sekretär Meißner und seinem Adjutanten, Major von Hindenburg, Berlin, um der Stadt Köln einen Besuch ab- zustatteu. Im englischen Unterhaus findet am Dienstag eine sensationelle Genf-Debatte statt, in der Chamberlain über sein Ver halten in Genf zur Rechenschaft gezogen werden wird. Die deutsch-spanischen Handelsvertragsverhandlungen werden unterbrochen, und die deutsche Delegation in Madrid kehrt nach Berlin zurück, um mit den zuständigen Stellen Füh lung zu nehmen. Mederausbau der deutschen Marine. Von Oberleutnant zur See a. D. Dietrich Mayd 0 rn. . Der Marinehaushalt für das Jahr 1926 ist nunmehr Som Reichstage verabschiedet worden. Dus Wesentliche und auch für weite Kreise unseres Volkes Bedeutungsvollste an ihm sind die Ausgaben, die für den Ersatz unserer alten schiffe, also für Neubauten angefordert werden. Der Haus haltsausschuß hat ja wie beim Etat der Reichswehr auch am Marinehaushalt wesentliche Abstriche vorgenonnneu, die vor allem in der Verwaltung mancherlei Einschränkungen zur Folge haben werden. Erfreulicherweise ist aber an den vor gesehenen Sätzen für die Erneuerung unseres alten Schiffs materials nichts geändert worden, so daß die geplanten Neu bauten rechtzeitig begonnen und fertiggestellt werden können. Der ursprüngliche Entwurf sah eine Gesamtausgabe von rund 203 Mill. Reichsmark im ordentlichen und außerordent lichen Haushalt vor. Gegenüber dem Vorjahre bedeutete das eine Steigerung von etwa 48 Mill. Reichsmark, die aber im ganzen Reichshaushalt anteilmäßig nur eine Erhöhung von 0,4 v. H. gegenüber 1925 ausmachen, da die Marine in ihm mit 2,6 v. H. (1925: 2,2 v. H.; 1913: 13,5 v. H.) beteiligt ist. Den weitaus größten Teil der laufenden Ausgaben verschlin gen die Indiensthaltung und die Instandhaltungsarbeiten. Hier zeigt sich in den letzten Jahren eine immer ungünstiger werdende Verschiebung des Geldbedarfs. Während vor dem Kriege die Ausgaben für die Instandhaltung der Schiffe im Verhältnis einen dauernden Anstieg aufwiesen und die Kosten für die Instandhaltungen (Erneuerungen der Schiffe, Werften usw.) ständig zurückgingen, ist das Verhältnis nunmehr gerade Umgekehrt. Das veraltete und abgenutzte Schiffsmaterial er fordert in steigendem Maße Reparaturen, zu deren Gunsten die Mittel für die Indiensthaltung eingeschränkt werden Müssen. Daß das auf die Dauer ein unhaltbarer Zustand ist, Und daß dadurch vor allem die Ausbildung der Mannschaften leiden muß, wird jedem einleuchten. Der Versailler Vertrag hat als Altersgrenze für die Schiffe 20 Jahre von der Indienststellung an festgesetzt. Be rücksichtigt man dies, so muß fcstgestellt werden, daß mit Aus nahme zweier Linienschiffe unser gesamtes Schiffs- ma teri a l e r s a tz f ä h i g ist. Der Ersatz ist aber nicht nur deswegen äußerst dringlich, weil die Schiffe durchweg Maschinen- und waffentechnisch veraltet sind, sondern auch -deshalb, weil sie zum großen Teil völlig abgenutzt sind. Gerade hieraus ergibt sich ja die schon oben erwähnte Steige rung der Ausgaben für Instandsetzungen. Besonders die kleineren Fahrzeuge, die während des Krieges stärker bean sprucht worden sind, haben viel an ihrer Leistungsfähigkeit Und Brauchbarkeit eingebüßt. Die im vergangenen Jahre vor gekommenen Maschinenunfälle und Rohrreißer haben deutlich gezeigt, daß der Ersatz nicht nur aus Gründen der Wirtschaft lichkeit, sondern vor allem auch mit Rücksicht auf die Sicher heit der Besatzungen unbedingt erforderlich ist. Selbst ein englischer Journalist hat vor kurzem sich dahin geäußert, daß unsere Schiffe bald „reif für den Trümmerhaufen" seien. Man muß es deshalb trotz manchen finanziellen Bedenken »is erfreulich bezeichnen, daß nunmehr energische Schritte zu einem planmäßig durchgeführten Ersatz der veralteten Schiffe gemacht werden, und daß auch der Reichstag die Notwendig- Aindenburg in Aöln. Begeisterter iLinpsonz durch die Bevölkerung Köln. Ein strahlender Vorsrühlingstag, wenn auch kalt, aber klar und sonnig, ist über dem heiligen Köln am deutschen Rhein ausgegangen. Frühlingsanfang, Desreiungsfeier, Reichs- präsiöen-tenbesuch — kein Wunder, daß die Straßen der Stadt von Tausenden und aber Tausenden festlich gestimmter Menschen belebt sind. Bereits in der siebenten Stunde zogen Gruppen der spalierbildenden Vereine mit Musik und -zahlreichen Fahnen durch die Stabt zu ihren Standplätzen, Hunderte und Tausende von Fahnen und Flaggen flattern an den Häusern, von allen Zinnen der vielen Kirchen wehen Fahnen. Pünktlich traf der Zug mit dem Reichspräsidenten auf dem Hauptbahnhof ein. In diesem Augenblick ließ von dem Domtür men di« Deutsche Glocke am Rhein, die Petersglocke, ihre eherne Stimme erschollen und kündete weithin der Stadt und der Be- völkrung di« Ankunft des hohen Gastes an. Zum GuePsauA auf dem Bahnhof batten sich u. a. eingefunven Oberbürgermeister Ur. Adenauer, der Oberpräsident der Rheinprovinz, vr. Fuchs, Regierungs präsident Graf Adelmann sowie die Chefs der Behörden. Nach kurzer Begrüßung begab sich Reichspräsident von Hinden burg nach Lem Ausgange des Bahnhofs, wo ihn die auf dem Domplatz versammelte Menge begeistert zujubelte und spontan das Deutschlandlied anstimmte, dessen erste Strophe der Reichs Präsident entblößten Hauptes anhörte. Danach begab sich der Herr Reichspräsident, überall wieder lebhaft begrüßt, ins Rathaus, wo er sich in das Goldene Buch der Stadt Köln eintrug. Die Fahrt ging sodann zu den großen Messehallen im Rhein park, wo in der Großen Halle die vaterländische Kundgebung begann, die gleichzeitig durch Lautsprecher in die Osthalle und in das Freigelände der Blesse vermittelt wnrde wo sich an 100000 Menschen eingesunben hatten. Hier ergriss Oberbürgermeister Or. Adenauer das Wort zu folgender Rede: Dezember 1918! Es rieselt vom grauen Himmel! Still hängen Lie Fahnen in der nassen Luft. Dank- und Abschiedsreden werden gewechselt, das Deutschlandlied ertönt. Dann setzt sich das 371. Regiment in Bewegung: das letzte deutsche Regiment marschiert über den Rhein. Zum Himmel dringt — Sang und Gebet zugleich —: „Herr mach' uns frei!" Am folgenden Tage begann unsere Gefangenschaft, unsere Leidenszeit. Unser Herz krampfte sich zusammen: unser Köln, das heilige Köln war vom Feinde besetzt, auf unserm Rhein die deutsche Flagge gestrichen! * Schwer, unendlich schwer haben wir daher in den Jahren 1919 und 1920 unter der harten Faust des Siegers gelitten: ungezählten Familien brachte die Unterbringung des 55 000 Mann starken Heeres, Las die Besatzung allein der Stadt Köln bildete, unerträgliche Last und psychische Marter, Tansende haben in diesen beiden Jahren in britischer Untersuchungshaft gesessen, viele hundert Jahre Gefängnissind von den britischen Gerichten über Kölner verhängt und von diesen verbüßt worden: Dank, heißen . Dank allen, die Opfer gebracht haben. kam Ler Rhenreinbrurh, durch den di« durch frühere Sanktionen schon geschädigt« Wirt schaft auch des Kölner Gebiets bis ins Mark getroffen wurde. Es folgte Ler Versuch, uns loszureißen von Deutschland. Das ganze Rheinland, in Not und Gefahr zu einer Einheit zusammen geschmiedet wie nie zuvor, beseelte nur ein Wille: niemals zn dulden, daß es losgerissen würde vom deutschen Vaterlands. Wenn auch Köln selbst dank dem Verhalten der Besatzung freiblieb von Separatistenunruhen, so daß es zur Zentrale des Widerstandes für das ganze Rheinland werden konnte: auch für uns in Köln war es eine furchtbare Zeit, wir haben gezittert für Heimat und Vaterland. Die Räumung der Kölner Zone ist ein Ereignis von historischer Tragweite. Sie beedutet die end gültige Verneinung jener Rheinlandpläne, Lie über unser Land unsägliches Elend gebracht und Europa im Laufe der Zeit mit absoluter Notwendigkeit in einen neuen Krieg geführt haben würden. Auch an diesem Freudentage vergessen wir nicht, Laß so viel« Deutsche das köstliche Gut der Freiheit entbehren müssen. Seih versichert, rheinisch« Landsleute, daß wir Bewohner des befreiten Gebiets uns immer so eng mit euch verbunden fühlen werden, wie in den vergangenen, gemeinsam durchkämpftcn Jahren. Mir wer den zu euch stehen, komme, was kommen mag! Hierauf sprach der Preußische Minister de» Innern Severing Köln ist frei! Als diese Kunde in der Nacht vom ZI. Januar Mw 1. Februar durch die Gauen Deutschlands drang, hat ihr Echo am nächsten Tage bewiesen, daß die Feier am Kölner Dom kein lokales Ereignis war. Zn diesem Augenblick war Kölns Freud« Deutschlands Freude. Der Oberbürgermeister l>at eben darauf ver wiesen, daß Treue sich nicht nur in guten Tagen zu zeigen hat. Treue zum Lande, zum Reich ist in solchen Togen keine besondere Tugend. Im Unglück erst erprobt sich der Kämpfer, und di« Rstetnländer Ivor«» Kämpfer. Von 1918 an bis zum ZI. Januar 192«, und wenn, was der Himmel verhüten möge, nochmals Prüfungen dem Rheinland? unterleg« werden sollten, die Rheinländer werden auch in Zukunft Kämpfer sein, wie sie es bisher waren. Für diese Treue danke ich den Kölnern und Len Rheinländern ganz besonders. Dir Kölner wer den g-rrtc Rheinländer und gute Preuße» und gute Reichsdeutsche bleiben. Festen Mut in schwerem Leide» habe» die Rheinländer bewiesen, und ich wünsche nicht, Laß sie früher oder später durch Anlässe wie die vergangenen gezhnngcn werden, diese» Miu wie derum zu beweise». Das ganze Deutschland sollte sich daran er innern, daß noch viele unter fremder Herrschaft leide», daß es La Pflicht aller deutschen Länder ist, die Tränen zu lrockuen, Lie noch in der zweiten und dritten Zone geweint werden. Das Rheinland ist vor gar nicht langer Zeit das Opfer von Natur ereignissen geworden. Ich verspreche im Namen der Staats regierung, daß hier geholfen werden wird, soweit Lie Finanzen des preußischen Staates es ermöglichen. „Droht Ler Winter noch so sehr mit trotzigen Gebärden und streut er Schnee und Eis umher, es muß doch Frühling werden!" Der Reichspräsident hielt in der großen Festhalte folgende Ansprache: Für jedes Deutschen Herz war es ein bitteres Gefühl, Las nrdeutsche Land am Rhein, diese Wiege deutscher Geschichte und deutschen Volkstums, durch künstliche Schranken körperlich und geistig von uns getrennt in Händen fremder Besatzung zn wissen. Uns allen ist der Rhein ein Sinnbild großer deutscher Vergangenheit, ereignisreicher deutscher Geschichte. In Lem Lande, das er durch- fließt, sehen wir in Erinnerungen aller Art das Spiegelbild des Werdeganges unseres Volkes: Hier wurden Lie deutschen König« und Kaiser gekürt und gekrönt; hier lebten nnd wirkten di; erste» großen deutschen Meister der Dichtung, der Malerei und der Baukunst, hier zuerst entfaltete sich freier Bürgersinn zu Selbstverwaltung und Selbstbehauptung im Wirrwarr Ler Zeit. Im Rahmen der Geschichte erscheint der Rhein uns als unser Sch k s a l s st r 0 m : oft i st er ein leuchtendes Sinnbild deutscher Kraft unö Große, oft aber auch ein dunkles Bild Leut- schen Leides, dann nämlich, wenn unser alter Erbfehler, die Uneinigkeit, Lie Leutsch« St 8 rke lähmte. Schmerzlich bewegt gedenken wir unserer Brüder im übrige» Teile dieses sonst eine stolze Einheit bildenden Landes, die noch weiterhin die L ast sremder Besatzung tragen müssen; wir grüßen sie treuen und dankbaren Herzens in der Hoffnung, auch mit ihnen bald in Freiheit wieder vereint zu sein. In dem schweren Erleben der letzten Jahre hat uns Ler waffenlose Kampf, den deutsche Männer und Frauen an der Ruhr wie am Rhein um ihr Deutschtum, um ihr Recht und ihre Freiheit kämpften, die tiefe Ueberzeugung gegeben, daß Deutschlands Sendung noch nicht erfüllt ist und sein Weg nicht im Niedergang endet. Wie sie, die diesen Kampf so tapfer bestanden, wollen wir uns alle zu diesem Glau-