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Fernsprecher: l^r. 18. erscheint: Dienstag, Donnerstag u.Lonnakend. Mit „Illustr. Sonntagsblatt", „Landwirtschati- ticher veilags" und „§ür köaus und 6erd'. Abonnement: Monatlich 45 pt., vierteljährlich Mk. 1.25 bei freier Zustellung ins Daus, durch die Post bezogen Mk. 1.4t. lirks-Anzsiger und ZTrtung 5lm1s-WW^ blatt Les l^ömgl. Amtsgerichts und des ötadtrates zu Pulsnitz M ?elegr.-6dr.: Wochenblatt Pulsnitz Inserats für denselben lag sind bis vormittags 10 Uhr aufzugeben. Vie fünf mal gespaltene Zeile oder deren Naum 12 pk., Lokalpreis 10 Pf. Neklams 25 Pf. Sei Wiederholungen Nabatt. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem rarik. Erfüllungsort ist Pulsnitz. Druck und Verlag von S. L. Försters Erven (inh.: Z. VVL Mohr). Expedition: Pulsnitz, lZismarckplatz Nr. 265. Verantwortlicher Nsdaktsur: I. XV. Mohr in Pulsnitz. ArntcrblnH umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. s., Vollung, Srotzröhrsdork, Srstnig, IZauswalde, Ohorn, Oberstsina, Nieder- k »illl^-UlUlt l U t OE I l kl I IllSgEl lU^tOUEZ i t ld ^/UlSilil), steina, Wsitzbach, Ober-u.Nieder!ichtenau,§risdersdorf-'!'hiemendorf, Mittelbach, Srotznaundork, Lichtenberg, lxlein-vittmannsdork. Ar. 37. Donnerstag, den 26. März 1908. 60. Jahrgang. Das Wichtigste vom Hage. König Friedrich August weilt in Bozen zum Besuch der Prinzessin Anna Pia Monika. In der Zweiten Kammer des sächsischen Landtags wurde das Verhältnis der sächsischen und preu ßischen Eisenbahnverwaltung eingehend erörtert. Die Monarchenbegegnung in Venedig nahm einen überaus herzlichen und gelungenen Verlauf. Die Volksschule in Schönheiderhammer ist vollständig niedergebrannt. Das Kaiserpaar wird gegen Ende der ersten April woche in Korfu eintreffen. Der Deutsch-Ostafrika-Dampfer „Herzog" ist zwischen Calais und Boulogne aufgelaufen. Die französische Regierung fordert einen Nachtrags kredit für Marokko von 10 Millionen Franks. Oer Srisdsnsscklutz. Der Friede ist am Abend des 24. März — endlich! — geschlossen. Der Abg. Gröber hat in einer Bemerkung zur Geschäftsordnung wegen seines unparlamentarischer. Ausdrucks um Entschuldigung gebeten, und die Parla mentsjournalisten haben unmittelbar danach beschlossen, mit Rücksicht auf die Interessen des Landes und des Parlaments von heute Donnerstag ab die Arbeit wieder auszunehmen. Die Allgemeinheit hat Anlaß, sich dieser Lösung des Knotens, die die Stimme des Reichstags wieder hörbar macht, aufrichtig zu freuen. Ein kurzer Rückblick auf Len Konflikt, der nur in der englischen und österreichischen Parlamentsgeschichte Vorläufer findet, stößt leider aus manch in hohem Grade unerfreuliches Moment. Deutlich trat zutage, daß Par lament und Presse, die unbedingt aufeinander angewiesen sind, sich noch nicht allenthalben zu gegenseitiger Hoch achtung und Wertschätzung durchgerungen haben. Da wollten einzelne Preßorgane jeden Journalisten als kom mandierenden General und jeden Parlamentarier als Re kruten oder günstigsten Falles als Gefreiten bewertet wissen. Andererseits wollten einzelne Parlamentarier die Presse auch jetzt noch nach dem Wort jenes Dichter» ein schätzen, dem jetzt mit hoher Förderung Denkmäler ge fetzt werden: „Behalt mich lieb, mein schönes Kind, doch grüß mich nicht unter den Linden!" Hat doch ein frei sinniger Abgeordneter sich kühnlich zu der Weisheit be kannt, es gehe ohne Presse viel besser, und ein anderer hat, als die Parlamentsjournalisten ob der Verletzung ihrer Standesehre grollten, wegwerfend gefragt, ob denn „die Kinderei da oben" noch nicht zu Ende sei. Solche Dinge zeigen, daß hüben und drüben noch zugelernt werden muß. Die unerfreulichste Erscheinung während des Konflikts aber bot sein Urbeber, der Abg Gröber. Daß er solange zögerte, die von ihm ausgesprochene Be- lstdigung zurückzunehmen, wäre auch dann unverständ lich, wenn es sich wirklich nur um einen „urschwäbischen Ausdruck" gehandelt hätte. Sein Sträuben war aber E unverständlicher, als er nicht nur ein höherer Justrzbeamter ist, sondern zugleich ein Parlamentarier, bei der Beratung des Justizetats darüber geklagt hatte, daß Beleidigungen neuerdings nicht selten eiste nur ungenügende Ahndung finden. Dabei konnte doch dem aitgedienten Parlamentarier unmöglich entgehen, öab ^end^M^ sträubte, den von ihm Beleidigten > Au1mer'^ zu gewähren, um so mehr auch dre Ausme reit des ganzen Landes, ja der ganzen ge- bstdeten Welt f nicht eben welterschüttern ¬ den Zwischenfall gelenkt werden müßte, und er die eigne Position U^Evalu^ Zunächst waren die Parlamentsjournalisten geneigt, nach einer entspre chenden Erklärung Gröbers in einem Schreiben an den Reichstagsprästdmten nochmals offen zu ^kennen, daß es ihnen vollauf fern^be, Gröbers und ferner Freunde religiöse Gefühle zu verletzen. Schließlich „erklärte" nur noch Herr Grüber, und er mußte sich obendrein noch gefallen lassen, daß Führer anderer Frak "^n "°ch einen Zahn aus einer Erklärung ^n. Daß ihm, dem Gentleman und Christen, .diese . l Erklärung geradezu abgepreet werden mußte', und Zwischen die in der Verfassung vorgesehene Oeffent- H der Reichstagsverhandlungen nur formell gewahrt blieb, in Wirklichkeit aber eine ganze Reihe von Tagen beseitigt war, muß als eines der unerfreulichsten Ereig nisse der deutschen Parlamentsgeschichte empfunoen werden. Gottlob, daß auch der starke Schatten dieser betrü benden Dinge im Lichte des beim Konflikt hervorgetre tenen erfreulichen Moments fast völlig verschwindet. Daß der Zwischenfall im Reichstage mit dem Siege der Jour nalisten enden mußte, war selbstverständlich. Das wußte jeder, der noch an die hausbackene Wahrheit glaubt, daß der Beleidiger immer im Unrecht bleibt. Nicht aber stand zu hoffen, daß der Fall Gröber in folch hohem Umfange zu einer Solidaritätsbekundung fast der gesamten Presse führen werbe. Daß diese gesunde Wahrung der Standes ehre ihre Wellen machtvoll weit über die Grenzen des Reiches warf, und die Pfeile zu einem unzerbrechbaren Bündel zusammenschloß, die sonst nur zu häufig gegen einander gerichtet sein müssen, wird starken Eindruck nirgends verfehlt haben, und daß im Auslande nur die deutschfeindlichen „Times" die Liebe zum deutschen Reichs tage über Standesbewußtsein siegen ließen, sicherte dem ernsten Drama das belustigende Satirspiel. Im übrigen handelten die Reichstagsjournalisten auch damit würdig, daß sie nach der endlich doch eingetretenen Entschuldigung Gröbers kurz und bündig erklärten: Wir nehmen die Arbeit wieder auf. Oerilicbes unQ SärDsisMss. Pulsnitz. Der Rabatt-Spar-Verein Pulsnitz, e. V., hielt am 19. März im Herrnhaus seine diesjährige Generalversammlung ab. Zu dieser waren 53 Mitglieder erschienen. Aus dem vorgetragenen Jahres- und Kassen bericht war zu ersehen, daß sich der Verein trotz der viel fachen Anfeindungen, unter denen er auch im letzten Ge schäftsjahr noch zu leiden hatte, immer mehr erweitert und sich neue Freunde und Anhänger dieses so gemein nützigen Rabatt- und Sparsystems gefunden haben. Im Geschäftsjahr 1907/08 wurden gegen 6000 Sparbücher im Werte von 29243,77 Mk. eingelöst. In der Spar kasse zu Pulsnitz verblieb noch für die Kundschaft ein Bestand von 16469,83 Mk. Die ausscheidenden Vorstands mitglieder, Herren Fedor Hahn, Walther Borkhardt und Carl Henning wurden wiedergewählt. Für den gleichfalls ausscheidenden Herrn Heinrich Wehner wurde Herr Ernst Kretzschmar neugewählt. Ein Antrag des Gesamtvorstands „Zerlegung des Geschäftsjahres betr." wurde einstimmig bei Einlösung der Bücher die Nachkon- die Sparkasse in Wegfall zu bringen, beschloß Gutscbeine'werL^ Ginführung von Gutscheinen. Solche bückern in den er" Inhabern von vollgeklebten Vpar- von der Sparkasse zu Pulsrnu^ gegebenen oktt einaelöst Meeein zum Sparbuchwerte ein- und wird auch gegen den von^^ bei Sonntags-2Uhr-Ladenschluß im Interesse des bedrückten Handels- und Oewerbestandes Petitionen an den Reichs tag rc. s^n erwähnt, kann der Verein mA seinen bis fetzt erzielten Erfolgen zufrieden sein. Möge e» ihm auch rn Zukunft gelingen, sein er worbenes Ansehen zu behaupten und alle noch Fernstehen den von dem gemeinnützigen Rabattsparsystem zu über- zeuaen. Solches wurde nicht nur der Sache selbst sehr förderlich sondern auch zum Wohle und Vorteil des von vielen Seiten hart bedrängten seßhaften Handels- und Gewerbestandes sein. " Ueber die Rabatt-Spar-Vereine im allaemeinen sprach der freisinnige Abgeordnete Günther im sächsln Landtage am 3. März d. I. u. a.: „Mit größter Freude aber mochte ich feststellen, daß sich eine sehr gesunde Bewegung innerhalb des Handels- und Ge werbestande« Geltung zu verschaffen gesucht hat, und das sind die Rabatt - Spar - Vereine, aus die auch Herr Abg. Spieß in seiner Begründung Bezug nahm, ohne daß er aber auf diese Art Selbsthilse, die wir für sehr zweckmäßig halten, und der wir unsere volle Sympathie entgegen bringen, näher einaeaanaen wäre. Was ist auf dem Ge biete der Selbsthilfe nach dieser Richtung durch die Na- batt-Spar Vereine in den letzten Jahren alles geleistet worden! Aus einem Nortraae des Generalsekretärs des Verbandes der Rabatt-Spm-Vereine Deutschlands, der aus dem Verbandstaqe in München in der Zeit vom bis 24. Juli gehalten ist, kann man deutlich ersehen, nach welcher Richtung hin die Bestrebung zu gu ten Erfolgen für unseren Handelsstand beigetragen haben. Der Vortragende sagte damals: „Schon jetzt kann gesagt werden, daß die Bewegung die Hoffnungen, welche auf sie als wirtschaftliche Selbsthilfe des Kleinhandels gefetzt wurden, im vollsten Maße erfüllt hat." Aus dem Vor trage geht hervor, daß im Jahre 1906 die Rabatt-Spar- Vereine, soweit sie sich zu einem großen Verbände zu sammengesunden haben, 19 Millionen Mart als Rabatt auf den Einkauf gegen Barzahlung gewährt haben. Diese 19 Millionen Mark Gesamtsumme an gewährtem Rabatt entsprechen einem Warenumsatz von über 400 Millionen Mark. Rechnet man noch die dem Verbände nicht ange hörenden Rabatt-Spar-Vereine hinzu, welche einen Rabatt auf Barzahlung von etwa 5—6 Millionen Mark bezahlt haben werden, so dürste wohl eine Umsatzziffer von mehr als 500 Millionen Mark in Betracht zu ziehen sein. Das ist ein Erfolg, wie er noch durch keine Selbsthilfeorgani sation erzielt worden ist." Pulsnitz. Königliches Schöffengericht. In der Sitzung vom 24. dieses Monats hatte sich das König!. Schöffengericht zunächst mit zwei Privatklagen zu be schäftigen. Deren erste war diejenige des Kaufmanns Rudolf Opitz in Pulsnitz gegen den Bühnentechniker Hugo Steglich in Dresden wegen Beleidigung. Der letztere hatte an ersteren einen Brief stark beleidigenden Inhalts geschrieben und wurde dafür zu 40 Mark Geldstrafe eo. 4 Tagen Gefängnis verurteilt. — Die zweite Sache be traf die Privatklage des Fabrikarbeiters Max Schulze, jetzt in Einbeck, gegen den Kaufmann Johannes Bursche in Pulsnitz wegen Körperverletzung, und endete mit der Verurteilung des Angeklagten zu SO Mark Geldstrafe, während der Privatkläger für straffrei erklärt wurde. Der Zimmermann Paul Edwin Fichte aus Bretnig hatte sich wegen Körperverletzung und Widerstands zu verant worten. Mitte Februar hatte er in der Wut verschiedene Gegenstände in der Wohnung seiner Mutter zertrümmert, der letzteren ein Brot an den Kops geworfen und sie mit einem Bilderrahmenteile geschlagen. Als ihm deshalb durch die Ortspolizei die Arretur angekündigt worden war, hatte er dieser dadurch Widerstand geleistet, daß er sich auf den Boden geworfen, mit den Füßen eingestemmt und am Türpfosten angehalten hatte. Der Angeklagte befand sich vom 16. Februar bis zum 14 März in Unter suchungshaft. Die erkannten Strafen, 40 Mark Geld wegen Körperverletzung und 2 Wochen Gefängnis wegen Widerstands gelten deshalb als verbüßt. Der Fleischer geselle Max Robert Gebler aus Breinig, zuletzt in Groß röhrsdorf, entlieh im August 1907 seinem damaligen Meister, einem Fleischermeister in Weixdorf, dessen Fahr rad und radelte damit nach Dresden, angeblich um seine Papiere daselbst zu holen. Statt dessen besuchte er jedoch verschiedene Gastwirtschaften und versilberte schließlich, als seine Barmittel auf den Nullpunkt angelangt waren, das ihm anoertraute Rad. Den Erlös verwandte er in seinem Nutzen. Unter diesen Umständen zog es Gebler dann vor, nicht wieder zu seinem Meister zurückzukchren; er machte sich vielmehr aus dem Staube. Das Königliche Schöffen gericht verurteilte den leichtsinnigen, wegen Unterschlagung und Betrugs vorbestraften Menschen zu 5 Wochen Ge fängnis. Angeklagt wegen Jagdvergehens erschien der Bandweber Robert Max Teubel aus Obersteina vor dem Schöffengericht. Der Angeklagte hatte Ende Juni 1907 im Garten seines Pflegevaters Wehnert ein Eichhörnchen angeschossen. Um das Tierchen, das nach dem nahen Walde flüchtete, vollends zu töten, schoß es der Ange klagte von einem Wege außerhalb des Gartens noch ein- mal. Wegen unberechtigter Ausübung der Jagd, die überdies während der gesetzlichen Schonzeit erfolgte, wurde er zu einer Geldstrafe von 4 Mark oder einem Tage Ge fängnis verurteilt; auch wurde auf Einziehung des zum Schießen benutzten Teschins erkannt. — Zum Schluffe wurde gegen den Bäckermeister Bruno Oskar Grundmann und dessen Sohn, den Bäckerlehrling Karl Arthur Grund mann, beide in Obersteina, wegen Diebstahls bez. Be günstigung verhandelt. Der erstere wird beschuldigt, im Januar dieses Jahres auf seinem Grundstücke einige ihm nicht gehörige Tauben weggefangen zu haben, während dem Sohne zur Last gelegt wird, diese Tauben in Kennt nis deren widerrechtlicher Erlangung im Auftrage seines Vaters verkauft zu haben. Nach erfolgter umfänglicher Beweisaufnahme gelangte das Königliche Schöffengericht zu d>r Ueberzeugung, daß Bruno Oskar Grundmann zwei