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für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Sievenleyn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. - Dieses Blatt erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags und kostet vierteljährlich 10 Ngr. — Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag. ^37. Dienstag, den 12. Mai 1874'.' Anher erstatteter Anzeige zufolge sind am 28. vor. Mon. folgende Bücher, gezeichnet und gestempelt als Jnventarstücke der Kirche zu Limbach, aus der Sacristei der letzteren und zwar mittels Eindrückens der Fensterscheibe derselben spurlos entwendet worden, nämlich: n. Kirchenbuch für die evangelische Kirche in Würtcmberg, II. Auflage. Elegant gebunden, d. Evangel. Handagende von Florcy, I. Ab- theilung, Kirchcngebete und Vota, enthaltend, I. Auslage, Leipzig 1866. e. ein Dresdener Gesangbuch v. I. 1870, ebenso wie das Buch unter I). elegant gebunden, endlich ä. ein kleiner Spiegel mit Goldlcisten. Zur Ermittelung des Thaters und Wiedererlangung des Gestohlenen wird dieser Diebstahl hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht. König!. Gerichtsamt Wilsdruffs Im Auftrage: vr. Kauxlokk, Assessor. Von dem unterzeichneten Königlichen Gerichtsamt soll den 17. Juni 1874 das dem Oeconomen Albert August GlänHel in Burkhardtswalde zugehörige Hausgrundstück Nr. 12 des Katasters und Nr. 7 des Grund- und Hhpothekenbuchs für Burkhardtswalde, Taubenheimer Patrimonialgerichtsantheils, welches Grundstück am 7. April 1874 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 1290 Thlr. —- —- gewürdert worden ist, nothwen diger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 9. April 1874. Königliches Gerichtsamt daselbst. Leonhardi. Tagesgeschichte. Die Welt hat einen kleinen Schrecken gehabt. Im sonst so stillen englischen Oberhaus interpellirte plötzlich Lord Russel, der greise und Deutschland nicht abgeneigte Staatsmann, welcher lange Mi nister war, den Minister Lord Derby über das politische Wetter. Er bat, ihm zu sagen, ob die Wolken, die am Himmel, namentlich über Frankreich und Deutschland stehen, Nachzügler des groszen Gewitters von 1870 oder Vorläufer eines heraufziehendcn Unwetters seien. Minister Derby kam mit seiner Antwort in einige Verlegenheit, er hütete sich, ein entschiedener Wetterprophet zu sein, er gab dem In terpellanten darin Recht, daß in Frankreich alles vom Marschall bis zum Trommler darauf brenne, den Deutschen Elsaß und Lothringen wieder abznnehmen, und daß Deutschland fest entschlossen und ge rüstet sei, zu behalten, was cs habe. England, fügte der edle Lord hinzu, wünsche, daß, wenn das Wetter losbreche, es lieber später als eher losbrccbe, und die englische Negierung werde die Verträge mit andern Völkern streng einhalten und dergleichen. Hat nun Lord Ruffel eine andere kräftigere Antwort gegen den cvent. Friedens- brechcr provoziren wollen und ist er damit verunglückt? oder was steckt hinter diesem auffallenden Wcttergespräch vor Europa? Der alle Herr weiß doch recht gut, daß man heraufziehcudc Gewitter nicht mit dem Läuten der Larmglocke verscheucht. Und so wohl ist's uns doch Allen nicht zu Muthe, daß wir mit aller Gewalt an den Vul- tanzt"'"""* werden müssen, auf dem wir tanzen, wer überhaupt ,/Rfm sollte die Auswanderer, die kürzlich aus Brasilien nach Deutschland zurückgekchrt sind, durch das Land ziehen und Volksver sammlungen halten lasse,i, Es wäre ihnen durch ein kleines Ein trittsgeld geholfen und Vielen, die nicht hören wollen, auch. Die armen Leute sind wahre Jammergestalten und ihre Schilderungen sind Hammerschläge, um die dicksten Köpfe zu öffnen. Durch gewissen lose Agenten war ihnen Brasilien als ein Paradies geschildert wor den, sie sanden aber statt Wohnungen Erdhöhlen, die Schweine haben bessere Stallungen. Was sie mit ihrer Hände Arbeit verdienten, un gefähr einen Thaler pr. Tag, reichte lauge nicht zum Lebensunter halte aus. Derselbe kostete, wie die Leute versicherten, mehr als 3 Thaler täglich. Die Lebensmittel wurden ihnen gegen Lohnabzüge oder gegen baar zu unerhörten Preisen geliefert. Kartoffeln kosteten pro Pfd. 5 Sgr. und im Verhältniß alles Uebrige. Brot haben sie nicht zu sehen, geschweige zu essen bekommen. Die meiste Nahrung gaben die Wurzeln eines Strauches und einer Pflanze, die sie aber nicht benennen konnten. Wohl war es kein Wunder, daß eine Frau, als sie das Brod ihrer Heimath wiedersah, zitterte und ohnmächtig wurde. Ihre früheren Verhältnisse waren ziemlich gute, sie besaßen ein Grundstück, Pferde und Kühe. Alles hatten sie verkauft, um dem trügerischen Lockbildc, das ihnen von Amerika vorgcspiegelt wurde, nachzujagen. Ganz arm kommen sie jetzt zurück. In Berlin erhiel ten sie vom Kaiser Frcibillcts per Bahn bis zur Heimath, auch Essen. Uno was sagen sie jetzt über das Auswandern? „Nein, nicht aus- wandcrn! Geweint haben wir vor Freude, als wir den Boden von Europa wieder betraten; lieber wollen wir hier die ärmsten Tage löhner sein, denn ein solcher hat es hier viel, viel besser, als man es dort haben kann. Die Korrespondenten der Madrider Blätter im Lager der Nord- armce sprechen sich sehr bedauernd aus über die gräulichen Verwüst ungen, welche die Carlisten beim Aufwerfen ihrer Befestigungen unter den schönen Waldungen in der Umgegend von Bilbao angerichtet haben. Jeder Baum, der den Liberalen auch nur die geringste Deck ung hätte bieten können, ist niedergchaucn worden und ganze Berge, welche vor kaum acht Tagen noch im herrlichsten Grün prangten, stehen kahl und öde da, wie rasirt. Im vorigen Jahr wurden in den Südproviuzen die Olivenwäldcr von den Intransigenten nieder- gebrannt, jetzt vernichten die Carlistcn im Norden massenhaft den Holzbestand. Man muß die unendlichen baumlosen Oeden des mitt leren Spaniens kennen, um den Schmerz der Berichterstatter beim An blick dieser Verwüstungen zu würdigen. Paris, 7. Mai. Don Carlos hat, wie dem Journal „Soir" telegraphirt wird, eine Proclamation an seine Truppen gerichtet. In derselben heißt es u. A.: „Setzet Eure Zuversicht auf Gott und be wahret mir Euer Vertrauen; dann werdet Ihr nicht den Muth ver lieren. Wir werden dennoch in Bilbao einziehen und unsere Fahnen siegreich entfalten. Paris, 9. Mai. Der „Agence Havas" wird von der spanischen Grenze telegraphirt, daß die Carlisten mit einer starken Streitmacht in die Nähe von Bilbao zurückgekchrt sind und die Straße nach Ga- lacamo besetzt halten. Madrid, 6. Mai. Marschall Serrano hat beim Empfange einer Provinzialdeputation sich dahin ausgesprochen, daß das Car- listenthum vor Bilbao zwar einen heftigen Stoß erlitten habe, daß