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N'ockrnlflatt für Pulsnitz, Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzbnrg und Umgegend. Erscheint: «kitewoL« und Gonnabenb« früh s Uhr. Abonnementspreis: Vierteljährlich l^ Marl. Hvserate werden mit 10 Pfennigen für den »ioum einer gespaltenen LorpuS» Zeile berechnet u. sind bis spätesten« Dienstags und Freitags Vormittags v Uhr hier auflugeten. Amtsblatt der Königlichen" Gerichtsbehörden und der städtischen Behörden zu Pulsnitz und Königsbrück. EinulMrtißigfier Jahrgang. Buchdruckerei von Ernfk Ludwig Förster in Pulsnitz. Verantwortliche Redaktion, Druck und Verlag von Paul Weber in PulSnitz. Seschäfts-teAen für Königsbrück: bei Herrn Kaufmann M. Tschersich Dresden: Annoncen. Bureau'S Haasenstein L Vogler, Jr- validendanl, W. Saalbach. Leipzig: Rudolph Moste, Haasenstein <L Vogler. Berlin: Lentralannoncenbureau für sämmtliche deutsche Zeitungen. Auswärtige Annoliceu-Auftiäge von uns unbekannten Firmen und Personen nehmen wir nur gegen Pränumerando-Zahlung durch Briefmarken oder Posteinzahlung auf. Anonyme Annoncen, oder solche, welche Beleidigungen enthalten, werden keinesfalls ausgenommen, mag der Betrag beiliegen oder nicht. Wxpvü 27. September 187S. .M 78 Sonnabend. Bekanntmachung. Der Stadtrat h. A. Peter, Brgrmstr. Gleichzeitig mit den Einkommensteuer-Beträgen sind am 30. ds. Mts. auch die Seitens der hiesigen Gewerbtreibenden zur Deckung des Verwaltungsaufwandes der Handels- und Gewerbckammer zu Zittau zu leistende» Beiträge an unsere Steuereinnahme nach dem dieser von uns übergebenen Heberegister abzuführen, was wir hiermit zur öffentlichen Kenntniß bringen. Königsbrück, am 23. September 1879. Zeitereignisse. PulSnitz, 26. September. Zu dem am 24. d. M. abgehaltenen Viehmarkte waren zugetrieben 450 Rinder, 77 Pferde und 171 Schweine. Dresden. Vom 1. October d. I. an werden in Strafsachen die Straffälle von Schöffengerichten, Straf kammern und Schwurgerichtshöfen entschieden. Vor die Schöffen gelangen die sogenannten Uebertretungen, sowie diejenigen Vergehen, welche nur mit Haft oder mit Ge- fängniß bis zu 3 Monat oder mit Geldstrafe bis zu 600 Mark bedroht sind ; auch können die Strafkammern der Landgerichte auf Antrag des Staatsanwalts eine weitere Reihe leichter Vergehen an das Schöffengericht verweisen, wenn in dem betr. Falle voraussichtlich auf keine höhere Strafe als die oben angegebene erkannt wird. Ebenso gehören die Beleidigungen, sowie leichte Körperverletzungen vor die Schöffengerichte, sofern der Gegenstand der Strafthat den Werthbetrag von 25 M. nicht überschreitet. Ein solches Schöffengericht wird aus dem Amtsrichter als Vorsitzenden und zwei aus Laien gewählten Schöffen zusammengesetzt. Das Zusammen wirken von nicht rechtskundigen Richtern aus dem Volke mit den rechtskundigen Richtern im Schöffengericht unter scheidet sich dadurch von dem Schwurgericht, daß in dem Schöffengericht die beiden Elemente des Richterstandes und des Laienthums vereinigt sind, so daß beide sich gegenseitig verständigen können und gemeinsam über die Schuldsrage und die Höhe des Strafmaßes entscheiden, während bei den Schwurgerichten die Geschworenen nur über die Thatsrage (ob schuldig oder nichtschuldig) zu urtheilen haben. Gegen die Entscheidung des Schöffen gerichts ist binnen 10 Tagen die Berufung zuläffig, welche an die Strafkammer der Landgerichte geht, gegen deren Erkenntniß im dritten Rechtszug noch die Revision zulässig ist, über welche die Strassenate der Oberlandes- gerichle zu entscheiden haben. Die mit fünf Richtern besetzten Strafkammern der Landesgerichte sind sür die Vergehen zuständig, welche nicht vor die Schöffengerichte gehören, ferner sür die Verbrechen, welche höchstens mit 5jähriger Zuchthausstrafe bedroht sind, für die Verbrechen jugendlicher (noch nicht isjähriger) Personen, für gewiße Unzuchtsverbrechen, für schweren Diebstahl, schwere Heh lerei und für Betrug, endlich für Diebstahl und Hehlerei im wiederholten Rückfall. — Das nächste mitteldeutsche Bundesschießcn soll im Jahre 1880 in Pirna abgehalten werden und wird daselbst schon mit den Vorbereitungen zu diesem Feste begonnen. — Der frühere Agent und Vertreter des landwirth- schastlichen Creditvereins sür daS Königreich Sachsen, der Kaufmann K. L. Gelbrich aus Grumbach bei Hai nichen, wurde in Chemnitz wegen Unterschlagung nam- haster Geldbeträge (circa 100,000 Mark) zu 2jühriger Gesängnihstrafe verurtheilt. — Papst Leo hat am 25. März d. I. den Evan gelischen Verein der Gustav-Adolph-Stiftung mit einer Bannbulle ausgezeichnet und dadurch dem Kladderadatsch Stoff zu wohlfeilen Witzen geliefert. Wenn nur di: Römlinge diese spaßigen Bannfaxen endlich einmal lassen wollten. Stratzvurg, 21. Septbr. lieber die Kaiser-Parade bei Straßburg wird der „K. Z." unterm 19. September u. A. geschrieben: Durch den vorgestrigen starken Regen war das Paradefeld grundlos aufgeweicht und so der Parademarsch grenzenlos erschwert. Als das erste In fanterie-Regiment defilirte, waren die weißen Parade hosen bis über die Kniee mit Schmutz befleckt, und deut lich sah man, welche Anstrengung nöthig gewesen war, um bei jedem Schritte die Füße' aus dem zähen Lehm boden zu ziehm. Was noch nie gesehen worden, erfolgte hier: alle Augenblicke blieben Stiefel im Schlamme stecken, und barfuß und in Strümpfen mußte Mancher vorbei- marschiren. Als der Kaiser dies sah, gab er Befehl, die verlorenen Stiefel zu sammeln, so daß bald eine ganze Reihe aufgelesener Stiefel an der Seite des Pa radeplatzes stand. Hinter einer Compagnie wurden neun Stiefel hergetragen. Trotz solch' unerhörter Boden schwierigkeit defilirten die Truppen verhältnißmäßig aus gezeichnet, wenn auch natürlich ein ganz glatter Vorbei marsch unmöglich war. Minder vortrefflich ausgebildete Truppen wären in gleichen Verhältnissen außer Rand und Band gerathen. Die zur Kaiser-Parade herbeige zogenen Truppen bestanden nach einer Straßburger Mit- theilung der „Allg. Ztg." aus 16 Bataillonen preußischer Jnsantcrie, rccrutirt aus Laucnburg, Schleswig-Holstein, Pommern, Schlesien, Brandenburg, Rheinland und Ost preußen, 6 Bataillonen Bayern, 3 Bataillonen Württem bergern, 3 Bataillonen Sachsen, 3 Bataillonen Braun schweiger, 35 Schwadronen preußische Ulanen und Dragoner, 5 Schwadronen bayerische Chevaulegers, 1 badisches Pionnier-Bataillon und 3 Artillerie-Regimenter. Wien, 23. September. Graf Andraffy ist von der Unterredung mit dem Fürsten Bismarck überaus befriedigt. Eine Durchsprechung aller in Betracht kommenden Fragen ergab eine vollkommene Homogenität der Interessen Deutschlands und Oesterreich-Ungarns, sowie das Nicht vorhandensein irgend einer friedensgefährlichcn Thatsache. Wien, 23. Septbr. Es verlautet, Fürst Bismarck und Graf Andraffy hätten sich, um das freundschaftliche Verhäliniß zwischen Oesterreich-Ungarn und Deutschland auch auf dem Gebiete materieller Interessen zum Aus druck zu bringen, bei ihren Pourparlers principiell dahin geeinigt, möglichst weitgehende Tarifs- und Verkehrser leichterungen zwischen den beiden Staaten eintreten zu lassen, zu deren Vereinbarung specielle Delegirte sogleich entsendet werden sollen, uni die betreffende Vorlage noch im Lause des nächsten Jahres vor die beiderseitigen Par lamente bringen zu können. Paris, 23. September. Die Privattelegramme der Pariser Journale constatiren, daß die Bevölkerung Wiens Bismarck mit enthusiastischen Zurusen ausgenommen hat, was hier natürlich große Sensation erregt. — Ein junger Advocat, Herr von Carnieres, Sohn eines Präsidenten am Cassationshofe, welchen letzteren die Söhne Jules Simon's in ihrem Journale „Le Petit Nord" insultirt hatten, hat sich gestern Morgen nach Lille begeben und im Bureau des Journales Satisfaction verlangt und den dieselbe verweigernden Charles Simon geohrseigt. Paris, 23. Sept. Der „Soleil" will wissen, Wad dington habe bei der Zusammenkunft mit Salisbury in Puy jede Teilnahme an der Idee einer französisch-russi schen Allianz zurückgewiescn. — In Besanoon gab am 20. d. M. die Municipa- lität den, französischen Minister des Innern Lepere zu Ehren ein Bankett. Der Prüfcct brachte dabei das Hcch auf den Präsidenten der Republik und der Maire einen Toast auf Herrn Lepere aus. Dieser antwortete, berührte aber nur die örtlichen Fragen und vermied die allgemeinen und politischen. Da er auch aus die Armee anspielte, antwortete General Wolff mit einigen Worten des Dankes: „Seit unseren Unglücksschlägen widmete die Armee sich vollständig der Arbeit; sie hat keine andere Sorge, als die, durch eine kräftige Manuszucht und einen soliden Unterricht die großen Opfer anzuerkennen, welche sich die Nation täglich und so großmüthig für sie auferlegt. Sie hat nur eine einzige Politik, diejenige, der gesetz lichen Regierung des Landes loyal zu dienen. Ich trinke, Herr Minister, aus die innige Gemeinschaft der Armee mit der Nation." Rom, 23. Sept. Die italienische Presse ist außer ordentlich zurückhaltend gegenüber der Reise des Fürsten Bismarck nach Wien. Nur die Crispische „Riforma" sagt ärgerlich, wer in Oesterreich die Ausdehnungspolitik des Grafen Andraffy bekämpfte, habe den richtigen Weg verfolgt. Heute sei Fürst Bismarck der Herr der Situ ation in Oesterreich. Fürst Bismarck bezwecke die Ver sumpfung Oesterreichs im Orient. Das Blatt nennt Bismarcks heutigen Wiener Triumph den denkreichcn Beginn des Untergangs des Hauses Oesterreich, welches nur noch unter Bismarcks Prokura regiere. Petersburg. Bekanntermaßen wurde die vor einigen Tagen erfolgte Berufung des Fürsten Lobanow von Konstantinopel nach Livadia so gedeutet, daß Fürst Loba now designirt sei, den Fürsten Gortschakow zu ersetzen, welch Letzterer seinen einflußreichen Posten baldigst ver lassen sollte. Indessen hat dieses Kalkül ein Loch. Wie nämlich aus Konstantinopel mitgetheilt wird, hat Fürst Lobanow die türkische Hauptstadt nicht für immer ver lassen, er wird vielmehr auf seinen alten Posten wieder kehren und man sagt, daß er noch eine besonders wichtige Mission bei der Psorte zu erfüllen haben werde, zu deren Entgegennahme er sich eben zum Czar nach Livadia be geben mußte. Sollte Rußland, um völliger Jsolirung zu entgehen, es wieder einmal versuchen, der Pforte seine Freundschaft anzubieten? Es wäre nicht das erste Mal, daß dies geschieht und in Konstantinopel dürfte man gegen solche zudringliche Werbung bereits einigermaßen abgestumpft sein. Wenn übrigens in Livadia ein der artiges Thema vcntilirt werden sollte, dann wird dasselbe von der russischen Diplomatie herzlich schlecht akkompag- nirt. Die Note, die Rußland an die Mächte versendet, und die einer A- klage-Note gegen die Pforte zum Ver wechseln ähnlich sieht, scheint wenig geeignet, den russischen Namen in Konstantinopel populär zu machen. Zudem ist es ein perfides Spiel, die peinlichen Vorfälle, die sich bei der Rückkehr der türkischen Flüchtlinge nach Ost-Nu- melien abspielen und die nur die Frucht jener Saat sind, die das russische Regime daselbst ausgestreut hat, der Pforte zur Last zu schreiben. Die Tendenz der Note liegt in deren Schlußsätze, in welchem mit so überstürzter Voreiligkeit, daß oie böse Absicht unverkennbar ist, aus einandergesetzt wird, daß diese Unruhen der Türkei nicht das Recht geben, türkische Truppen nach Ost - Rumelien zu senden. Darauf war es wohl abgesehen. Dies Veto den Mächten anzukündigen, glaubte Rußland sich beeilen zu müssen. Was die Mächte dazu gesagt, ist nicht be kannt; aber daß die Pforte von solch einer Note nicht sehr erbaut sein kann, ist sonnenklar. — Mit Bezug auf die Kanzlerkrisis in Petersburg wird dem „Dayli News" von ihrem dortigen Korrespon denten geschrieben: „Ich höre, daß dem Feldmarschall Grafen Manteuffel in Warschau zu verstehen gegeben wurde, daß alle Anstrengungen, die Entlastung des Kanz lers hcrbeizuführen, nur eine gegentheilige Wirkung haben