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Pulsnitzer Wochenblatt und Zeitung M-Matt Amts des l^ömgl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem Tarik. Erfüllungsort ist Pulsnitz. Ielegr.°5ldr.: Wochenblatt Pulsnitz Inserats kür denselben rag sind bis vormittags 10 Uhr aukzugeben. Oie künk mal gespaltene Zeile oder deren Naum 12 Pf., Lokalpreis 10 pk. Reklame 25 Pf. Oe, Wiederholungen Nabatt. §ernsprecher: Nr. 18. Vszirks-Hnzelgsr erscheint: Dienstag, Donnerstag u.Sonnabend. Mit „Illustr. Sonntagsblatt", „Landwirtschaft- sicher Veiiage" und „§ür Saus und kerd". Abonnement: Monatlich 45 pk., vierteljährlich Mk. 1.25 bei kreier Zustellung ins Kaus, durch die Post bezogen Mk. 1.41. Donnerstag, den 4. Keöruar 1909. 61. Jahrgang. 6mt«NOriLlltc;bp?irir Nlllcrnitr umfassend dis Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz m. s., Vollung, Srotzröhrsdorf, vretnig, Kauswalds, Ohorn, Oberstsina, Diedsr- rrllllOUiUll lUi Ui-il rriliiOgOi lU^iOUL^li I> l^UIOIiti), steina,Wsitzbach,Obsr-u.Diederlichtenau,§riedsrsdork-rhiemsndorf,Mittelbach,Srohnaundork,Lichtenberg,l^lein-Dittmannsdork. Druck und Verlag von C. L. Sörslsr's Erben (Inh.: Z. W. Mohr). Expedition: Pulsnitz, vismarckplatz Or.265. Verantwortlicher Redakteur: I. W. Mohr in Pulsnitz. Das Wichtigste. Auf 5000 M erhöht morden ist jetzt die Belohnung, die ausgesetzt ist auf die Ermittelung des Mör ders, der am 2. November das Friedrichsche Ehe paar in der Windnmhlenstraße in Leipzig erschlug. Neber die Entstehung der Krüger-Depesche des Kaisers ist, wie verlautet, eine amtliche Auslassung zu er warten. Aus den verschiedensten Teilen Bayerns und des Bogt landes werden anhaltende heftige Schneestürmc ge meldet, die den Zugverkehr außerordentlich behin dern. Aus Wien wird gemeldet: In hiesigen kompetenten Kreisen will man wissen, daß Oesterreich-Ungarn und Deutschland sich über den neuesten russischen Vorschlag in der Balkanfrage aussprechen werden, weil dieser keine absolute Sicherheit für die Orientbahn enthält. Infolge Erhöhung der Brotpreise fanden in allen grö ßeren italienischen Städten erregte Protestver sammlungen statt. Vie kinanzietten Sorgen in England. Trotz der äußerst vorsichtigen und von richtigen finan ziellen Grundsätzen geleiteten englischen Finanzpolitik, die vor allen Dingen die laufenden Ausgaben auch durch laufende Einnahmen zu decken bestrebt ist und sich so leicht nicht auf uferlose Anleihen stützt, ist d e englische Regierung doch für das neue Budget in rechte Schmierig keiten geraten, und die daraus entstehenden finanziellen Sorgen des großen englischen Handelsvolkes können tat sächlich eine der Ursachen sein, daß England immer wie der den Plan einer allgemeinen Abrüstung auf der Frie denskonferenz der Großmächte erörtert sehen will, und daß England in Deutschlands starker Rüstung ein Hin dernis für die allgemeine Abrüstung erblickt und deshalb immer wieder neue Anfeindungen Deutschlands in den englischen Zeitungen auftauchen. Doch die Abrüstungs frage und der Argwohn zwischen England und Deutsch land stehen jetzt im Hintergründe In erster Linie scheint jetzt wichtig, festzustellen, daß tatsächlich England auch finanzielle Sorgen hat, und daß das englische Ministerium eine sehr schwierige Ausgal e lösen muß, um das neue englische Budget in Ordnung zu bringen. Zwar hat der englische Kriegsminister schon vor längerer Zeit er klärt, daß die Ausgaben für das Heer im neuen Jahre eher kleiner als größer werden würden, aber diese Erklä rung des englischen Kriegsministers hat für das englische Budget fast gar keine Bedeutung, da der englische Ma rineminister die gewaltige Summe von 120 Millionen Mark mehr im neuen Jahre für die Marine verlangt, sodaß das englische Marinebudget die riesige Höhe von fast 800 Millionen Mark im neuen Jahre erreichen dürfte. Nun ist es ja möglich, ja sogar wahrscheinlich, daß das englische Parlament wegen der schlechten Geschäftslage in England diese hohe Forderung des Marineministers nicht bewilligen und eine ganze Anzahl Millionen von dieser Forderung abstreichen wird, dabei bleibt aber im mer die Tatsache bestehen, daß die englische Marine den größt n Teil der englischen Einnahmen in Anspruch nimmt. Die liberale Regierung Englands hält es nun für durch aus nötig, für die armen Arbeiter in der großen engli schen Industrie endlich eine Altersversorgung einzuführen, für welche der Staat einen sehr hohen Zuschuß zu ge währen hat. Aus der Mehrforderung für die englische Marine und aus der Einführung der Altersversorgung in England ergibt sich nun die Aufgabe für die englische Regierung, mindestens 300 Millionen Mark neuer Ein nahmen zu schaffen. Da naturgemäß diese neuen Ein nahmen in der Hauptsache durch neue Steuern aufge bracht werden müssen, so sieht man aus diesen Umstän den, daß England fast dieselben finanziellen Schwierig keiten zurzeit zu überwinden hat, als Deutschland. Eng land ist nur insofern günstiger gestellt als Deutschland, weil es nicht so viele Jahre lang durch Anleihen das Defizit gedeckt hat, wie wir es leider in Deutschland seit Jahrzehnten in unbegreiflicher finanzieller Verblendung und Bequemlichkeit getan haben. Für England haben die finanziellen Schwierigkeiten aber auch noch eine große doppelte politische und wirtschaftliche Bedeutung, denn wenn es der englischen R.gierung nicht gelingt, dem eng lischen Parlamente ein annehmbares Budget demnächst zu unterbreiten, so kann daraus eine politische Krisis entstehen, das liberale Kabinet zum Rücktritte veranlassen und die liberale Auflösung des Parlamentes vom Könige beschlossen werden. Durch den Sturz des liberalen eng lischen Kabinetts steht für England aber auch eine Um wälzung der bisherigen Freihandelspolitik in Frage, denn in den konservativen Kreisen Englands ist vielfach die seinerzeit vom Minister Chamberlain begünstigte Anschau ung vertreten, daß England zur Schutzzollpolitik über gehen müsse, um seine Finanzen zu verbessern und sein wirtschaftliches Leben zu stützen. Man wird daraus die große Bedeutung der englischen Finanzfrage erkennen. Oertttcbss und Säcbslsckss. Pulsnitz, 4. Februar. Gestern Abend hatte sich im Schützenhaus Prinz Karneval angesagt und sehr zahlreich war man seiner Einladung gefolgt. Einen Vorgeschmack der Huldigungen bekamen die Teilnehmer des öffentlichen Maskenballes schon auf der Straße, wo Kopf an Kops die Jugend stand und mit freudigem Gejohle die einzel nen Masken begrüßte, die schnell in die Hausflur des Schützenhauses schlüpften, um dann den festlich geschmück ten und herrlich erleuchteten Saal zu betreten. Hier tummelten sich ia ihren bunten Kostümen die vielgestal tigen Masken. Grollen und Sorgen waren daheim ge blieben, Frohsinn und Heiterkeit waren die Losung, und so ging es in tollem Wirbel nach der Musik der Stadt kapelle bis um 11 Uhr, wo die Demaskierung erfolgte, die manche Ueberraschung brachte. Es herrschte ein Le ben, so lustig und ausgelassen, daß Prinz Karneval, der kurz vor der Demaskierung auf einem Prunkwagen seinen Einzug im Saale hielt, seine Helle Freude haben konnte. Von ihm wurde das Resultat der Preisrichter bekannt gegeben. Als schönste Damenmaske (Luftschifferin) erhielt Fräulein Helene Hoyer-Großröhrsdorf Stoff zu einem Kleid und als originellste Herrenmaske (Dorfbüttel) Herr Hans Schicker-Pulsnitz einen goldnen Ring. Bis zum frühen Morgen herrschten Lust und Fröhlichkeit und die letzten machten sich erst auf den Heimweg, als schon der Tag grau heraufdämmerte. Der Ball war von ca. 1200 Personen besucht. —n. Pulsnitz. Vorüber ist's nun wieder mit den Win terfreuden; am Dienstag abend noch ein herrliches Win terwetter, bei dem sich Jung und Alt mit Schlittenfahren lebhaft vergnügte, und seit gestern früh Regen und naß kalte Witterung, die den gefallenen Schnee zum größten Teile wieder zerfließen ließ. Straßen und Wege sind mit einer glitscherigen Masse bedeckt, die das Gehen ungemein er schwert. Auch die Eis- und Rodelbahn sind nunmehr wieder zu Wasser geworden. Es empfiehlt sich für jeden Haus besitzer und Hauswirt, die Fußwege und Trottoirs von der Schneematsche zu reinigen, damit bei wieder eintre- tender Kälte kein Glatteis entsteht. Etwas Gutes hat das Tau-Wetter aber doch: es kommt wieder Wasser in die Elbe und deren Nebenflüsse, wie überhaupt ins Erdreich. In manchen Städten herrschte schon Wasser mangel, so in SebniK, Falkenstein, Plauen i. V. usw., wo die Behörden bereits zum sparsamen Gebrauch mit dem Wasser aufforderten. Durch das plötzlich eingetretene Tauwetter und den Regen ist die Pulsnitz an mehreren Stellen in Pulsnitz M. S. und Vollung, sowie in dem Pulsnitztal aus den Ufern getreten. In genannten Ort schaften ist das Wasser in die tiefliegenden Häuser einge drungen. In Niedersteina mußte in vergangner Nacht die Feuerwehr alarmiert werden. Hier trat das Wasser in das dem Wirtschaftsbesitzer Max Guhr gehörige HauS und in den Stall, sodaß die Schweine anderwärts un tergebracht werden mußten. Die in den Niederungen in Oberlichtenau stehenden Häuser mußten infolge des Wassereintritts von ihren Bewohnern verlassen werden, auch mehrere Ställe sind geräumt worden. Das Hoch wasser hat hier schon großen Schaden angerichtet; Holz und Gerätschaften hat das reißende Wasser mit fortge nommen, Wehre und Brücken weggerissen. Pulsnitz. Wie wird das Wetter am Sonntag sein? Der Winter dauert an, er wechselt aber sein Gesicht, ver gangene Woche brachte er meist ganz hübsche Kältegrade, seit Sonnabend und Anfang dieser Woche war es meist nur mäßiger Frost, der gemeldet wurde. Dagegen stellte sich der bisher fehlende Schnee ein und zwar viel fach in sehr erheblichen Mengen, sodaß vereinzelt schon Verkehrsstörungen durch Schneeverwehungen gemeldet wurden. Gegenwärtig herrscht Tauwetter infolge der An näherung einer tiefen Depression von Island her, die vermutlich südostwärts fortschreitet. Dieses Tauwetter wird nur von kurzer Dauer sein, da schon die Rückseite der Störung wieder kälteres Wetter mit Schneeschauern bringen wird. Ueber ganz Skandinavien, abgesehen von der Westküste, herrschte gestern strenge Kälte (13 bis 19 Grad). Für Sonntag erwarten wir, nach dem Ab ziehen der Depression, unter Einfluß hohen Drucks zu nächst ziemlich heiteres Frostwetter, später aber, wo sich eine neue Störung nähern wird, Trübung, Erwärmung und Niederschläge. Vom Frühling wird einstweilen also noch nichts zu spüren sein, damit müssen wir uns schon noch einige Zeit gedulden. — Sonne und Mond im Februar. Der Fe bruar ist der Monat der erheblichen Lichtzunahme. Der Tag wächst mit seinem Verlaufe um 1 Stunde 47 Min. Die Sonne die am ersten Tage unseres Monats um 7 Uhr 51 Minuten auf- und um 4 Uhr 57 Min. unter ging, begrüßt uns am letzten Tage bereits um 7 Uhr und verläßt uns erst um 5 Uhr 46 Min. Am 19. Fe bruar, vormittags 7 Uhr tritt die Sonne aus dem Zei chen des Wassermanns in das der Fische. Die Phasen des Mondes sind im Februar die folgenden: Am 5. Fe bruar vormittags 9 Uhr Vollmond, am 13. Februar mittags 2 Uhr letztes Viertel, am 20. Februar mittags 12 Uhr Neumond und am 27. Februar morgens 4 Uhr erstes Viertel. Am 8. Februar befindet sich der Mond in Erdferne, am 20. Februar in Erdnähe. — Um ein Bein oder einen Arm zu brechen, wenn es sonst sein soll, braucht man in diesen Wintertagen wirklich keine besonderen Kraftleistungen anzustellen. Ein Fehltritt bei Glatteis oder an einer glitschrigen Straßen stelle und man liegt auf dem Rücken. Da ist nicht allein zur Vorsicht zu raten, sondern auch zur Deckung des Schadens. Die Versicherung gegen Unfall kostet nicht viel, ist aber allemal segensreich, wenn wirklich etwas passiert. — Den 100. Geburtstag eines der hervorragendsten Komponisten, Felix Mendelssohn-Bartholdys beging gestern am 3. Februar die gesamte musikalische Welt Deutsch lands und auch wir wollen des Schöpfers der herrlichen Oratorien „Paulus" und „Elias" gedenken. Felix Men delssohn-Bartholdy entstammt einer Hamburger Bankiers familie, die indessen schon bald nach seiner Geburt nach Berlin übersiedelte. Seine ersten Kompositionen schuf Mendelssohn schon als 12jähriger Knabe. In den Jah ren 1826 bis 1828 schuf er die berühmten Ouvertüren zum „Sommernuchtstraum" und „Meeresstille und glück liche Fahrt". Nach mehreren Reisen, die nach England. Italien, Frankreich führten, nahm er Wohnsitz in Düssel dorf, wo er als städtischer Musikdirektor von 1833 bis 1835 wirkte. Von Düsseldorf ging er nach Leipzig. Hier dirigierte er die Gewandhauskonzerte, hier vollendete er seinen „Paulus", hier rief er das Konservatorium der Muffk ins Leben. Im Jahre 1843 wurde er Leiter der Kirchenmusiken im Berliner Dom, er erhielt den Titel eines Kgl. Generalmusikdirektors. Allein Berlin konnte ihn nicht lange halten. Er ging nach Frankfurt a. M. und vsn da nach seinem geliebten Leipzig. Doch nicht mehr lange sollte er hier wirken, denn schon am 4. No vember 1847 wurde er von hinnen gerufen. Felix Men delssohn-Bartholdy gehört zu unseren genialsten Tondich tern. Er war auch in volkstümlichen Chorliedern der größte Meister. Seine gemischten Quartette und seine Männecchöre sind zu Grundpfeilern der neu erblühten Chorlyrik geworden und sein „Wer hat dich, du schöner Wald" wird wohl so lange den Namen Mendelssohn der Nachwelt erhalten, als es Deutsche gibt, die sich erfreuen an dem größten Schatze des deutschen Volkes, dem deut schen Liede. Groströhrsdorf. Der hiesige Gemeinderat hat be schlossen, an die König!. Generaldirektion der Sächsischen Staatseisenbahnen ein Gesuch zur Erlangung des Hal tens der letzten Abendzüge an der neu errichteten Halte stelle KleinröhrSdors zu richten. Daß diese Züge bis jetzt nicht halten, wird sehr unliebsam empfunden. Bretnig. Am Sonnabend fand hierselbst die Wahl der Ersatzmänner für den Gemeinderat statt. Es wurden folgende Herren gewählt: Paul Hause, Paul Seifert und Ferdinand Gäbler (1. Klasse), Hermann Jörke und Arthur