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Mittwoch. 1S. August!8W. Sekretär Kunath, Ger.-Vollz. Wickelung. Selbstverständlich nahm auch das Lehrerkollegium, das schon vorher seinem hochverehrten Herrn Direktor und treuen Freund seine Glückwünsche unter Neberreichung eines biblischen Bildes dargebracht hatte, innigen Antheil an diesem Ehrenabend des Schulleiters und der ganzen Schule. Die einstigen Schüler hatten als sinnige Jubelgabe die Dorvsche Prachtbibel gewählt, die auch im Saale Aufstellung gefunden hatte auf dem dazu gehörigen Stativ, solid und künstlerisch ausgeführt in der hiesigen Holzbildhauerei von Löhnert. Der Festabend, zu dem sich die Ausführcnden, alles ehe malige Schüler des Herrn Direktor, schon Monate lang fleißig gerüstet, nahm in allen Theilen des reichen Programms Hohenlohe gegenüber Rußland gänzlich geschwunden, und Czar Nicolaus selber hat schon wiederholt bewiesen, daß ihm von der Abneigung seines Borgängers auf dem Throne gegen Deutschland nicht das Mindeste innewohnt. So vollzieht sich die herangenahte Breslauer Kaiserzusammen- kunft unter den günstigsten Anzeichen und darf man von ihr deshalb gewiß erwarten, daß sie das jetzige deutsch- russische Einvernehmen noch weiter fördern wird. Mit dieser Erwartung verträgt sich auch ganz gut der Besuch, welchen der Czar als Beschluß seiner Auslandsreise in Frankreich machen wird. Wenn die Franzosen schon jetzt über das angekündigte Erscheinen des Czaren auf französischem Boden sozusagen ans dem Häuschen sind und sich vor lauter Verherrlichung des russischen Herrschers und des gesammten Russenthnms kaum mehr zu lassen wissen, so kann man deutscherseits diesem Gebühren nur lächelnd zujehen. Mit Speck fängt man Mäuse — das ist dir Beisatz der russischen Politik gegenüber Frankreich seit den Festen von Kronstadt und Toulon, auch der Czarenbesuch jenseits der Vogesen gehört nur in die Reihe jener kleinen Liebeswnrdigkeiten, durch welche sich Rußland die guten politischen Dienste wie die offene Börse der Republick zu sichern weiß. Freilich liegt die Gefahr nah-, daß der Aufent halt des Czaren in Frankreich die Revanchehoffnungen der Franzosen mächtig stärken wird und daß sich dann der über- schäumende gallische Chauvinismus zu irgend einer bedenk lichen Uebereilung Hinreißen lassen könnte, ein Grund für Deutschland, den Czarenbesuch an der Seine bei aller Ruhe doch mit gebührender Aufmerksamkeit zu verfolgen. OerMche und sächsische Angelegenheiten. Beiträge für diesen Theil werden gegen Vergütung dankend angenommen. Pulsnitz. Ein ganz eigenartiger, festlicher Abend, wie man ihn selten erlebt, war sowohl nach Veranlassung als nach Verlauf der Kommers, den zu Ehren des Herrn Schuldirektor Dreher, der als solcher jetzt 25 Jahre in unserer Stadt mit wahrer Hingabe und viel Erfolg gewirkt hat und zum Zeugniß dessen kürzlich von Sr. Majestät dem Könige mit dem Ritterkreuz 2. Klaffe des Albrecht?orden ausgezeichnet wurde, — seine dankbaren ehemaligen Schüler veranstaltet hatten. Wenn in unserer materialistisch gerich teten Zeit viel geklagt wird, daß ideales Streben und Verdienst um geistige und sittliche Volksbildung oft gering geschätzt werde, so bildete die hier zu Tage getretene all gemeine Dankbarkeit, treue Anhänglichkeit und herzliche Ver ehrung vieler hundert Männer und Jünglinge von nah ! und fern gegen ihren einstigen Lehrer ein sehr erfreuliches! Gegenstück. In diesem Sinne war die ganze Veranstaltung nicht blos sehr ehrenvoll für den Gefeierten, sondern auch für die Feiernden. Die den Schützenhaussaal vollständig füllende Versammlung war auch ausgezeichnet durch freudige Betheiligung des Herrn Bezirksschulinspektor Fink aus Kamenz, fast sämmtlicher Mitglieder der städtischen Kollegien und vieler Herren der Bürgerschaft, die zwar nicht als ehemalige Schüler, aber aus freundschaftlichem, verständnisvollen In teresse an dem Jubilar und unserer Schule als will kommene Gäste, vielfach ohne besondere Einladung, erschie nen waren. Bedeutete doch das Jubiläum für unsere Stadt schule ein ganz seltenes, frohes Ereigniß und den Abschluß eines Vierteljahrhunderts gesegneter Arbeit und Weiterem- Mittwoch, den 19. August 1896, Nachmittags 4 Uhr, gelangt in dem Hegemann'schen Gasthofe in Kleindittmannsdorf — als in dem hierzu erwählten Versteigerungslocale — eine Zuchtluh gegen Baarzahlung zur Versteigerung. Pulsnitz, den 14. August 1896. Bezirksschulinspektor Fink doch sei, da er alle Herzen durch seine Liebenswürdigkeit im Fluge gewinne. Der brausende Hochruf aus Herrn Schulinspektor Fink gab Zeugniß davon. Der Herr Jubilar widmete dann liebevolle Worte und ein begeistert aufgenommenes Hoch unserer lieben Heimath, der Stadt Pulsnitz, deren Einwohner er zum großen Theil nun in 3 Generationen kenne und in 2 Generationen in seiner Klasse oder doch in feiner Schule gehabt. Von vielen jetzt in der Ferne weilenden ehemaligen Schülern waren Glück wunschschreiben und Telegramme eingegangen, die der Herr Präsident zur Verlesung brachte. Darauf sprach Herr Stadt- rath Borkhardt namens der Stadt Herrn Direktor Dreher in für diesen und für das Lehrerkollegium sehr anerkennen den und ehrenvollen Worten herzlichen Dank aus, hinweisend auf die hohe Bedeutung der Schule für das Heranwachsende Geschlecht und gipfelnd in den Worten: „Wohl der Stadt, die ein solches Lehrerkollegium, wohl dem Lehrerkollegium, das einen solchen Direktor wie Herrn Robert Dreher hat. Nachdem auch dieses Hoch verklungen und Herr Lehrer Zeibig aus Kötzschenbroda dem Jubilar im Namen der vielen ehe maligen Schüler gedankt, denen Herr Direktor Dreher, allezeit hilfsbereit, den Weg zum Lehrerberuse gewiesen und geebnet, schloß der offizielle Theil des Festes und die Fidel'tas wurde proklamiert, bei welcher Herr Referendar Eißner das Prasi- Die Auslandsreise des Czaren. Die bisher ziemlich widerspruchsvollen Meldungen über die erstmalige Auslandsreise des Kaisers und der Kaiserin von Rußland haben sich jetzt endlich einigermaßen geklärt. ES steht fest, daß das russische Herrscherpaar in der letzten Augustwoche zunächst beim Kaiser von Oesterreich in Wien erscheint, hierauf für einige Tage nach Petersburg zurück- kehrl und dann am 5. September zum Besuche des Kaisers Wilhelm nach Breslau anläßlich der in Schlesien statt findenden Manöver kommt. Hieran werden sich voraussicht lich die Antrittsbesuche des hohen Paares an den verwandten Höfen Von Darmstadt und Kopenhagen, vielleicht auch von London, anreihen, zum Schluß besuchen der Czar und die Czann noch Frankreich. Diese bevorstehende Rundreise der russischen Majestäten wird durch die internationale höf liche Etikette dictlrt, es ist nun einmal herkömmlich, laß ein neuer Herrscher sobald wie möglich nach seiner Thron besteigung Antrittsbesuche an den benachbarten und an den verwandlen Höfen adstattet. Aber die Rcisen regierenden Fürsten zum Besuche anderer Staatsoberhäupter weisen neben ihrem ceremoniellen Charakter doch stets auch einen politischen Zug auf, der umsomehr hervortritt, je größer die Machtfülle ist,Hie in den Händen des einzelnen Monarchen ruht. Wenn nun gar ein junger Herrscher von der Here vorragenden Stellung Nicolaus II. sich anschickt, seine erst- Auslandsreise anzutreten, so erscheint deren bi sondere politi sche Bedeutung selbstverständlich, und begreiflich ist es da her, daß man allseitig ihrem Verlaufe mit Spannung ent- gegensieht. Zuerst wird also Kaiser Nicolaus den Kaiser Franz Joses begrüßen, ehe er nach Deutschland kommt; da der österreichische Herrscher der ältere dem Lebensalter wie der Regierungszeit nach im Vergleich zu Kaiser W ihelm II. ist, so erklärt es sich hieraus zur Genü e, wenn der Czar zuerst auf österreichischen! und dann erst auf deutschem Boden erscheint. Angesichts der gegenwärtigen Wirren aus Len Balkanhalbinseln, an welchen ja Oesterreich-Ungarn und Rußland unter den Großmächten am meisten interessirt sind, darf man wohl annehmen, daß die Aussprache zwischen den beiderseitigen Herrschern namentlich die Lage im Orient zum Gegenstand haben wird. Ihre Reiche sind dort bis zu einem gewissen Grade Rivalen, aber gegenüber den herrschenden Unruhen ui der Türkei haben Rußland und Oester reich doch ein gemeinsames Interesse, nämlich dasjenige, daß die revolulivnairen Zuckungen in Mazedonien, aus Kreta u. f. w. localisirt bleiben, und es steht wohl von einem hierauf zielenden persönlichen Meinungsaustausche des Czaren und des Kaisers Franz Josef zu hoffen, daß derselbe der Aufrechterhaltung des europäischen Friedens! gerade gegenüber den Verschiedenen kleinen Feuerbränden im Orient zu statten kommen wird. Als zweite Station der bevorstehenden Auslandsreise des Czacenpaares erscheint dessen Besuch in Breslau, nach dem ein Besuch der russischen Majestäten am Berliner Hofe sich vermuthlich infolge der Zeitcintheilung für die Czarenreise als unthunlich erwiesen hat. Czar Nicolaus hat als Thronfolger schon wiederholt in Deutschland ge weilt, jetzt betritt er nun zum ersten Male als Herrscher deutschen Boden, und gewiß wird er hier auf einen ebenso herzlichen wie glänzenden Empfang rechnen können. Als sein Vater, Alexander III., im Juli 1892 dem Kaiser Wilhelm in Kiel einen flüchtigen Gegenbesuch für Narwv abstattete, da war das Verhältniß zwischen Rußland und Deutschland keineswegs das beste, woran das Mißtrauen des damaligen Czaren gegen die deutsche Politik vielleicht nicht zum wenigsten die Schuld mit trug; auch vermochte die steife Monarchenbegegnung von Kiel leine durchgreifende Wendung in diesen Beziehungen zu erzielen. Der Antritts besuch Nicolaus II. beim deutschen Kaiser findet dagegen ganz andere, erfreulichere Verhältnisse zwischen den beiden mächtigen Nachbarreichen vor, die Schatten, welche bislang auf ihren gegenseitigen politischen Beziehungen ruhten, sind Dank der klugen und entgegenkommenden Politik des Fürsten einen überraschend schönen, heiteren und doch dabei sehr würdigen Verlauf, damit ganz der Persönlichkeit des Herrn Jubilars entsprechend. Begrüßt wurde derselbe und die Versammlung durch Herrn Kaufmann Bruno Borsdorf in Vertretung des gesundheitlich behinderten Herrn Kaufmann Cunradi, der in Gemeinschaft mit Herrn Kupferschmiedemeister Edwin Hofmann und Herrn Fabrikbesitzer Arno Brückner bei der Veranstaltung der Jubelfeier sich sehr verdient gemacht. Das Präsidium des Kommerses übernahm und führte in schneidiger Weise Herr »r. mock. Kreyßig, der nach dem Begrttßungsgesang „Gott grüße dich", gut vorgetragen von dem eigens zu diesem Zwecke gebildeten Chor ehemaliger Schüler des Jubilars, auch die schwung volle, wohldurchdachtc, den aufrichtigen Dank der Schüler in beredten Worten schildernde Festrede hielt. Redner ver sicherte, daß er und seine Kommilitonen auch heute noch von der Ueberzeuaung durchdrungen seien, daß die beste Mitgabe fürs Leben die von Herrn Direktor Dreher ihnen gegebene gediegene geistige und sittliche Erziehung und An regung als Grundlage jeder weiteren Bildung gewesen sei und bleibe. Begeistert erscholl am-Schluffe das Hoch auf den Jubilar. Dieser erwiderte, wie schon nach der Begrüßung in einer abermaligen längeren, sehr herzlichen Rede, sichtlich bewegt und toastete auf seine dankbaren ehemaligen Schüler. Als sinnige, ganz prächtige Festvorführung folgten nun 5 lebende Bilder: Schulzeit, Lehrzeit, Wanderschaft, Militärzeit, Meisterschaft, sehr treffend und geschickt entworfen und zur Ausstellung gebracht durch Herrn Kupserschmiedemeister Hof mann jun. Dazwischen wechselten gute Musikvorträge unserer Stadtkapelle, 4 stimmige Chöre, dirigirt von Herrn Cantor Stephan, 2 allgemeine, zum Fest gedichtete Gesänge und Reden. Eingeleitet wurde jedes Bild durch eine Dichtung des Herrn 9r. Kreyßig, die Herr Töpfermeister Sperling sehr ansprechend deklamirte. Die gute Idee wie die gelungene Ausführung des Ganzen fand den ungetheilten lebhaften Beifall aller Anwesenden. Herr Schulinspektor Fink betonte in zündender Rede, daß sein „altes Lehrerherz" ganz beson dere Freude habe an dem Gebotenen und mehr noch an der Wahrnehmung, daß Dankbarkeit und die alte deutsche Treue doch noch lange nicht im gegenwärtigen Geschlecht ausgestor ben sei, daß vielmehr einem so verdienstvollem Lehrer und Direktor mit einein so reinen, bescheidenen Herzen voll echter Liebe dem gegenüber Undank geradezu als unsittlich bezeichnet werden müsse, der Mühe goldene Saaten im Leben und in der Dankbarkeit seiner Schüler so herrlich reifen. Er weihte sein Hoch dem Jubilar und seinen dankbaren, treuen Schülern. Gewiß stimmten alle im Herzen Herrn Direktor Dreher bei, als er Herrn Schulinspektor Fink für sein Erscheinen, seine ! Glückwünsche und seine herzlichen Worte dankte und unter Anderem äußerte, welch gewaltiger Mann der Herr Blatt Amts und des Stadtrathes des Königs. Amtsgerichts Mchtuudvierjiglten Aahrgaug Abonnements - Preis Vierteljährl. 1 M. 25 Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zu sendung. Verantwortlicher Redakteur Gustav Häberlei n in PulSnitz. Druck und Verlag von E. L. Förster's Erben in Pulsnitz. Als Beiblättern 1. Jllustrirtes Sonntagsblatt (Wöchentlich); 2. ^andwirthschaftliche Beilage (monatlich). Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. zu Wutsnih iS chen Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Umgegend. Inserat- < Hy- sind bis Dienstag und Freitag Vorm. 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- Puszeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. KescHäftsfiecken: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annoneen-Bureaus von Haasen stein L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Mosse und. G. L. Daube L Lomp