Volltext Seite (XML)
Mimcnblatt Wilsdruff, Tharaudt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 7^7 53. Dienstag den 18. Juli 1871. Tagesgeschichte. Wilsdruff, am 17. Juli 1871. Wie wir höre», will die Bürgerschützengesellschaft zu Wilsdruff ihr Scheibenkönigsschieße» mit Aus- und Eurzng nächsten Sonntag und Montag abhaltcn; möge cs dieses Jahr ungestört und recht friedlich geschehen; — bekanntlich erfolgte voriges Jahr an dem Vorabende dieses Festes die vcrhängiüßvvlle Kriegserklärung Frank reichs an Deutschland, infolge dessen dasselbe sofort abgesagt wurde. Möge sich daher dieses Jahr das hiesige Schützenfest zu einem wahren Friedensfeste gestalten, an dem wir uns Alle bethciligen. — Die Betheiligung bei der vergangenen Sonntag stattgefnndemm Wahl zweier Kirchcnvvrstünde der Parochre Wilsdruff war eine sehr geringe. Es wird, wie wir hören, die von der Kirchcnvorstandsordnnng vorgeschriebene vorherige Anmeldung zur Wahl vielfach irrig auf- gefaßt. Das Resultat der Wahl ergab, daß Herr Advocat Sommer, welcher zufolge der stattgefnndenen Loosung aus dem Kirchenvorstande ansschied, wicdergewählt war. Aus dem ciugepfarrten Anthcile von Grumbach wurde Herr Gutsbesitzer Ohmann daselbst gewühlt. — Daß unsern braven Soldaten bei ihrer Rückkehr in's thcncrc Vaterland allüberall, ja im kleinsten Dörflein der herzlichste Em pfang bereitet worden ist, hören und lesen »vir jetzt täglicb, so auch aus dem Dörfchen Braunsdorf zwischen hier und Tharandt, welches vorige Woche solche Brave zu beherbergen das Vergnügen hatte; wurden doch hier in einem einzigen Gehöfte für die liebe Einquar- tirung (42 Manu) 2 Schweine geschlachtet und gebraten, sowie auch tüchtig Kuchen gebacken, damit die Braven nicht Roth leiden sollten, ja sogar das Gepäck der Soldaten ließ der edle Quartierwirth bei dem Abmarsch auf seine Kosten nach Dresden fahren. — Als am vorigen Sonntag ein Gerichtsdiener von hier den Graupenmacher Ernst Ehnert in Neukirchen zu einer heute in Dresden mit demselben statlfinden sollenden Verhandlung wegen Ehescheidung abholeu wollte, zeigte derselbe sich auch sofort bereit willig dazu, bat nur, sich erst waschen und gut anzichen zu dürfen, zu welchem Zwecke er sich in die Oberstube seiner Mutter, der Wittwc Ehnert, begab, kurze Zeit darauf hört der in der Parterrestube be findliche Gerichtsdiener einen Fall, nichts Gutes ahnend, begicbt sich derselbe »ach Obcn und findet Ehnert in seinem Blute schwimmend, derselbe hatte sich erschossen. Das „Dr. I." bringt im amtlichen Theile folgenden Tagesbe fehl: Tagesbefehl am 11. Juli 1871. Soldaten! Nach siegreich vollbrachtem Kampfe heiße Ich Euch herzlich will kommen im Vaterlands. In mancher heißen Schlacht unter vielfachen Beschwerden und Mühsalen habt Ihr Euch aufs Neue als treffliche Krieger bewährt und im Verein mit allen deutschen Stämmen wesentlich dazu beige- trägen, daß das gemeinsame Vaterland gegen einen ungerechten An griff geschützt und ein ruhmvoller Friede errungen worden ist. Die umsichtige und kragsknndigc Leitung Eurer Führer, die treue Pflichterfüllung in allen Graden, die Tapferkeit und Ansdaner der sächsischen Trnvpen hat das Anerkenntnis; aller Eurer Kampfgenossen und des höchsten Führers deS deutschen Heeres erlangt, nnd auch in Feindesland habt Ihr den Ruf der Mannszucht und Menschlichkeit zurückgelassen. Empfangt dafür Meinen Dank. Zwar haben wir manchen herben Verlust zu beklagen, aber der Gedanke erhebt uns, daß die auf dem Felde der Ehre Gebliebenen für eine gerechte und heilige Sache gefallen sind. Ihr aber, die Heimgekehrtcn, genießt die wohlverdiente Nnhe und die errungenen Lorbeeren in der Milte der Eurigen. Johann. Der Rath der Stadt Dresden ist von den fürstlichen Heer führern beauftragt worden, Dresdens Einwohnern deren und der siegreich heimgekehrlen Truppen herzlichsten Dank auszusprechen. Der Rath verbindet damit den eignen Dank an Alle, die in so erhebender Weise den der sächsischen Armee schuldigen Dank zum Ausdruck zu bringen geholfen haben. Der Palais-Platz in Dresden wird fortan „Kaiscr-Wilhelms- Platz", der Bautzner Platz daselbst „Albert-Platz", der Dohna-Platz „Georg-Platz", der Prager Platz „BiSmarck-Platz" und der Räcknitz- Platz „Moltke-Platz" benannt. Betreffs der Truppen-Einzugs-Feierlichkeiten in Dresden kann das „L. T." noch folgende interessante Einzelheit mittheilen. Als der Kronprinz Albert die Botschaft des Kaisers empfing, daß er zum Gc- ncralfcldmarschall des Deutschen Reichs ernannt worden sei, Warman wegen der Beschaffung des Marschallstabes, die so schleunig als mög lich geschehen mußte, in einiger Verlegenheit. Doch cs wurde die selbe glücklich beseitigt. Professor I)r. Hcttncr, der Direclor des hi storischen Museums, an welchen man sich gewendet hatte, suchte aus deu seiner Obhut anvertrautcn Schätzen den Marschallstab hervor, welchen der Polenkönig SobieM trug, als er in Gemeinschaft mit Johann Georg III. von Sachsen Oesterreichs Hauptstadt im Jahre 1683 von der Belagerung durch die Türken befreite. Diesen Mar schallsstab von großem historischen Werth hat Kronprinz Albert wäh rend des Truppeneinzuges getragen. Wie man hört, geht das Helbigsche Etablissement in Dresden einer Umgestaltung im großen Styl entgegen; eine zu bildende Acticn- gescllschaft soll dasselbe erwerben und in eine großartige Restauration verwandeln, auch ist dem Vernehmen nach das Ministerium unter Umständen nicht abgeneigt, auf, sein Eigenthumsrecht am Grund und Boden des Etablissements zu Gunsten der Gesellschaft, welche die Herren Schie und Eo. zu bilden beabsichtigen, zu verzichten. An die Abgeordneten der Zweigvereine der Gustav - Adolph- Stiftung, welche die am 1. und 2. künftigen Monats zu Pulsnitz stattfindcnde Versammlung des Dresdner Hauptvcreins besuchen, werden gegen Vorzeigung ihrer Vollmachten am 31. Juli und I. August d. I. auf allen Stationen der sächs. Staatsbahnen Tour billets verkauft, welche zur freien Rückfahrt bis mit dem 7. August d. I. berechtigen. Das Programm zu der viel besprochenen Extrafahrt nach Wien rc. (s. Inserat) bringt alles WisscuSwerthe über diese schöne und billige Reise, die auch ab Wien jedem Touristen mancherlei Vortheile bietet. In Meißep, Großenhain, Pirna, Roßwein, Freiberg sind die dahin bestimmten Garnisonen unter allgemeinem Jubel der Bevölkerung cingezogen. Ueberall fanden festliche Begrüßung und Bewirthnng der zurückkehrenden VatcrlandSverthcidiger statt. Rochlitz, 13. Jnl. Gestern rückten unsere braven Krieger, 2 Schwadronen des 18. Ulanen-Regiments, in die festlich geschmückte Stadt ein. Heute wurden dieselben mit der Ersatzschwadron im großen Neithans gespeist. Nachdem das Festessen vorbei war und jeder eine Flasche Wein getrunken hatte, geht ein Ulan heraus und vergißt bei;» Hereintretcn die Mütze abzunehmen, worauf ihn: von der Hand eines Vorgesetzten eine solche Ohrfeige applicirt wurde, daß ihm der Backen und das Auge anschwoll und Blut aus dem Ohre kam. Der Ulan riß hierauf seine im Feldzuge verdiente Medaille vom Nock und warf sic zu Boden in der Wohl cntschnldbaren Aufregung, welche in Folge der schweren Demüthigung über ihn kommen mußte. (D.N.) Seit Kurzem ziehen aus der Freiberger Gegend eine Menge Bergleute nach Galizien nnd zwar »ach dem Salzbergwerk Kalnsz. Sie erhalten dort freie Wohnung für sich und die Familie, höhere Schichtlvhne, Ackerland und freie Fahrt, ebenfalls inclusive der Fa milie. Ein Zng hat die Reise am 24. Juni angetrelen und der an dere sollte am 11. d. M. abgehen. Wie von einem Betheiligten er zählt wird, bestand die erste Abtheilnng der Auswanderer aus etwa ans 50 Mann und die zweite wird ans 200 Mann bestehen. Ein zelne von dem ersten Zuge haben bereits brieflich ihre glückliche Hin kunft gemeldet und sich anerkennend über den freundlichen Empfang an Ort und Stelle ausgesprochen. (Dr. N.) Frankenberg, 13. Juli. Wie das „Frankemb. Nachrichtsbl." erfährt, hat heute die Mehrzahl der in den hiesige» Eigarremfabrikcn beschäftigten männlichen und weiblichen Arbeiter die Arbeit eingestellt.