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für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Giebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und de» Dtadtrath daselbst. ZP 02. Dienstag den 22. Aovemkcr I87Ü. Bekanntmachung Mit Bezug auf die Bekanntmachung der Königlichen Amtshauptmannschaft zu Dresden vom 14. d. M. werden alle diejenigen hiesigen, einem der norddeutschen Bundesstaaten angehörigen militärpflichtigen Mannschaften, welche 1. im Jahre 1851 geboren sind, 2. in Wilsdruff ihr gesetzliches Domicil haben, 3. als Dienstboten, Handlungsdiener oder Lehrlinge, Handwerksgesellen, Lehrburschen oder Fabrikarbeiter sich hier aushalten, insoweit sie in das stehende Heer nicht schon eingetreten oder durch Empfang eines besonderen Scheines von dieser An meldung bereits befreit sind, hierdurch aufgefordert, innerhalb der Zeit vom 1. bis 15. Deeember ds. Js. behufs Eintragung ihrer Namen in die Stammrolle in der hiesigen Rathsexpcdition persönlich sich zu melden, und zwar unter Vorzeigung ihres Geburtsscheines. Gleichzeitig werden diejenigen, welche wegen zeitlicher Untauglichkeit oder sonst aus einem gesetzlichen Grunde zurück gestellt sind, sowie etwa sonst noch hier aufhältliche militärpflichtige Personen aufgefordert, innerhalb der vorbemerkten Zeit, Und zwar unter Vorzeigung des bei der früheren Gestellung empfangenen Gestell- oder Loosungsscheines, sich ebenfalls per sönlich in der Rathsexpedition anzumeldcn. Sind Personen, welche nach den Eingangs gedachten Bestimmungen hier gcstellpflichtig sind, zur Zeit vom hiesigen Orte abwesend, so haben deren Eltern, Vormünder, Brodherren die Verpflichtung, dieselben anzumelden. Die Unterlassung der Anmeldung zur Stammrolle zieht nach § 176 der Militür-Ersatz-Jnstruction Geldstrafe bis zu l0 Thalern oder verhältnismäßige Gefängnißstrafe nach sich. NütH M am 19. November 1870. Kretzschmar. Tagesgeschichte. Ueber die Geburt des dritten Sohnes Sr. königl. Hoheit des Prinzen Georg sagt das „Dr. I." vom 17. November: „Heute früh Vach 6 Uhr verkündeten 101 Kanonenschüsse den Bewohnern derRe- Udenz das freudige Ereigniß der Geburt eines königlichen Prinzen. Arr hohe Vater des neugebornen Prinzen, Se. königl. Hoheit der Prinz Georg, steht bekanntlich mit den deutschen Heeren als Höchst- ^vmuiandirender des XII. Armcecorps vor Paris und wird in seinem Hauptquartiere zu Le-Vert-galant durch ein Telegramm Ihrer Maje- Mt der Königin, seiner durchlauchtigsten Mutter, die Kunde von die- Pvi glücklichen Familienereignissc ungefähr zu derselben Stunde em- dfangen haben. Möge demselben recht bald vergönnt sein, seinen neugebornen (dritten) Sohn nach glücklicher Rückkehr von dort an Mu Vaterherz drücken zu können. Die Taufe des neugebornen Prin- hat bereits stattgefunde». Wie das „Dr. Journal" mittheilt, hat Se. Majestät der König E 17. d. M. Mittags 12 Uhr aus dem Hauptquartiere des königl. mchsischen (XII.) Armcecorps vor Paris das nachstehende Telegramm ^upfangen: Sr. Majestät dem König von Sachsen. Ew. königliche , Majestät legt das Armcecorps anläßlich der Geburt eines Prinzen < seinen nnterthänigsten Glückwunsch in aufrichtigster Freude zu Füßen. v. Nehrhoff, Generallieutcnant. Der schon früher erwähnte tapfere Reiter Mucke aus Neurcudnitz, vom 3. sächsischen Reiterregiment, erhielt dieser Tage für seine helden- niüthige Errettung seines Lieutenants, wobei er selbst II Wunden erhalten, das Eiserne Kreuz zweiter Klasse (als der erste Gemeine seiner Escadron) und die zum sächsischen HeinrichSorden gehörige sil berne Medaille für Verdienst um's Vaterland. Der Rittmeister der Escadron schrieb ihm dazu: „Beide Decorationen sind gewiß für Ihr ganzes Leben eine schöne Erinnerung an den für die I. Escadron so siegreichen Tag bei Buzaucy. Mögen Sie diese Decorationen stets mit Ehren tragen, um sich auch als Invalide freudig des Tages zu erinnern, wo Sie nebst Ihren braven Cameraden mit besonderer Tapferkeit den stark überlegenen Feind über den Haufen warfen." Wie dem„Lpz. Tgbl."aus Penig gemeldet wird, ist am 9. No vember der Rathsregistrator Raabe von dort flüchtig geworden. Bei dem nach seiner Entweichung vorgenommenen Cassaslurz fand sich ein ihm zur Last fallender Defect von mehr als 300 Thlrn. vor. Da Raabe von Rochlitz aus noch einen Brief an einen andern Beamten in Penig geschrieben, so glauben Manche, er halte sich noch in dor tiger Gegend auf. Aus Radeberg wird vom 15. November über folgendes Scha denfeuer berichtet: Es brannte in einem einer Feldwirthschaftöbesitzerin gehörigen Stallgcbünde auf der Dresdener Straße. Das Feuer griff schnell um sich und zerstörte in kurzer Zeit 3 Wohnhäuser nebst zu gehörigem Mobilar. Am 24. v. M. brannten in demselben Stadt theile bereits 4 Scheunen nieder und im dritten Falle, am 9. Novem ber, ward man des Elementes noch im Entstehen Herr. Es wird Brandstiftung vcrmnthet. In diesen Tagen ist aus dem Krupp'schcn Etablissement in Essen, wie die „Ess. Ztg." schreibt, ein Geschütz einziger Art und zu seltener Bestimmung abgegangcn: ein Gußstahlgeschütz von 1'/? Zoll Durch messer, im Seelenraum von circa 5 Fuß Länge, welches auf einer Säule ruht und sich nach jeder Richtung hin drehen und abfeucrn läßt. Zweck desselben ist, zur Beschießung der von Paris ans ab gelassenen Luftballons verwandt zu werden, da die Tragweite und Sicherheit dieses leichten Geschützes eine ganz außerordentliche sein soll. Die europäische Diplomatie ist aufgcscheucht wie ein Schwarm Tauben, wenn der Geier stch zeigt. Rußland hat die Rolle deS Geiers übernommen. Es hat den Großmächten eröffnet, daß cs sich an den Vertrag von 185ti oder an eine» Theil desselben nicht mehr gebunden halte. Wie steht's mit diesem Vertrage? Er ist ein Theil des Pariser Friedensschlusses, der dem Krimkriege ein Ende machte. In diesem Vertrage wurde das schwarze Meer ncutralisirt, d. h. es wurde festgestellt, "daß in diesem Meere nur 6 russische und 6 türki sche Dampfschiffe den Küstendieust versehen dürften. Die europäiscbe Diplomatie wollte dadurch die russische Scemacbt an ihrer empfind lichsten Stelle schwächen und verhindern, daß russische Kriegsschiffe Constantinopel bedrohen. Rußland war der geschlagene Theil und mußte nachgebcn, der Vertrag wurde von ihm, von Frankreich, Eng land, Oesterreich, Preußen, Italien und der Türkei unterzeichnet. Die jetzige Erklärung Rußlands zeigt, daß es seine alten Anschläge wider das türkische Reich und Aufrichtung seiner Herrschaft im Orient nicht aufgegeben hat und die Zeit, da sein mächtigster Gegner Frankreich danieder liegt, günstig erachtet. Außer der Türkei sind England und Oesterreich am meisten betheiligt und man darf gespannt sein, was England thut. Die flaue, parteiliche Haltung Englands dem deutschen