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Erscheint wöchentlich drei Mit »ind zwnr Dienstag, Donnerstag n»d Sonnabend (Vormittag). Abonncmentspreis beträgt Vierteljährlich l Mark 20 Ps. peiünnlneronlio. Änreiger für Inserate «erden bis spätesten« Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Lorpusspaltenzeile »nit iv Pf., unter „Eingesandt" mit 2V Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderalh, den Kirchen-- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 22. Donnerstag, den 19. Februar 1880.Z^Jahrg. Bekanntmachung. Nachdem das Austragen der Anlagenzettel auf das Jahr 1880 beendet, wird hierdurch regulativgemäß bekannt gemacht, daß das eommunliche Abschätzungscataster pr. 1880 in hiesiger Stadtcassenexpedition zur Einsicht für die Contribuenten, soweit es einem Jeden betrifft, (8 36 des Regulativs) bereit liegt. Etwaige Neclamationen gegen die Abschätzung sind bis zum IS. März 188« schriftlich hier anzubringen/widrigenfalls dieselben Anspruch auf Berücksichtigung nicht finden können. Zwönitz, am 18. Februar 1880. Der Stadtgemeindcrath. In Vertretung: David Tchüller. Nagesgeschichte. Deutschland. Ein wichtiges Kapitel inbetreff des deutschen überseeischen Handels dürfte die Besprechung über die Ausbreitung der hamburgischen Handelsniederlassungen an der Ostküste Afrika's bilden; wird doch coustatirt, daß dieselben seit der ersten Nieder lassung vor 35 Jahren sich bereits auf die Insel Madgaskar ausgedehnt haben. Im Jahre 1870 wurde dort von einer ham burgischen Firma eine Handelssactorei errichtet. Seitdem sind die verschiedenen Handelsplätze von den Schiffen derselben Firma besucht, und es ist eine weiter gegründete Factorei in Ermangelung einer deutschen consularischcn Vertretung unter den Schutz des englischen Consulats gestellt worden. Der Hamburger Senat hat nun im In teresse einer gedeihlichen Weiterentwickelung des deutschen Handels auf der Insel die Errichtung eines deutschen Consnlats in Tamatave und gleichzeitig den Abschluß eines Freundschafts- und Handelsver trages mit der Hova-Rcgierung in Anregung gebracht. Der deutsche Reichskanzler hat darauf im Einvernehmen mit dein Bundesraths- Ansschuß für Handel und Verkehr dem Kaufmann I. Kock in Tama tave die Bestallung als Consul erwirkt und beantragt nun beim Bnnoesrath, zu genehmigen, daß über den Abschluß eines Freund schafts-, Handels-, Schifffahrts- und Consularvertrages zwischen dem deutschen Reich und Madagaskar mit der Hova-Negierung in Ver handlung getreten werde. Die Länder, welche bisher mit der Hova- Regiernng Verträge abgeschloffen haben, sind Großbritannien, Frank reich und die Vereinigten Staaten von Amerika. Diese Verträge würden für die diesseitigen Verhandlungen als Anhalt dienen können, und unser Vertrag würde im übrigen formell und materiell möglichst mit dem System der zwischen dem Reiche und anderen transoceanischen Ländern abgeschloffenen oder in Vorbereitung begriffenen ähnlichen Verträge in Einklang zu bringen sein. Breslau, 16. Febr. Der „Breslauer Zeitung" zufolge ist es bei der diesmaligen Löhnung in der Scharley-Grube zu bedeutenden Excessen gekommen. Das Zechenhaus wurde zerstört, die gewerkschaft lichen Scripturen wurden vernichtet und die Beamten mißhandelt. Die Lohnkasse ist abhanden gekommen. Zur Herstellung der Ruhe mußte Militär requirirt werden. Oesterreich-Ungarn. Die neueste Ministerkrisis scheint sich ihrem Ende zu nähern, doch ist bis zur Stunde nichts Gewisses zu erfahren und nur so viel anzunehmen, daß das Resultat keineswegs mit einem Siege der Rechten gleichbedeutend sein wird. Hieranf be reitet schon ein Artikel in der Politik vor, welcher der Regierung auscinandersetzt, daß man nicht von Fall zu Fall die Majorität wech seln könne, daß man verläßliche Freunde besitzen müsse nnd daß die Linke, auf welche sich die Negierung jetzt stützt, ein Ministerium gern im Stiche lasse. Hierauf giebt die „Presse" die harte Antwort, daß die 'Rechte niemals ein Frennd der Regierung ist und sein wird, und daß sie das Ministerium doch nur als Platzhalter für ihr Partei- ministerium ansieht und behandelt. Die Spannung zwischen den Polen und GreRen dauert übrigens fort und das ist erklärlich, denn die Czechen haben den Polen nicht die geforderten Liebesdienste er wiesen, haben nicht geholfen, die Grundsteuervorlage zu Falle zu bringen. Andererseits darf man die Spannung nicht zu ernst neh men, denn die Czechen können auf manch' anderem Gebiete die Polen entschädigen. Man sagt, die Polen wollen sich der Linken nähern und das ist auch nicht undenkbar, denn die Linke ist vor Allem nichts weniger als ruffenfreundlich. Italien. Die päpstliche Encyklika vom 10. d. über die Ehe ist nun veröffentlicht worden. Der Papst weist in derselben auf die Wohlthaten der Kirche für die Gesellschaft hin. Die Ehe sei von Gott eingesetzt, der ihr als wesentliche Merkmale Einheit und Be ständigkeit verliehen habe. Die durch heidnische Corruption gesunkene Ehe sei von Christus wieder zur vornehmsten Ehre aufgerichtet und zur Würde eines Sacramentes erhoben worden. Die Ehegerichts barkeit gehöre demnach der Kirche. Der Papst tadelt die Usurpation weltlicher Gewalt, alle Völker hätten die Ehe unter den Schutz der geistlichen Autorität gestellt, indem sie den heiligen Charakter der Ehe anerkannten. Die Kirche habe stets unabhängig von der welt lichen Macht ihre Rechte betreffs der Ehe ausgeübt. Die Encyklika zählt die üblen Wirkungen der ohne Zuhilfenahme der kirchlichen Jurisdiction geschloffenen Ehen auf, verweist auf die Ehescheidung, die in einigen Gesetzgebungen eingeführt werden solle, und betont deren verhängnißvolle Folgen, welche die menschliche Begierde von jedem Zügel befreien und den bösen Leidenschaften überantwortet würden. Der Papst fordert in wohlwollender Weise die weltlichen Behörden aus, den Rechten der Kirche bezüglich der Ehe Achtung zu verschaffen, gleichwie die Kirche wünsche, daß die einschlägigen Rechte des Staates geachtet würden. Schließlich appellirt der Papst in warmen Worten die Eintracht der geistlichen und weltlichen Behörden. Ruhland. Petersburg, 17. Febr. Im kaiserlichen Winter- palais fand gestern (Dienstag) eine Explosion statt. Von der kaiser lichen Familie ist Niemand verletzt. Die Mine lag unter dem Wacht- zimmer und dieses befindet sich unter dem Speisezimmer. Von den Mannschaften sind 35 verletzt und davon bereits 5 gestorben. In den Fußboden des Speisezimmers ist eine 10 Fuß lange und 6 Fuß breite Oeffnung gerissen. Die kaiserliche Familie war in Folge zu fälliger Verspätung im Speisezimmer noch nicht versammelt. Türkei. Am 13. Februar hat der Sultan eine Jrade unter zeichnet, nach welchem Savfet Pascha zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Said Pascha zum Minister des Innern und Mahmud Nedim zum Niinisterpräsidenten ernannt wird. Sir Austin Layard soll von dieser neuen Zusammenstellung sehr wenig erbaut sein lind möchte dieselbe, wenn möglich, rückgängig machen. Sein persönlicher Feind Hafiz Pascha übernimmt überdies als Gouverneur die Ver waltung der Hauptstadt. Es wird jetzt abzuwarten sein, ob Mahmud Nedim in seiner neuen Eigenschaft eher im Stande sein wird, die Opposition Said'S bei dem Auöarbeiten der auf Grund des Artikel 23 des Berliner Vertrages vorzunehmendeu Reformen zu brechen. Mahmud Nedim steht jedenfalls in hoher Gunst bei dem Sultan und hat von Letzterem den ehrerbietigen Titel Baba (Vater) erhalten.