Volltext Seite (XML)
Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich I Mark 20 Pf. prnunmeranäo. ÄMM für Inserate werden bis spätesten» Mittags des vorhergehenden TageS deS Erscheinens erbeten und die Eorpusspaltenzeile mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Swbtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. . L2. Dienstag, den 27. Januar 1880. 5. Jahrg. Tagesgeschichte. Deutschland. Die RcichSregierung hat mit England einen gegenseitigen Vertrag im Interesse des Handels beider Länder zur Verfolgung, Ergreifung und Auslieferung von Seeleuten geschlossen. Danach sollen Seeleute und Schiffsjungen, welche in Häfen, Terri torien, Besitzungen oder Colonien des einen der beiden vertrag schließenden Länder entweichen, ausgeliefert werden. — Die Nach richt von der Einbringung des neuen MilitärgefetzentwurfS, der eine Vermehrung unseres stehenden Heeres um 26,000 Mann, sowie die Uebungen der Erfatzreservisten erster Klasse im Frieden will, hat im Auslande große Sensation hervorgerufen, die sich am deutlichsten in den Berichten der größeren Börsen widerspiegelt. — In vergangener Woche ist in Berlin eine geheime Versamm lung von Vertrauensmännern der soeialdemokratischen Partei über rascht worden. Die Theilnehmer, darunter ein Student, wurden ver haftet und die vorgefundenen Papiere mit Beschlag belegt. Oesterreich-Ungarn. Im ungarischen Abgeordnetenhause machte der Abgeordnete Ludwig Mocsary die Pester Straßentumulte zum Gegenstände einer Interpellation und wies dabei namentlich hin aus die Berufung der militärischen Macht ohne zwingende Noth wendigkeit. 'Nicht Klassenhaß sei es gewesen, was die Spitze der Bewegung gerade gegen das National-Eastno gerichtet habe, sondern der Umstand, daß in jenem Casino wirtlich eine Menge Personen durch ihre Handlungsweise den gerechten Zorn des Volkes erregt haben. Auf das Verhalten der Polizei übergehend, nannte Redner dasselbe brutal. Redner beantragte die Einsetzung einer fünfzehn- gliedrigen Commission zur Untersuchung der erwähnten Thatsachen. Das Haus wollte sich am Sonnabend über die Behandlung dieses Antrages schlüssig machen. — Auch die städtische Vertretung von Pest hat über die Tumulte verhandelt und eine Adresse an das Ministerium beschlossen, worin die sofortige Reorganisation der Pester Polizei verlangt wird. Araukreich. Louis Blanc hat in der Kammer seinen bereits angeküudigten Antrag auf allgemeine Amnestie der Commuueverur- theilteu angebracht. Aussicht auf Annahme desselben in der Kammer ist nicht vorhanden; die Zahl der Unterschriften ist überdies bedeutend geringer, wie sie vor etwa einem Jahre bei einem das Gleiche be zweckenden Antrag mar. — Die Bonapartisten sind mit einander heftig in die Haare gerathen. Der streitbare Paul de Cassagnac fällt über den Redacteur des „Ordre" her, wirft diesem vor, daß er ein Marktschreier sei, dessen Blatt der „ruinirten und verarmten bonapartistischen Partei" (so nennt Cassagnac sie selbst) mehr als 130,000..Francs gekostet habe. Italien. Am Mittwoch erschienen in Neapel auf dem Dante- Platz 100 Republikaner mit einem rotheu Band im Knopfloch und großer Guirlande mit rotbem Bande, um auf dem Kirchhof die Ge- dächtnißfeier des bei Dijon gefallenen Bruders des Jrredentistenchefs Jmbriani vorzunehmen. Die Polizei verbot das rothe Abzeichen. Es entstand ein Handgemenge, wobei: „Es lebe die Rebuplik!" gerufen wurde. Zehn Verhaftungen wegen Rebellion wurden vorgenommen. Der Papst, welcher bettlägerig war, ist genesen. England. Beide sich gegenüberstehende große Parteien ent wickeln vor der nahe bevorstehenden Eröffnung des Parlaments eine fast fieberhafte Thütigkeit und es vergeht fast kein Tag ohne 'Mee tings oder andere öffentliche Kundgebungen, welche häufig den Mit gliedern der Regierung Anlaß bieten, sich über die Lage der Dinge und über die von dem Cabinet verfolgte Politik zu äußern, dieselbe zu vertheidigen und nachzuweisen, daß die Behauptung der Liberalen, die Session werde unfruchtbar verlaufen, durchaus nicht zutreffen werde. — Außerdem stellen die Negierungömitglieder ganz entschieden in Abrede, daß das Cabinet an die Auflösung des Parlaments denkt. Ein Appell an das Land sei nur denkbar, wenn die Regierung das Vertrauen im Unterhause verloren hätte, und das sei bis jetzt noch nicht der Fall. — In Bezug auf die auswärtige Politik wird von den konservativen Rednern daran festgehalten, daß das gegenwärtige Cabinet unausgesetzt bestrebt ist, die Sicherheit und Einheit des großen Colonialreiches zu befestigen, daß es nicht stillstehen und sich auf den früher gepflückten Lorbeeren ausruhen will. Rußland. Ain Freitag ging in Berlin das Gerücht, die Czarin sei gestorben; die Nachricht erwies sich als unbegründet; der Zustand der hohen Patientin, obwohl immer noch bedenklich genug, hat sich soweit gebessert, daß ihr Lieblingswunsch, nach Petersburg zurückzu kehren, sich dieser Tage erfüllen soll. Die Herzogin von Edinburg, ihre Tochter, wird sie nach Petersburg begleiten, und sich dort der Pflege ihrer hohen Mutter widmen. — In Betreff der nihilistischen Agitation in Rußland können wir folgende Vorgänge mittheilen: Dem „Kiewlamnin" wird aus Berditschew gemeldet: Auf der Brest-Kiewer Eisenbahn kamen in jüngster Zeit an verschiedenen Orte» Proclamationen revolutionären Inhalts zum Vorschein, welche auf den Stationen an den Wänden angeklebt waren. 'Namentlich wurden sie vorgefunden in den Damen- zimmeru zu Slawuta, Olszanka und auf anderen Stationen. Die Polizei stellte sorgfältige Ermittelungen nach den Verbreitern dieser Aufrufe au und entdeckte als solchen einen Gymnasiasten R., der in Olszanka verhaftet wurde. Hierauf wurde vor einigen Tagen auf der Station Kozintyn ein Eisenbahnbeamter verhaftet, bei dem Papiere revolutionären Inhalts vorgefunden wurden. In dem Augen blicke, wo er verhaftet wurde, warf er eine Menge Proclamationen durch das Fenster des Waggons. Der „Nuss. Wod." berichtet aus 'Nikolajew im Gouvernement Cherssou: Am Abend des 20. December wurden bei einer Durchsuchung der Sachen des Matrosen B. und des Unterofficiers L. in dem Gebäude des Untermilitärs der 2. Flotteneguipage des Herzogs von Edinburg, die Kasten, die den ge nannten Personen gehören, ausschließlich mit Büchern und Brochüren revolutionären Inhalts gefüllt gefunden. Neber die Art und Weise, wie sie in den Besitz derselben gelangt waren, verweigerten sie jede Auskunft. Bei ihrer Verhaftung bat L. den Gehülfen des Procu- reurs und die Gendarmen-Offiziere inständig, sofort dein Obercom- mandeur der Schwarzenmeer-Flotte und Häfen unverzüglich Bericht darüber zu erstatten, daß er ihm „etwas sehr Wichtiges" zu eröffnen habe, und fügte hinzu, sie würden es bedauern, wenn sie ihm nicht zum Obercommandeur ließen. Der Obercommandeur, GeneraUAd- judant Arkaff, der darüber in Kenntnis; gesetzt wurde, empfing L. in seinem Cabinet ohne Zeugen. Die Audienz währte Stunde, wo rauf L. in das Gefüngniß für politische Gefangene gebracht wurde. Amerika. Utha, der Mormonenstaat, ist im Congresse durch einen in der Wolle gefärbten 'Mormonen, der vier Frauen hat, ver treten. Nun ist aber m Utha selbst eine Bewegung ins Werk gesetzt worden, welche den Sturz dieses Delegirten bezweckt. Der dortige Frauenverein gegen die Vielweiberei, dessen Mitglieder sämmtlich hoch geachtete und "hervorragende Damen sind, hat sich mit einem Protest an den Cougreß gewendet; der gegenwärtige Vertreter Uthas dürfe nicht ferner functioniren, da er den Gesetzen des Laiches Hohn spricht. Da endlich in dieser Angelegenheit ein Kläger auftritt, wird sich auch hoffentlich ein 'Richter finden und dein Unwesen der Vielweiberei in Utha energisch gesteuert werden. PüiuUcs und Siichfisches. Dresden. Der Kommandeur dec 3. Jnfantcriebrigade Nr. 47, Generalmajor von Tetlau, ist in Genehmigung seines Abschiedsge suches mit Pension und der Erlaubniß zum Forttragen der Gencrals- uniform mit den vorgeschriebenen Abzeichen zur Disposition gestellt