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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Diete Zeitung erscheint täglich mit Ausnahme der g< Uchen Sonn- und Feiertage. Bezugspreis: Bei Abholung 14 tägig 1—RM., frei Hau. l.10RM/einschl.12bez. 15 Pf. Trägerlohn. Postbezug monatl. 2.50 RM. Die Behinderung der Lieferung rechtfertigt keinen Anspruch aus Rückzahlung des Bezugspreises. Zeitungsausgabe sür Abholer täglich 2—6 Uhr nachmittags. Preise und Nachlaßsätze bei Wiederholungen nach Preisliste Nr. 6 — Für das Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Nummern und an bestimmten Plätzen keine Gewähr. Anzeigen sind an den Erscheinungstagen bis oorm- 10 Uhr aufzugeben. — Verlag: Mohr 5- Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann u. Gebrüder Mohr. Hauptschriftleiter: Walter Mohr, Pulsnitz: Stellv.: Walter Hoffmann, Pulsnitz. Verantwortlich für Anzeigen, Hctmatteil, Sport, Feuilleton, Kunst und Wissen Walter Hoffmann, Pulsnitz; für Politik, Bilderdienst und den übrigen Teil Walter Mohr, Pulsnitz. — Geschäftsstelle: Nur Adolf-Httler-Stratze 2 — Fernruf nur 551 Der Pulsnitzer Anzeiger ist Las zur Veröffentlichung Ler amtlichen Bekanntmachungen des Landrates zu Kamenz, der Bürgermeister zu Pulsnitz und Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amtsgerichts Pulsnitz, sowie des Finanz ¬ amtes zu Kamenz Rr. 24t» Mittwoch, 23. Oktober 1S4V 92. Jahrgang Auch Dienstag morgen Luftangriffe London in der Nacht wieder besonders schwer gelitten — Industrieanlagen heftig beschädigt Auch am Dienslagmorgcn. so meldet der englische Nachrich tendienst, hätten die Deutschen sofort wieder mit ihren Lustan- grissen eingesetzt. Bomben, so wird vorsichtig gemeldet, seien nach den bisher vorliegenden Berichten über Städte an der bri tischen Südostküste abgeworsen worden. In Südengland sei ein englisches Maschinengcwehrncst von einem deutschen Flugzeug angegriffen worden. Uebcr die letzten nächtlichen deutschen Angriffe gibt der Nachrichtendienst bekannt, daß diese am Montagabend sofort mit einbrcchender Dunkelheit einsetzten und sich in der Hauptsache auf die Midlands, London und das Gebiet des Flusses Mersey erstreckten. Die Angriffe hätten bis in die frühen Morgenstunden gedauert. London habe wieder besonders schwer gelitten. Bomben- Volltreffer hätten „Geschäftshäuser" zerstört. Gas- und Wasser leitungen seien gleichfalls getroffen worden. Industrieanlagen im Londoner Stadtgebiet hätten schwere Beschädigungen erlitten. Es habe eine Anzahl Opfer gegeben. In den Midlands, so werde von amtlicher Seite weiter gemeldet, habe sich der Angrif? in der Hauptsache aus eine Stadt konzentriert, wo „Handelsgebäude" zum Teil vernichtet worden seien. In allen Fällen seien Brände «usgcbrochen. Entgegen den Londoner Jllusionsberichten von der ständig wachsenden Stärke der englischen und dem Erschlaffen der deut schen Luftwaffe fällt es dem Berichterstatter der Madrider Zei tung „Na" auf, dass die britischen Wehrmachtsberichte seit über einer Woche nur noch selten und vereinzelt Abschüsse deutscher Flieger registrierten. Um diese Tatsache zu rechtfertigen, so meldet die spanische Zeitung, versteige sich die englische Presse zu der Behauptung, dass „die Deutschen ihre Läger als Bombenflugzeuge benützten, die durch ihre grössere Geschwindigkeit und Wendigkeit schwer anzugreifen seien". Wenn englische Zeitung, sich selbst widersprechend, dabei behaupten, dadurch sei auch der Bombenabwurf geringer, so stehe das in ausgesprochenem Gegensatz zu der Wirkung, die deutsche Bomben gerade in den letzten vier Tagen gehabt hätten. Neue Hoffnung aus General Wetter Obgleich Lord Veaverbrook in einem Artikel des „Sun- day Erpress" selbst zugegeben hat, dass als Ergebnis der deut schen Bombardierungen ein starker Produktionsrückgang zu veri zeichnen sei. hofft „Dailv Mail heute nochmals, mit „Verbessei rungen und Ausbau der britischen Luftwaffe, den verzweifeltest Londonern Mut geben zu können. „Die verantwortlichen Kreise der Royal Air Force glau ben", so macht das Blatt seinen Lesern vor, „dass, wenn dies Londoner noch einige Monate zäh aushalten, die Luftverteidi^ gung, welche ständig verbessert und ausqebaut wird, so stark sei, dass sie gleichzeitig mit der schlechten Wetterlage eine gewali tige Verbesserung der Lage bedeute. Zu der letzten Hoffnung auf Verbesserung der Lage durch! schlechteres Wetter und Nebel meint der Berichterstatter der Madrider Zeitung „ABC", „man kenne sich so langsam — ge linde gesagt, nicht mehr aus. Einerseits werde in London be hauptet, dass das schlechte Wetter, der Nebel, eine grosse Erleich terung für London und ganz England bringen werde, während andere schreiben, dass gerade im Schutze der Wolken und des Nebels die Deutschen ungestörter Bomben werfen könnten." Es müsste den amtlichen Stellen allmählich peinlich werden, immer wieder von neutralen Augenzeugen auf die Widersprüche hingewiesen zu werden, in die sie sich durch ihre verzweifeltest Stimmungslügen verwickeln. Aller Zweckoptunismus mit seinem blühenden Unsinn scheitert an den harten Tatsachen, vor dis England nach dem Willen seiner Kriegstreiber alltäglich und allnächtlich gestellt wird. EngMer AWNffsoermch abgeschlagen An, 21. Oktober versuchten britische Flugzeuge im Kanal deutsche Handelsschiffe mit Bomben anzugreifen. Das heftige und gutliegende Abwehrfeuer der Schiffsflak der in der Nähe befindlichen Kriegsfahrzeuge wehrte den Angriff ab, so dass die Briten ihre Bomben in die See warfen. Die deutschen Schisse konnten ohne jeden Schaden ihren Weg fortsetzen. Trotz Elmsfeuer Bomben auf die City Harter Kampf mit Gewitter und Vereisung — Von Kriegsberichter Erwin Kirchhof PK. Ob cs dem Flugzeugführer, dem Beobachter, dem Bordfunker und dem Bordmechaniker genau so geht? Ich kann nicht schlafen, obwohl der Körper fühlbar nach Ruhe schreit... Irgendwo schlägt eine Uhr fünfmal. Bei dem letzten auf reizenden Ton erinnere ich mich: Drei Stunden nach Mitter nacht kamen wir von unserem Angriff auf die Londoner City zurück, müde und abgespannt, ja beinahe erschöpft, aber auch nm ein unerhört dramatisches schaurig-schönes Erlebnis reicher. Wir hatten das Elmsfeuer besiegt, jenes Feuer, dessen elektrische Entladungen wir bisher nur bei Gewitter- Wetter in Form von Lichtbüscheln an Blitzableitern, Masten und Baumspitzcn wahrgcnommcn hatten. Interessant sah es damals aus, doch diesmal haben wir inmitten der Wollen hart, erbittert mit ihm gerung :. Nic werden wir diese Minuten vergessen, denn sie warrn der Hölle am ähnlichsten. Ob die Kameraden auch nicht schlafen können? Ob sic auch noch einmal diesen Flug durchleben? Wir sind ja nur Menschen! Schon der Start um diese mitternächtliche Stunde war ungewöhnlich. Der Sturm rast über den Platz, drohte die schlanken Tannen zwischen den Hallen wie Streichhölzer zu knicken und peitschte uns einen eiskalten Sprühregen ins Ge sicht. Der Flug, begann trotz Sturm und Regen. Der bewährte Flugzeugführer hatte die Maschine fest in der Hand. Die Motoren laufen aus höchsten Touren. Oberleutnant S. zieht den bombcnschweren Vogel immer höher, versucht, über die Wolken zu kommen. Das ist verdammt schwer. Kampf gegen das Eis Die Scheiben im Heckstand der Maschine haben sich mit eincmmal mit einer dünnen Eisschicht überzogen. Die Regen tropfen, bis dahin harmlos, bohren sich plötzlich wie feine Nadeln ins Gesicht. Trotz der Heizung, dem warmen Unter zeug und den Pelzstiefeln habe ich jetzt Eisbeine, friere ganz jämmerlich. Den anderen wird es genau so gehen. „Der-! dammtcr Dreck", „flüstert" der Beobachter, „die aanre Kanzel ist vereist, Motoren und Profile ebenfalls mit Eis überzogen. Wir müssen hier rans!" „Nur langsam, mein Junge", schaltet sich Oberleutnant S., der Kommandant, ein, „wir kommen schon raus, die In strumente sind in Ordnung." — „Ob wir überhaupt London seben werden?" fragt der Bordmechaniker. — „Werden wir, werden wir", meldet sich erneut der Oberleutnant. „Ich habe mit-dem Wetterdoktor eine Wette abgeschlossen, und ihr wisst, der wettet so leicht nicht." Ucber der Mitte des Kanals össnet sich ruckartig der un durchdringliche weiße Wolkensack. An einem sternenübersäten schwarzen Himmut steht die weihglühende Mondscheibe. Das Wasser glitzert zu uns herauf. Neben uns und vor uns Weir auseinandergezogcn und in verschiedenen Höhen dunkle Punkte. Kein Zweifel, das sind Kameraden! Noch wenige Kilometer mag die englische Küste entfernt sein, da verschluckt uns schon wieder eine kilometerdicke Waschküche. 3st Vas die Sötte? Sie hat sich gerade hinter uns geschlossen, als unser Vogel mit einem brutalen Schlag zur Seite gerissen wird. Zärtliche Kosenamen schwirren durch das Kehlkopfmikrophon. Ich flüstere mit, denn dieser Hieb hat mich in die Wanne ge schleudert. Jetzt! Was war das? — Uns allen stockt der Atem. Da — schon wieder. Glühendwcißc Schlangen zischen am Rumpf der Maschine entlang. Wieder eine! — Ununterbrochen. Jetzt eine hinter der anderen. — „Sind das Scheinwerfer?" ruft der Bord mechaniker. — „Nec, aber Blitze!" brüllt der Beobachter. Trotz der Verdunkelung ist die Kiste jctzr taghell erleuchtet. Erst grell-weiss, dann hellblau und jetzt — blau-grün. Alles ist mit dieser gcspenstcrhaften höllischen Farbe, die noch kein Maler in dieser Wirkung auf die Leinwand bannte, überzogen. Der Rumps der He 111 bis zum Leitwerk, die Tragflächen bis zum Staurohr, das jetzt einem grünen Phosphorstab gleicht. Und nun — höre ich richtig? Ja, auch das noch! Es ist der rechte Motor, der zu spucken anfängt. Im Bordtelephon bekomme ich jetzt mit, was sich beim Flugzeugführer in der Kanzel abspielt, in welch teuflischen Krallen unsere Maschine steckt. „Der Kompass kreist wie verrückt!", sagt ruhig der Ober leutnant. — „Herr Oberleutnant, die Maschine brennt!" meldet der Funker, der heute seinen zweiten Feindflng macht. „Quatsch nicht", brummt seelenruhig der Flugzeugführer, „das ist nur das Elmsfeuer!" Ich halte es im Heckstand nicht mehr aus. Ich mutz einmal sehen, wie es vorn in der Kanzel aus sieht. Mühsam arbeite ich mich bis zum Bordmechaniker, sehe über dessen Schultern hinweg in den „Glasbalkon", schrecke zurück, bleibe jedoch Sekunden, sehe nach allen Seiten und krieche wieder auf meinen alten Platz. Der Blick hat mir ge nügt. Die ganze Glaskanzel ist mit dieser bläulich-grünen Gespensterfarbe überzogen. Und immer wieder rasen bläulich-grüne Lichtkugeln aus die Kanzelspitze zu, werden in Bruchteilen von Sekunden wie Acpsel so gross und zerplatzten dann. Ganz deutlich heben sich von der Propellernarbe die „Lattenspitzen" ab. Weitze Kreise zeichnen sie in diese spukhafte Farbenbeleuchtung. Ist diese im wahrsten Sinne des Wortes „himmlische" Hölle nicht bald vor über? Es stinkt jetzt schon gräßlich nach Schwefel. Werden wir noch London erreichen, unser Ziel finden, ja überhaupt noch einmal hier herauskommen? 15 lange, unendlich lange Minuten vergehen. Keiner spricht ein Wort. Der innerliche Schweine hund meldet sich, doch er wird niedergekämpst. Dann wieder, welch eine Ironie, öffnet sich die Waschküche. Da schimmert auch schon der Mond blatz durch die Wolkendecke. Sterne blitzen aus. Ein einziges Ausatmen! Wir sind srei. „Glück mutz man haben", ruft der Oberleutnant. „Unsere In strumente zeigen wieder an. Ran, Jungens!" Ucber der City von London Zahlreiche Scheinwerferbnndel sind jetzt steuerbord vor aus zu sehen und dahinter eine einzige Fcuerwand. Das ist unser Ziel! Unfehlbar London. Schnell sind wir über der Stadt. Ganz klar können wir in dem gleißenden Mondlicht die einzelnen Stratzen und Häuserreihen erkennen. Jetzt! Der Themsebogen. Die Flak entfesselt ein verzweifeltes Feuerwerk. Nach allen Richtungen tanzen die glühenden Granaten. „Mehr nach links halten!", höre ich den Bordmechaniker rufen. Noch während des Feuerhagels und der Beleuchtung durch die Scheinwerfer kann ich in vielen Richtungen das Aus blitzen von Bomben in den Gebäuden der Londoner City sehen. Der Oberleutnant mutz die Erfolge unserer Kameraden eben- salls erkannt haben. „So müssen auch unsere Eier sitzen!" Die Bomben fallen genau in den Block mächtiger Geschäfts häuser. Uns zeigt sich wieder das so oft erlebte Bild gewaltiger Detonationen und mehrerer hundert Meter hoher Rauch und Feuersäulen. Und dann erleben wir wieder für Sekunden das konzentrierte Feuer der Flak >v>d das Suchen der Scheinwerfer. Nachtjäger kommen noch einmal auf dem Heimweg; wir schla gen ihnen ein Schnippchen. Mächtig stolz sind wir, als wir aus der Maschine klettern. Dieses Gefühl läßt mich auch jetzt ruhig einschlafen: wir haben nicht nur das Elmsfeuer besiegt, sondern auch der Londoner City, die reich geworden ist durch Aufruhr, Verbrechen nnd Un ruhen in der Welt, die britische Agenten anzettelten, einen neuen schweren Schlag zngesügt. Der Fiinsris-Mmig-Skandal Der Londoner „Daily Mirror" enthüllt einen für England bezeichnenden Skandal. Die vor kurzem erfolgte Erhöhung des Militärsoldes um 50 Pfennig täglich veranlasste verschiedene mqlilche Dienststellen, z. V. die Postverwaltung, eine Anzahl kisenbahngesellschafien und zahlreiche halbamtliche Regierungs- and Gemeindestellen, zur Kürzung der Familienunterstützung, die sie den Angehörigen eingezogener Beamten und Angestellten zahlen müssen, um den Betrag dieser 50 Pfennig. Diese Mass nahme har bei den Soldaten grötzte Erregung hervorgerufen, da die Solderhöhung ausdrücklich zur Ablösung der Tabak- und Viersteuer dienen sollte. Die betreffenden staatlichen Stel len haben sich trotzdem zur entsprechenden Kürzung der Familien unterstützung entschlossen und damit ein neues Beispiel der Schäbigkeit und sozialen Rückständigkeit des herrschenden briti« jchen Systems aeaeben. .