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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Das zur Veröffentlich«^ der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft und des Finanzamtes zu Kamenz des SLadtrates zu Pulsnitz und des GemeinderaLes zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und Zwangsvergleich wird der für Aufträge etwa schon bewilligte Nachlaß hinfällig. Anzeigen sind an den Erscheinungstagen bis vormittags 10 Uhr aufzugeben. Verlag: Mohr K Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann und E. L. Forsters Erben. Verantwortlich für Oertliches u. Sächsisches, Unterhaltungsteil, Spor: u. Anzeigenteil Karl Hoffmann, Pulsnitz, für Politik und den übrigen Test Walter Mohr, Pulsnitz. D. A. I.: 2280. Geschäftsstellen: Albertsti.2 u. Adolf-Hitler-Str.4. Fernruf518 u. 550. D^le Zeitung erscheint täglich mit Ausnahme der gesetzlichen Sonn- und Feiertage. A Abholung wöchentlich 45 Rpf., bei Lieferung frei Haus Ber^b^ ^ Im Falle Höherer Gewalt oder sonstiger Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder ckzahliing des Bezugspreises, - Anzeigenpreise und Nachlaßsätze bei Wieder- h ungen nach Preisliste Nr. 3 (in unseren Geschäftsstellen erhältlich). Bei Konkurs Nr. 29 Dienstag, den 4. Februar 1936 88. Jahrgang Könige und Minister in Paris Fortgang der politischen Besprechungen Die Besprechungen der in Paris anwesenden Staats oberhäupter und Minister mit den führenden französischen Staatsmännern nahmen im Lauf des Montagnachmittaq ihren Fortgang. König Boris von Bulgarien empfing nach seiner Zusammenkunft mit dem Präsidenten der Fran zösischen Republik in der Gesandtschaft seines Landes den französischen Ministerpräsidenten Sarraut und Außen minister Flandin. Vor diesem Besuch hatte Flandin den englischen Botschafter in Paris sowie den alba nischen Außenminister und den albanischen Ge sandten empfangen. König Carol von Rumänien, der, Vie jetzt bekannt wird, dem französischen Ministerpräsiden ten und dem Außenminister im Verlauf der Besprechungen am Montagvormittag die Insignien des Großkreuzes des Kronenordens von Rumänien überreichte, empfing am Mon tagnachmittag den Oberbefehlshaber des französischen Hee res, General Gamelin. Der türkische Außenmi- oist er Rüschdi Aras war in Begleitung des türkischen Botschafters am Montag beim griechischen Gesand ten zu Gast. Um 16 Uhr begab er sich zum französischen Ministerpräsidenten. Prinzregent Paul von Jugo slawien traf am Montagabend, von London kommend, in Daris ein. Der Gedanke der kollektiven Sicherheit iai Mittelpunkt der Pariser diplomatischen Besprechungen Das große diplomatische Treffen in Paris scheint von oem französischen Außenminister ganz ans den Gedanken der kollektiven Sicherheit abgestellt zu werden. Bemerkenswert M, daß Außenminister Flandin am Montag abend den f?glisHen Botschafter empfangen und ihn von mr.en Unterredungen mit den ausländischen Staatsmännern Unterrichtet hat. Hinsichtlich der Verwirklichung deck kollektiven Sicherheit sollen, wie aus französischen Kreisen flautet, die osteuropäischen Mächte die Möglichkeit prü- bm, dem Artikel 16 der Völkerbundssatzung eine endgültige MÄeguna zu geben und dem Ausdruck „kollektive Sicher heit -^ne feste Form zu verleihen. Allerdings sei diese -lnregirng zur Zeit noch unbestimmt, und angesichts der voli- Nchen und' praktischen Schwierigkeiten könne man noch nicht "Zen,, ob sie schließlich weiter verfolgt werde. Mit dem türkischen Außenminister soll, wie es heißt, Flandin am Alontag vor allem die Frage der Anwendung der ^ühnemaßnlahhnen im italienisch-abessinischen Streit/ i>nd — auf englische Bitte — auch die Frage des geAen- ! eiligen Beistandes der Mittelmeermächte erörtert ha- den. Dabei sei auch der Wunsch der Nachbarn Bulgariens Aut geworden, dieses möge sich dem Balkanpakt anschließen. -Ae Frage der Befestigung der DardanÄlenküsten sei dagegen Ulcht ernstlich angeschnitten worden, da die türkische Regierung ?uf dem Standpunkt stehe, daß man unter den gegenwärtigen Einständen einen Widerrufungsfall vermeiden müsse. . Aus der Fühlungnahme des französischen Außenministers Nut dem König von Bulgarien soll sich ergeben haben, haben, daß sich die auswärtige Politik Bulgariens weiterhin auf Gens gründe. Die Anterredung mit dem litauischen Außen minister Lozoraitis ^habe, wie aus französischen Kreisen verlautet gleichfalls der Prüfung der Frage der kollektiven Sicherheit gegolten, allerdings insbesondere zugeschnitten auf die Lage irr Nordosteuropa. Die Liberte warnt vor den Sowjets ,.Die Politik der Volksfront treibt Frankreich in den Krieg" Paris, 3. Februar. In einer außenpolitischen Betrach tung erklärt die „Liberte", die Politik der Volksfront treibe Frankreich in den Krieg. Der Teil der Regierungserklärung: der sich mit der Außenpolitik befaßt habe, sei derartig blaß und farblos gewesen, daß sich irgendwelche Stellung nahmen erübrigt hätten. Aber die Hast, mit der ansAießead die Kammer die Ratifizierung des franz ösisch- sowietrussischcn Paktes gefordert habe, scheine diesen leeren Worten nachträglich einen Sinn zu verleihen. Am Haaresbreite habe die Politik der Sühnemaßnahmen der Volksfront Europa in einen Krieg für den Negus geführt. Das Militärbündnis mit den Sowjets aber werde Frank reich noch sicherer in einen Krieg für Moskau treibe». Wan werde eimwenden, die Freunde der Kleinen Entenm hätten Frankreich gebeten, den Pakt zu unterschreiben. Darauf gebe es aber nur eine Antwort. Das sei eine Politik der Abhängigkeit, selbst wenn es sich um Freunds handele und nicht eine Politik der Selbständigkeit, wie sie ein großes Land wie Frankreich betreiben müßte. Außerdem habe Ingo- flavien die stärkste Militärmacht der Kleinen Entente, die Sowjets noch nicht einmal anerkannt. Den weiteren Ein wand daß dieser Pakt wichtig für die französische Sicherheit sei, müsse man als einen Versuch bezeichnen, sich über die Erdkunde und die moderne Kriegstechnik lustig zu machen. Ist Frankreich also bereit, in einem sowjetrussischen Krieg? die bolschewistischen Sowjetrepubliken - zu verteidigen? fragt das Blatt zum Schluß. Frot schon wieder geohrfeigt Paris, 3. Februar. Der ehemalige französische Innen minister Frot, den die Rechtskreise bekanntlich für die blu tigen Zwischenfälle vom 6. Februar 1934 verantwortlich machens und der schon häufig das Opfer tätlicher Angriffe war, ist am Montag nachmittag im Justizpalast in Paris wieder be schimpft und geohrfeigt worden. Er sollte als Rechts anwalt in einem Prozeß auftreten. Kaum hatte er aber das Anwaltszimmer verlassen und war im Begriff- die groß«! Freitreppe hinunterzu steigen, die in den Sitzungssaal führtz als ec von einer Gruppe rechtsstehender Anwälte und anderer Persönlichkeiten angegriffen und ins Gesicht geschlagen wurde. Der zufällig anwesende Vorsitzende der Rechtsanwaltkammer versuchte vergeblich, die aufgeregten Ge müter zu beruhigen: erst nachdem die Polizei eingegriffen und die Ruhestörer gewaltsam entfernt hatte, konnte Frot sich in den Sitzungssaal begeben. Milslnoenoen diplomatischen Besprechungen mit größter Aufmerksamkeit und Spannung Im Vordergrund steht da bei die Tätigkeit Litwinows. Die Blätter glauben, daß nach dem Besuch Litwinows in Paris die Ratifizierung des fran- zösisch-sowjetrussschen Paktes nicht mehr lange auf sich war ten lassen werde. „Daily Mail" bezeichne! es als die Wurzel schwerster Gefahren, daß Frankreich und anscheinend auch das übrige Europa „gezwungen" seien, Räterußland als Verbündeten anzunehmen. Europa treibe einem Krieg entgegen, und wenn keine energischen Maßnahmen zur Entspannung der Lage ergriffen würden, werde es möglicherweise zu einer Katastrophe kommen. Die britische Regierung müsse für den Frieden sorgen und in erster Linie die „selbstmörderische Sühnepolitik" zu einem Ende bringen. „Daily Telegraph" meldet aus dem Vatikan, daß der Papst durch diplomatische Kanäle seine Bemühungen für eine Beilegung des italienisch-abessinischen Streites fortsetze; er versuche, die in Genf vertretenen Regierungen zur Aus arbeitung einer Friedensformel zu ErdSlsPerre wird geprüft Erste Sachverständigenberatungen - Die Genfer Beratungen über die Zweckmäßigkeit bzw. Durchführbarkeit einer Erdölsperre gegen Italien kommen W langsam in Gang. Der Sachverständigenausschuß der ^anktionskonferenz, der mit dieser Aufgabe beauftragt wor- Au ist, ist unter dem Vorsitz des mexikanischen Gesandten in Pans, Gomez, zu seiner ersten Sitzung zusammengetreten. dem Ausschuß sind folgende Länder vertreten: England, monkreich, Irak, Iran, Norwegen, die Niederlande, Peru, Mwänien, Schweden, die Sowjetunion und Venezuela. Zur Zunahme war auch Argentinien aufgefordert worden, es W ledoch keinen Sachverständigen entsandt. Es wurden zwei Unterausschüsse eingesetzt, die den Verbrauch Italiens an rvolprodukten, seine Versorgung und seine Vorräte, die Mge der Transportmittel- und Ersatzmöglichkeiten unter- ^uchen soll. Es besteht der Eindruck, daß von keiner Seite Wirh^^ Beschleunigung der Beratungen Gewicht gelegt Eine englische Warnung - Die englische Presse verfolgt die zur Zeit in Paris Mussolini labt sich nicht aushatten Mussolini gewährte einem Vertreter des „Paris Soir* eine Unterredung, in deren Verlauf er sich zuversichtlich über den Fortgang des Feldzuges in Abessinien äußerte-, er gab seiner Versicherung Ausdruck, daß die Abessinier letzten Endes nicht den Sieg davontragen würden. Auch die b e v o r- stehende Regenzeit beeinflusse ihn in seiner hoffnungsvollen Haltung nicht; selbst wenn man annehme, daß es täglich vier Stunden regnen würde, so trete hinter her doch Sonnenschein ein, und diese Sonne sei für die Er munterung seiner Soldaten sehr viel wert. Hunderttausend italienische Soldaten hätten außerdem bereits eine Regen zeit mit durchgemacht und nicht sonderlich darunter gelitten; die anderen würden sie ebenso überstehen. Auf alle Fälle würden die Abessinier sehr viel mehr-darunter zu leiden haben; denn Italien würde immer die Möglichkeit haben, seine Truppen mit dem Notwendigen zu versorgen, was bei den Abessiniern nicht sehr sicher sei. Die Regenzeit werde die Italiener nicht aufhalten. Sicherlich seien die Schwie rigkeiten des Geländes ungeheuer; aber das werde ihn nicht daran hindern, den Feldzug mit der Langsamkeit fortzu setzen, die erforderlich sei. Englands Aufrüstung Vor der großen Aussprache im Unterhaus. Das englische Parlament, das heute erstmalig wieder zusammentritt, wird sich bis zu den Osterferien mit einem außerordentlich umfangreichen und bedeutungsvollen Pro gramm zu befassen haben. Im Vordergrund steht das englische Aufrüstungspro gramm, das vom Kabinett bereits so gut wie fertiggestelll ist. Die Arbeiteropposition beabsichtigt, die Regierung wegen ihrer Ausrüstungsvorschläge aufs schärfste anzugreifen, und sie wird voraussichtlich in diesem Zusammenhang ein Miß trauensvotum einbringen. Auf Betreiben der Arbeiteropvosition wird ferner wahr scheinlich schon in der nächsten Woche eine große Aus sprache über die internationale Lage stattfin den, in der der italienisch-abessinische Krieg, die Sanktions politik, die englisch-ägyptischen Beziehungen und die Ereig nisse im Fernen Osten zur Sprache gebracht werden sollen. Angesichts der gegenwärtig regen diplomatischen Be tätigung mittet- und osteuropäischer Staatsmänner in Lon don und Paris ist es außerdem sehr gut möglich, daß auch die allgemeine europäische Lage erörtert werden wird. Eden wird bei dieser Gelegenheit seine erste Rede als englischer Außenminister im Unterhause halten. Bereits in der Eröffnungssitzung wird Eden von meh reren Abgeordneten über seine Besprechungen mit Litwinow und anderen ausländischen Diplomaten sowie über die letzte Entwicklung im Abessinienstreit und über die Stellungnahme Englands zu einer Oelsperre befragt werden. Ramsay MacDonald gewählt Bei den Nachwahlen der schottischen Universitäten zum Unterhaus wurde der Präsident des Geheimen Staatsrats, Ramsay MacDonald, der bekanntlich bei den Hauptwahlen unterlegen war, mit einer Mehrheit von 7359 Stimmen ge wählt. Ramsay MacDonald erzielte insgesamt 16 393 Stim men. Der schottische Nationalist Professor Gibb erhielt 9034 Stimmen. Der Arbeiterparteiler Thomson brachte es nur auf 3597 Stimmen. Leber zwei Millionen Arbeiklofe in England Die Arbeitslosenzahl in England hat im Monat Januar eine scharfe Zunahme erfahren, die nur teilweise jahreszeit lich bedingt ist. Am 20. Januar betrug nach einer Mittei lung des englischen Arbeitsministeriums die Gesamtzahl der eingetragenen Arbeitslosen 2 159 722; hiervon sind 1 732 503 völlig arbeitslos, 345117 Personen haben vorübergehend die Arbeit eingestellt und 82 102 Personen sind in gelegen!- licher Beschäftigung. Verglichen mit dem Vormonat nahm die Arbeitslosigkeit in Großbritannien um 291 157 zu. Ms Grund für diese erhebliche Zunahme wird in der amtlichen Mitteilung teilweise das schlechte Wetter angegeben da« die Arbeit unter freiem Himmel beeinträchtigt' habe.