Volltext Seite (XML)
Auerlhal -Zeitung. Lokalblatt für Aue, Auerhammcr, Zelle Klöfterlein, Riede».« Oberpsannenftiel, Lauter, Bockau, Bernsbach, Beyerfeld, Tachfenfeld, Zschorlau und di- umliegenden Ortschaften. Erscheint «tttwoch», Freitags u. «-««tag». Abonnementsprei» incl. der 3 werthvollen Beilligen vierteljährlich mit Bringerlohn 1 P»k. LV Pf. durch die Post 1 M. SS Pf. Mt 3 issustrirteu Aeiblättern: Deutsches Aamitienblatt, Kute Krister, der Zeitspiegel. Verantwortlicher Redakteur: «mit Hegemeister in « ue (Erzgebirge). Redaktion u. Expedition: Litte», Marktstraße. Inserate die einspaltige CorpuSzeile 1v Pf., die volle Seit- 30, >/, S. 20, >/« St. 6 Mk. bei Wiederholungen hoher Rabat- Alle Pvstanstalten und LandbriestrLg« nehmen Bestellungen an. No. 151. «SWWWSW^M»W»M»MSWM»MM^WWSW»SSSWWSSSWSSSWWS»WS»M«MM>S Mittwoch, den 21. December 1892. 5. Jahrgang. Bestellungen aus di« WW^Auer-Lycll-IeiLung -WU (No. 665 der Zeitungspreisliste) für das 1. Onartal 18SS werden in der Expedition (Aue, Marktstraße), von den Aus trägern de» Blattes, sowie den Lendbriesträgern jederzeit gern angenommen. Krpedition der „Huerthal-Zeitung," ZüiuU Uvr«i»el»tvr. Zur Lage. Der Reichstag hat sich bis zum 10. Januar vertagt. Ein Rückblick über seine Thätigkeit ist angebracht. Be- merkenswert war zunächst der Rechenschaftsbericht, den der ReichSschatz-Selretär Maitzahn erstattete. Da» deutsche Reich hat an zwei Milliarden also zwei tausend Millionen Mark, Schulden, eine Summe, die an und sür sich jür einen Staat, wie Deutschland, nicht viel besagen will, denn andere Länder haben ras Fünf- und Zehnfache aus dem Nacken zu tragen, die aber nicht gleich« gütig lassen kann, wenn man von wachsender Aenderuug der Schuldsumme von wachsenden Zinsen, aber nichts von einem kleinen Schuldentilgungsversuch hört. Die Beiträge welch« die deutschen Bundesstaaten zur Reichskasse zahlten wurden bisher von den Summen überwogen, welche ih nen au» der Reichskasje herauSgezahlt wurden. Jetzt sind wir auf dem Standpunkte angetangt, aus welchem da» um- gekehrtr »er Fall zu sein beginnt. Die gesamte Finanz lage de» deutschen Reiche« lehrt zweierlei : einmal, daß wir sehr fleißige Sparer sein müssen, und dann, daß wir keine neuen Ausgaben mehr machen dürsen, ohne vorher tasür gesorgt zu haben, . daß Geld zur Deckung dieser Ausgaben vorhanden ist, Unter den mißlichen Zeitverhälinisfen lei det naturgemäß das GeschästSIeben erheblich und die stärk sten Silagen ertönen aus den weniger kapitalkräftigen Krei sen de» Handwerks und der kleinen Gewerbetreibenden. Der Reichstag hat ein« ganze Reihe von Sitzungen der Erörterung der einschlägigen Verhältnisse gewidmet, und cS ist zu mancher sehr bestimmten Rede und Widerrede ge- fNachdruck verboten.) JeuMeton. Die Armen der Millionenstadt. Ein Berliner Roman aus der Gegenwart von M. Palsh. (Fortsetzung.) Mit einem zerstreuten Lache n entzündete er die Weiß- glühflawmr unter einer Platinaschale und starrte verloren in da» befremdliche, heiße Licht. Wieder legannen seine Gedanken zu wandern. Ein verwirrender Dunst stieg von der Schale aus und vertheilte sich grauschimmernd In dem »eiten Gemach; die Gläser und Retorten, die zinnernen Batterien auf dem Reposilorium begannen vor seinen Augen zu schwanken, in dem Nebel, der sie verhüllte, — immer heißer, betäubender quoll ter Dunst um ihn her. Da, — «ar e« eine Spielerei seiner erregten Sinne, -- »ar e» «in Hcxenwerk, daß ihn mitten unter den zückenden Lichtern seiner Zaubertüche zu äffen schien? Hatte er da» leise Oeffnen der Thür überhört, oder war «in Geist lautlos hcrcingrstiegen, um sei» Herz voll Todes« sehnsücht noch einmal mit der süße» Lockung der Welt zu versuchen? Bor ihm, dem Fenster gegenüber stand eine schlanke, biegsame Gestalt in langschleppendem Lrauerkleide, eine Gestalt, deren Liebreiz und Süße er einst mit unsagbarem Entzücken empsunden. Und jetzt warf die Erscheinung den schwarzen Schleier zurück und Jrma's weiße», schöne« Antlitz starrte ihn in rührendem Schmerze an. „Jrmal" stammelte et fassung-lo-, entsetzt über die ver ¬ kommen. Im Namen der verbündeten Regierungen hat der StaatS-Sekretär von Bötticher die Mitteilung gemacht, daß eine Reihe von Gesetzentwürsen zur Förderung des Handwerk» und de» kleinen Gewerbebetriebe» in der Aus arbeitung begnfsen sind, die dem Reichstage in absehbarer Zeit unterbreitet werden sollen. Daß hier möglichst eine Beschleunigung riutritt, ist sehr zu wünschen, denn die Ungeduld in den betreffenden Kreisen ist nicht eben ge ring. Die Reichsregierung plant Gesetzvorlage», über die Errichtung von Handwerkerkammern, welche einen Boden bilden sollen, aus welchem sich all« Hanbwerkerkreise ver einigen können. Weiter sollen Vorschriften erlassen wer den, welche die sogenannten AbzahlungSgeschäjte und die Wanderlager einer Neuregelung unterwerfen, und endlich soll da» Hausiergewcrve eine Einschränkung erfahren, welche »en zn Tage tretenden unsoliden Auswüchsen ein Ende macht. Wie die Stimmung in einzelnen Parteien vr« Reichstages, die bisher schon für den Erlaß von ZwangS- innungen und sür die Einführung de- Befähigungsnach weises sür Handwerker waren ist, kann man voraussehen, »aß rer Versuch gemacht werden wird, die von den ver bündeten Regierungen cinzubringenden Vorlagen mit schar fen Bestimmungen anzusüllen. Die sozialen und sittlichen Verhältnisse der Großstädte hatten die Reich»regierung ver anlaßt, den aus Anlaß de» Sensation-Prozesse» gegen das Ehepaar Heintze in Berlin auSgearbeiteten Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Rohheit n»m vnstwrAhtatv-wvwM-chm» Reichstage vorzulegen. Durch den Entwurf werde« dir einschlägigen Paragraphen de» Strafgesetzbuches erweitert und verschärft. Der Entwurf, welcher bei den liberalen Parteien des Hauses manche Ausstellung sand, ist aus der andern Seitr ttS Hause» im allgemeinen zustimmend be grüßt worden, und dürste mit einigen Abänderungen im Verlaufe der Session Gesetz werden. Der Ahlwardt-Pro- zeß und der konservative Parteitag in Berlin, aus wel chen die Aufnahme der Jubensrage in da« konservative Parteiprogramm beschlossen wurde, gaben dem Neichskanz- ler Anlaß zu kurzen, aber scharfen Bemerkungen. Der leitende Staatsmann erklärte di« Ahlwardtschen Behaup tungen nicht nur für falsch und auch die Löweschen Ge wehre für kricgSbrauchbar, er fügte auch hinzn, daß er ei nem demagog schen Austrrten des Antisemitismus nut den jenigen Mitteln, welche ihm daS Gesetz biete, in den Weg , inderung, die ihr junges Gesicht verwüstet hatte. I Die Gräfin trat zögernd aus «hn zu, da alhmet« er, sich besinnend, tief auf, löschte die weiße Flamme unter dem Tiegel und stieß mit rascher Bewegung die Fenster flügel zurück. Sommerlust strömte herein, draußen lag siegreich die Sonn« und da» unheilvolle, weiße Gewölk flatterte wie gejagt hinaus, Jetzt erst bemerkte er, wie verhüngntßvvll der weiße Qualm ihm hätte «erd«., können. Er begann zu schaudern, in dem Bewußtsein, daß die Pforte de» Tobe« sich vor ihm aufgethan gehabt, und die Sehnsucht nach dem Leben »achte qualvoll in ihm aus. Er riß die blasse Frau in seine Arme und wollte ihren Mund küssen, aber sie ran» sich schmerzersüllt und zit ternd los. »Nicht so I" sagte sie, und da» ganze Feuer ihrer Seele sammelte sich in den dunklen Augen, während über ihr« verblichenen Wangen Thränrn tropften, „nicht sk Um Gotteswillen, mache mir da» Herz nicht noch schwerer. Ich komme, um Abschied zu nehmen, Hans, — Abschied sür immer," setzte ft« leise hinzu. „Irma!" rief er entsetzt. Aber sie nickte nur müde mit de« Kopfe, und indem sie noch weiter vir ihm zurückwich, tastete sie sich mit nach rückwärts gewandten Händen zu dem Fenster und lehnt« da« schwarzumhüllt« Haupt traurig an da» hohe Fenster kreuz. Dann drgann st« zu reden, eintönig, schleppend, wie «ine Beicht« klang e« an sei« Ohr. „Ich lebte im Glanz an der Seite eine» ungeliebten Manne». Mein Leden hatte keinen Z»eck und kein Ziel. Statt der Liebe, die ich begraben mußt« und doch heiß begehrte, grtvann ich kalt« Pracht und Pflichten, di« da» Leben mir hohnlachend al» Ersatz rntgegenhielt. Ab« ich »ar und blfth-M, alle» Glanze allein. Da schenkt« Artz da« Schicksal eine« Erben; «in krank treten werde. Diese Erklärungen wurden vor allem auch um deswillen so lehr bemerkt, weil sie unter der av-drück» lichen Zustimmung de» Mornachen gesprochen wurde«. Dl« konfervative Parteileitung gab die Erklärung ab, »aß sie niemals demagogische Agitation getrieben habe, und nie mals auch Ivtche treiben werde. Rundweg ablehnend stellte sich rer Reichskanzler auch den Wünschen gegenüber wei che die Einführung der Doppelwährung im deutschen Reich« an Stelle der Goldwährung bezwecken. In dieser Bezie hung ist die ReichSrcgierung heute also noch ganz, dersel ben Ansicht, wie unter dem Fürsten Bismarck. Wie rin roter Faden zog sich durch alle Reichstag-Verhandlungen die Erörterung des wichtigsten Gesetze- der ganzen Ses sion, der neuen Militärvorlage. Es ist wohl keine Si tzung vergangen, in welcher dieser Gesetzentwurf nicht er wähnt wurde; aber über die Schwierigkeiten, welche hier obwalten, ist man bisher nicht hinau-gekommen. Die Rüstungen Frankreich- und Rußlands zwingen un» dazu, mehr zu lhun, sagt der, Reichskanzler, unsere Organisation genügt nicht mehr bei rer starken Ueberlegenhett der Nach barstaaten. Die Neusoroerungen an Menschen und Geld sind zn groß, al- das dafür rie Einführung der zweijäh rigen Dienstzeit einen Ersatz bilden könnten, so sagen dte Parteien im Reichstage. Für die Bewilligung de» Bier- telhunderts Millionen, welche die Durchsühruag der zwei jährigen Dienstzeit unter Beibehaltung der heutigen Fric- DwGstüRr kosten-»««, ist sofort eine Mehrheit im Par- lamrnt vorhanden, es fehlt auch nicht an Abgeordneten, welche noch zu etwas größeren Bewilligungen geneigt sind, aber die Äenehmiguug re- Ganzen, ist ausgeschlossen. Und an dem Ganzen, welche- der Reichskanzler al» not wendig sür die Sicherheit des Reiches bezeichnete, hat drr- selve bisher festgchaltcn. Ob da- in der Kommission ebenfalls geschehen wird, welcher die Vorlage nunmehr zur Spezialprüsnng überwiesen worden ist, da- wird sich erst un neuen Jahre Herausstellen. In den letzten Tagen ist auch wieder viel von einer nahen ReichStagS-Aufi-sung, Konflikt und Aehnlichem gesprochen worden. Noch ist e» nicht so weit, un» jeder Patriot wird auch den Wunsch hegen, daß es nicht so weit kommen möge. Da- »nrve die allgemeine Gejchästsjtockung, über welche Tausende kla gen, ganz raprs verfchärsen. — E» wird jetzt allgemein bestätigt, daß die bekann« licht», durchsichtiges Wesen, in einer Weinlaun« kalten Umarmungen abgerungen und gezeugt. Und hier fängt mein« Sünde, meine furchtbar« Sünde an l Ich liebte mein Kind nicht, mir graute vor ihm, ich entsetzt« mich vor dem Gedanken, welcher Entwürdigung e» sein sreudlose- Dasein verdankte, — und da- Kind siecht« hin unter der Last de- Widerwillen-, mit dem ich e» be trachtete. Und doch größer wurde meine Sünde dann, di« ich um des Scheinglückes einer vergoldeten Existenz willen beging. Erlasse mir das Bekenntmß dieser unheilvollen Thal. Da» Geheimniß derselben muß sür ewig in meinem Gewissen verschlossen bleiben. Aber ich brach damit da« edle, tapfer« Herz einer Mutter und säete Unheil und Tod, wohin ich kam. Deshalb nun und um eine» heiligen Vermächtnisse« willen habe ich mir gelobt: Ich kehre uml Ich will gut machen, wa« ich verschuldet habe, so viel ich kann, und meine schwerste Buße soll von jetzt ab sein, sreiwilltg auf meine Stellung der Welt zu verzichten, um derentwillen ich so viel Schuld gehäuft. Die Eitelkeit verführte mich, und darum wende ich allem Glanze den Rücken. Ich zithe mich von heute ab auf unsere Güter zurück und berühr« Berlin nicht mehr. Dort will ich eingezogrn leben, «einen Sohn in Treue und Einfachheit erziehen und »ersuchen, den Mässen, denen ich al» Herrin gesetzt bin, ein« recht« Herrin zu sein. Ich will Licht dorthin tragen, wo e» finster ist, den Fanati-mu» bekämpfen, Noth und Elend lindern wo ich kann. —" Sie hielt inne, schlug die Augen auf und sah ihn an. Ihr weiße» Gesicht strahlte in schmerzlich«! Begeisterung, sie hoffte, nach der Läuterung, zu der sie sich hindurchgr« rungen, auch in seinen Augen «inen Strahl de« Verständ nisse«, der Rührung entzündet zu haben.