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27. Jahrgang Der Reichstag ist aufgelöst Der Sitzungsbericht «teder «in« > erteil, jetzt da» Wort da»n rungverließen den Gaal. daß der Antrag auf Aufhebung gleich der Mißtrauensantrag g,^. , ... 513 gegm 32 Stimmen bei 50 Enthaltungen angenommen „Mit Hindenburg — Reichsoarlament — « Verordnung und Mibtranenruutriigr trotz AuMung — und liir Deutschland!" Mit diesen Worten schloß der Kanzler von Papen seine gestrig« Rede, di« «inen Tag von größter innenpolitischer Bedeutung abschloß. Berlin, ir. September. Die Tribünen, auch die Diplom»« tenlog«, sind bi« auf d«n letzten Platz besetzt. Am Tisch der Reichs« rat-bevollmächtigten sitzt an der ersten Stelle, wie früher, der durch den Reich-kommissar seine, Amte- enthobene preußische Ministerialdirektor Dr. Badt. Die Mitglieder de- Reichskabinett, sind vollzählig erschienen. Don den nationalsozialistischen Abz«- ordneten haben diesmal nur wenige Parteiuniform angelegt. Reichstagspräsident Goering eröffnet um 3 Uhr die Sitzung und verkündet das bereits mitgeteilte Ergebnis der Schriftführer« wähl. Cs sind unter den Schriftführern dieses Reichstages keine Sozialdemokraten und keine Kommunisten. Der Präsident teilt dann weiter mit, daß anstelle des ausgeschiedenen Abgeordneten Losie (Natsoz.) der Abg. Backhaus (Natsoz.) getreten ist. Gr gibt dann di« Konstituierung der Reichstagsausschüsie bekannt. Zur Geschäftsordnung begründet Abg. Torgler (Komm.) eine Aenderung der Tagesordnung. Seit der letzten Sitzung sei jene Notverordnung erschienen, die die Arbeiterschaft zugunsten der Be sitzenden in schlimmster Weise belaste. Das Schicksal der Arbeiter klasse dürfe nicht abhängig gemacht werden von den Verhand lungen über da, Schicksal de, R«ich,tage,. Früher hätten die Nationalsozialisten so etwa, „Kuhhandel" genannt, von de« Kam- muniste» werde daher beantragt, auf di« Tage,ordnung -u setzen den Antrag auf Aufhebung der Notverordnung und den Miß« trauensantrag gegen die Reich-regierung Sollte wie zu «war« .en, diesem Anträge widersprochen werden, so beantragten die Kam« munisten sofortige Anberaumung einer neuen Sitzung für Abg. Löbe (Soz.) beantragt dann al» zweiten Punkt auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung den sozialdemakiatischen An- traa auf Aufhebung der Notverordnung zu setzen. G- sei ja sicher, da? der deutschnationale Fraktion-führer dem kommunistischen «idersvrechen werde. Präsident Goering richtet nun an ?as Äu"di! Fwg-, ob dem kommunistischen Antrag widersprochen "" Don keiner Seite kommt Widerspruch. Dies« überrasche^« m.n^na wird mit Bewegung und Heiterkeit ausgenommen, denn ^E wäre die s-fo^ <iber Notverordnung und «n«, »I» ml, ».» d.r Nationalsozialist«« und d«, Zentrum» angenommen. genommen hat, erscheint Reichskanzler von Papen und zeigt osten« tativ ein« rote Aktenmappe, da» Wahrzeichen.der Reichstagsauf lösung von früheren Jahren. Die Kommunisten machen ent sprechende Zurufe. Reichstag-Präsident . Goering eröffnet die Sitzung mit der Erklärung: Nachdem sich vorhin kein Widerspruch gegen den kommunistischen Antrag erhoben hat, kommen wir jetzig zur gemeinsamen n^nentlichen Abstimmung über den Antrag Torg. - ler auf Aufhebung der Notverordnung und über das Mißtrauens- votum gegen die Regierung. Reichskanzler von Papen erhebt die Hand, um sich zum Wort zu melden. Reichstag-Präsident Goering sagt mit einer abwehrenden Handbewegung: „Wir sind bereit» in der Abstimmung. Während der Abstimmung kann ich da» Wort nicht erteilen." Bon den Na- tionalsozialistc-k und der Linken wird dies« Erklärung mit großer Heiterkeit und l,ustimmungskund«-bungen begrüßt. Reichskanzler von Papen geht darauf zum Präsidententlsch und legt dort «in Schriftstück nieder, offenbar di« Auflösungsorder de» Neichsprästdenten. Reichstag-Präsident «oering schiebt diese» Schriftstück zurück und erklärt: „Wir führ«« jetzt «rst di« Abstimmung durch. Wir waren bereit, in der Abstimmung und bevor sie durchgeführt ist, kann ich nichts andere» machen." Unter großer Bewegung wird hierauf di« namentliche Ab. stimmung durchgeführt. Die Kommunisten rufen: „Nieder mit der Hungerregierung". Die Regierung-Mitglieder verlassen unter höhnischen Zurufen der Kommunisten den Saal. Bet der namentlichen iMmmung geben die Deutschnationalen rote Nein-Stimmen ab. Reichstags- Präsident Goering verkündet das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Mißtrauensantrag und über die Aufhebung der Notver ordnung. E» sind abgegeben worden: 580 Karten, 80 Abgeord nete haben sich der Stimme enthalten, W Karten lauteten mit Nein, 813 üben mit Ja gestimmt. Der Mihtr<mensantrag und der Antrag auf Aufhebung der Notverordnung sind damit angenom« und Oraler Lab«n sich zur Geschäftsordnung gsnwldet. Ich L^s w°u Vnicht. Nachdem Ler.it. di. «Lsttm- erklärte Präsident Goering, während der Abstimmung könne er da« Wort nicht erteilen. Nun öffnete der Reichskanzler den roten Deckel und legte die Auflösungsorder auf den Präfidententisch. Präsident Goering schob sie weg mit der Bemerkung, während der Abstimmung könne er sich mit anderen Dingen nicht beschäftigen. Im Saale wußte man natürlich genau, was gespielt wurde, die Vertreter der schärfsten Opposition riefen höhnisch zum Regierungstisch, der Reichskanzler sei zu spät gekommen, sein Ueberrumpe- lungSversuch sei vereitelt. Die Mitglieder der ReichSregie- rung verließen den Gaal. Als Ergebnis der Abstimmung stellte der Präsident fest, daß der Antrag auf Aufhebung der Notverordnung und zu. gleich der Mißtrauensantrag gegen das Reichskabinett mit 513 gegm 32 Stimmen bei 50 Enthaltungen angenommen sei. Die Berorvmmo der Reichspräsidenten öder die AuMung der Reichstages hat folgenden Wortlaut: „Auf Grund de« Artikel« 25 der R«ich«verfafsung löse ich den Reichstag auf, weil die Gefahr besteht, daß der Reichstag die bung meiner Notverordnung vom 4. September d«. I«. verlangt. Berlin, de« 12. September 1982. Der Reichspräsident gez. von Hindenburg. Der Reichskanzler gez. von Papm. Der ReichSmintster des Innern gez. Freih. von Gayl." mung begonnen hatte, hat der Herr Reichskanzler um da» Wort ersucht, nach der Abstimmung hätte ich ihm der ^Verfassung gemäß das Wort erteilt. Während der Abstimmung war da» nicht mög lich. Während der Abstimmung hat er mir eine Auflösungsorder de» Herrn Reichspräsidenten überreicht, ein Schreiben, da» nun, da es gegengezeichnet ist vom Herrn Neichsprästdenten und den Mitgliedern einer Regierung, die durch die Annahme der Mißtrauensanträge als gestürzt zu bezeichnen ist, hinfällig geworden ist. (Stürmischer Beifall bei den Nationalsozialisten.) Der Reichstag-Präsident verliest dann die Auflistungsorder und erklärt dazu noch einmal, daß eine solch« Auflösungsorder nicht rechtsgültig sein kann, wenn sie gegengr. zeichnet sei von ein«r Regierung, d«r die überwältigende Mehrheit der deutschen Volksvertretung das Vertrauen entzogen habe und hinter der im Deutschen Reichstag nur 3L Abgeordnete stehen. Gr werde dem Reichspräsidenten von dieser Tatsache Mitteilung machen und ihn bitten, unter diesen Umständen seine Auflösungs order zurückzuziehen. Die Auflösungsorder komme nicht über raschend. Schon beim Empfang des Reichstagspräsidiums habe der deutschnationale Vizepräsident Graef-Thüringen dem Reichspräsi denten erklärt, daß seine Freunde gegen das parlamentarische Regiment seien. Im Gegensatz zu dieser Erklärung wolle er, Netchstagspräsident Goering, streng nach der Verfassung weiterarbetten und die Rechte der deutschen Bolk»ver« tretung wahren. (Stürmischer Beifall bei den Nationalsozia listen). Der Reichstag-Präsident schlägt dann vor, morgen eine weitere Sitzung abzuhalte« mit einer Tagesordnung, die vom Aeltestenrat bestimmt werden soll. Der Aeltestenrat des Reichstages abgesagt Berltn, 12. Sept. Wie das Nachrichtenbureau bei» Vereins Deutscher Zeitungsverleger meldet, kam die von ReichStagspräsident Goering am Schluß der Reichstags- sitzung an gekündigte Sitzung des AoltestenrateS, die bald nach dem Plenum stattfinden sollte, nicht zustande. Im Beratungszimmer des AeltestenrateS hatten sich neben dem Direktor beim Reichstage nur dis kommunistischen Vertreter und der der bayerisechn VolkSpartei angchörende Vizepräsi dent Rauch eingefunden. Keine weitere Sitzung Neue Niederlage GoeringS Berlin, 12. Sept. Me das Nachrichtenbureau de« BDZ. ergänzend erfährt, fand nach der RvichStagSsttzung beim PMidenten Goering eine Aussprache -wischen den Abstimmung über die Rot- NI« «„r"' Mibersiaub gegen die Auslösung ausgegeben Sensatlonesier Sitznngsverlaus »«,w,« Berlin, 12. Sept. Die zweite Sivuna des neue,, die traditionelle Hülle für die Auf- Reichstages hat sich zu einem Ta? von geÄchtliche? Be! ReichStagspräsident erklärte kur.!, dcutuna gestaltet- Ihr Ergebnis ist ein VerfassunaSkonflikt !-»n!!^?i^^nung nach dem kommunistischen Antrag dessen Tragweite sich noch nicht übeMrmen läsit ' w und er erFffnete sofort die gemeinsame nament- anträge die Auflösungsorder des Reichspräsidenten ko.men würde. Zweifelhaft war nur, wie sich die Kampftakti» jwi- schen dem Reichskabinett und der ReichStagSmehrheii ent- Wickeln würde. Als bei Beginn der heutigen Sitzung der Kommunist Torgler eine Aenderung der Tagesordnung dahin verlangte, daß noch vor der Kanzlerrede über Not- Verordnung und Mißtrauensvotum abgestimmt werden sollte, glaubte lein Mensch, daß dieser Antrag durchgehen würde. ES genügt nämlich der Widerspruch eines einzigen Abgeordneten, um eine solche Um stellung der Tagesordnung zu vereiteln. Nach der Haltung der Deutschnationalen im Aeltestenrat wurde sicher mit den, Widerspruch dieser Partei gerechnet. Darum wirkte es als eine Sensation, als nach Mitteilung des kommunistischen Antrages durch den ReichStagSprästdenten von keiner Seite ein Widerspruch erfolgte. Auf national sozialistischen Antrag hin wurde die Sitzung sofort um eine halbe Stunde unterbrochen, weil die Reichstagsmehrheit zu der überraschend gekommenen neuen Situation Stellung nehmen wollte. Die Haltung der Deutschnationalen wurde dahin auSgelegt, daß man der Regierung die Möglichkeit schaffe« wollte, «och vor der jetzt auf der Tagesordnung stehenden Abstimmung, also auch vor der angekündigten Unterredung des Reichspräsidenten mit de« Vertretern der ReichStgaSmehrheit, den Reichstag aufzulöse«. ReichStagspräsident Goering hatte schon die Sitzung wieder eröffnet, als einige Sekunden später der Reichskanz ler im Saal erschien. Herr von Papen zeigte EM Anzeiger für -as Erzgebirge —' „ "Eiche« oekaaatmachuage« -es Rate» -ee Sta-t im- -es Amtsgerichts Nue . Nr. 216 b-rityrs/tue. P-M.ck.eont«: flmt Leipzig a«. 1— — Mittwoch» den 14. September 1932