Volltext Seite (XML)
81. Jahrgang Sonnabend, den 17. August 1S29 Nummer 1S1 Brian- macht leere Versprechungen Eineinbalbstündige Unterredung mit Stresemann über die Rheinland-Räumung Uebergabe der Viermächte-Note an Snowden. — Der Finanzausschuß der Haager Konferenz auf unbestimmte Zeit vertagt MW und sächsische Ängelegenhetlen Pnlsnitz. (Ferien ende.) Es ist noch immer dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen Auch der schönste Traum wird einmal zu Ende gekäumt, denn eine Herrlichkeit ohne Ende müßte sich in Langeweile verlausen, würde das Gefühl für das Außerordentliche ertöten. Gerade die zeitliche Beschränkung gibt den Ferien den Reiz einer Gelegenheit, die voll von Möglichkeiten war und die, innerhalb eines maßvoll gezogenen Rahmens, erschöpfend und vielseitig zu nutzen, ihren Wert ausmachte. Es wird in jedem Jahr daher das Gleiche sein: wenn die Ferien zu Ende gehen, bedauert man hunderterlei Versäumtes, hätte man dies oder jenes so oder anders cinrichten können. Als ob je:m Leben ein Beginnen mit mathematischer Genauig keit in der Werse endet, wie man es sich vielleicht mit vieler Schläue vorgestellt und errechnet hatte. Ferienende soll der Jugend die BegrenMeit der persönlichen Freiheit zum Be wußtsein bringen Das rst heute bestimmt nötiger als früher. Denn die weitgehenden Zugeständnisse, die eine allzunach- sichtiae Erziehung in Schule und Elternhaus dem Heran wachsenden Geschlecht macht, muß sich einmal bitter rächen, wenn das Leben in seiner ganzen Härte Anforderungen an die jungen Menschen stellt, denen sie größtenteils nicht ge wachsen sein können, weil sie nicht gelernt haben, sich ein- und unterzuordnen, weil sie eine Mäßigung, ein Zurückstellen persönlicher Wünsche kaum kennen, weil jeder sich als dec „Nabel der Welt» vorkommt. Das Ferienende soll in ge linder Form den Ernst des Lebens empfinden lassen. Nicht Sport und Spiel und Ungebundenheit an Zeit und Raum allein machen den Sinn des Daseins aus. Neue Aufgaben erwarten die Heimkehrer, deren Lösung jedermanns Kräfte an seinem Betätigungskieis erfordern. „Die goldenen Tage in Aranjuez sind nun zu Ende" und es heißt: frisch an die Arbeit! Die Erinnerung an die froh verlebten Tage mag den Uebergang versüßen. Pulsnitz (Der ärztliche Sonntagsdienst) wird am Sonntag, den 18. August, von Herrn Or. mell. Fuchs versehen. Pulsnitz. (Die Mütterberatung) findet am Dienstag, den 20. August, nachmittag 3—4 Uhr, im Rat hause — 1 Treppe — statt. Arzt wird anwesend sein. Pnlsnitz. (Brieftau ben-Aufstieg.) Wir weisen an dieser Stelle nochmals auf den morgen auf dem Schwe denstein stattfindenden großen Brieftaubenaufstieg hin. Lichtenberg. (Die höchste Auszeichnung), die der Sächsische Militärvereinsbund zu vergeben hat „Der Bundesbank", wurde dem.angjährigen Vorstands- und Eh renmitglied Kamerad Ernst Kaiser, Lichtenberg, in Anerken- Das Wichtigste Wie die Telegraphen Union erfährt, wird Reichskanzler Müller am kommenden Mittwoch die Heidelberger Klinik verlassen. Eine zweite Operation hat sich nicht als notwendig erwiesen. Zur Nachkur wird sich der Kanzler in ein Schwarzwaldsanatorium begeb-n. Er ist fast völlig wieder hergestellt und verfolgt die politischen Vor. gänge wieder mit größtem Interesse. Am Dienstag wird in Berlin eine LSnderkonferenz zusammentreten, um zu der Reform der Arbeitslosenversicherung noch einmal Stellung zu nehmen. Die Pariser Blätter bringen ausführliche Darstellungen des Startes des Luftschiffes „Graf Zeppelin" zur Weltreise. Der „Matin" und das Jounrat", der erste durch einen eigenen Vertreter, werden ihre Leser ständig über die Einzelheiten des Fluge» auf dem laufenden halten. Der deutsche Dampfer „Bremen" hat am Donnerstag in Cherbourg 400 Paffagiere und eine Etlpostsendung, die auf dem Luftwege aus Köln eintraf, an Bord genommen. Für die neu zu besetzenden Richlersitze im Haager SchtedSgerichtShof hatten sich nicht weniger als 30 Kandidaten gemeldet, die für die verstorbenen Richter M. A. Weih und Lord Finlay aus der nächsten Völkerbundsversammlung gewählt werden müssen. I" der engen Wahl erhielten Cecil Hurst 21 und M. Fromagcot 20 Stimmen. In der Nacht zum Freitag ging über Tirol ein schweres Unwetter nieder, das großen Schaden anrichtete Die Autostraßen durch das Oberinntal und zum Arlbergpaß wurden durch einen großen Erd rutsch in der Nähe von Imst verschüttet, sodaß sie für den Verkehr gesperrt werden mutzten. In Seefeld schlug der Blitz in rin Bauernhaus und tötete 10 Kühe. Da« englische Luftschiff K 100, das gegenwärtig in der Luftschiffstation Howden aufgrfüllt wird, wird im nächsten Monat seine Probeflüge aufnehmen. China notifiziert den Beginn der Feindseligkeiten durch Rußland. „H"ag. Die Finanzsachverständigen der vier Mächte ya^n sich Freitag vormittag wieder zusammengesetzt, um noch ernmal zum allerletzten Mal das Aeußerste, das Aller äußerste zu versuchen. Bei dieser neuerlichen Betrachtung des Doung-Planes ist man zu Operationen gekommen, die erlauben, dem englischen Schatzkanzler etwa 8V Prozent seiner Forderungen, die auf 48 Millionen Mark jährlich sich belaufen, anzubieten. Außerdem hat man ihm das Prä sidium der Internationalen Reparationsbank angeboten und ist geneigt, zuzustlmmen, daß der Sitz dieser Bank London l«n wirb. Es ist anzunehme«, daß Snowden diese Vor- schlage, wenn sie wirklich durch Zahlen von Wert ihm über- geben werden, nicht mehr ohne weiteres zurückweisen kann. Ministerpräsident Briand hat um "11)4 Uhr in Be- gleitung von Professor Hesnard Or. Stresemann be sucht und hat 1^ Stunden über die schwebenden Fragen der Rheinlandräumung konferiert. Er hat auch die Frage an geschnitten, wie man eine Unterbrechung der Konferenz vornehmen könne, ohne daß die Folgen solcher Unterbrechung auf den europäischen Wirtschaftsmürkten sehr starke Folge rungen verursachen würden. Briand hat mitgeteilt,, daß der Termin für die Räumung sowohl der zweiten wie der dritten Zone „baldmöglichst" bekanntgegeben würde. Baldmöglichst heißt natürlich, daß Briand wiederum sein Versprechen brechen will und die Termine nicht am Sonnabend bekannt gibt, wie verabredet war. Er soll leere Versprechungen über die schnelle Räumung der zweiten Zone dabei gemacht haben. Dies hat nichts zu bedeuten, da der Räumungstermin dieser zweiten Zone sowieso spätestens Anfang Januar sein muß. Ueber die Frage der Rheinlandkommission ist nichts Be stimmtes verabredet worden. Frankreich bleibi am Mein. „Keinen Deut preisgeben!" Paris. Die Hoffnung auf eine Einigung zwischen dem englischen Standpunkt und der Mehrheit der anderen Kon- ferenzteilnehmer beginnt in der französischen Presse zu schwinden. Falls nicht im letzten Augenblick etwas Un erwartetes eintrete, schreibt die „Libertö", sei der Ab bruch der Konferenz unvermeidlich. Auch die gemäßigten französischen Blätter, die bisher die Möglichkeit eines französischen Nachgebcns durchblicken ließen, sind ver stummt. Snowden wird alle Schuld für den gefürchteten Ab bruch aufgeladen und immer wieder betont, daß Frankreich, Belgien und Italien sich gegenseitig verpflichtet hätten, keinen Deut ihrer Forderungen preiszugeben. „Was werden nun die Folgen des Scheiterns der Kon ferenz sein? Briand braucht ja nicht mehr zu sagen, wann die Räumung beginnen könne. Die englische Regierung werde ihre Truppen sicherlich aus dem Rheinland abberufen, und was Belgien tun werde, sei zum mindesten zweifelhaft. Frankreich werde also allein am Rhein bleiben. Die Deutschen seien gewiß ob dieses so häßlichen und un erwarteten Streites geradezu bestürzt, aber sie sollten sich sagen, daß der Versailler Vertrag in Zukunft noch schwäch licher verteidigt werden würde als in der Vergangenheit." Henderson überOeuischland verstimmt Haag. Von englischer Seite wird gegenwärtig auf die scharfe Haltung hingewiescn, die zum Teil die deutsche Presse gegenüber dem englischen Außenminister Henderson in den letzten Tagen eingenommen habe. Henderson habe die Ausführungen der deutschen Presse vielfach gerügt, und zwar mit dem Hinweis, daß gerade England in allererster Linie mit allen Kräften für die deutsche Auffassung in der Räu mungsfrage eingetreten sei. Hierzu muß gesagt werden, daß die Angriffe der deut schen Presse gegen den englischen Außenminister sich haupt sächlich auf die englische Forderung gründeten, Deutschland möge bei der endgültigen Rheinland räumung auf die Ansprüche wegen der Bcsatzungs- schäden verzichten. Es kann darauf hingewiesen werden, daOvon deutscher Seite bisher keinerlei Verpflichtungen in dieser Hinsicht ein- aeaanaen worden sind. Solange nicht das endgültige Datum der Räumung feststeht, kann diese Frage nicht endgültig ent- schieden werden. . - Uebergabe der Biermächte-Note an Snowden Englands Antwort entscheidet das Schicksal der Konferenz Haag, 16. August. Im Lause des Freitag Nachmittag ist der englischen Abordnung die Note der vier Mächte Frankreich, Belgien, Italien und Japan überreicht worden, die die finanziellen Vorschläge dieser vier Mächte zu den englischen Forderungen enthält. Eine eng lische Antwort wird im Lauf« des Abend» erwartet. Der belgische Ministerpräsident Jaspar war im Laufe de» TageS zweimal bei Snowden. Die Note der vier Mächte soll im wesentlichen auf den Vorschlag hinaurlauien, endlich die englischen Sachverständigen und die der vier übrigen Mächte zusammenzurusen, die dann praktische Vorschläge für eine Einigung ausarbeiten sollen. Der Vorschlag der vier Mächte soll ferner grundsätzlich den Spaschlüffel in Höhe von 22 v. H. für den englischen Anteil an den deutschen Tributzahlungen an erkennen. Eine Entscheidung, ob die für Sonnabend einberufene Sitzung de» Finanzausschußes stattfinden oder vertagt werden wird, hängt jetzt von der englischen Antwort ab. Sollte die englische Dele gation die ihr überreichte Note der vier Mächte ablehnen, so dürften kaum Aussichten für eine Wetterführung der Konferenz bestehen. Im anderen Fall würde voraussichtlich der Finanzausschuß auf die nächste Woche vertagt werden. Der Finanzausschutz der Haager Kon ferenz auf unbestimmte Feit vertagt Snowdens Antwort auf die V i e r m ä ch te - N o t e ab. lehnend — Noch kein Konferenzabbruch Haag, 16. August. Die für Sonnabend einberufene Sitzung des Finanzausschußes der Konferenz ist im Hinblick aus die zur Zeit noch völlige Ungeklärtheit der Lage auf unbekannte Zeit vertagt worden. Es ist dem Präsidenten des Ausschusses, dem belgischen Finanzminister Houtard, überlassen worden, den Ausschuß zu einem gegebenen Zeit punkt wieder zusammen zu berufen. Die Verhandlungen über die finanziellen Vorschläge der Vier» mächte-Note mit England gehen sitzt weiter. Ein Abbruch der Kon ferenz hat somit nicht stattgefunden. Im Mittelpunkt der Ausein andersetzung zwischen Englons und den vier Mächten steht die englische Forderung, auf Grund des Spaschlüffels unt 22 v. H. an dem unge schützten Teil der deutschen Tributzahlungen beteiligt zu werden. In dieser Frage sind verschiedene Vorschläge bereits neu ausgetaucht, die jedoch noch keinerlei konkrete Formen angenommen haben. Es zeigte sich jedenfalls am Freitag abend auf allen Seiten der dringende Wunsch, einen Abbruch der Konferenz unter allen Umständen zu vermeiden, da die Folgen allgemein als untragbar bezeichnet werden. — Nach Auf. fassung der deutschen Abordnung würde die unmittelbare Folge eines Zusammenbruches der finanziellen Verhandlungen zunächst in der Tar- fache liegen, daß der Dawesplan unverändert in Kraft bleibt. Welche Schritte Deutschland dann ergreifen müßte, bleibt den dann eintreten den Beratungen Vorbehalten. Trotz Zusicherung der Alliierten noch keine Bekanntgabe des Räumungstermins 16- August. Die für Sonnabend vorgesehene Bekannt, gäbe de» Räumungstermins der drei B-satzungsmächte England, Frank, reich und Belgien ist zunächst auf Montag verschoben worden. Für ^°nt°g ist eme neue Vier-Minister.B-sprechung von Deutschland, England, Frankreich und Belgien für die Räumungstermine vorgesehen. In Maßgebenden Kreisen der Konferenz meint man, daß die endgültige Entscheidung über die politischen Fragen erst während der September. Versammlung des Völkerbundes in G-nf erfolgen wird. In der Freitagbesprechung zwischen Briand und Stresemann ist wieder die Saarfrage behandelt worden. Sachliche Ergebnisse liegen noch nicht vor, jedoch rechnet man auf deutscher Seite mit einem Fort gang der unmittelbaren Saarvcrhandlungen zwischen Deutschland und Frankreich. — Von engisicher Seite ist in der Freitag-Unterredung zwischen Stresemann und Henderson von neuem betont worden, daß England keineswegs die Absicht habe, an Deutschland die Forderung zu richten, nach Inkrafttreten des JoungplaneS die direkten Besetzung«. kosten zu tragen. Der von englischer Seite bekanntgegebene Wunsch, Deutschland möge im Falle einer sofortigen und endgültigen Räumung eine Geste tun, soll sich, wie versichert wird, ausschließlich auf Deutsch lands Ansprüche aus den Besctzungsschäden beziehen, über deren Höhe und Verrechnung zur Zeit voch keinerlei Klarheit in steht. Oberfinanzrai Bang über den Panse« Plan. Berlin. Obevfimmzrat Or. Bang, M. d. R., hielt auf der Kundgebung des „Bundes für Nationalwirtschaft und Werksgemeinschaft" eine Rede über den Pariser Tribut-Plan und führte u. a. folgendes aus: Der Pariser Tribut-Plan bedeutet den Schlußakt einer folgerichtig durchgeführten Politik der Selbstpreisgabe. Seine Annahme würde das bringen, was man mit den bisherigen Metkwden vermeiden wollte: die Wirtschaftskrise PulsnitzerLayeblait Bank-Konten: Pulsnitzer Bank, Pulsnitz und TDD TUTT Commerz« und Prevat-Bank, Zweigstelle Pulsnitz Fernsprecher 18. Tel.-Adr.: Tageblatt Pulsnitz Postscheck-Konto Dresden 2138. Giro-Konto 1t« - „ __ a« j«»«« Werktag - - - Im Falle höherer Gen alt, Kriek, Streik oder sonstiger irgend welcher Störung de« Betriebes der Z" ung odir der BeförderungSetnrichtunge e, hat d« Bezieher leinen Ani uch »nf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rück zahlung des -czuzspreiseS. — Wöchentlich 0.65 NM bei freier Zustellung! bei Abholung »Schenclich 0.55 RM; durch die Post monatlich 2.60 RM freibleibend Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der GemeinderLte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt -auptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften de» Pul-nitzer «mtSgerichtSbezirk»: Pulsnitz, Pulsnitz M. T-, Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, ArtederSdorf, Thiemendorf, Mttelbvch, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-DittmannSdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, «lbertstrvße Nr. 2 Druck und »erlag von G. L. Förster» Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Anzetgen-Grundzahlen in F?/; Die 41 mm breite Zeile (Moffe'S Zeilenmeffer 14) 1 mm Höhe 10 H/, in der Amtshauptmannschaft Kamenz 8 ^/; amtlich 1 mm 30 FH/ und 24 FH/; Reklame 25 FH/. Tabellarischer Satz 50°/, Aufschlag. — Bet zwangsweiser Einziehung der Anzeigengebühren durch Klage oder in Konkursfällen gelangt der voll« Rechnungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung. Bis l/,10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme