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Wochenblatt für für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Rr. 87. 1881. Dienstag, den 23. August Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag. AbonnementSprei» vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Znseratenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag) AbvnnementspreiS vierteljährlich 1 Mark. Line einzelne Nummer kästet 10 Pf. Inseraten,nnahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. für die Königl. Amtshauptmunnschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht nnd den Stadtrath zu Wilsdruff Einun-vierzigster Jahrgang. Bekanntmachung. Sonnabend, den 27. August dss. Js, Bormittags S Uhr, findet im hiesigen Verhandlungssaale öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses Statt. Die Tagesordnung ist aus dem Anschläge in hiesiger Hausflur zu ersehen. Meißen, am 18. August 1881. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Bosse. Von dem unterzeichneten Königl. Amtsgericht soll den 13. Dctober 1881 das dem Schmiedemcister Eduard Hermann Mosch in Munzig zugehörige Haus« und Gartengrundstück Nr. 38 des Katasters, Nr. 35 des Grund- und Hypothekenbuches für Munzig, welches Grundstück am 25. Juni 1881 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 3045 Mark -- gewürdert worden ist, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden An schlag hierdurch bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 28. Juni 1881. Königl. Amtsgericht daselbst. vr. Gangloff. Nenner, Rfdr. Tngesgeschichte. Wahrend alle anderen politischen Parteien in Preußen sich für die Wahlkampagne rüsten, herrscht dort auch innerhalb der natio- nalliberalen noch vollständige Ruhe. Herr v. Bennigsen weilt in der Schweiz nnd läßt die Dinge an sich herankommen. Herr von Bennigsen denkt noch keineswegs daran, das Tischtuch zwischen seiner Partei und dem Reichskanzler zu zerschneiden, und es muß konstatirt werden, daß die gesummte offiziöse Presse ihn und seinen Anhang bis jetzt nicht molestirt, sonder» nur denjenigen Theil der Partei angegriffen hat, welcher sich mehr den Sezessionisten znneigt. Die NationalUberalen verhalten sich ruhig und greifen wenig in die Agitation ein; sie wissen übrigens, daß sie bei den Wahlen eine nicht unerhebliche Zahl ein- büßen werden. Was jetzt vielfach als uationalliberal bei den Wahlen bezeichnet wird, kann mehr zn den Freikonservativen gezählt werden; in der nationalliberulen Partei sitzen zahlreiche Anhänger der Schutz zollpolitik des Kanzlers, und deshalb hat man auch in dem letzten Manifest die Frage, ob Freihandel oder Schutzzoll, vollständig offen gelassen. Es wird übrigens nach Verkündigung des Wahltermins noch eine Ansprache der Nationallibcralen an die Wähler erwartet. Die jüngste Zeit hat uns sowohl aus dem Munde der Provinzial- Korrefpondenz wie auch von anderer Seite her recht schützenswerthe Aufklärungen über das sozialpolitische Programm des Reichs kanzlers gebracht. Das offiziöse Blatt stellt die Hauptgrundzüge dieses Programms zusammen: Nationale Wiedergeburt und innere Erstar kung Deutschlands auf gesunden wirthschaftlichen Grundlagen, wirth- schaftliche Unabhängigkeit Dculschlands vom Anslaude, Stärkung der Finanzkraft des Deiches durch gerechtere Vertheilung der Steuern, Ausbildung des Systems der indirekten Steuern, Befreiung der Ge meinden von einem wesentlichen Theile der öffentlichen Schul- und Armenpflege und anderer Lasten, Hebung der landwirthschaftlichen und industriellen Gew.rbe u. s. w. Anch über die Mittel und Wege zur Durchführung dieser Reformen haben wir eine Andeutung durch die Auslassungen des Professors Wagner in seiner Elberfelder Wahlrede erhallen, wonach Fürst Bismarck fest entschlossen ist, das Tabaksmo- uopol zu schassen, um aus dessen Erträgen vor Allem die Arbeiter- Versicherung durchzusühren, da das Tabak'smvnopol zu den L eblings- projeklcn des Reichskanzlers gehört, so ist nicht zu zweifeln, daß der selbe mit bekannter Energie au die Durchführung dieses Projektes gehen wird. Wie berichtet^wird, soll zu den Vorlagen, welche dem Reichstage in der nächsten Session zngehen werden, ein bereits ausgearbeiteter Gesetzentwurf, betreffend die Revision des Titels ltl, der Gewerbe ordnung über den Gewerbebetrieb im llmherziehen, gehören. Bekannt lich ist durch die Gewerbeordnung vom 21. Januar 1869 im Interesse der gewerblichen Freizügigkeit nnd der Gewerbefreiheit überhaupt ein großer Theil der früheren Polizeilichen Beschränkungen des Hansir- hätidels gefallen. Einzelheiten über den Gesetzentwurf sind noch nicht bekannt geworden. Karlsruhe, 20. August. Die „Karlsruher Zeitung" veröffent licht eine Erklärung der Regierung, dementirend die Gerüchte über eine Erhebung Badens zum Königreich. Solche Absichten seien weder ge schäftlich noch persönlich zur Sprache gebracht und den Wünschen und Urberzeugnngen des Landesherr», sowie der Regierung durchaus zu wider. Die Anschauungen, welche Karl Friedrich bei der Ablehnung der Königskronc einst leiteten, habe heute noch Großherzvg Friedrich als weises Vermächtuiß bewahrt. Metz, 15. August. Einer langjährigen Gepflogenheit gemäß, wurde gestern seitens des hiesigen deutschen Turnvereins eine Wan derung nach den Schlachtfeldern des 16. und 18. August unter nommen, bei welcher Gelegenheit die Gräber und Denkmäler der Ge fallenen mit Blumen und Kränzen geschmückt würden; auch von außer halb waren, wie alljährlich, zahlreiche Blumenspenden von Angehörigen bei dem Turnverein mit der Bitte cingegangen, dieselben an den Gräbern »iederzulegen. Der Besuch wurde auf die Schlachtfelder vvn Gravelotte, St. Privat nnd Vionville ansgedehnt, während nach dem Schlachtfeld von Colomby-Noisseville eine besondere Abtheilung des Vereins depulirt wurde. Eine große Anzahl von Gräbern fand sich bereits durch die Kriegergräberwärter geschmückt vor, und boten die zahllosen blumengeschmückten Heldengrüber einen wehmüthig-freund- licheu Anblick dar. Den Hiuterbliebeucu der Gefallenen im alten Vateriande kann man jedenfalls die beruhigende Zusicherung geben, daß für die Gräber in pietätvollster Weise von allen Seiten gesorgt worden ist. Nach einem Privat-Tclegramm des Berliner Tageblattes hat die am 17. ds. zu Dortmund staltgefuudeue Generalversammlung des deutschen Gustav-Adolf-Vereins dem Gustav Adolf-Hauptverein in Wien 80,000 Mark zur Säkularfeier der Toleranz-Edikte in Oester reich überwiesen, um in Wien eine Pensions-Anstalt für evangelische Lehrer und Prediger und deren Hinterbliebenen ins Leben zu rufen. Der Brand des czechischen Nationaltheaters in Prag hat die Gemüther der Czecheu tief erschüttert. Sie sind gerührt von der ihnen Seitens der Deutschen bezeigten Theilnahme und wünschen, daß das Unglück die beiderseitige Annäherung fördern möge. Vielleicht, sagt eines der czechischen Blätter, war dieser betäubende Schlag noth wendig, damit unter den beiden nationalen Stämmen, welche dieses schöne Vaterland bewohnen, die Brüderlichkeit und Herzlichkeit wieder zur Herrschaft gelange. Vielleicht gelingt es, auf dieser menschlichen Grundlage zu einer Verständigung zu gelangen, die man durch das Politische Parteicnweseu bisher nicht erreichen konnte. Wird diese Ver- stäudignng zur That, dann wird sie nicht allzu theuer mit der Million erkauft werden, die bei dem Brande zu Grunde ging. Hoffentlich ist diese Stimmung von Dauer. In italienischen Blättern taucht immer wieder das Gerücht aus, daß König Humbert dem Kaiser von Oesterreich demnächst einen Besuch abstalten werde. Der in Verona erscheinende „Adige" bringt die Nachricht, daß die Begegnung zwischen beiden Monarchen in Salz burg stattfinden würde, während die „Gazetta Piemontese" in Turin von einem Besuche des „Hofes von Wien" spricht, dem sich, ein Besuch des „Hofes von Berlin" anschließen würde. Bis jetzt ist aber weder von den offiziellen Kreisen in Rom noch von denen in Wien einer der artigen Bewegung ernsthafte Erwähnung gethan worden und es scheint die Zusammenkunft der Herrscher Oesterreichs und Italiens daher nur ein Lieblingswunsch gewisser italienischer Kreise zu sein. Aus Rußland Greuel über Greuel! Anch im Westen des Reiches sind in neuester Zeit Städte und Orte niedergebrannt, die vorwiegend von Israeliten bewohn! waren, und zwar liegt hier, wie allgemein vermuthet wird, Brandstiftung vor. Abbrennen in Rußland ist aber gleichbedeutend mit der Vernichtung aller Existenzmittel. Bis Ende. Juni zählie man daselbst 16 theils größere, theils kleinere abgebrannte Städte, nämlich: Witebsk (23 000 Einw ), Bobrnisk (23 000), Slonim (20000), Mohilew (25000), Wolkowsk, Nowogrudek, Luptz, Setel, Haradisch, Neustadt-Schirwindt, Angnstowo, Ponuvies, Krakanowo, Chwodom, Podselwi, Radzk und mehrere kleinere Ortschaften. Bis jetzt ist eine ganze Anzahl neuer Brände vorgekommen, die beiden schrecklichsten von Allen zu Korez nnd Minsk. In Korez sind 1020 Häuser nud Läden abgebrannt, darunter die große Synagoge und .11 kleine Belhänser. Alles gerettete Gnl ist nachträglich von den Flammen erf'ßt nnd mitvei bräunt, 39 Menschen haben ihr Leben verloren, 5000 Menschen sind vollkommen brodlos, nenn Zehntel der Einwohner ohne Obdach. Noch schrecklicher sieht es in Minsk ans, welches mindestens dreimal so große Verluste erlitten hat. England und'Irland haben mit athemloser Spannung den Verlauf der Dinge beobachtet, ttvie er sich in den letzten Tagen im Parlament abgespielt hat und der zu einer Versöhnung der Gegen sätze zwischen dem Oberhaus und dem Unterhaus im Bunde mit der