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ÄcheMM für für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Einun-vierzigster Vahrgang. Erscheint wöchentlich 2 Mal DienSta g und Freitag.) AbonnementSpreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer k-stct 10 Ps. Jnseratenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Ersche nr wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag. Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 lli r. Nr. ü. Freitag, den 21. Januar 188!. Bekamttmachnng, das Begehen der Elbstrom - Eisdecke betr. Zu Vermeidung von Unglücksfüllen wird das Begehen der Eisdecke des Elbstroms, insoweit es nicht auf den abgesteckten Eisbahnen erfolgt, für hiesigen Eibstromamlsbezuk hiermit untersagt. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 20 Mark geahndet. Meißen, den 19. Januar 1881. Königliche Amtohauplnunmschaft als Elbstromamt. von Bosse. Bekanntmachung. Donnerstag, den 27. Januar 1881, Bormittags v Uhr findet im hiesigen Verhandlungssaale öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses statt. Die Tagesordnung ist aus dem Anschläge in hiesiger Hausflur zu ersehen. Meißen, am 19. Januar 1881. Königliche Amtshauptmaunschnft. von Bosse. Bekanntmachung, die städtischen Anlagen bett essend. Das für das Jahr 1881 aufgestellte Anlage-Catastcr der Stadt Wilsdruff liegt in hiesiger Stadtkämmerei zur Einsichtnahme für die bethciligten Anlagepflichtigen aus und sind etwaige Reclamationen gegen die darin ausgcworfenen Beträge binnen 14 Tagen, vom 22. dieses Monats an gerechnet, bet dem unterzeichneten Stadtgemeinderathe anzubringcn. Gleichzeitig machen wir darauf aufmerksam, daß Reclamationen gegen die Hohe der im gedachten Cataster angesetzten Anlagebcträge richt die Wirkung eines Aufschubes der Bezahlung derselben haben können. Wilsdruff, am 18. Januar 1881. Der Stadtgememderatb. Ficker, Brgmstr. Ucber eine Personalstatistik der Verbrecher wird der „Gerichtszeitung" Folgendes geschrieben: Die sittlichen Zustände in einem Volke sind immer das Resultat der wirlhschaftlichen und politischen Verhältnisse des Landes. Wenn auch im einzelnen Falle die persönliche Sittlichkeit oder Sittenlosigkeit einer individuellen Eigendispvsilivn entspringen kann, die Moral der großen Masse wird durch die äußeren Lebensverhältnisse bedingt und die Erkrankungen in der allgemeinen Moralität weisen darum stets auch auf ungesunde soziale Zustände des Landes hin. Es ist darum vollkommen verk-hrt, einzelne, in stärkerem Maße und in größerer Allgemeinheit auftretende sittliche Gebrechen abgesondert von der Be handlung des ganzen Soziallörpers heilen zu Wochen; der Heilverjuch muß stets damit beginnen, die Gesellschaft-Verfassung zu untersuchen, um in ihren Mängeln die ersten Quellen der sittlichen Uebel aujfinden und nach Möglichkeit verschließen zu können. — In jüngster Zeit hat man das vielfach mißachtet, indem man, erschreckt über den Umfang und die Stärke eines gewissen Niederganges der Volkssitllichkeit, die exekutiven Elemente des Staatswesens, Polizei und Gerichte, als Aerzte bei einer Moralkrankheit anrief, die in Wahrheit nur auf dem Wege der inneren Gesundung unseres zerrütteten Wirthschasts- und Staats körpers gehellt werden kann. Die Höhe der Strafe, die Thätigkeit der Polizei mag noch fo sehr angespannt werden, die Verbrecherfrcqnenz, die Trunksucht und jedes andere soziale Laster wird dennoch im Wachsen bleiben, so lange die Unsicherheit der wirlhschaftlichen Existenz, die Unbehaglichkeit der häuslichen Lebensverhältnisse, die Mängel im Unterrichts- und Er- ziehungswefcn breiter Schichten der Bevölkerung fortwirkeu und wachsen. — Der Verbrecher, der Trunkenbold re. handelt in seinen Ausschrei tungen gegen die Sittengesetze nicht in dem Maße frei, daß rein mechanische Zwangs- oder Bestrafungsmaßregcln allein ihn davon zu rückzuhalten vermöchten. Das MißverhäUniß seiner Willenskraft zu den aus den sozialen Zuständen entspringenden Anreizungen, Ver suchungen und Antrieben muß und wird auch der Thäligkelt der Po lizei und der Richter spotten, weil dieselbe weder die moralische Energie der Sittenschwachen stärken, noch anch die sozialen Antriebe schwächen kann. — Die grausamen Strafen früherer Perioden vermochten es nicht zu bewirken, daß das Verbrechen verschwand, und die strengen Verfolgungen der öffentlichen Trunkenheit in Amerika verhindern es nicht, daß gerade die Vereinigten Staaten von der Trunksucht arg verheert werden. Troy der enorm hohen Steuern auf Spirituosen, trotz der Jnhastirung trunkener Personen an öffentlichen Orten, trotz der strengen Sonntagsfeier, hat der Consum von Spirituosen in der nordamerikanischen Union in dem Decennium 1860 —1870 fast 4 Milliarden Dollar betragen, 300,OM Menschen getödtet, 100,000 Kinder in die Armenhäuser, mehr wie 150,MO Leute in Gefängnisse und Arbeitshäuser gebracht, wenigstens 2000 Selbstmorde verursacht, den Verlust von 10 Millionen Dollars durch Feuer oder Gewalt ver schuldet und eine Million Waisen gemacht. — Man wird heute und in Europa mit der Nepressivkraft der Polizei- und Strafgesetze keine besseren Erfahrungen machen als ehedem und jenseits des Ozeans, wenn man nicht zugleich auch energisch Hand anlegt an die wirth- schaftlichen und erziehlichen Schäden unseres Gescllschaftsorganismus, mit denen die sittlichen Uebel in ursächlichem Zusammenhänge stehen. Der preußische Justizmiuister hat am 22. vor. Mts. angeordnet, daß eine statistische Untersuchung stattfinde über die Lebensverhältnisse und den Lebenslanf der Verbrecher, und man kann fest überzeugt sein, daß das Resultat dieser dankenswerthen Erhebungen die Haupt- thätigkeit der preußischen Gesetzgebung auf ganz andere Gebiete hin» zulenken geeignet sich erweisen wird, als wohin sie die blind leiden schaftlichen Verehrer der Prügeljustiz und der Trunksuchtspolizei hin zutreiben sich bemühen. Eine solche offizielle Statistik hat uns noch durchaus gefehlt, und ohne sie ist alle Sittenrefvrmirerei ein müssiges, haltloses Spekulircn. Es genügt keineswegs, daß man weiß, wie groß die Zahl der Ver brechen ist, wie viele von ihnen Rohheitsverbrechen sind, wie viele auf die Trunksucht zurückgeführt werden können, — statistische Kennt nisse, die jetzt mit großem Lärm als ausreichendes Material behandelt werden, aus dem eine rasch und entschlossen handelnde Gesetzgebung die Heilmittel der Saniruug des Gescllschastskörpers nehmen könne. Man kennt damit nichts Anderes, als die äußere Erscheinungsform, und den Umfang des Uebels, das Krankheitsbild, ohne aber den Ur sprung der Krankheit gefunden zu haben und ohne die Stellen zu sehen, wo der Heilprozeß einzusetzen hat. Weit wichtiger ist es, fest- zustellen, welche Umstände in den einzelnen Verbrechen die Rohheit erzeugten, die Disposition zum Verbrechen schnfen, und ans welchem Wege und aus welchen Antrieben der Trunkenbold zur Trunksucht ge langt ist. Wenn man dies erforscht, wird sich ein Bild entrollen, in dem ein dunkler Schatten über untere gesammte Gesellschaftsorganisation geworfen ist; man wird eine schwere Mitschuld von Gesellschaft und Staat an dem Umfange und der Verderbtheit des Verbrecherthums entdecken, nnd man wird einsehen, daß mehr und Anderes zur Heilung zu thun ist, als Straf- und Polizeigesetze zu schaffen. Wo die Reformarbeit zu beginnen sein wird, darauf deutet schon heut die nicht zu verkennende Thatsache hin, daß die größere Häufig keit der Verbrechen, der allgemeinen Rohheit, der Trunksucht u. s. w. gerade in derjenigen Periode sich eschreckend bemerkbar gemacht, in welcher die Folgen des schrankenlosen Jndustriesystems mit dessen höchster Entwickelung hervortreten mußten, und in der, in Folge der ! wirlhschaftlichen Krise, die Verarmung uuo die Verzweiflung der Massen ihre traurigsten Früchte treibt. — Auf dem Gebiete der Wirth« schaftspolitlk ist der ursprüngliche Sitz der Krankheit; und eine Reform