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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich l Mark 20 Pf. prsenumoranäo. Anzeiger Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages deS Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit -lo Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 114 Dienstag, den 7. December t880. 5. Jahrg. Bekanntmachung. Diejenigen, welche Lieferungen und Arbeiten im laufenden Jahre für die hiesige Stadtgemeinde besorgt haben, werden hierdurch veranlaßt, ihre Rechnungen bis zum 15. d. M. zur hiesigen Stadtkasse einzureichen. Zwönitz, am 6. December 1880. Der Stadtgemeinderat. Schönherr, Bürgermeister. Tagesgeschichte. Deutschland. Dem Reichstage soll, wie verbreitet wird, auch ein Vorschlag wegen Erhöhung der Tabakssteuer zugehen, und in Kreisen, welche dem Reichskanzler nahe stehen, wird ausgesprochen, daß diese Erhöhung nur den Uebergang zum Monopol bilden werde. Man meint, mit letzterem hervorzutreten, sei der Zeitpunkt noch nicht gekommen. Doch wird angeblich bereits für Petitionen unter den Tabaksbauern agitirt, wie es scheint, hier und da nicht ohne Erfolg. — Für die nächste Zeit wird sich die Thätigkeit des Bundesraths vornehmlich finanziellen und Stenerangelegcnhciten zuzuwenden haben, nnd zwar werden die Bransteuer, Börsensteuer und Wehrsteuer hierbei in die erste Reihe treten. Noch sind alle diese Dinge in Vorbereitung begriffen. Sehr unwahrscheinlich ist, daß die volkSwirthschaftlichcn Projekte des Reichskanzlers den Reichstag schon in der bevorstehenden letzten Session der Legislaturperiode beschäftigen werden; einmal, weil die Vorarbeiten noch zu weit ini Rückstände sind, andererseits aber, weil man sich von dem neuen Reichstage eine willigere Ma jorität verspricht und endlich die überdies schon zahlreiche und ge wichtige Arbeit der nächsten Session nicht ohne Noth und über Ge bühr ausdehnen möchte. An die Vorlage über die Einführung zwei jähriger Budgetperioden und vierjähriger Legislaturperioden ist man noch nicht herangetreten. Die „Magdeb. Ztg." hört indessen, daß die Sache durchaus noch nicht aufgegeben ist und in einer oder der andern Form doch an den Reichstag heranlrcten wird. Die Frage, ob der Reichstag vor dem Landtag zu berufen und der Reichsetat vor dem Landesetat aufzustellen sei, dürste hierbei wieder in Er wägung gezogen und zum Austrag gebracht werden. Paderborn, 2. Decbr. Im März d. I. gründete die liberale Partei von Paderborn und Umgebung ein Blatt, die „Paderborner Zeitung". Gleich nach dessen Erscheinen veröffentlichten die dortigen ultramontanen Blätter, das „Westfälische Volksblatt" (Verlag F. Schöning) lind der „Liborius Bote" (Organ des Bonifaciusvereins) eine Reihe der gehässigsten Artikel gegen das neue Blatt und dessen Redakteur Im Auftrage der geistlichen Behörde wurde jeden: Katho liken verboten, bei einem Kalifmann, der die „Paderborner Zeitung" unterstützte oder abonuirte, zu kaufen und das Lesen derselben „für Sünde" erklärt. Tie Hetzartikel hatten den Erfolg, daß dem Redakteur wiederholt die Fenster eingeworfen, er mit Revolvern bedroht und von mit Knütteln bewaffneten Männern, die sich als Mitglieder des „Marienbundes" entpuppten, überfallen wurde. Die königl. Staats anwaltschaft von Paderborn hat deshalb im August gegen die Re dakteure der ultramontanen Blätter die Anklage wegen öffentlicher Aufreizung und Beleidigung erhoben, und am 25. November fand die Verhandlung vor dem Landgericht zu Paderborn statt. Der Redakteur des „Liborius Bote", der katholische Priester und Vikar an der Domkirche zu Paderborn, Wilhelm Schwarz, wurde wegen Vergehen gegen § 166 des Neichsstrafgesetzbuchs zu sechs Monaten Gefängniß, und der Redakteur des „Westfälischen Volksblatt", Josef Honkamp, zu 300 Mark Geldbuße, eventuell 6 Wochen Gefängniß verurtheilt. Domvikar Schwarz ist plötzlich von Paderborn ins Aus land abgereist. Oesterreich-Ungarn. Die Kaiser-Joseph-Feier wird in den Wiener Blättern vielfach besprochen. In den deutsch-liberalen Ab geordnetenkreisen hat es einen sehr schlechten Eindruck gemacht, daß Graf Coronini, der Präsident des Hauses der Abgeordneten, es direct ablehnte, bei Eröffnung des Hauses der Abgeordneten einige Worte zur Erinnerung an den Kaiser zu sprechen. Eine merkwürdige Episode spielte sich jüngst in der Dornbacher Kirche ab. Am Schluß des Gottesdienstes sagte nämlich der Pfarrer: „So wollen wir ein Vaterunser beten für den verstorbenen Kaiser Joseph II., der schon hundert Jahre in: Fegefeuer schmachtet." Das über diese Aeußerung entrüstete Publikum kam dieser Aufforderung nicht nach, sondern verließ zum großen Theil die Kirche. Gegen den Priester wurde die Untersuchung cingeleitet. Der Pfarrer von Dornbach, einer der unduldsamsten Geistlichen der Umgebung Wiens, meldet ein Lokalblatt, macht nicht zum ersten Male von sich in so unliebsamer Weise reden. In der Gemeinde wenig beliebt, wollten ihm die Dornbacher schon einmal eine Katzenmusik machen. Erst kürzlich rief eine Ueberschreitung der Vegräbnißlaxe, welche sich der hochwürdige Herr zu Schulden kommen ließ, große Entrüstung hervor. Die Polizei hat von dem Vorfälle auch das Ministerium verständigt. Frankreich. Dem „Jntransig" zufolge hat die Petition an den Municipalrath, betreffend die Errichtung eines Denkmals für die Gefallenen der Commune folgenden Wortlaut: „In Erwägung, daß unter der Restauration zu Paris ein Denkmal errichtet worden ist zum Andenken an Louis XVI., der am 17. Januar 1793 für das Verbrechen des Verraths von dem Nationalconvent gesetzmäßig zum Tode verurtheilt worden ist; — in Erwägung, daß in derselben Stadt auf öffentlichem Platze eche dem Andenken des Marschalls Ney gewidmete Statue errichtet worden ist, der am 6. December 1815 von der Pairskammer regelrecht für das Verbrechen des Verraths zum Tode verurtheilt worden ist; — in Erwägung, daß die Ne gierungen, welche sie errichtet haben, nicht mehr existiren, die Mo numente aber immer noch fortbesteben; — in Erwägung, daß die Republik die regelrechte Negierung Frankreichs ist, wie sie stets die legitime Negierung der Franzosen gewesen ist; ersuchen wir Unter zeichnete Euch, zu Paris den öffentlichen Platz zu bezeichnen, der dazu bestimmt ist, ein Monument aufzunehmen, welches auf dem Wege der Subscription den Republikanern errichtet werden soll, welche ungesetzlich oder ohne Gerichtsausspruch dafür verurtheilt worden sind, daß sie 1871 die von der Coalition des Auslandes und der monarchischen Parteien bedrohte Republik mit Waffen ver- theidigten." In geschickter Weise hat man also das Wort „Commune" umgangen, um dem radicalen Gemeinderathe die Annahme zu er möglichen. — Die „große Proscribirte", Louise Michel, hielt im Saale Graffard wieder eine heftige Rede gegen den Opportunisten Gambetta, der das Volk vorgewaltige, und schloß mit einem Hoch auf die sociale Revolution. Die Bürgerin Labuisquiere sparch gegen den heuchlerischen Nadicaliömus und Bürger Paulard über die re volutionäre Organisation des Proletariates. — Von den commu- nistijchen Demonstranten am Grabe Ferrös wurden 5 Angeklagte zu 1 Monat und einer zu 6 Wochen Gefängniß verurtheilt. Die Bürgerin Cadolle, welche geäußert hatte: „Ferrä, wir werden Dich rächen", wurde freigesprochen.