Volltext Seite (XML)
Amts- M Anzcheblatt für den öejirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen 'Umgebung iss LSSS Wlbonnement oiertelj. 1 M. 50 Pf. einschließl. de» »Jllustr. UnterhaltungSbl.' u. der Humor. Beilage .Seifen« blasen' in der Expedition, bei unseren Boten sowie bet allen Reichspostanstalten. Ltlrgr.-Adrrssr: Amtsblatt. Erscheint täglich abends mit.Ausnahme der Sonn- und Feiertage für den fol genden Tag. JnsertionspreiS: die kleinspaltige Zeile l2 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. Fernsprecher Nr. LIV. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. 56. Jahrgang. Freitag, den 19. November In Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit finden im Jahre 1910 die Gerichts tage an folgenden Montagen im Rathaufe zu Schönheide statt: 19. und 24. Januar, 7. und 2t. Februar, 7. und 2t. März, 4. und 18. April, v. und 23. Mai, 13. und 27. Juni, 1t. und 25. Juli, 8. und 22. August, 5. und IS. September, 3. und 17. Oktober, 7. und 2t. No- . vember, 5. und IS. Dezember. Begin«: 9 Uhr vormittags. Schluß: 7 Uhr nachmittags. Auf Erledigung von Angelegenheiten, die nicht drei Tage vorher bei Gericht an gemeldet worden sind, kann kein Anspruch erhoben werden. Verspätetes Eintreffen der geladenen Personen kann die Nichterledigung der Angelegen heit zur Folge haben. Eibenstock, am 13. November 1909. Königliches Amtsgericht. Tagesgeschichte. Deutschland. — Der Anleihebedarf des Reich es in Höhe von 744 Millionen Mark hat für den ersten Augenblick etwas Beängstigendes, betrachtet man die Sache genauer, so verliert sie einen erheblichen Teil ihrer Schrecken. Von den 744 Millionen sind mehr als 200 Millionen bereits in der im Frühjahr dieses Jahres aufgenominenen Anleihe enthalten. Der üb rig bleibende Betrag von rund 540 Millionen ermäßigt sich infolge der sehr günstigen Eingänge aus der Nach verzollung -und Nachversteuerung ugn weitere 25 Mil lionen Mark. Von der restierenden Summe verteilt sich der Betrag von rund 230 Millionen, das sind die gestundeten Matrikularbeiträge, auf die drei folgenden Jahre, wie das im Mnanzgefetz vorgesehen ist. — Um den Rest von etwa 280 Millionen macht sich, laut „Berliner Zeitung" die Reichsfinanzverwaltung keine Sorge. Sie hofft, die Deckung dieses Betrages eine Zeit lang wenigstens hinausschieben zu können, zumal sie, wie in diesem Jahre, so auch in den nächstfolgenden, die größte Sparsamkeit walten lassen wolle. Für die Reichskasse ist es höchst angenehm, daß die Nachsteuern so prompt und in so großem Umfange eingehen. Frei lich sind durch diese „Nachstellern" auch die Erträge aus den Konsumsteuern der neuen Finangreform auf Mo nate hinaus „vorweggenommen". Ueberall sind große Vorräte anfgestapelt worden, die den Bedarf auf lange Zeit hinaus decken, für welche die Steuern aber bereits erhoben sind. — Die Vorarbeiten für einen reformierten Ge setzentwurf über den Verlust der Reichs- und Staatszugehörigkeit sind soweit gefördert, daß auf Anordnung des gegenwärtigen Reichskanzlers nur noch einige zweifelhaft gebliebene Punkte aufzuklä ren sind. Diese Nachprüfung ist laut amtlicher Mit teilung der „Nordd. Allg. Ztg." im Gange. — Gleich zeitig tritt das Regierungsorgan der Behauptung der ,Mhein. Wests. Ztg." entgegen, ein Vortragender Rat des Auswärtigen Amtes sei der Träger des Widerstan des gegen eine Reform des bestehenden Reichszuges- hörigkeitsgesetzes mit dem Hinzufügen: Das Blatt be findet sich im Irrtum, wenn es annimmt, daß ein noch so hervorragender Beamter in dieser Stellung Ent scheidungen treffe, die dew Anschauungen der vorgesetz ten Behörde zuwiderlaufen. — Eine amtliche Auslassung zum Kie ler Prozeß. Die „Nordd- Allg, Ztg." erörtert den Fall .des im Kieler Prozoß vernommenen Assessors Frerich, der mit Bezug auf die in der Materialien- vevwaltung herrschende Wirtschaft gesagt haben sollte: „Die Aufgabe der Kaiserlichen Werst ist es nicht, in kaufmännischer Weise einen Gewerbebetrieb zu verwal ten, sondern ihre Aufgabe ist es, für eine schlagfertige Flotte zu sorgen. Hinter diese Aufgabe müssen alle kaufmännischen Rücksichten hßntenangsssetzt werden". Die Aeußerung Frerichs ist entstellt wiedergegeben wor ben. Frerich hat gesagt: „Die Aufgabe der Werft ist nicht der Betrieb eines bestimmten Fabrikbetriebes oder Gewerbes, sondern die dauernde Instandhaltung der Kriegsschiffe". Assessor Frerich hat dann noch des nähe ren den Betrieb der Kieler Werft erläutert und u. a. gesagt: „Es handelt sich oft um sehr eilige Arbeiten,, an denen eventuell Tag unh Nacht gearbeitet werden muß, und da kann, manchmal nicht ganz so kaufmän nisch sparsam zu Werke gegangen werben, wie in anderen Betrieben, das liegt in, der Natur der Sache. Das schließt natürlich nicht aus, daß wir nach allen Kräf ten bemüht sind, sparsam und kaufmännisch zu wirt schaften". — Der Kleinhandel und seine Vertre tung. Der neue preußische Handelsminister erklärte den maßgebendsten Faktoren, daß er besondere Detail listenkammern nicht schaffen wolle. Er will, daß in nerhalb der Handelskammern selbst für eine angemes sene Vertretung des Kleinhandelsstanhes durch Bil dung von Kleinhandelsausschüssen gesorgt wird. Der Minister hob weiter an den in Betracht kommenden Stellen hervor, daß ihm ein gesetzliches Zwangsrecht gegen die Handelskammern nicht zu Gebote stehe, durch welches er auf die Einrichtung von Kleinhandelsaus schüssen oder die Art ihrer Einrichtung entscheidend hinwirken könne. Er habe aber das Vertrauen, daß die Handelskammern es als ihre Pflicht betrachten würden, alle berechtigten Wünsche zu erfüllen, die die Klein handeltreibenden bezüglich ihrer Vertretung hätten. — Die Elektrisierung der Strecke Leip zig-Halle a. S. ist einer Meldung des „Berl. Lok.- Anz." zufolge zuständigenorts beabsichtigt. Es ist auch wicht ausgeschlossen, daß später bei günstigen Erfah rungen die ganze Strecke Berlin-Halle elektrisch be trieben werden wird. Der elektr. Betrieb ist bereits auf verschiedenen Teilstrecken der Staatsbahnen ein geführt worden und hat sich hier aufs beste bewährt. Viele sehen in ihm ja das System der Zukunft. Der Dampf, der einst das gesamte Verkehbsleben umwälzte, ist be reits überwundener Standpunkt. Herr Scherl denkt sogar schon an den Einschienenwagen — Das Reichsgericht verwarf die Revi sion des katholischen Priesters und Abgeordneten der elsässisch-lothringischen Zentrumspartei Wetterl 6, der bekanntlich vom Landgericht Kolmar wegen Be leidigung des Professors vr. Gneiße zu 2 Monaten Ge fängnis verurteilt worden war. — Der Kieler Unterschleife-Prozeß. Der als Sachverständiger vernommene Marineoberbau rat Krell bestritt, daß auf der Kieler Werft Messing- und Bronzespäne durcheinander gemischt worden seien, wie es der Angeklagte Frankenthal behauptet hatte. Im weiteren Verlaufe der letzten Sitzung überreichte Staatsanwaltsschaftsrat Neils dem Gericht sie echten und die angeblich von dem Angeklagten Frankenthal gefälschten Briefe. Die Vernehmung des Zeugen Haus dieners Lamp, der über die Unterstützung eines frühe ren Beamten durch den Erstangeklagten Heinrich aus sagen sollte, bedeutete ein, heiteres Intermezzo im Gang der ernsten Verhandlung. Gegenüber den Aus sagen des Sachverständigen Marineoberbaurats Krell beharrte Angeklagter Frankenthal bei seiner ersten Be hauptung, daß auf der Kieler Werft wertvolles und wertloses Material durcheinander gemischt wurde. Auf der Wilhelmshavener Werft beispielsweise würden Bronze- und Mesfingspäne streng auseinandergehalten. Was nun die Kieler Werft betrifft, so ist ja auch durch einen andern, durchaus einwandsfreien Zeugen be wiesen worden, daß gutes uns) minderwertiges Mate rial durcheinander geworfen, wurde. Man darf in Marinebaurat Krells Worte keinen Zweifel setzen, dann wird aber die Annahme bestätigt, daß auf der Werft Beamte beschäftigt wurden, denen jede Sachkenntnis zum Sortieren des Materials fehlte. Der Zeuge Lamp, der aussagte, Rat Heinrich hätte den früheren Werft beamten Bauer und dessen Sohn unterhalten müssen, sonst hätten diese mit Enthüllungen über unlautere Machenschaften Heinrichs gedroht, machte einen sehr wenig glaubwürdigen Eindruck. Von einer Seite wur de der Zeuge für „ein bischen diddelig" Heiterkeit) erklärt, er habe sogar einmal Rat Heinrichs Tochter einen Heiratsantrag gemacht. Zur allgemeinen Hei terkeit erwiderte der brave Lamp erschrocken: „Um Gottes Willen nicht, es kann sich da bloß nm einen Scherz gehandelt haben". Ueberhaupt erscheint nach dem bisherigen Verlauf des Prozesses Rat Heinrich sehr entlastet, auch seine Vorgesetzten stellen ihm das Zeugnis eines guten Beamten aus. Zengd Verwalt tungsdirektor Geheimrat Fischer sagte von Heinrich, daß er zwar das Tintenfaß nie sehr geliebt habe, dafür aber im äußeren Dienst umso rühriger war. Heinrich sei ein Mann gelvesen, der große praktische Erfahrungen hatte-und auf den man sich verlassen konnte. Der Zeuge hat auch die Empfindung gehabt, daß in der Magazinverwaltung der Kieler Werft et was nicht richtig war, er führte das aber auf falsche dienstliche Auffassungen und nicht auf strafrechtliche Verfehlungen zurück. Der als Zeuge vernommene Sohn das Angeklagten, der Photograph Heinrich aus Ora nienburg, erklärte alle Angaben, daß ihm von den Angeklagten Jacobsohn und Frankenthal, mit denen sein Vater bekanntlich geschäftlich zu tun hatte, Geld zugesteckt worden sei, für unzutreffend. Ein Schwie gersohn Heinrichs, Kanzleirat Spiecker, bekundete, daß as im Heinrich'schen Hause stets sehr einfach zugegan gen sei. — Zum Mülhaufer Skandal bringt die „Straßburger Post" einige nähere Angaben, die recht interessant sind. Danach erhielt der Hauptschuldige an dem unliebsamen Vorfall im „Zentralhotel", Han delsvertreter Henri Wegelin, einen Ausweisungsbefehl, nach welchem er innerhalb 24 Stunden das Land zu verlassen habe. Das Opfer seiner eigenen Unvorsich tigkeit entstammt einer angesehenen Mülhauser Fabri- kantenfamilie, welche die schweizerische Nationalität be sitzt. Er steht im 52. Lebensjahr, ist Junggeselle und als lebenslustiger Mann bekannt. Im Grunde genommen ein harmloser und gutmütiger Mensch, soll er über ei nen der Offiziere aufgebracht gewesen sein. In der Champagnerlaune wollte er sich nun an diesem reiben, indem er die im Restaurant des „Zentralhotels" kon zertierende Musikkapelle zum Spielen der Marsellaise veranlaßte, die er und seine jungen Freunde mitfangen. Anfangs verweigerte der Hotelbesitzer die Erlaubnis. Als aber der Kapellmeister von Herrn Wegelin ein 20-Markstück für das Spielen erhielt, gab er schließ lich nach. Erschwerend für den angeheiterten Wegelin kommt der Umstand in Betracht, daß er den Offizieren, die unauffällig das Lokal verließen, in das nahegele gene Weinrestaurant „Zum Fallstaff" folgte und dort ebenfalls die „Marseillaise" spielen ließ, um die Offi ziere zu ärgern. So berichtet eine Mülhauser Zu schrift der „Straßb. Post". Also der Mann hat in bewußter Absicht der Herausforderung deutschen Em pfindens zweimal sich eines Vergehens schuldig ge macht, das ein noch vor wenigen Jahren in den Reichs landen gültiges Gesetz als aufrührerische Aufreizung unter harte Strafe stellte! Unr so unbegreiflicher ist es, wenn vereinzelte Blätter bei der Ausweisung We- gelins wehleidig die Hände ringen wollen. Deutsche Kolonien. Unter den Europäern D e n t s ch - O st af r i k a s macht sich eine Bewegung bemerkbar, die darauf hinaus geht, die Ausschaltung des indischen Elements im Han del! stnK den Eingeborenen energischer als bisher zu betreiben. Ist man sich über bestimmte Maßnahmen auch noch nicht klar geworden, so ist doch der entschlos sene Wille sehr zu begrüßen. Die indischen Händler bilden eine offenbare Gefahr für unsere Kolonien, nicht nur, daß sie arge Wuchergeschäfte mit den Eingeborenen treiben, die größere Gefahr liegt darin, daß sie als Prediger des Jslgm auftreten und Haß gegen die Euro päer säen. In diesen Tagen waren gerade 25 Jahre verflossen, daß die deutsche Flagge in Deutsch-Ostafrika durch vr. Karl Paters gehißt wurde, zur guten Zeit ist da die erfreuliche Nachricht gekommen, daß unsere wirtschaftlich so mächtig aufstrebende Kolonie vor schad- Gchen fremdpn Einflüssen bewahrt sein soll. Oesterreich-Ungarn. — Das österreichische Regierungsorgan feiert in warmen Worten die herzliche Aufnahme des Thron folgers Erzherzog Franz Ferdinan.d und sei ner Gemahlin der Herzogin von Hohenberg am deutschen Kaiserhofe. Dabei find aufs neue, wie schon so oft, so sagt das amtliche Organ, für alle Welt die wahrhaft innigen, Beziehungen wahrnehmbar geworden, die zwischen den beiden Herrscherhäusern seit langen Jahren bestehen. Türkei. — Ablehnung der türkischen Kretanote. Die türkischen Botschafter bei den Schutzmächten über mittelten der Pforte den ablehnenden Bescheid der Schutzmächte auf die türkische Kretanote. Die Antwort der Schutzregierungen ist in freundschaftlichem Tone gehalten : sie hat dennoch in den der Pforte nahestehen den Kreisen große Enttäuschung hervorgerufen.