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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnemcntspreis beträgt vierteljährlich l Mark 20 Pf. Nervmuaaeunäo. Mrcher für Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Qrgarr für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 62. Donnerstag, den 27. Mai 188V. 5. Jnhrg. «... n , - > ...... 1 .... , > . R... ' - . ««««— Tagesgeschichte. Deutschland. Der Weg, welchen die preußische Negierung zur Wiederherstellung des Friedens mit Rom eingeschlagen hat, findet den Beifall des Papstes nicht. Im Gegentheil hat Cardinal Jacobini den Auftrag erhalten, der preußischen Negierung zu eröffnen, daß Papst Leo das System, für welches sie sich entschieden, mißbilligt und infolge dessen die gemachte Concession in der Anzeigepflicht bei der Priesterernennnng zurücknimmt und für ungeschehen erklärt. Dieser Bescheid soll in Berlin schon seit etwa 14 Tagen bekannt sein, und deshalb findet man in der trotzdem erschienenen kirchlichen Vorlage auch keine Andeutung von den „thatsächlichen Vorbedingungen zum Frieden", die der obenerwähnte Ministerialbeschluß doch forderte. Cs ist erklärlich, daß man nach dem Bekanntwerden dieser That- fachen die Vorlage mit ganz anderen Augen betrachtet. — Der preußische Antrag wegen Einverleibung von Altona in das Zollgebiet soll iin Bundesrath ohne jede Debatte angenommen worden sein, was als einen Beweis dasür gelten kann, daß sich die Wogen wegen dieser Frage bereits geglättet haben. — Der Zwischenfall mit den bayrischen Gesandten v. Nudhardt wird wohl in Güte beigelegt werden; man will dem Jndianergehcul der französischen Presse über unsern spruchmörtlichen „gnmk-Ucü uUmnanckos" (deutsche Streitereien) vernünftigerweise die Ursache nehmen. — In der Nackt zum Sonntag ist in Darmstadt der Präsident des ehemaligen Frankfurter Parlaments, Freiherr von Gagern, im Alter von 81 Jahren gestorben. Oesterreich. Durch die endlosen Parteiwirren stockt das ganze politische Leben Deutsch-Oesterreichs. Von den Verheißungen der Thonrede ist thatsächlich nichts erfüllt. Das Deficit ist höher, als anfangs angegeben wurde nnd kann nur durch eine neue Anleihe gedeckt werden. Von den angekündigten Steuerreformen ist keine einzige der Verwirklichung entgegengeführt und bei jeder Budget forderung mußte die Negierung die Zustimmung der „Nationalen" durch PreiSgebungen von Freiheiten, durch Zugeständnisse auf Kosten der Dentschösterreicher nnd des Staates erkaufen. Tie Versöhnung der deutschen und slawischen Völkerschaften unter Habsburgs Scepter wird dem Ministerium Taaffe schwerlich gelingen. In Pest fand am Montag ein Duell zwischen dem ehemaligen Staatssekretär Grafen Victor Zichy-Ferraris und dem Grafen Stefan Karolyi statt. Drei Mal wurde geschossen auf 10 Schritt Distanz. Bei dem dritten Gange drang die Kugel Karolyi's in die rechte Brustseite des Gegners und kam bei dem linken Schulterblatt her vor, in geradezu wunderbarer Weise Herz und Lunge umgehend. Graf Zichy erlitt einen furchtbaren Blutverlust. Die Wunde ist lebensgefährlich, aber nicht absolut tödtlich. Die greisen Eltern weilen am Krankenbett. Der Fall erregt ungeheure Sensation, weil das Duell ein 1/2 Jahr dauerndes unerquickliches Vorspiel gehabt hat. Dasselbe ist gleichfalls wie der Fall Verhovay und die Jannarskandale eine blutige Folge der im vorigen Sommer begonnenen Preßskandale in der Affaire Asboth-Iichy. Frankreich. „Viel Geschrei und wenig Wolle!" war die Signatur des vergangenen Sonntags in Paris. Die Communarden und Sozialisten haben sich angesichts der energischen Maßregeln der Negierung eines Bessern besonnen, und von jeder größeren Demon stration abgesehen. Die öffentlichen Kundgebungen beschränkten sich darauf, daß sich im Ganzen etwa 600 Personen in einzelnen Gruppen nach dem Kirchhof Pöre Lachaise begaben und dort an der Mauer, wo am 23. Mai vor 9 Jahren die Mitglieder der Commnne er schossen wurden, Kränze niederlegten. Einzelne Personen, welche der Aufforderung der Polizei, weiterzngehen, nicht Folge leisteten, wurden verhaftet, die meisten aber sogleich wieder entlassen. Eine ernstere Störung der Ruhe hat sich, obgleich viele Neugierige auf den Straßen waren, nicht stattgefnnden. — Blanqui, welcher, wie man sich erinnern wird, anläßlich der vorjährigen Wahl in Bordeaux für unwühlbar erklärt wurde, hat wiederum in Lyon die meisten Stimmen erzielt. Sein Gegenkandidat Ferrer hat für die Stichwahl zu Gunsten Blanqui's verzichtet. — Prinz Napoleon ist nach Rom gereist, um sich durch Vermittlung des Cardinals Bonaparte mit dem Papste auszusöhnen. Belgien. Der Bischof Dumont von Tournay, welcher vom Papst abgesetzt wurde, veröffentlicht jetzt in den verschiedensten liberalen Blättern Schmäh-Artikel gegen den Papst. Einer der Dom herrn von Tournay hat die Erklärung der Unzurechnungsfähigkeit des Bischoss Dumont in civilrechtlichen Dingen dringend beantragt, ist bannt aber zurückgewiesen worden. Spanien. Die revolutionären Zuckungen hören nicht auf. Wie aus Barcelona gemeldet wird, ist die Baumwollspinnerei in Morell durch revoltirende Arbeiter, welche die Maschinen zerstörten, in Brand gesteckt worden. Die Anstifter der Revolte sind durch die Sicherheitsbehörden verhaftet worden. Der Prüftet hat sämmtliche Arbeiterverbindungen in Catalonien aufgelöst. — Die in der Pro vinz Castellon aufgetretene Bande Aufständischer hat sich gegen Chelva gewendet. Zur Verfolgung derselben sind von verschiedenen Seiten Truppen in Bewegung gesetzt. — Die Gegner der Regier ung wachsen auch im Parlamente. Gegen 100 Abgeordnete hielten am Sonntag eine Versammlung ab, in welcher Sagasta die Ernenn ung einer Coinmission beantragte, um ein Programm aufzusetzen, das geeignet wäre, eine einheitliche Action sümmtlicher Oppositions gruppen herbeizuführen. Die Commission wurde dem Anträge Sa- gasta's gemäß unverzüglich ernannt. — Von den monarchistisch ge sinnten Deputaten nnd Senatoren haben sich 131 der Coalition gegen das Ministerium angeschlossen; unter denselben befinden sich 3 Marschälle und 15 Generale. Rußland. Einem Privatbriefe aus Moskau vom 16. Mai entnimmt die „Wes. Ztg.", daß im ganzen inneren Rußland eine entsetzliche Dürre herrscht. Die Külte war lang und der Schnee ist erst spüt gewichen; jetzt ist die Steppe zwar schneefrei, aber wegen des gänzlichen Mangels an Ziegen und der beträchtlichen Sonnen hitze hat kein Gras wachsen können, so daß namentlich für die Thier welt eine beispiellose Noth ausgebrochen ist. Die Massenpferdezucht an der untern Wolga ist vielerwärts bis an den Rand des Ruins gebracht. Einein einzigen Pferdebesitzer waren von 5000 Stück nur 200 am Leben geblieben, obwohl er nach Verzehrung der.Winter- vorrzsthe selbst seine Strohdächer verfüttert hatte. Die Regierung beMnt Maßregeln zu treffen, das gefallene Vieh zu beseitigen, damit keine Krankheiten entstehen. Rumänien. Der vierzehnte Jahrestag der Thronbesteigung des Fürsten Karl, welcher als Jahrestag der Proklamirung der ru mänischen Unabhängigkeit ein nationaler Festtag für das rumänische Volk geworden ist, wurde am Sonnabend glänzend gefeiert. Die Häuser der Hauptstadt waren festlich mit Flaggen geschmückt. Aus allen Theilen des Landes waren Deputationen eingetroffen, um dein Fürsten die Gefühle der Anhänglichkeit der Bevölkerung des Landes auszudrücken. Türkei. Vor dem neuernannten englischen Botschafter bei der Pforte, Göschen, scheint der Sultan doch einiges Unbehagen z^ em pfinden, denn er sucht auf verschiedenen Seiten nach einem Stütz punkte. So behandelt er jetzt den deutschen Botschafter Grafen Hatz- feldt mit ganz besonderer Zuvorkommenheit. Ain vergangenen Diens tag ivar der Botschafter zu einem Diner in Sultans Palast geladen, und theilte Abdul Hamid bei Tafel demselben mit, daß er dein deutschen Kaiser am Bosporus oberhalb Therapias einen großen Park zum Geschenk gemacht habe. Es kann sich nunmehr der Bot schafter in sehr günstiger Lage eine Sommerresidenz erbauei^ lassen, deren er so dringend bedarf. Kleine Geschenke erhalten die Freund schaft, mag der Türke denken. Amerika. Um der massenhaften Einwanderung subsistenzloser rc. Personen zu steuern, hat die Negierung der Vereinigten Staaten