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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Diel» Zeitung erschein! täglich mit Ausnahme der gesetzlichen Sonn- und Feiertage. Der Bezugspreis beträgt bei Abholung wöchentlich -15 Np!., bei Lieferung frei Haus KO Rpi. Postbezug monatlich 2.30 RM. Im Falle böherer Gemalt od^r sonstiger Betriebsstörungen Hai der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung der Leitung oder Rückzahlung des Bezugspreises. — Anzeigenpreise und Nachlaßsätze bei Wieder holungen nach Preisliste Nr. 8 (in unseren Geschäftsstellen erhältlich). Bei Konkurs und Zwangsoergleich wirb der für Aufträge etwa schon bewilligte Nachlaß hinfällig. Anzeigen sind an den Erscheinungstagen bis vormittags 10 Uhr aufzugeben. — Verlag: Mohr K Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann und E. L. Förster's Erben. Verantwortlich für Oertliches u. Sächsisches, Untcrhaltungsteil. Sport u. Anzeigenteil Karl Hoffmann, Pulsnitz, für Politik und den übrigen Teil Walter Mohr, Pulsnitz. D.A.XII.: 2250. Geschäftsstellen: Albertstr. 2 u. Adolf-Hitler-Str. 4. Fernruf 518 u. 550. Das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast und des Finanzamtes zu Kamenz des Stadtrates zu Pulsnitz und des Gemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 19 Donnerstag, den 23. Januar 1936 88. Jahrgang Kabinett Laval zurulkgetreten Durch die Radikalsozialisten zu Fall gebracht Paris, 23. Januar. Das am 7. Juni 1S35 gebildete dritte Kabinett Laval ist, wie nicht anders zu erwarten war, am Mittwochnach- mittag zurückgekreten. Das Kabinett war siebeneinhalb Mo nate am Ruder und hatte bisher trotz schärfster Anfeindun gen in der Kammer stets eine, wenn auch manchmal ge ringe Mehrheit gesunden. Lava! ist auch nicht „in offener Feldschlacht" unterlegen, sondern ist durch den bekannten Sampfbeschluß der radikalsozialistischen Partei zu Fall ge bracht worden. Dem Rücktrittsbeschluß des Kabinetts ging eine einstün dige Aussprache der Regierungsmitglieder voraus. Gleich zu Beginn der Kabinettsberatung haben vier der Kammer angehörende radikalsozialistische Minister, und zwar Staatsminister Herriot, Handelsminister Bonnet, Handelsmarineminister Bertrand und Innenminister Paganon, ihren Rücktritt erklärt, während die beiden aus dem Senat stammenden radikalsozialistischen Minister Regnier (Finanzen) und Maupoil (Pensionen) sich diesem Schritt zunächst noch nicht angeschlossen haben. Die Mini ster traten sodann in eine Erörterung der allgemeinen poli tischen Lage ein und verschoben die endgültige Entscheidung über das Schicksal des Kabinetts auf einen Kabinettsrat, der im Elysee unter dem Vorsitz des Staatspräsidenten statt fand. Hierbei wurden die Einzelheiten der Beteiligung Frankreichs bei den Beisetzungsfeierlichkeiten für den ver storbenen englischen König besprochen. Im Anschluß daran hat Laval dann dem Staatspräsidenten den Gesamtrücktritt der Regierung unterbreitet, die- vom Präsidenten angenom men wurde. Der Präsident bat die Kabinettsmitglieder, vor läufig die Geschäfte weiterzuführen. Laval lehnt Neubeauftragung ab Ministerpräsident Laval erklärte nach Ueberreichung seines Rücktrittsschreibens, das vom Präsidenten der Re publik angenommen worden ist,. Pressevertretern gegen- uver, oatz er das Anerbieten des Präsidenten der Republik, eine neue Regierung zu bilden, abgelehnt habe. Das Rücktrittsschreiben hat folgenden Wortlaut: „Da eine gewisse Anzahl meiner Kollegen geglaubt hat, zurück treten zu müssen, habe ich die Ehre, Ihnen den Gesamtrück tritt des Kabinetts zu unterbreiten." Ebenso Bouisson Der Präsident der Republik, Lebrun, hatte dem Kam merpräsidenten Bouisson die Bildung einer neuen Regie rung angeboten; doch erteilte auch Bouisson eine ablehnende Antwort. Es fällt auf, daß der Präsident der Republik diesmal die sonst üblichen Beratungen über die politische Lage mit den führenden Parlamentariern abgekürzt und sich sofort bemüht hat, der Regierungskrise ein schnelles Ende zu be reiten. Auch Herriot lehnt ab? Wie aus politischen Kreisen am Mittwoch abend verlautet,' dürfte Herriot der am Donnerstag vormittag zum Präsi denten der Republik zur Rücksprache wegen der Regierungs- bilduna berufen wurde, einen derartigen Vorschlag ab- lehnen da er in der Sonntagsitzung des Vollzugsaus schusses der- radikalsozialistischen Partei ausdrücklich geäußert habe, mit seinen: Rücktritt aus dem Kabinett lediglich seine Freiheit als Staatsbürger wiedererlangen zu wollen. Jin Falle einer Ablehnung Herriots verlautet, daß der Staatspräsident den Vorsitzenden der radikal sozialistischen Kammerfraktion, Delbos, mit der Kabinettsbildung beauf tragen werde. Falls auch Delbos, was wahrscheinlich sei, ab lehnen sollte, werde wohl ein Senator der demokratischen Linken mit der Regierungsbildung betraut werden. In poli tischen Kreisen nennt man den Finanzminister im gestürzten. Kabinett Laval, Regnier, und den früheren Ministerpräsi denten und Senator Sarraut als etwaigen Nachfolger Lavals. „Französische Republik der Sowjets" Einzelheiten vom Kommunistischen Parteitag in Frankreich In Billeubanne, der kommunistischen Hochburg unweit von Lyon, wurde die achte Tagung der kommunistischen Partei Frankreichs unter dem Vorsitz des kommunistischen Senators Cachin eröffnet. Der große Saal, in dem etwa 800 Anwesende Platz genommen hatten, war mit riesigen Inschriften versehen, auf denen man lesen konnte: „Es lebe die französische Republik der Sowjets". „Wir müssen Thäl mann gewinnen wie eine Schlacht", „Die Reichen sollen bezahlen" und andere nette Verse. An allen Ecken und Enden des Saales waren lebensgroße Bilder von Marx, Engels, Cachin, Dimitroff, Thälmann, Lenin, Stalin und anderen Aposteln der Dritten Internationale aufgestellt. Nach den Ausführungen Cachins verfügt die Kommu nistische Partei Frankreichs augenblicklich über 60 Gebiete statt 46 im Vorjahr, 445 Bezirke statt 300, 776 Zellen statt 586 und 34 445 Blöcke statt 3139 im Vorjahr. Die gesamte Mitgliederzahl der Partei beträgt angeblich 714 000 einge schriebene männliche und weibliche Mitglieder sowie 25 000 Mitglieder der kommunistischen Jugend. Für Paris und Umgebung beläuft sich die Zahl der eingeschriebenen Mit glieder nach den Ausführungen Cachms aus 28 000. Cachin wies darauf hin. daß die Zahl der eingeschrie benen Mitglieder und Zellen baldmöglichst auf eine Mil lion gebracht werden müßte. Die Zeitung der Dritten In- lernationale in Frankreich die „Humanite", werde in einer Auflage von 250 000 Stück herausgegeben und habe im ab gelaufenen Jahr 17 Millionen Francs Einnahmen ermög licht, was einen Ueberschutz zulafse. Die Einnahmen der Partei hätten sich auf zwei Millionen Francs belaufen. In der Provinz verfuge die Partei über 39 Wochenblätter, die in einer Auflage von insgesamt 175 300 Stück verbreitet würden. Ls fei ein dummer Scherz, zu glauben, daß die Partei Anhängerin der Einigung werde. Die Kommunisten haben da» Abkommen über die gewerkschaftliche Freiheit unter zeichnet ugd dem Programm der Volksfront zugestimmt. obgleich vieles Programm nicht oen Kommunismus veveme. Man solle ihnen zunächst einmal die sofort zu verwirklichen den Punkte dieses Programms zeigen, und dann werde man weilersehen. Die Partei werde aber nie vergessen, daß ihr Ziel die Errichtung der „Französischen Republik der Sowiels" fei. Inzwischen könnte man aber ruhig Bünd nisse schließen und sich an der großen Bewegung der Volks front beteiligen, um den Faschismus aufzuhalten. Moskauer Offenherzigkeiten Identität zwischen Sowjetregierung und Komintern, zugegeben. Anläßlich des 12. Todestages Lenins feierte das bol schewistische Hauptorgan, „Prawda", Stalin als den „Fahnen träger des Leninismus und Führer der Proletarier der gan zen Welt". An anderer Stelle des Blattes wird betont, daß Stalin gehalten habe, was er in seiner Gedächtnisrede aus Lenin im Jahre 1924 versprochen habe. Er habe seinerzeit die Losung ausgegeben: „Wir werden unser Leben nicht schonen, das Bündnis zu befestigen und zu erweitern." Im gleichen Schritt mit der Befestigung der Sowjetunion sei die Festigung und Erweiterung der Kommunistischen Interna tionale gegangen, die die Verteidigung der Sowjetunion „vor jedem Anschlag kapitalistischer Mächte" zu ihrem Hauptprogramm gemacht habe. Nicht umsonst habe Stalin auf dem Parteikongreß im Jahre 1935 die Mahnung ausge sprochen, „der Sache der proletarischen Internationale trer bis zum Tode zu bleiben." Die Identität zwischen Sowjetregierung und Komin tern, die bisher von den Sowjets immer in Abrede gestellt wurde, ist durch diese Lobhudeleien auf Stalin einwandfrei aum von serten Moskaus zugegeben worden. Grazianis Vorstoß Vormarsch bis 380 Kilometer von Dolo. Der italienische Ministerpräsident Mussolini hat den Befehlshaber der Somalifront, General Graziani, zu dem siegreichen Abschluß der Schlacht gegen das Heer des Ras Desta telegraphisch beglückwünscht. Inzwischen haben die Truppen Grazianis den Vormarsch beschleunigt fortgesetzt. Wie Marschall Badoglio im Heeresbericht Rr. 103 mel det, haben die Schwadronen der Dragoner von Genua und der Ulanen von Aosta mit einer glänzenden, raschestens durchgeführten Kampfhandlung unter Ueberwindung leb haften Widerstandes des Gegners Regelli. die Haupt stadt der Galla Borano, besetzt. Regelli befindet sich 380 Kilometer von Dolo, dem Ausgangspunkt der italienischen Truppen. Die Führer und Rotabeln der Galla vorano haben sich sofort gemeldet, um ihre Unterwerfung anzuzei- geu und sich für die Zusammenarbeit bei den nächsten Kampfhandlungen gegen die Regierung in Addis Abeba av- zubieten. Auch entlang des Webi Gestro, wo der Vormarsch fort gesetzt wird, haben sich bei den Militärbehörden Führer und Notabeln der Galla Arussi gemeldet, um ihre Unterwerfung anzuzeigen. In den Sammelstellen treffen andauernd neue Gefangene ein. Die Beute an Waffen und Munition, dar unter beträchtliche Mengen von Dum-Dum-Geschossen, ist sehr groß. In Negelli hat die italienische Reiterei alle Lager und Speicher der Ausgangsgrundlage erobert, von der Ras Desta vor zwei Monaten seinen Vormarsch begonnen hatte. Ras Hailu lebt Anläßlich des Aufstandes in der am Tanasee gelegenen Provinz Godjam waren Gerüchte aufgetaucht, wonach der frühere Herrscher dieser Provinz, Ras Hailu, vergiftet wor den sein sollte. Ras Hailu, der mit dem entthronten Kaiser Lidsch Iassu eng befreundet gewesen ist, war 1932 mit seinem Sohn in der Nähe von Addis-Abeba gefangengesetzt worden; seit Jahren wußte niemand, wo sich der Aufent haltsort der beiden Gefangenen befand. Es löste deshalb allgemeine Ueberraschung aus, daß der Negus nun drei Pressevertretern, unter ihnen der Ver treter des Deutschen Nachrichtenbüros, gestattete, Ras Hailu zu besuchen. Der Ras ist in dem Haus des Kronprinzen von Abessinien untergebracht; er erklärte, er befinde sich seit drei Jahren in dieser Abgeschlossenheit und werde wie ein Freund behandelt. Man habe ihm seine sämtlichen Würden gelassen, und es sei ihm gestattet, den kaiserlichen Garten zu Spaziergängen zu benutzen. Bemerkenswert ist, daß aus dem Gespräch mit Ras Hailu hervorgeht, daß er nichts davon weiß, daß Abessinien mit Italien Krieg führt. Erwähnenswert ist ferner in diesem Zusammenhang, daß der gleiche Ras, der Ras Hail« im Jahr 1932 verhaftete, jetzt zu den Aufrührern in der Provinz Godjam zählte. Mit gefälltem Bajonett Ernste Unruhen in Syrien. Im Zusammenhang mit dem Generalstreik, der zum Protest gegen das Vorgehen der französischen Kolonialbehör den gegen die nationalistischen Verbände in Syrien ausge rufen wurde, ist es in Damaskus und Aleppo zu blutigen Unruhen gekommen, derer die Polizei nur mit gefälltem Bajonett Herr werden konnte. Im Verlaufe der Zusammen stöße sind bereits einige Tote und zahlreiche Verletzte zu be klagen. Die französischen Behörden haben angesichts des Ernstes der Lage in den Straßen von Damaskus marokka nische Kavallerie-Abteilungen und Tanks eingesetzt, während ununterbrochen Flugzeuge über der Stadt kreisen. Lettlvruch für den 24. Januar Des Menschen Bestimmung ist: Während dieser kurzen Zett seines Lebens für das Wohl der Gemeinschaft arbeiten. FrledrichderGroye (geb. 24. .11712).