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AVseEer WMhemdlKU. Mittherlungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfter Jahrgang. VrclS für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 16 Gr. Sächs., bei Beziehung bcS Blatte- durch Botmgelegenhcit 12 Gr. Sachs. «4^ 4^. Erscheint jeden Donnerstag. 21. 9?l)VtM^ek 1839. «effentlichk-it! Wer den Grundsatz hat, seine Maximen, Absichten und Handlungen von der-Welt nicht in ein geflissent liches Dunkel einzuhüllen, sondern so darzulegen, daß sie von Anderen wahrgenommen, beobachtet und beur- theilet werden können, der huldiget der Oefsentlich- keit. Schon im Privatleben hat dieser Grundsatz hohen moralischen Werth. Gewöhnlich legen wir demjenigen, der diesen Grundsatz in seiner^ebens - und Handlungs weise als Privatmann geltend machet, die gute Seite bei, daß wir sein Herz nicht verschlossen, sondern offen nennen, und von ihm die Lugend der Offenheit rüh men. Ein offener Charakter gewinnt die Herzen der Menschen, weil er von Vertrauen zeugt und Vertrauen erweckt. Ein Herz, welches sich nicht zu verstecken nöthig hat, und sich dem Auge Anderer so giebt, wie es in Wahrheit ist, kann gewiß nie ein böses Herz seyn. Hat doch schon der Heiland der Welt dieses deutlich in den Worten ausgesprochen: „Wer Arges thut, der has- „set das Licht und kommt nicht an das Licht, aus daß „seine Werke nicht gestraft werden; wer aber die Wahr- „heit thut, der kommt an das Licht, daß seine Werke „offenbar werden." — Was nun diese Offenheit für das Privatleben ist, dasselbe ist die Oeffentlichkeit für den Staat. Ist in der Regierung eines Staates keine Oeffentlichkeit, so fehlt derselben nothwendig das Ver.- trauen, das subjective sowohl, als objektive Vertrauen, d. h. sie trauet den Bürgern des Staats nicht, sondern hat vielmehr Ursache, dieselben zu fürchten; aber eine solche Regierung verdient auch kein Vertrauen; die Bür ger des Staates glauben Ursache zu haben, hinter dem Schleier der Verborgenheit und Verstecktheit, womit die selbe ihre Maximen, Bestrebungen und Maßregeln zu verhüllen sucht, stets nur Arges, wenigstens Zweideuti ges zu vermuthen. Die Oeffentlichkeit kann daher als das Lebenselcment betrachtet werden, in welchem allein die Regierung eines Staats sich wohl befinden und der Staat selbst bestehen und gedeihen kann. Auch lehrt die Geschickte, daß zu allen Zeiten und bei allen Völkem die Oeffentlichkeit in den Staaten so lange geherrscht hat, als die Regierungen derselben wirklich gut und brav gewesen sind, d. h. mehr das Gedeihen der allge meinen Wohlfahrt, als ihr eigenes Privatintercsse im Auge gehabt haben. So lange der römische Staat frei war, und die Manner, die an dessen Spitze standen, immer nur die Edelsten und Rechtschaffensten des Volks waren, so lange war Oeffentlichkeit das Losungswort bei allen Acten des Staatslebens und man belegte so gar den Staat mit einem Namen, der die Oeffentlichkeit als das wesentlichste Merkmal des Staatsbegriffes be zeichnete (res Nachdem dagegen Männer von Stolz, von Herrschsucht, Geiz und Tyrannei den Zü gel der Regierung an sich gerissen hatten, gieng allmäh- lig auch die Oeffentlichkeit im römischen Staate unter, und die Befehle, Anordnungen, Veränderungen und Einrichtungen im Organismus des Bürgerthums, welche sonst vom Capitol her, das jedem römischen Bür ger offen gestanden hatte, vertrauensvoll ausgegangen waren, wurden jetzt in der geheimnißvollen, von Sa trapen und Prätorianern umzäunten Werkstatt des kaiser lichen Eigensinns und der kaiserlichen Willkühr geschmiedet