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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung siir die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Amtshauptmannschaft und des Finanzamtes zu Kamenz und Zwangsvergleich wird der für Aufträge etwa schon bewilligte Nachlaß hinfällig. Anzeigen sind an den Erscheinungstagen bis vormittags lv Uhr aufzugeben. - Verlag: Mohr k Hoffmann- Druck: Karl Hoffmann und E. L. Erster'- Erben. Verantwortlich für Oertliches u. Sächsisches, Unterhaltungsteil Spor, u. Au,eigen,eil Karl Hoffmann, Pulsnitz, für Politik und den übrigen Teil Walter Mohr, Pulsnitz. D. A. III.: 2250. Geschäftsstellen: AlbertsU.2 u. Adolf-Hitier-Str. I. Fernrui518u 550. Das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der des Stadtrates zu Pulsnitz und des Gemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt Ae'e Zeitung erscheint täglich mit Ausnahme der gesetzlichen Sonn, und Feiertage. 50 Abholung wöchentlich -15 Rps, bei Lieferung frei Haus """"EH 2-30 RM. Im Falle höherer Gewalt oder sonstiger Betriebsstörungen ha, der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder - mH ung des Bezugspreises. - Anzeigenpreise und Nachlaßsätze bei Wieder- ungen nach Preisliste Nr. 3 (in unseren Geschäftsstellen erhältlich). Bei Konkurs t " — Nr. 85 Donnerstag, den 9. April 1936 88. Jahrgang Frankreichs Cegenplan Wahllose Zusammenstellung überlebter Vorschläge Die französische Abordnung in Genf hat jetzt den Ge genplan Frankreichs bekanntgegeben, der eine Erwiderung auf den deutschen Friedensplan darstellt. Die Vorschläge der französischen Regierung setzen sich zusammen aus den Bestandteilen aller seit 1924 von Frankreich ar gestellten Pläne, alles in allem eine Auffrischung überlebter Europa- Pläne, in denen man keinen neuen Beitrag zur Lösung ^er europäischen Frage erblicken kann. Bei der französischen Veröffentlichung handelt es sich um zwei Schriftstücke: 1. Eine Denkschrift an die englische Regierung, worin die französische Regierung zu dem deutschen Friedens plan vom 1. April Stellung nimmt. Dieses Memorandum wurde auch der italienischen und der belgischen Regierung milgekeilt. 2. Einen plan, in dem die französische Regierung ihre Ansichten über die Festigung des Friedens Europas darlegt. Der plan bezieht sich auf den Ausbau der kollektiven Sicher heit, sowie eine wirtschaftliche und finanzielle Organisation im Rahmen des Völkerbundes unter besonderer Berücksichti gung der Bedürfnisse der europäischen Staaken. Dieser Plan ist an die drei Rest-Locarnomächte gerichtet. Außerdem werden Flandin und Paul-Boncour den Vertre tern dieser drei Mächte die Auffassung der französischen Re gierung über die Beschlüsse darlegen, die „auf Grund der letz ten Londoner Besprechungen die Haltung der deutschen Re gierung gegenüber den Bestimmungen der Vereinbarung vom 19. März notwendig mache." Oie französische Denkschrift Die französische Denkschrift zu dem deutschen Friedens plan vom 31. März geht von der höchst anfechtbaren Be hauptung aus, daß Frankreich nach dem Einrücken der deut schen Streitkräfte in die entmilitarisierte Zone berechtigt ge wesen sei, unverzüglich „die geeigneten Maßnahmen" zu er greifen, um die Rechtslage wiederherzustellen und den „feindseligen Akt" zu ahnden, den die deutsche Initiative darstellte. In dem Bestreben, Europa neue Verwicklungen zu ersparen, habe sie es nicht getan. Sie habe den Völker bundsrat ersucht, die Zuwiderhandlung gegen den Vertrag festzustellen, gleichzeitig habe sie zusammen mit den übrigen Locarnomächten versucht, die Möglichkeiten einer gütlichen Lösung zu wahren. Die Londoner Vereinbarungen, so glaubt die französische Regierung versichern zu müssen, habe den berechtigten Empfindlichkeiten Deutschlands weitgehend Rechnung getragen. Die deutsche Regierung lehne trotzdem die Vorschläge vom 19. März als eine Beeinträchtigung der Ehre des deutschen Volkes und als eine Verweigerung der deutschen Gleichberechtigung ab. Demgegenüber betont die französische Denkschrift, daß niemand die Unabhängigkeit des deutschen Volkes bedrohe (?) und ihm die Gleichberechtigung verweigere, noch seine Ehre beeinträchtige. Es sei denn, daß es einen Anschlag auf die Ehre eines Volkes darstelle, wenn man dieses Volk an die Achtung der Verträge erinnere. Im zweiten Teil der Denkschrift versucht die französische Regierung, die deutsche Beweisführung zu widerlegen, wo nach die Entmilitarisierungsbestimmungen für das Rhein land im Widerspruch zu den Grundlagen ständen, auf denen der Waffenstillstand und der Friede abgeschlossen worden seien. Die Entmilitarisierung des Rheinlandes sei, so meint die französische Denkschrift, lediglich eine Sicherheitsgarantie gegen neue Unternehmungen Deutschlands gewesen und habe keinen der vierzehn Punkte des Präsidenten Wilson verletzt. Weiter wendet sich die französische Denkschrift da gegen, daß der Locarnovertrag unter dem Zwang der Ruhr besetzung ausgehandelt worden sei. Im Locarnooertrag habe Deutschland die entmilitarisierte Zone freiwillig anerkannt. Diese Grundlage des Friedens im Westen habe die Politik des Reiches bedenkenlos zerstört. In ihren weiteren Ausführungen nimmt die französische Denkschrift Bezug auf die Feststellung des deutschen Memo randums, daß keine Nation freiwillig, ohne äußeren Druck auf ihre souveränen Rechte verzichten könne und daß den französischen Entmilitarisierunasbestimmungen der Zwang «Lr Notwendigkeit zugrunde läge. TLr Tragweite dieses „leilsamen ^nipruchs Beulschlanos " mupe umropa woyi av- wägen. Im Zusammenhang damit äußert die französische Denkschrift Besorgnis, daß Deutschland auf Grund der von ihm vertretenen Rechtsbasis morgen das Statut von Dan zig, von Memel, von Oesterreich in Frage stellen könnte, oder daß es diese oder jene Grenzrevision in Europa, diese oder jene Zurückgabe deutscher Kolonialgebiete verlangen könne. Die französische Regierung glaube, daß die Reichs regierung alle diese Fragen klarstellen müsse, da kein Frie densplan auf einer für die Aufrechterhaltung des Friedens so gefährlichen Zweideutigkeit aufgebaut werden könne. Weiter weist die französische Regierung darauf hin, daß keine der anderen Locarnomächte jemals anerkannt habe, daß der frapzösisch-russische Pakt mit diesem Vertrag unver einbar sei. Indem das Reich nochmals die Befassung des In ternationalen Gerichtshofes mit seinem Anspruch ablehne, gestehe es die Schwäche seiner juristischen Beweisführung ein. Deutschland wolle nicht nach dem Haag gehen, weil es wisse, daß der Gerichtshof die deutsche Auffassung abweisen müßte. Die französische Regierung weist dann auf die Verhand lungsbereitschaft der Locarnomächte hin, betont aber, daß ein Verhandeln auf der Grundlage der vollendeten Tatsache unmöglich gewesen sei. Die vier Regierungen hätten von Deutschland lediglich die notwendige Geste zur Wiederher stellung des von ihm so schwer erschütterten Vertrauens ver langt. Die Denkschrift zählt dann im einzelnen die Forderun gen der Locarnomächte auf und stellt schließlich fest, daß die Verständigungsbemühungen bei der deutschen Reichsregie rung keinerlei Widerhall gefunden hätten. Im Anschluß daran versteigt sich die französische Denk schrift zu der unbegreiflichen Behauptung, daß der deutsche Friedensplan leider mehr Schein als Wirklichkeit sei. So wird die Aufrichtigkeit des deutschen Vorschlags auf Abschluß von Nichtangriffspakten und eines westeuropäischen Luft paktes m Zweifel gezogen und die Forderungen der Lo carnomächte auf Beschränkung der Befestigungen im Rhein land als Prüfstein dafür bezeichnet, ob das Reich bereit sei, auch in Taten den Grundsatz der kollektiven Sicherheit on- zuerkennen. Im übrigen wird in der französischen Denk schrift festgestellt, daß die deutschen Gegenvorschläge zur Festigung des Friedens in Europa ausgesprochen ungenü gend seien. Die französische Regierung macht es Deutschland zum Vorwurf, daß es die Nichtangriffsverträge, die es mit seinen Grenznachbarn im Südosten und Nordwesten ab schließen will, nicht in ein kollektives System einzufügen be reit ist und nicht mit der Garantie des gegenseitigen Bei standes ausstatten will. Die europäische Sicherheit bilde ein Ganzes, und der Grundsatz der kollektiven Sicherheit gelte nicht nur für einen Teil des Kontinents. Frankreich könne keine Regelung der europäischen Sicherheit^in Betracht zie hen, um derentwillen es sich an der Sicherheit des übrigen Europa desinteressieren müßte. Die französische Denkschrift findet es merkwürdig, daß Deutschland nicht in seinem eige nen Interesse den Abschluß irgendeines Nichtangriffsvertra ges mit der Sowjetunion beabsichtige, während es noch vor einem Jahr zu einem Abschluß eines solchen Abkommens bereit gewesen sei. Gegenüber der Bereitwilligkeit Deutschlands, in den Völkerbund zurückzukehren, wirft die französische Regierung die Frage auf, wie Deutschland vor der Lösung der Krise, die es durch seine Politik der „vollendeten Tatsachen" her vorgerufen habe, als ein Staat betrachtet werden könnte, der „tatsächliche Bürgschaften" für seine ernstliche Absicht gäbe, seine internationalen Verpflichungen einzuhalten. Die Rück- kehr Deutschlands in den Völkerbund würde sich gegenwär tig in Unklarheit vollziehen. Auch die Abrüstungsvorschläge der Reichsregierung wer den in der französischen Denkschrift stark in Zweifel gezogen. Die französische Regierung vermißt eine „quantitative Be grenzung" und die Einrichtung eines wirksamen Kontroll systems. Die von Deutschland vorgeschlagene Humanisierung (Verbot des Abwurfs von Gift- und Brandbomben) sei be reits in dem Genfer Protokoll von 1925 enthalten. Auch Hitlers Vorschläge über die Verbesserung der deutsch-französischen Beziehungen werden von der franzö sischen Regierung mit Vorbehalt ausgenommen. Sie will es zwar „keineswegs ablehnen", unmittelbar mit der Reichs regierung nach den Mitteln zu suchen, um den Verständi gungsbemühungen einen neuen Antrieb zu geben, aber es verstehe sich von selbst, daß Absichten dieser Ars in dem ge planten System allgemeiner Abkommen nicht an ihrem Platze seien. Soweit es sich um die moralische Abrüstung handele, habe der Völkerbund bereits wichtige Vorarbeiten geleistet. Zum Abschluß wirft die französische Denkschrift noch einmal die Frage auf, ob das Lebensrecht eines Volkes zur einseitigen Annullierung der eingegangenen Verpflichtungen berechtige. Keine europäische Regierung könne sich auf den Abschluß neuer Abkommen einlassen, ehe sie hierauf eine klare Antwort vernommen habe. Und noch unmittelbarer könne der deutschen Regierung eine andere Frage gestellt werden: Erkenne Deutschland ohne jeden Vorbehalt das terri toriale und politische Statut des gegenwärtigen Europa an? Erkenne es an, daß die Einhaltung dieses Statuts durch Ab kommen auf der Grundlage der gegenseitigen Hilfeleistung garantiert werden könne? Die in London am 1. April überreichten Vorschläge — so stellt die französische Denkschrift abschließend fest — schweige sich hierüber aus. Die Pariser Gegenvorschläge Die französische Regierung veröffentlicht ihre Gegen vorschläge zum Friedensplan in Gestalt folgender Erklä rung: „Frankreich, seinen Ueberlieferungen getreu, erklärt, daß es den Frieden nicht in Sicherheiten für sich allein oder in unvollständigen Pakten suchen will, die die Gefahr des Krieges weiterbestehen lassen. Der Friede mit allen, der absolute und dauerhafte Friede, der Friede in der Gleich berechtigung, der vertrauensvolle Friede in der Ehre für alle und in der Achtung vor dem gegebenen Wort, der glückliche und sichere Friede durch nutzbringenden inter nationalen Austausch, der auf die tödliche Rivalität des wirtschaftlichen Nationalismus folgt, der wahre Friede durch eine umfassende Beschränkung der Rüstungen, die zur Ab rüstung führt, dieser Frieden ist es, den die Regierung der französischen Republik den anderen Staaten unter Bedin gungen anbietet, die trotz ihres Ernstes Europa neue Mög lichkeiten für eine Einigung zu bieten scheinen. Eine kleine Anzahl von genau festgelegten Regeln muß es allen Regie rungen guten Willens, die dem friedlichen Wunsche der Völker Rechnung tragen, erlauben, sich zu einigen und da durch zu beweisen, daß ihnen folgende aufbauende Gedan ken acmeiniam sind: Kollektive Sicbsrbesten. 2?aenieitiaer Beistand, Abrüstung, wirtschaftliche Zusammenarbeit euro- päischer Zusammenschluß der Kreditauellen, der Arbeit, der Intelligenz und des Willens der Völker für den Frieden gegen den Krieg, für den Wohlstand gegen das Elend. Das sind die großen Linien des Aktionsplanes für den Frieden, den die aus dem französischen Volke hervorgegangene Re gierung in seinem Namen anbietet." Die Erklärung enthält nun in ihrem Teil 1 folgende Grundsätze: 1. Der erste Grundsatz für internationale Beziehungen mutz die Anerkennung der Gleichberechtigung und der Un abhängigkeit aller Staaten ebenso wie die Achtung vor über nommenen Verpflichtungen sein. 2. Es gibt keinen dauerhaften Frieden zwischen den Völ kern, wenn dieser Friede Veränderungen unterworfen ist, die sich aus den Bedürfnissen und dem Ehrgeiz eines jeden Volkes herleiten. Teil Seite 5